7 Juni 2017

Die Sache mit der Religion

Lesedauer 7 Minuten

Spätestens nach der Lektüre von Douglas Adams, entschied ich mich dazu, meinen Status von Agnostiker, auf Atheist zu ändern. Ich fand den Gedankengang von Adams nachvollziehbar. Ein Agnostiker ist jemand, der zu feige ist, sich zu entscheiden. Nun, das war ich noch nie. In der mehrheitlich vom Glauben befreiten Stadt Berlin, war das auch nie eine echte Frage.

Dann lernte ich den gläubigen Süden Deutschlands näher kennen. Für einen Berliner unter diesem Aspekt eine sehr schräge Gegend. Freikirchen ohne Ende, Evangelikale, amerikanische Show Kirchen, kleine private Sekten und andere Freizeitgestaltungsmöglichkeiten. Da staunt der Berliner! Womit sich Menschen ihre Freiheiten ohne jeglichen Zwang einschränken, ist wahrlich erstaunlich. Da ich mich immer für Menschen und ihre Marotten interessiere, beschloss ich, mich damit etwas näher auseinanderzusetzen.

Als aller Erstes sprang mich die Theorie an, dass ein Atheist letztlich auch nur ein Gläubiger ist. Ach was? Der Sache musste ich auf die Spur gehen. Ziemlich zügig stieß ich dabei auf den medialen Vorzeigephilosophen Richard David Precht. Das ist dieser Typ, der für ethische Fragen zur Zeit in jede Talkshow eingeladen wird und dabei aussieht wie David Garrett. Wenn Frauen anfangen, sich wegen ihm für Philosophie zu interessieren, dann kann ich dies nachvollziehen. Manch ein Mann fing ja auch erst an, sich für linke Politik zu interessieren, als Sarah Wagenknecht auf der Bildfläche erschien.

Der Mann sagt:

«Aber meine Rationalität kann die Welt nicht erklären. Die großen Fragen wie „Warum gibt es alles und nicht nichts?“ bleiben religiöse Fragen. Und auch der Atheismus, der etwas zu wissen glaubt, was er nicht wissen kann, ist für mich eine Religion, die ich ablehne. Denn jemand wie Richard Dawkins („Der Gotteswahn“) ist gewissermaßen ein Mullah des Atheismus. Deshalb bin ich Agnostiker, der im sokratischen Sinne weiß, dass er nichts weiß.»

Ich kann also nicht wissen, ob es einen Gott oder eine übergeordnete Spirituelle Kraft gibt. Aber ich kann doch behaupten, dass es vollkommen unsinnig ist, sich überhaupt diese Frage zu stellen. Ich meine, es kann ja theoretisch jeder daher kommen und etwas behaupten. Wenn ich ihm dann die Frage stelle: Warum behauptest Du das? Bekomme ich die Antwort: «Na ich habe mir halt die Frage gestellt, und glaube nun die Antwort gefunden zu haben. Wenn Du jetzt nicht an meine Antwort glaubst, glaubst Du daran, allwissend zu sein! Niemand ist allwissend, also habe ich recht!» Oh ja, ich erinnere mich an eine Nacht mit Absinth und Cannabis, da ging es mir ziemlich schlecht und …, lassen wir das.

Kann ich wissen, dass es keine übergeordnete Macht gibt? Wissen nicht! Aber ich kann mich der Frage mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nähern und das ist schon eine ganze Menge.
Stephen Hawking äußert sich zum Thema dahingehend, dass die Existenz eines Gottes schlicht überflüssig ist, da sich nach und nach in der Physik  Erkenntnisse einstellen, nach denen sich dass Universum durchaus allein erschaffen haben kann. Da setzt mein Glauben ein. Ich hatte mit Mathematik und Physik immer meine Probleme und musste schon auf unterster Stufe selbst meinem Mathematiklehrer Glauben und Vertrauen schenken, dass das an der Tafel alles seine Richtigkeit hat. Aber da ich mich nicht für allwissend halte, bin ich durchaus dazu bereit, einem sehr intelligenten Menschen diesbezüglich über den Weg zu trauen. Gleichermaßen verfahre ich nebenbei unvernünftigerweise mit Ärzten. Da ich aber mit 51 Jahren weit über die Verfallszeit des menschlichen Körpers hinweg gekommen bin, sogar noch viel ältere Menschen kenne, scheint dieser Weg gar nicht so falsch zu sein.

Physikalisch und mathematisch stehe ich also auf verlorenen Posten, wenn ich mir selbst ein Bild verschaffen will. Also versuche ich mich der Sache mit dem gesunden Menschenverstand zu nähern.

Da wäre das Problem mit den Buchreligionen. Der Gott des Judentums, dessen Ableger Christentum und die Weiterentwicklung Islam, scheint statische, zeitliche und vor allem sprachliche Probleme zu haben. Faktisch ist er nämlich nur regional in Nordafrika erschienen und kann offensichtlich nur aramäisch, hebräisch und arabisch. Seine Kenntnisse diverser Indianerdialekte, Nahuatl (Sprache der Atzteken), Altnordisch, Sumerisch, Chinesisch, Sanskrit usw. scheinen recht beschränkt zu sein, sonst hätte er sich dort auch mal blicken lassen. Es erscheint mir jetzt nicht logisch, warum ein Gott, der ein ganzes Univerum erschafft, nun ausgerechnet die Hebräer zu seinem Volk auserwählt. Besser noch, dann schickt er im Christentum ausgerechnet seinen Stellvertreter Jesus wieder in die gleiche Gegend. Warum nicht nach Mexiko? Australien oder Asien wäre auch nett gewesen. Das klingt dann doch stark nach einer Insellösung zum Zwecke der Regelung gesellschaftlicher Probleme. Ich meine Zeit genug hatte er nach der Schöpfung. Vor allem hätte er schon viel früher mit seinen tollen Erscheinungen anfangen können. Und warum startet er furios und endet so schweigsam?

Ok! Ich sehe ein, nach dem Denken der Buchreligionen hat dieser Gott ganz schön zu tun, immerhin ist er für ein ganzes Universum verantwortlich. Da kann er nicht jede Woche vorbei kommen. Aber da stolpere ich schon wieder. Warum sollte sich eine derart universelle Institution, die ein ganzes Universum erschafft, ausgerechnet mit einer Kohlenwasserstoffverbindung mit der selbsterschaffenen Definition Mensch auseinandersetzen? Ich meine, eine Macht, die so unendlich ist, erschafft etwas völlig Unvollkommenes und redet dann auch noch damit? Ich rede ja auch nicht mit einem misslungenen Omelette.

Die Anhänger dieser Buchreligionen treiben dies auf die Spitze. Wenn sich einer nicht an die Regeln hält, die vor 2000 Jahren aufgestellt wurden, dann kommt er nicht ins Paradies, sondern landet ein paar Treppen tiefer in der Hölle. Regeln die 2000 Jahre alt sind, sind mindestens irgendwann mal zu überdenken, nur mal so.

Aber die Sache mit den Regeln ist ohnehin nur eine Kannbestimmung, am Ende kommt die Vergebung. Ich muss zugeben, die Typen, die sich das ausgedacht haben, hatten echt was drauf. Näherungsweise geht man davon aus, dass sich nach 6 Millionen Jahren Existenz, ca. 100 Milliarden Menschen auf der Erde befunden haben. Wenn auch nur eine Sekunde lang die Sünden eines jeden Menschen ausgewertet werden, außerirdische Lebensformen mal außen vor, hat diese Instanz richtig zu tun. Ich kann verstehen, dass die Katholiken früher eine Vorhölle installierten, ein Wartezimmer macht da echt Sinn.

Ich könnte mich wenigstens mit dem Konstrukt der Buchreligionen anfreunden, wenn es denn logisch in sich wäre. Lebt ein Mensch nicht alleine, bedarf es Regeln des Zusammenlebens, wie ich mein Regelwerk nenne, ist mir letztlich vollkommen selbst überlassen. Aber die regeln nicht nur mein Verhalten gegenüber anderen Menschen, sondern gehen auch arg ins private. Ich finde, das geht zu weit. Ob ich nun onaniere oder schwul bin, Enthaltsamkeit lebe oder mir gleichgesinnte Sexualpartner suche, geht niemanden etwas an.

Aber auch auf solche Dinge gibt es sinnhafte Antworten, die absolut nichts mit irgendwelchen Gottheiten zu tun haben. Die zeigen sich heute mehr, als früher. Es gibt da diverse Menschen, die in völlige Panik ausbrechen, weil ihre Religion ins Hintertreffen gerät. Erst kürzlich stand in einer Tageszeitung, dass 2050 mehr Muslime als Christen auf dieser Welt gibt. Jetzt bekomme ich es mit der Angst zu tun. Ich habe mir sofort notiert, dass ich mich dringend mit ein paar Hindus und Buddhisten treffen muss, da die schon längere Erfahrungen mit dieser Angst haben. Das scheint so eine Konkurrenzangelegenheit zu sein. Ich muss mich auch mal dringend mit einem Urologen unterhalten, ob meine jahrzehntelange Onanie dazu führte, dass ich nur zwei Töchter habe, statt dessen bei Enthaltsamkeit 14 Söhne gezeugt hätte. Aber wenn es so immanent wichtig ist, Nachkommen zu zeugen, warum dürfen dann die katholischen Priester und Nonnen nicht vögeln? Da steckt doch ein unglaubliches Potenzial an Gläubigen in den Hoden und Eierstöcken. Die sind ja noch schlimmere Verweigerer als Homosexuelle, die adoptieren wenigstens Kinder.

32 % Christen, 19 % Muslime, 5,7 % Buddhisten und 13 % Hindu teilen sich den größten Anteil des religiösen Kuchen. Was machen die Buddhisten falsch? Haben die keinen Sex? Und wenn es der Religion wichtig ist, per Fortpflanzung die Welt zu beherrschen, warum verbieten sie dann Ehebruch?

Da war sie wieder, die Sache mit den Sünden. Auch ein Ding, das ich nicht verstehe. Gemäß den Überlieferungen, also die Sachen, die rein durften in die Bibel, alles was nicht die Zeit passte, haben sie ja weggeworfen, hat dieser Gott den Menschen nach seinem Abbild erschaffen. Also mit allem, was wir so haben. Insbesondere gehört dazu unser Großhirn. Dieser unerschöpfliche Quell für Neid, Frustration, Wut, Mordlust, Gewalt und viele andere schöne Dinge. Warum?
Und warum soll etwas nicht in Ordnung sein, was demnach göttlich ist? Diese Elternnummer? Ich will, dass ihr es mal besser habt als ich, deshalb macht nicht das, was ich auch getan habe.
Dieser ganze Kram, der da in der Tora, Bibel und Koran steht, erscheint mir doch sehr menschlich. Teile der Buddhisten sind da schon weiter. Buddha soll gesagt haben: «Ihr werdet die letzten sein, die die wahre Lehre zu hören bekommen. Danach kommen die Schriftgelehrten und werden Abweichungen aufschreiben.» Der andere Teil der Buddhisten haben in ihrer Verzweiflung beschlossen, alles nur mündlich weiter zu geben. Ich denke mal, wir haben alle mal «Stille Post» gespielt, dass da nach ein paar tausend Jahren überhaupt noch etwas Brauchbares weiter erzählt wird, ist ein Wunder für sich.

Unterhalte ich mich mit verzweifelten Christen, kommt irgendwann der Teil, in dem es heißt: «Du kannst doch an Gott glauben, einen Mehrwert dadurch im Leben haben und wenn es nicht stimmt, dann ist es eben so.» Welcher Mehrwert? Das ich mich an der Krücke festhalte, dass mein Leben mit dem Tod nicht endet? Sorry, ich bringe noch einmal die Zahl: Diese Erde hat 100 Milliarden Menschen gesehen. Ich habe ein ziemlich großes Ego, aber so groß ist es dann auch wieder nicht, dass ich mich bei dieser Konkurrenz für besonders wichtig, insbesondere für die Ewigkeit, nehme. Auf diesen Blödsinn im Islam mit den 100 Jungfrauen kann ich schon kaum noch eingehen. Es erscheint mir aber nachvollziehbar, dass das damals ein probates Mittel war, junge Kerle für das Sterben im Kampf zu motivieren. 2017 sieht das ein wenig anders aus. Jungs! Ich weiß von Euch, dass ihr Euch jede Menge Pornos reinzieht. Ein kleines Geheimnis von einem erfahrenen Mann, die MILFS haben meistens keine Kinder, der Hinweis: “Sie macht das zum ersten Mal” ist ein Fake. Jungfrauen sind nichts für Euch -langweilig! Und habt ihr schon mal darüber nachgedacht, dass nach hundert Entjungferungen Ende ist? Da habt Ihr noch eine ganze Ewigkeit vor Euch. Sagt jedenfalls Eure Religion. 100 Frauen? Das wollt Ihr nicht! Das ist ähnlich wie bei den homosexuellen Christen, die um alles in der Welt heiraten wollen. Das mit der Ehe ist so eine ganz eigene Geschichte. Die kann mächtig schief laufen und dann hängt ihr drin in der Sache. Ich kenne eine ganze Menge geschiedene Männer, die würden nachträglich Geld dafür bezahlen, wenn ihnen jemand das Heiraten untersagt hätte. Ihr müsst Religion manchmal auch ganz praktisch bis zu Ende durchdenken.

In einem Bericht über Evangelikale wurde mit einer Mutter gesprochen. Die sagte: «Wir vermitteln unser Kind, dass Jesus immer bei ihm ist und es beschützt. Die Frau kam irgendwo aus Süddeutschland. Wenn sie in einem rumänischen Kinderheim arbeiten würde, wäre ich auf ihre Aussage dort gespannt. Wenn der weltliche Schutz mit UNO Mitteln vorbei kommt, hat sie vermutlich mehr davon. Aber ich sehe ein, der Gedankengang: Ich habe verkackt, weil ich im falschen Land geboren wurde, ist nicht sehr befriedigend. Aber ich stellte es selbst fest, dass Universum ist groß, und wenn sich dieser angenommene Gott gerade an einer anderen Stelle des Univerums befindet, wird es in diesem Leben eng und die Rückfallebene «Ewiges Leben» muss herhalten.

Summasummarum … ich entscheide mich dann doch lieber für den Atheismus. Ich denke ich weiß es, ebenso wie ich weiß, dass ich geboren wurde und sterben werde. Ich habe eine nicht vorhersehbare Zeit x und gedenke diese so angenehm wie möglich zu gestalten, ohne Angst vor Sünden und dem ganzen anderen Zinnober.

Nur eines stört mich. Der blanke Zufall hat mich in ein eigentlich ganz brauchbares Land geworfen. Nun kommen immer mehr «Gläubige» aus allen Richtungen daher und fangen an auf die Nerven zu gehen. Theoretisch können sie machen, was sie wollen. Aber wenn sie durch ihren Glauben keiner Arbeit nachgehen können, hat das auch Auswirkungen auf mich. Wenn sie sich in die Luft sprengen oder versuchen mich zu töten, hat das klare Folgen. Wenn sie dämlich grinsend und verzückt durch die Straßen rennen, sich nicht an der Gestaltung und Sicherung der Gesellschaft beteiligen, entwickelt sich die Sache für meine Restjahre und meine von mir gezeugten Kinder problematisch. Ebenso schwierig ist es, wenn sich die Kinder dieser Religiösen als Erwachsene in Behandlung begeben müssen, weil sie vollkommen kaputt gemacht wurden. Deshalb müssen sich auch Atheisten manchmal zu Wort melden.

 

 

 

 

 

 

 

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Verfasst 7. Juni 2017 von Troelle in category "Ethik", "Politik", "Religion", "Uncategorized

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