Uncle Tom’s Cabin

Der Roman Uncle Tom’s Cabin (Onkel Toms Hütte) wurde von Harriet Beecher Stowe 1852 veröffentlicht. Das Buch gilt bis heute, als eines der Mahnmale gegen die Sklaverei. Tatsächlich wurde sie weltweit niemals abgeschafft. Ob es nun Sexsklavinnen in Indien, Minenarbeiter in Afrika, Zwangsprostituierte in Europa, kindliche Näherinnen in Asien, Erntehelfer in Südamerika oder in den Wäldern von Niedersachsen lebende Hilfsarbeiter in Hähnchenmastbetrieben sind, letztendlich handelt es sich um Sklaverei.
Die Organisation Anti Slavery International geht mit dem Hinweis auf eine erhebliche Dunkelziffer von 27 Millionen Menschen aus, die unter diesen Bedingungen leben. Diese Sklaven holen aus den Minen die Rohstoffe heraus, die sich in unseren Elektrogeräten befinden, nähen unsere geliebten Sportklamotten oder die Outdoor – Klamotten für die nächste PEGIDA Demonstration zusammen. Sie ernten den Kaffee, holzen für uns den Regenwald ab und produzieren Palmöl für die Kosmetika. Jeder von uns beschäftigt indirekt Sklaven für sich. Wissenschaftler stellten sich dem, und entwickelten ein Programm, mit dem die persönliche Zahl ermittelt werden kann.
Auf der Website Slaveryfootprint kann jeder anhand seiner täglichen Bedürfnisse die Anzahl der Sklaven herausfinden. Ich persönlich beanspruche – 37 – davon. Was bedeutet dieses Ergebnis für mich?
Ich muss mich entscheiden. Entweder akzeptiere ich diesen Zustand und halte meine Klappe oder ich unternehme konkret etwas dagegen. Ehrlicherweise muss ich zugeben, dass ich bisher herzlich wenig dagegen unternommen haben. Aus diesem Grunde bin ich auch dazu bereit politische und wirtschaftliche Flüchtlinge in Deutschland jederzeit aufzunehmen. Von dieser Sklavenarbeit zu profitieren und dann noch auf die armen Schweine mit dem Finger zu zeigen, die diesem Wahnsinn entkommen sind, halte ich für den Gipfel der Unverfrorenheit.
Kaum ein Problem unserer Zeit basiert nicht auf der ungerechten Verteilung der wirtschaftlichen Mittel. Religiöser Fanatismus wird heutzutage immer in Armut geboren. Früher gab es noch unerklärliche Umweltkatastrophen, doch die sind mittlerweile obsolet. Nicht der Islam ist ursächlich für Terrorismus, sondern die mangelnde Umverteilung. Gleiches gilt für fast alle Felder der Kriminalität inklusive der Verrohung der Täter.
Bei den meisten folgt der Erkenntnis, dass ihr Lebensstil auf Sklavenarbeit beruht, ein Schulterzucken: “Ich kann es nicht ändern!” Dann gehen sie zum Alltag über, lesen ein wenig Hetze von Frau Steinbach, Weidel, Gauland und den restlichen Verdächtigen. Sie machen genau das, was ich oben als Unverfrorenheit bezeichnete.
Eine gerechte Umverteilung erscheint bei der kollektiven Unvernunft von Menschenmassen nahezu ausgeschlossen. Demnach werden wir realistisch betrachtet immer weiter machen. Jeden Morgen wird in einem Lager, in einem Hungergebiet oder in einem Heim ein neuer Terrorist aufstehen. Immer mehr Menschen werden sich auf den Weg machen und das 21. Jahrhundert wird ein Jahrhundert der Völkerwanderung werden. Ein Umdenken oder gar das Ende der auf Maximierung ausgerichteten Gesellschaft ist nicht in Aussicht. Ist es da noch möglich irgendeine Form von Optimismus zu entwickeln?
Bisher kann ich mir diese Frage nicht beantworten. Aktuell läuft es für mich auf eine Prinzipienfrage hinaus. Ich kann gegen etwas antreten oder mich für die Unterstützung der Gegenbewegung entscheiden. Teile der nachfolgenden Generation sind offensichtlich wild entschlossen mit allen nur zur Verfügung stehenden Mitteln für ihre Zukunft zu kämpfen. Sie versuchen der Ohnmacht zu entkommen und versuchen zu handeln. Mit dem Hinweis auf die Errungenschaften der Demokratie verweisen wir sie auf friedliche Mittel und die Erzeugung von Mehrheiten. Auch an dieser Stelle umtreibt mich eine offene Frage: Kann das funktionieren? Ich weiß es nicht.
Vorweihnachtszeit 2017. Was liegt da näher, als sich mit der bei uns viel gepriesenen christlichen Religion auseinanderzusetzen. Den Anhängern dieser Offenbarungsreligion erschien irgendwann der Erlöser. (Das es nicht im Dezember war, sondern die Terminwahl ein Zugeständnis an die Heiden war, dürfte hinreichend bekannt sein.) Bleibt nur der Erlösergedanke übrig. Sklaven und der Erlöser passen für mich zusammen. Ein beeindruckendes Zeitdokument hat hierzu Klaus Kinski geschaffen.
Vielleicht ist es das, was wir verloren haben und wir jetzt dringend brauchen. Künstler und Intellektuelle, die bereit sind schonungslos radikal die bräsigen Zivilisationsgesellschaften aufzumischen. Wie ein Kinski es tat, sollten Arschlöcher und bornierte Dreckssäcke wieder als solche bezeichnet werden. Zitat: “Da, wo man zu dumm und borniert ist Euch zuzuhören, haltet Euch nicht auf und zieht weiter!”
Christliches zivilisiertes Abendland? Jetzt in diesen Minuten harren tausende Menschen in improvisierten Zelten aus. Sie haben nicht einmal Latrinen oder sauberes Wasser. Andere ersaufen gerade jetzt in diesem Augenblick im Meer. 27 Millionen Menschen werden ohne Würde und Freiheit dafür sorgen, dass sich in Deutschland Menschen eine akademische Diskussion über Begriffe wie Wintermarkt oder Weihnachtsmarkt liefern. Sie machen es möglich, dass wir uns Elektroschrott als Geschenke überreichen können und Mami mit einem kostbaren Ohrring beglückt wird. Eine Erika Steinbach wird in ihre fette Weihnachtsgans beißen, während sich das dunkelhäutige Kind zusammen mit ihrer Familie immer noch fragen wird, was eigentlich passiert ist, als sie für das Lichtermarktplakat posierte. Familie Höcke wird um den Weihnachtsbaum herum stehen, während Flüchtlinge in Zelten frieren. Frau Weidel wird sich im Warmen rekeln, während tausende Polizisten die Folgen einer gesellschaftlichen Spaltung ausbügeln dürfen. Wenige Tage später, werden sie alle wieder ihre unsägliche Hetze arrogant und geifernd in die Mikrofone spucken.
Jeden Tag lodert das Feuer unter dem Druckkessel ein wenig heftiger, bis die Ablassventile es nicht mehr schaffen und dann knallt es. Woher den notwendigen Optimismus nehmen? Ich bin auf der Suche.