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Daher ist es im Krieg von entscheidender Bedeutung, die Strategie des Feindes anzugreifen. – Sun Zi, 6.Jhd.v. Chr., Chinesischer General, “Die Kunst des Krieges”
Ein ganz normaler Morgen! Wach werden, Kaffee kochen … Rechner hochfahren und die ersten Informationen des Tages erlangen. Plötzlich fiel mir der Kaffee aus dem Gesicht. Ein wenig mehr als 1500 Leser hatten in den letzten Stunden auf meinen BLOG zugegriffen und den Beitrag: «Wenn das Schweigen endet!» gelesen. Das hatte ich nicht erwartet. Noch weniger rechnete ich mit einer Fortsetzung. Und aktuell explodieren die Zahlen zum Thema “Polizei – Keks”. Anlass genug, um ein paar Worte über den BLOG zu verlieren.
Ich will mit diesem BLOG nicht bekannt werden oder gar damit Geld verdienen. Da unten wird zwar Werbung eingeblendet, aber ich habe nichts davon. Mich umtreibt eher eine letzter Rest Pflichterfüllung. Um dieses zu verstehen, muss ich einen kleinen Abstecher in die Vergangenheit unternehmen. Nachdem ich selbst ein Disziplinarverfahren überstanden hatte, bat mich mein oberster Chef vor 17 Jahren zum Gespräch. Im Zimmer erklärte er mir, dass ich mich bei der frisch ins Leben gerufenen Konfliktkommission beim Polizeipräsidenten melden sollte. Dort würde man mich als Basisvertreter für das Landeskriminalamt erwarten. Nicht Hauptamtlich, sondern als sogenannte “Zugleichaufgabe” (Dieses Wort habe ich nicht erfunden!) Natürlich fragte ich nach, wie ich zu dieser Ehre käme.
Die Antwort: Wer dieses Disz. überlebt hat, ist definitiv geeignet!
Kaum war ich wieder im Aufenthaltsraum meines Teams, rief mich ein Kollege mit den Worten: «Oberste Heeresleitung für Dich!» ans Telefon. Intern werden so eigentlich die Ehepartner bezeichnet, deshalb meldete ich mich ein wenig mürrisch. (Wie ich im Keks – Beitrag erwähnte, halten Ehen in diesem Job oft nicht lange.) Am anderen Ende befand sich jedoch nicht meine Frau, sondern der damalige Leiter des Landeskriminalamts Herr Kriminaldirektor Voss. Er vereinbarte einen Termin und ich eilte zum Fürsten!
Ich richtete mich auf ein zehnminütiges Gespräch ein, letztlich saß ich eine Stunde mit ihm zusammen. Zu dieser Zeit tobte gerade der Skandal um die ErGr Rumba in der Berliner Polizei. Im Zuge dieser Geschehnisse war es zu erheblichen Auseinandersetzungen zwischen ihm und dem damals amtierenden Polizeipräsidenten Saberschinsky gekommen. Er verdeutlichte mir, dass ihm viel am Wohl seiner Mitarbeiter liegen würde und ich jederzeit auf seine Unterstützung setzen könne, wenn es um die Lösung in einem an die Kommission herangetragenen Konflikt ginge.
“Ohne detailliert auf Konflikte einzugehen, einiges raubte mir in diesen 10 Jahren den Glauben an die Struktur, die mich umgab.”
Leider endete seine Amtszeit aufgrund gesundheitlicher Probleme recht schnell, für mich folgten 10 Jahre in der Kommission. In dieser Zeit führte ich in allen möglichen Behördenteilen mit sehr verschiedenartigen Menschen Gespräche. Ich lernte unterschiedlichste Vertreter des Höheren Dienstes, der gehobenen und mittleren Führungsebene kennen. Die Spannbreite reichte vom burschikosen Fossil der Siebziger – Achtziger bis zum Typ Manager der Neuzeit. Hinzu kamen unzählige Kollegen aus der Schutz- und Kriminalpolizei, die mir ihre Erfahrungen schilderten. Ohne detailliert auf Konflikte einzugehen, einiges raubte mir in diesen 10 Jahren den Glauben an die Struktur, die mich umgab. Personalräte gegen Höherer Dienst, Höherer Dienst gegen Höherer Dienst, Sozialdienst gegen Kommission, Gleichberechtigungsbeauftragte gegen Vorgesetzte u.s.w., jeder gegen jeden und irgendwo dazwischen die arme verzweifelte Wurst, der ich versuchte zu helfen. Viel zu häufig lief es darauf hinaus, dass übel gefoulten Beamten gegen Stillschweigen ein Angebot gemacht wurde, welches sie nicht ablehnen konnten, während der menschlich indisponierte Vorgesetzte auf seiner Stelle blieb. Heute muss ich mir selbst eingestehen, dass ich mitgespielt habe.

Die Konfliktkommission hatte eine Vorgängerin. Nachdem sich eine Polizistin erschossen hatte, sah man einen Handlungsbedarf und gründete eine Mobbingkommission. Über mehrere Monate hinweg, versuchten die beigeordneten hochrangigen Polizisten herauszubekommen, mit welcher Definition sie eigentlich arbeiten wollten. Vermutlich zur Umgehung von Regressansprüchen wählten sie eine extrem eng gefasste. Diese wendeten sie dann auf die ihnen vorgelegten Fälle an und kamen zum Ergebnis: In der Polizei gibt es kein Mobbing, aber Konflikte! Eine Zuständigkeit liegt nicht vor. Jene Aussage führte zu Kollapsreaktionen bei der Personalvertretung und den Gewerkschaften. Eine vollkommen unnötige Konfrontation, denn Mobbing ist bis zu einem gewissen Prozentsatz in jedem Non – Profit – Unternehmen ein normales Phänomen. Im Ergebnis einigten sich die Beteiligten auf eine Konfliktkommission.
Psychologisch betrachtet, traumatisiert Mobbing den Betroffenen. Fühlt sich das Opfer auch noch alleingelassen, in dem es versetzt wird und der Vorgesetzte bleibt, werden die Folgen Jahre später sichtbar. Doch es ging ja niemals um Mobbing, sondern nur um schwerwiegende Konflikte! 2010 musste ich auf Anweisung eines Dienststellenleiters unfreiwillig die Kommission verlassen. Warum dieser BLOG ausgerechnet Trollhaus2010 heißt, ergibt sich von alleine.
“Jeder, der sehen und hören wollte, konnte das stets absackende Stimmungstief erkennen.”
Lange 10 Jahre hatte ich über meine eigene Dienststelle hinaus Einblicke in die Behörde und in die Entwicklung. Jeder, der sehen und hören wollte, konnte das stets absackende Stimmungstief erkennen. Der Umgangston, die Sprüche, die Wandschmierereien, der Umgang mit dem Mobiliar und den Fahrzeugen, die zwischen den Dienststellen ausgetragenen Grabenkämpfe, der zähe Kampf um Personalstellen, passend gemachte Beurteilungen, zu wenig Zeiten für Mitarbeiterzuwendungen, die vielen kleinen kreativen Statistiken breiten sich immer weiter aus. Was dazu führte, will ich hier nicht ausführen. Nur eines möchte ich hier anführen, manch ein Kollege hätte bei den Sparmaßnahmen nur mit den Zähnen geknirscht, wenn er nicht das Gefühl gehabt hätte, dass ihm das von “Oben” her auch noch schmackhaft gemacht werden sollte.
Einige Dienststellen sind einem Schnellkochtopf gleichzusetzen. Es köchelt stets vor sich hin, ab und wann öffnet sich ein Ventil, dann läßt mal einer ein wenig Dampf ab, aber der Druck ist immer noch im Kessel. Merkwürdige Dinge passieren. Frau Koppers äußert sich vorschnell über einen vermeintlichen Verräter und erntet prompt eine gegen sie gerichtete Zeugenaussage vom SEK. Alte Haudegen erstatten Strafanzeigen gegen Koppers und Kandt. Direktionsleiter (Eine Position, die in vielen anderen Städten einem Präsidenten entspricht!) melden sich öffentlich zu Wort und werden versetzt. Versierte Ermittler aus den Bereichen politisch motivierte Straftaten und Rocker verschwinden in der Versenkung, Whistleblower schreiben böse anonyme Briefe, da kommt einiges zusammen.
“Es ist wichtig, die mehrheitlich guten und engagierten neuen Kollegen zu unterstützen, statt alle über einen Kamm zu scheren.”
Einer wie ich denkt sich dabei: «Sollen sie sich doch oben die Köpfe einschlagen, wen interessiert es? Führungskräfte kommen und gehen! Präsidenten gehen wieder, ich selbst erlebe gerade den vierten, Innensenatoren oder Direktionsleiter, alles durchlaufende Posten, doch die arbeitenden Dienstkräfte bleiben jahrzehntelang und dürfen alles ausbaden. Aktuell wird die Polizeiakademie auseinandergenommen. Junge Menschen, die noch einiges vor sich haben, kriegen schon in den ersten Tagen mit, wie es laufen wird.
Das ist nicht gut! Weniger Schelte, und mehr interne Aufmunterung wäre angesagt. Es ist wichtig, die mehrheitlich guten und engagierten neuen Kollegen zu unterstützen, statt alle über einen Kamm zu scheren. Unter den Ausbildern/innen gibt es verdammt gute Leute, die einen tollen Job machen. Ausreißer gab es immer und wird es auch immer geben. An dieser Stelle hat die Polizeiführung ein Lob verdient, da sie sich im wesentlichen hinter die Auszubildenden gestellt hat. Das die Presse trotzdem auf sie eindrischt gehört zum Berufsrisiko, hier sind eher die eigenen Kollegen aufgefordert mal in sich zu gehen. Es ist halt nicht jeder die hellste Kerze auf der Geburtstagstorte. Wie haben wir früher immer gesagt? Es kann nicht nur Häuptlinge geben, es müssen auch Indianer in den Krieg ziehen. Den Hauptteil der Arbeit werden sie ohnehin erst auf den Dienststellen im Einsatz lernen. Alle älteren Beamte wissen, dass ein wesentlicher Teil der Sozialisation im Berufsleben passiert. Da sollte der eine oder andere mal die Kirche im Dorf lassen. ABER, daraus ergeben sich Anforderungen für die Älteren. Da ist der Haken! Wenn die schlecht gelaunt und ausgebrannt auf die Jungen treffen, ist die nächste Generation gleich kaputt, bevor sie überhaupt angefangen haben. Genau aus diesem Grunde bin ich raus aus der Nummer.
Bei aller Kritik an den Höheren Dienst, vor allem an die Jüngeren, die sich mehr als Manager sehen, statt sich darauf zu Besinnen ebenfalls Polizisten zu sein, muss sich auch der Unterbau zusammenreißen. Jeder mit Diensterfahrung weiß, worauf das sonst hinaus läuft. Beispiele die nicht in die Öffentlichkeit gehören, gab es genug.
Jeder, auch der Beamte hat das Recht innerhalb des Mäßigungsgebots frei seine Meinung zu äußern, solange er keine Dienstgeheimnisse verrät, über laufende Ermittlungen spricht oder Informationen preisgibt, die ihm nur in Eigenschaft eines Amtsträgers zur Kenntnis gelangen konnten.
Kaum wurde mein letzter BLOG – Eintrag einer breiteren Öffentlichkeit bekannt, trudelten bei mir die ersten Nachfragen ein.
“Hast Du keine Angst vor Repressalien?”
Mit Verlaub: Genau da liegt doch das Problem! Jeder, auch der Beamte hat das Recht innerhalb des Mäßigungsgebots frei seine Meinung zu äußern, solange er keine Dienstgeheimnisse verrät, über laufende Ermittlungen spricht oder Informationen preis gibt, die ihm nur in Eigenschaft eines Amtsträgers zur Kenntnis gelangen konnten. Niemand wird hier eine interne Information finden, die nicht mit wenigen Klicks im Internet erlangt werden kann. Im Gegenteil, es kursieren im Netz Informationen über die Polizeiarbeit, bezüglich derer ich mich niemals äußern würde. Darüber hinaus wurden Bücher auf den Markt gebracht, die quasi eine Informationsbroschüre für Straftäter darstellen.
Gerade der Imageverlust des Polizeiberufs hat dazu geführt, dass Kollegen in Rahmen von Selbstdarstellungen deutlich zu weit gehen. Hierzu habe ich mich an mehreren Stellen in meinem Buch “Die Wanderung Vol. II” geäußert. Es ist erschreckend, welche Informationen seitens der Polizeiführung zugelassen werden. Früher unterlag zum Beispiel alles zum Thema Observation der absoluten Geheimhaltung. Heute fahren Kamerateams bei Observationseinheiten mit, filmen die Zugriffstaktiken und schneiden sogar den Funk mit. Da fällt mir persönlich alles aus dem Gesicht. Die Berliner Polizei ist kein Freimaurerverein, die Öffentlichkeit hat sogar in einer demokratischen Gesellschaft das Recht bis zu einem gewissen Grad über die positiven oder negativen Aspekte informiert zu werden. Wenn Frau Koppers von der Abwendung von Schaden für die Behörde spricht, ist dies an der einen oder anderen Stelle ihre persönliche Auffassung, die meiner Meinung nach kein Mitarbeiter (MIT – ARBEITER!) teilen muss. Wie gesagt, immer unter der Prämisse, dass es sich nicht um Dienstgeheimnisse oder laufende Ermittlungen handelt.
Wohin dieser unselige Satz geführt hat, haben alle bei der Diskussion über die Akademie gesehen.
Ich greife ein Wort aus dem Weihnachtsbrief auf: “Berufung!” Auch wenn ich dieses Wort kritisch betrachte, genau darum geht es. Alle die sich kritisch äußerten, haben zwischen den Zeilen eines zum Ausdruck gebracht: Sie sind mit Laib und Seele Vollblutpolizisten! Während Frau Koppers Juristin ist. Die sich da äußerten, waren Menschen, die auf der Straße den Kopf hinhalten. Jene, die sich in einem Opel Corsa von arabischen Schwerkriminellen verspotten lassen müssen. Oder in heruntergekommenen Räumen Zeugen befragen und die mitleidigen Blicke ertragen müssen.
Ich gehöre einer Generation an, die am Anfang in der Ausbildung drei Dinge mit auf den Weg bekommen haben. (Jahrgang 1987 – nur falls jemand fragen sollte)
- Die Dozenten Prof. Dr. Eggert Schwan (Verfassungsrechtler, Anwalt) und Prof. Dr. Gerhard Zimmer (Verfassungsrechtler) schärften uns ein, einen eigenen Willen beizubehalten. Als wir unsere Klausuren schrieben und uns zwischen ihrer und der Rechtsauffassung eines Innensenators Kewenig entscheiden mussten, stellten sie die Frage: “Was wollt ihr werden? Ordentliche Polizisten, die der Gesellschaft dienen, oder Behörden – Ja – Sager?”
- Wenn jemand seinen Enddienstgrad erreicht hat, ist es an der Zeit auch mal den Mund aufzumachen! Dienstränge sind nicht Buchstaben, sondern dahinter verbirgt sich auch eine Verantwortung. Kollegen kritisierten mich hier in den Kommentaren, dass ich ausgerechnet die Person des polarisierenden Polizeidirektors Knape hervorhob. Doch ich bleibe dabei, immerhin hat er bezüglich des Taser – Einsatzes eine saubere rechtliche Regelung eingefordert und damit die Stirn geboten – u. genau das kann man von einem Direktor erwarten.
- Zeichnen sich Prozesse ab, die Du als Polizist – also als Mitglied der Exekutive – nicht mehr vertreten kannst, musst Du Deine Konsequenzen daraus ziehen.
Exakt an diese Vorgaben halte ich mich in diesem BLOG, auch wenn ich damit keine Freunde finden werde.