Was kann mir der Buddhismus geben?

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Wer ab und wann in diesen BLOG hineinschaut, bekommt von mir in der Regel etwas politisch ausgerichetes, zumeist in Verbindung mit Polizeithemen , zu Lesen. Hier geht es mal um etwas vollkommen anderes, nämlich Philosophie und Religion und einer kleinen Brücke in Richtung Polizei.

Seit ich vor ca. 30 Jahren die indische Dichtung Siddhartha von Hermann Hesse las, ließ mich das Thema Buddhismus nicht mehr los. Ich kann heute noch sagen, was mich an der Geschichte faszinierte. Da zog ein junger Mann, der von seinem Vater gegen die böse Welt abgeschirmt wurde, in die Welt hinaus, um die Zusammenhänge der Welt zu ergründen. Der Typ bekam aber keine göttlichen Erleuchtungen von irgendwelchen nebulösen mythischen Mächten, sondern er dachte schlicht nach. Er schloss sich anderen Denkern an, versuchte es mit Askese, wurde Kaufmann, Spieler, ging eine Beziehung mit einer Prostituierten ein und suchte danach wieder die Einsamkeit.
Er bemühte sich redlich, ein guter Vater zu sein und erlebte den Trennungsschmerz, den einst sein Vater gefühlt haben musste. Kurz: Ein Mensch, dessen Schritte in sich logisch und nachvollziehbar waren. Aber es wurde für mich noch besser. Er trifft selbst auf einen Erleuchteten hört diesem zu, findet einen Schwachpunkt in dessen Philosophie und macht seinem Kumpel klar, dass er dem weisen Mann ruhig weiter folgen soll, er aber selbst einen anderen Weg nehmen muss.

Diversen christlichen Gläubigen ist der Buddhismus äußerst suspekt. Sie finden den Buddhismus im Gegensatz zum christlichen Glauben mit seinem Erlösermythos als zu hart und unnachgiebig. Auch da rastete ich ein. Im Gegenzuge sind mir nämlich Christen suspekt, wenn sie von einem Durchgangsstadium auf der Erde ausgehen, unter dem Strich die Sau raus lassen können, um dann am Ende Gnade zu erfahren. Ich war schon in meiner Jugend ein Gegner von Moral, die von einer Institution ausgeht und seltsamerweise hauptsächlich einer Machtclique namens Klerus Geld und Reichtum beschert.

Aktuell finden sich anlässlich der Vorgänge in Birma (Myamar) neue Kritiker, die frohlocken, dass der Buddhismus nicht so friedlich sein kann, wie er immer dargestellt wird. Keine Philosophie kann dafür verantwortlich gemacht werden, wie sich fehlgeleitete Anhänger verhalten. Zu den Buchreligionen gibt es einen klaren Unterschied. Wer sich streng an die Vorgaben des Bibeltextes, des Koran oder der Tora hält, wird nicht friedlich leben. In allen Büchern gibt es auch Anweisungen dazu, wie mit Andersgläubigen oder Abweichlern zu verfahren ist. Ein Mensch der die dem Buddhismus innewohnende Logik verstanden hat und es schafft, danach zu leben, wird keine Gewalt ausführen.

Hier sei angemerkt, dass es im ZEN – Buddhimus Klöster gibt, in denen Mönche meditierende Brüder schlagen. Da steckt ein tiefer Sinn dahinter. Erst wenn ich selbst zum Täter wurde, erkenne ich, wie sehr menschlich ich selbst bin und mich nicht von jedem anderen unterscheide. Auf der anderen Seite erkenne ich als Meditierender was passiert und kann dem anderen dankbar sein, dass ich diese Erfahrung auf diesem Wege mache und sie selbst keinem anderen mehr zufügen muss. Wieder so eine schwer verständliche asiatische Denkweise. Ich kann einem Menschen, der mir schlechtes zufügt, dankbar sein, da ich es selbst niemanden zur Vervollständigung meines langen Lernprozesses antun muss. Ich denke dieser Weg ist Geschmackssache. Der Mönch, der kir das erklärte, wechselte jedenfalls das Kloster nach einem Monat.

Eine Kernaussage des Buddhismus besteht darin, dass alles ein Teil des Ganzen ist und das Ganze damit auch zum Bestandteil des Teiles wird. Nichts kann betracht werden, ohne auch das Ganze zu berücksichtigen. Nehme ich eine Maschine und betrachte nur eine Schraube, wird sich mir die Funktion der Maschine nicht erschließen. Ohne die Schraube funktioniert aber auch die Maschine nicht, und ich werde nicht herausbekommen, wozu sie eigentlich konstruiert wurde. Ich möchte das Bild noch ein wenig anders gestalten. Stelle ich mir ein Gefäß mit einer Flüssigkeit vor, dann besteht diese Flüssigkeit aus lauter Molekülen. Jene setzen sich wiederum aus Atomen zusammen. Das kann ich immer weiter fortführen, bis ich den modernsten Bereichen der Physik lande, die immer mehr auf einer Energieebene landen. Gebe ich ein derartiges System einen Impuls, setzt der sich fort. Nehmen wir an die kleinsten Teile hätten die Wahl, was sie für Impulse hineingeben, dann könnten sie entweder positive oder negative Impulse abgeben. Jeder einzelne, der sich dazu entschließt einen positiven Impuls zu geben, erhöht die Chance, dass es für das gesamte System in diese Richtung geht, im Gegenzuge gilt dieses auch für die negativen Impulse. Mit jedem neuen positiven Impuls erhöhe ich auch die Wahrscheinlichkeit, selbst Nutznießer zu werden.

Positiv und Negativ sind zwei schnell geschriebene Worte, aber was bedeuten sie denn? Gut und Böse sind zwei moralistische Begriffe, die unpassend sind. Hier wird es schwierig und vor allem sehr langwierig, so langwierig dass es laut Buddha mit einer einmaligen Erscheinung als Lebensform kaum zu ergründen ist. Und ich werde mir mit Sicherheit nicht anmaßen, die Behauptung aufzustellen, dass ich es im Ansatz wüsste. Aber darauf gehe ich noch weiter unten im Text ein.

Als Mitteleuropäer stoßen wir im Buddhismus schnell auf Stellen, die für uns kaum nachvollziehbar sind. Wir sind «Selbstoptimierer», neuerdings gibt es dafür sogar Armbänder. Unser Denken strebt immer auf das Individuum zu, ist es nicht dieses, dann doch wenigstens eine Gruppe oder unser Land, weiter kommen wir in der Regel nicht. Doch ich finde, es lohnt sich, es für den Anfang mit einigen Teilaspekten zu versuchen, man muss ja nicht gleich alles kapieren.
Buddha gab seinen ersten Schülern eine «Praxis» mit auf den Weg, eine Art «Denkanleitung», mit der sie dann selbst in die Lage kommen, den Rest zu verstehen. Wieder so ein Unterschied zum Christentum, der mir entgegenkommt. Es gibt einen Gott, einen Verhaltenskodex, dann bist Du eine guter Mensch und wirst ins Paradies kommen – eigenes Nachdenken ist da eher unerwünscht und führte bis vor kurzer Zeit noch auf den Scheiterhaufen oder zu einem gestörten Perversen, der sich Exorzist nennt.

Passend dazu wird «Unwissenheit» im Buddhismus als die Mauer vor der Erkenntnis schlechthin erkannt. Der 14. Dalai Lama, seine Heiligkeit Tenzin Gyatso wurde in einem Interview gefragt, wie man diese Unwissenheit überwinden könne. Seine trockene Antwort: Mittels Nachdenken! Diese Unwissenheit wird nebenbei in allen buddhistischen Richtungen benannt. Denn Buddhismus ist ein Sammelbegriff für mehrere Ausrichtungen, die aber die Suche nach einem gemeinsamen Ziel verbindet. Wenn ich mich persönlich mit dem Buddhismus auseinandersetze, versuche ich mir immer Texte des Pali Kanon, zugänglich zu machen, weil der am nächsten an den ursprünglichen Aussagen dran ist. Buddha selbst sagte seinen Schülern, dass sie die Letzten wären, die die ursprünglichen Worte hören. Danach kämen irgendwann Schriftgelehrte, die alles aufschrieben und ihre eigenen Interpretationen beifügen würden.
Deshalb wurden über diverse Jahrhunderte die Worte inklusive Betonungen, Sprechpausen und Intonation auswendig gelernt und mündlich innerhalb der Mönche weitergegeben. Die erkannten vor 2000 Jahren ein wesentliches Problem der Kommunikation, nämlich das Worte an sich, schon kaum einen komplexen Gedanken wiedergeben können und der Wegfall der restlichen Informationen beim Aufschreiben, für das Ursprüngliche nicht förderlich ist. Buddha verwendete  viele Aphorismen, die die passenden Bilder im Kopf erzeugen. Bei uns hat das lange Zeit gedauert, bis ein Nietzsche dies in unsere Philosophie wieder einbaute.

Ein Schüler fragte Buddha zum Beispiel, was passieren würde, wenn man seine «Praxis» falsch anwendet. Der fragte daraufhin, was passieren würde, wenn man eine Kobra an der falschen Stelle anpackt. Die Schüler stellten folgerichtig fest, dass die dann beiße. Buddha erläuterte, dass seine Vorgaben zu Denken der richtigen Vorgehensweise beim Fang der Schlange entspräche. Man müsse sie mit einem gegabelten Stock am Kopf fixieren und dort dann packen. Ebenso sollten seine Schüler mit ihrer Praxis verfahren.

Diese Wortproblematik zeigt sich noch an einer anderen Stelle. Für die im Pali Kanon verwendeten Worte haben wir in unserer modernen Sprache bzw. aus dem mittelhochdeutschen entstandenen Sprache keine passenden Übersetzungen. Im Prinzip ist dies ein Problem, welches der britische Autor Douglas Adams zusammen mit Gleichgesinnten erkannte. Wir haben Gefühlszustände, für die es kein passendes Wort gibt, deshalb versuchen sie (D. Adams selbst leider nicht mehr, R.I.P.) Neue Worte zu erfinden. Adams brachte mal als Beispiel den Zustand, in dem man sich im Wartezimmer zum Zahnarzt befindet, und plötzlich die Schmerzen verschwinden. Notgedrungen verwenden die Übersetzer die Wörter Leid, welches zu überwinden gilt und Nirvana für das zu erreichende Ziel. Was das tatsächlich meint, beschreibt zum Beispiel ein Georg Grimm im Buch «Die Lehre des Buddho» auf 400 Seiten mit Mikroschrift. (Grimm gründete 1921 die Altbuddhistische Gemeinde) Da werde ich hier nichts zu sagen, das kann bei Interesse jeder brav selbst nachlesen.
Schopenhauer brachte Leiden für Mitteleuropäer auf einen verständlichen Nenner. «Leiden ist gehemmtes Wollen.» Grimm führt dazu weiter aus: «Alles was meinem Wollen, meinen Wünschen zuwiderläuft, ist Leiden, und alles was sich zwar meinem Begehren gemäß, aber unter Widerständen vollzieht, ist insoweit ebenfalls Leiden.»

Ich will hier nur auf sehr wenig eingehen. Der Buddhismus misstraut zu Recht dem Zusammenspiel zwischen Sinnesorganen und dem Großhirn. Die Sinnesorgane selbst sind dazu in der Lage Informationen der Umwelt aufzunehmen und sind selbst bereits die erste Fehlerquelle. Dann kommen noch das limbische System und die Amygdala ins Spiel, bevor eine gigantische Filtermaschine namens Großhirn aus diesen Informationen etwas zusammenbastelt. Buddha wird vom Aufbau nicht viel gewusst haben, aber die Auswirkungen konnte er erkennen.
Zwei Leute befinden sich objektiv in derselben Situation, kommen aber zu abweichenden Auffassungen. Hieraus leitet sich u.a. auch die Erkenntnis ab, dass jeder immer nur ein Abbild im Kopf eines anderen Menschen ist, bei dem die geschilderten Faktoren wirken. Deshalb ist es nicht möglich, sich selbst so zu sehen, wie uns andere Wahrnehmen und wir haben ziemlich begrenzte Möglichkeiten auf unser Bild beim anderen Einfluss zu nehmen. Akzeptieren wir dieses nicht, landen wir wieder im Leiden.

Buddhismus ist eine Religion der Vernunft. Deshalb wird sehr viel Wert auf das gelegt, was da im Kopf passiert. In einem weiteren Gleichnis fragte Buddha seine Schüler, ob es einem Maler möglich wäre mit Farben und Pinsel ein Bild in die Luft zu malen. Selbstredend funktioniert dieses nicht. Deshalb forderte er die Schüler auf, es mit ihrem Inneren genauso zu handhaben. Er setzte Menschen, die versuchten die Schüler zu beleidigen oder Hass zu erzeugen, einem Maler gleich. Böten sie ihm innerlich keine Leinwand an, könnte nichts passieren, was sie von ihrer «Praxis» abbringt.

Bei diesen wenigen prägnanten Beispielen will ich es bleiben lassen. Anfangs sprach ich von einer kleinen Brücke zum Beruf des Polizisten. Ich erweitere das ein wenig. Ich meine damit weniger den Beruf selbst, sondern das Denken und die Fähigkeiten, die für diesen Beruf notwendig sind und über den aktiven Dienst hinaus gehen. Für Menschen, die sich tagtäglich mit den als negativ empfundenen Verhaltensweisen von Menschen auseinandersetzen müssen, ist es von besonderer Bedeutung nicht nur die einzelnen Ereignisse zu sehen, sondern auch einen Blick auf das Ganze zu haben.

Ich habe in meinem Kopf immer diese «Weltbühne», auf der sich eine Unzahl von Schauspielern, tummeln. Die Schauspieler sind alle Lebewesen (im Buddhismus lebt alles, was sich auf der Basis eines eigenen Willen bewegen kann – inklusive Einzeller) auf dem Planeten Erde und alles Gegenständliche ist die Kulisse. Es gibt keine uns bekannten Regieanweisungen, in einer rasanten Geschwindigkeit agieren alle miteinander und beeinflussen sich, so dass es zum nächsten Handlungsablauf (die eine Hälfte unseres Körpers besteht aus Körperzellen, die andere Hälfte aus Mikroben und Bakterien, da findet jede Menge Handlung jenseits unserer Wahrnehmungsmöglichkeiten statt) kommt.
Niemand kann vorhersagen, was im nächsten Augenblick passieren wird, sondern kann lediglich eine Auskunft über sich selbst in einem sehr kleinen Moment geben (Ebenfalls nur stark eingeschränkt, deshalb wird im Buddhismus von dem eigentlichen ICH gesprochen, welches nichts mit unserer mitteleuropäischen Vorstellung von Persönlichkeit zu tun hat. Ich sehe es mehr als eine Art Information – aber das führt an dieser Stelle zu weit.).
Selbst die vergangenen Geschehnisse sind unübersichtlich. Es würde auch nicht helfen, wenn man die Bühne aus einem Zuschauerraum heraus betrachtet. Wie sollte man bei diesem Durcheinander erkennen, was im nächsten Augenblick passieren wird. Abhilfe könnte nur eine grundsätzliche Regieanweisung geben. Grundsätzlich würde es ausreichen, sie einem Akteur mitzuteilen und wenn jeder sie richtig weitergibt, würde es überschaubar werden. Vielleicht hat Buddha diese geheimnisvolle Regieanweisung erkannt, wer weiß das schon? Fakt ist aber, wenn einer oder mehrere auf der Bühne, die Sache in die Hand nehmen, kann es von Fall zu Fall zu gewünschten Abläufen kommen. Das wird aber nur funktionieren, wenn sie für jeden akzeptabel ist – und schon gehen die Probleme wieder los. Hatte er die notwendige Grundformel entdeckt, die jeden berücksichtigt?

Alle Menschen, die Regieanweisungen umsetzen müssen, bekommen auch den Unwillen anderer zu spüren, da sie eben nicht dieser universellen Notwendigkeit entsprechen. Aus Unwillen kann auch Frust werden, der sich wiederum als Basis für Wut, Hass und Beleidigungen erweisen kann. Doch war nicht etwas mit dem Maler und seiner Farbe? Keine Leinwand – kein Bild! Ich finde, es kann helfen, sich darüber mal in verschiedenen Berufen Gedanken zu machen. Gautama Siddhartha kam mit diesen Erkenntnissen nicht auf die Welt. Prinzipiell schon, aber er war sich dieser nicht bewusst. Es bedurfte diverser Stationen im Leben, um dieses Bewusstsein zu bekommen. Eine dieser Stationen war das Leben unter den Kindermenschen – so nennt sie Hesse in seiner Dichtung (an dieser Stelle ein dickes Dankeschön an meine jüngste Tochter für eine Ausgabe aus dem Jahr 1922).
Selbst wenn es arrogant klingt, viele «Ordnungshüter», die einige Jahre im Beruf zugebracht haben, treffen auf diese Kindermenschen, wenn sie sich selbst ein wenig Weisheit angeeignet haben. Letzteres ist allerdings eine Grundvoraussetzung, wenn man selbst nicht Kindermensch sein will.

Diese wenigstens in minimalen Anteilen zu bekommen, erfordert die Auseinandersetzung mit Denk-, Kommunikations- und Wahrnehmungsfehlern. Wie beschrieben, kann die Auseinandersetzung mit dem Buddhismus diesbezüglich viele Antworten und Anregungen geben. Insofern kann ich das jedem wärmstens empfehlen, deshalb muss man sich noch lange nicht Buddhist nennen, vielleicht wird es man einfach nur per Nachdenken.
Besonders empfehlenswert ist die Auseinandersetzung, wenn man mal wieder ohne Worte und Erklärungen vor den schrecklichen Auswirkungen menschlichen Handelns steht, und in einem ganz langsam der selbstzerstörende Hass auf diese Welt in die Glieder fährt, der sich dann zu einem weiteren Filter entwickelt, welcher fehlerhafte Wahrnehmungen produziert.

(Januar 2017, gewidmet D.S., der mich bis zu diesem Punkt ein paar Meter begleitete.)

 

 

 

 

 

 

 

 

Falsche Versprechungen sind gefährlich

Lesedauer 10 Minuten

Eigentlich hatte ich in diesem BLOG bereits etwas über die Belastungen der Sachbearbeitung im Zusammenhang mit dem Untersuchungsausschuss Anis AMRI geschrieben, doch das Thema dauert an und gibt damit Gelegenheit noch ein paar Worte dazu zu verlieren.

Ich unterstelle allen Menschen in gesellschaftlichen Berufen, dass sie bis zu einem gewissen Grad engagiert sind und versuchen alles herauszuholen, was ihnen möglich ist. Um zu dieser Auffassung zu kommen, muss man nicht sonderlich wohlmeinend sein, sondern nur ein wenig logisch denken. Der psychisch gesunde Mensch in einem dieser Berufe steht im unmittelbaren Kontakt zu anderen und sieht die Folgen von Handlungen und Unterlassungen.

Bei der Polizei wird gern von Sachbearbeitern gesprochen, wenn sie bei der Kriminalpolizei beschäftigt sind und ermitteln. Abgeleitet wird dieser Begriff von der Tatsache, dass es sich um einen kriminalpolizeilichen relevanten Sach (verhalt) handelt. Mit anderen Worten: Einer oder mehrere Menschen haben gegen das Gesetz verstoßen. In der Regel gibt es dann auch mindestens ein Opfer. Sachbearbeiter klingt sehr unpersönlich und blendet das Menschliche ein Stück weit aus. Deshalb bevorzuge ich persönlich das Wort Ermittler.

Der Berufsanfänger bei der Kripo findet alles sehr spannend und sieht in jeder Akte noch die Menschen, ihre Schicksale und die Folgen. Nach und nach muss er lernen, dass die Kripo – Arbeit auch bedeutet, einen professionellen Abstand zu bekommen und das Leben von seinen unschönen Seiten kennenzulernen. Viele starten in Berlin in der örtlichen Direktion und werden bereits in den ersten Tagen mit der sogenannten Kiepen – Sachbearbeitung konfrontiert. Einbrüche, einfache Diebstähle, Fahrzeugdiebstähle, aufgebrochene Automaten, Körperverletzungen und Beleidigungen sind in einer Großstadt massenhaft vorkommende Ereignisse, die sich auf den Schreibtischen stapeln. Für das Opfer, ist ein Einbruch ein schlimmes Ereignis im Leben.

Da ist jemand in die Privatsphäre eingedrungen, viele fühlen sich nicht mehr sicher in den eigenen vier Wänden und die Sachen wirken auf einen beschmutzt. Für den Ermittler ist und muss der Einbruch reine Routine sein. Fahndungsgeeignete entwendete Gegenstände, Spurenlage, Zeugenbeobachtungen? Ist nichts davon vorhanden, wird der Vorgang sach- und fachgerecht erledigt. Selten wird sich die Gelegenheit ergeben, dass da nochmals jemand am Ort erscheint, Nachermittlungen betreibt oder auf Spurensuche geht. Dafür ist schlicht keine Zeit vorhanden.
Jeden Tag haben sich die Ermittler diverser Vorgänge entledigt, kommen am nächsten Tag zum Dienst und die namensgebende Kiepe wurde um die gleiche Zahl wieder gefüllt, wenn es nicht sogar mehr neue Vorgänge sind, als am Vortag erledigt wurden.

Wer aus dieser Mühle herauskommt, freut sich naiv auf eine Ermittlerstelle in den Fachkommissariaten des Landeskriminalamts. Dort werden die richtig dicken Dinger bearbeitet, da bekommt man Fälle zugewiesen und kann richtig ermitteln. Weit gefehlt!

Dort sind die Kiepen halt voll mit Fällen, die sich nicht innerhalb weniger Minuten abarbeiten lassen. Papier kann bekanntermaßen sehr geduldig sein und es lässt sich auch prima hin – und her schieben. Kaum ist man die Akte an die Staatsanwaltschaft losgeworden, kommt sie eine Woche später zurück. Entweder, weil tatsächlich noch etwas zu tun ist, ein Antrag bewilligt wurde oder es einfach nur Sommer ist und der Staatsanwalt zum Urlaub hin, seinen Schreibtisch frei bekommen wollte. Manches ist auch nicht in Berlin passiert, sondern die lieben Kollegen aus anderen Bundesländern brauchen Unterstützung, Informationen zu Tätern kommen über das Postfach usw..
Doch damit ist noch nicht genug. Durchsuchungen müssen gemacht werden. Telefonüberwachungen müssen mitgehört und ausgewertet werden, operative Einsätze anderer Dienststellen wollen unterstützt sein, Außenermittlungen, Zeugenbefragungen, Auswertung anderer Akten – und last but not least, jeder Arbeitsschritt muss dokumentiert werden. Und zwar in mehrfacher Hinsicht. Auch kein Ergebnis ist ein Ergebnis und in einer Behörde wird jedem grundsätzlich Faulheit unterstellt, deshalb bedarf es auch immer einer Dokumentation, dass man eben dieses nicht ist.
Besonders wichtig ist auch, dass niemals die Statistik außer Acht gelassen wird. Jede Akte, jeder Straftäter, jede Minute in einem Dienstwagen, der Benzinverbrauch, jedes Foto, jeder Antrag, jede liegen gebliebene Akte, Arbeitsstunde und jedes Asservat sind eine erfassungswürdige Nummer in einer Mangelwirtschaft, innerhalb derer alle um Zuwendungen, Besoldungsstellen, Fahrzeuge und ein paar Quadratmeter mehr Bürofäche kämpfen.

Ich arbeitete einst auf einer Dienststelle, die sich mit osteuropäischer Organisierter Kriminalität beschäftigte. Nachdem sich Zusammenhänge bei Einfamilienhaus-einbrüchen auftaten, wurden zeitweilig alle Einbrüche mit dem Schema “drei zusammenhängende Taten” bei uns – ob nun sinnvoll oder nicht – als Eingang registriert. Der Hintergrund war weniger das Interesse an einer Aufklärung, als die Zuteilung eines neuen Sachbearbeiters.

Massenhafte Erscheinungsformen sind für solche Spielchen immer gut. Wir kümmerten uns zum Beispiel auch innig um die Hütchenspieler. Als Ermittler kommt man schnell zur Auffassung, dass man nicht jeden “Blöden” in der Stadt beschützen kann. Jedem Erwachsenen der 10 Schuljahre besucht hat, muss klar sein, dass dort nicht gewonnen werden kann. Doch erstens sehen die Jungs im Stadtbild nicht gut aus und jeder Festgenommene gibt einen Haken in der Tabelle.

Bereits Ende der Neunzigerjahre sagte mein damaliger Dienststellenleiter Thomas H. (Grüße von hier aus, wenn Du es lesen solltest) zu mir: «Die Behörde bestimmt sich nur noch über Zahlen, Kriminalität interessiert uns schon längst nicht mehr.» Er lag bereits damals richtig.

In dieser Situation treffen wir nun auf Menschen, denn auch Ermittler sollen angeblich welche sein, die sich mit der Bekämpfung von Terrorismus, Organisierter Kriminalität in all ihren Facetten, schweren Raubtaten, Mord und Totschlag auseinandersetzen sollen.

Sehr bewusst habe ich die «Betrüger» und «Wirtschaftsermittler» ausgespart, denn deren Papierbelastung ist noch umfangreicher, aber deutlich geduldiger. Nehmen die anderen jemanden nicht rechtzeitig aus dem Rennen oder treffen falsche Präventionsmaßnahmen – kann die Angelegenheit schnell ins Auge gehen. Nicht genug damit, dass sie gegen die Täter antreten, sie müssen auch noch jeden Tag mit der eigenen Behörde streiten. Bei niederen Dienstgraden muss man beinahe einen masochistischen Fetisch annehmen, anders kann man sich vieles nicht mehr erklären. Wie kommen Menschen in solchen Lagen klar? Es bedarf einer besonderen Einststellung zur Lage.

Kriminalität fand gestern statt, heute, und wird morgen immer noch da sein. Ein Dealer handelt nicht nur jetzt, sondern nächste Woche immer noch. Alles kann nicht bekämpft werden und ein wenig Augenmaß bezüglich des Interesses in der Bevölkerung kann auch nicht schaden.

Da wo gerade politisch besonders krakeelt wird, kümmern wir uns verstärkt, die anderen Sachen haben Zeit, bis sich das Blatt wieder wendet. Oft hilft es auch, wenn man schon die kleinen Sachen an die Staatsanwaltschaft weiter leitet, und nicht darauf versessen ist eine ganze Struktur zu zerschlagen. In der Regel bringt das ohnehin nichts. Es ist nicht gut, wenn man in Berlin zu lange an einem Faden zieht, unter Umständen hängt an ihm ein uferloses Netzwerk hinten dran und jede benachbarte Dienststelle ist dankbar dafür, wenn jemand so dusselig ist eine Akte zu übernehmen. Das trifft aber nicht nur auf die OK (Organisierte Kriminalität) zu.
Das Terrorismus und OK Hand in Hand gehen ist ein alter Hut. Ein unvorsichtiger Ermittler kann da aus Versehen schnell in einem Wespennest herumstochern, welches ihn in Erklärungsnöte bringt, bzw. kreative Eindämmungsstrategien abverlangt (Die Untersuchungsausschüsse hoch interessant finden könnten!) Böswillige investigative Autoren wettern an dieser Stelle immer, dass auf diese Art die OK nicht eingedämmt werden kann. Die sollten aber auch wissen, dass sich in diesen Bereichen diverse politische Tretminen befinden, die nichts mehr mit Polizeiarbeit zu tun haben, sondern den Diensten obliegen.
Weiterhin ist es klug, die Chancen abzuwägen, den Täter zu überführen. Langatmige, personalintensive und teure Ermittlungen kann sich niemand leisten, vor allem sind sie statistisch kontraproduktiv. Und mit dieser Statistik arbeitet nicht ausschließlich die Dienststelle, sondern die Polizei allgemein und auch die Politik. Viele kleine aufgeklärte Straftaten machen sich im Portfolio eines Innensenators besser, als langwierig ermittelte Strukturen.
Schlimmer noch: Wie würden sich Erkenntnisse über die Anwesenheit ausländischer Strukturen wie Vietnamesen Banden, Mafia, Camorra, Südamerikanische Kartelle, Schwarze Axt, Tambowskaja-Malyschewskaja, wory w sakone (Diebe im Gesetz) in Zusammenarbeit mit den Geheimdiensten der üblichen Verdächtigen in der Öffentlichkeit verkaufen lassen? Kein Innensenator kann etwas dafür oder könnte es verhindern, das ist halt Berlin nach der Wende. Lästig sind halt die Bücher darüber, aber trotz starker Auflagen, sind sie in der öffentlichen Diskussion kaum gegenwärtig. (An dieser Stelle bedauere ich den Tod des großartigen Publizisten Jürgen Roth)

Da sieht sich die Politik vermutlich in der Rolle eines Gemüsehändlers. Jeder weiß, dass diverse Früchte eine Made haben, das ist Natur – aber man muss es nicht auch noch zugeben, dies wäre schlecht für das Geschäft. Lieber stelle ich jemanden ein, der die Dinger rechtzeitig aussortiert.
Was macht man aber mit den Wirrköpfen von der AfD, die sich mit einem Megafon auf die Straße stellen und standhaft behaupten, sie wüssten ganz genau, wer die Früchte gezielt dort platziert hat und beim deutschen Händler nebenan, wäre alles in Ordnung? Das ist zwar glatt gelogen, aber behaupten kann man erst einmal viel, wenn es einem etwas nützt.

Doch selbst wenn Ermittlungen von besonderen Interesse sind, gibt es Grenzen. Wo absolut kein Personal mehr zu holen ist, muss mit Risiko, Geschick und einem Quäntchen Glück gearbeitet werden. Da helfen keine Hilfeschreie, Vermerke über Personalnot oder Überlastung. An dieser Stelle werde ich mal sehr brutal und zynisch. Ich zitiere einen Polizeiführer in einer anderen Angelegenheit: «Beweisen Sie mir erst einmal, dass Sie mit mehr Personal und Mitteln irgendetwas verhindern.» Umso länger ich über diese Worte nachdachte, desto mehr begriff ich, wie korrekt seine Aussage ist.

Mit einigem Abstand zum unmittelbaren Geschehen kann man Kriminalität und Terror auch ökonomisch betrachten. Beides wird es immer geben, mal ein wenig mehr und mal ein bisschen weniger. Geschickt konspirativ agierende Terroristen werden immer wieder erfolgreich sein, die weniger intelligenten Kandidaten oder Pechvögel machen eines Tages einen Fehler und gehen ins Netz.
Ausweisungen, Abschiebungen, Haftstrafen oder Observationen werden daran nichts verändern. Wer daran glaubt, hat das Prinzip vom religiösen und auch politischen Terrorismus nicht verstanden. Einem OK – Straftäter kann ich den Standort durch einen hohen Repressionsdruck vermiesen, den Terroristen stachele ich damit eher an. Dem Gläubigen kann ich nicht einmal mit dem Erschießen drohen, da er damit zum Märtyrer wird.

Die Anzahl der religiösen Terroristen reduziert niemand mit polizeilichen Maßnahmen. Jeden Tag radikalisieren sich für zwei festgenommene oder abgeschobene potenzielle Täter, zwei Neue. Es gibt bei diesen Überlegungen Parallelen zur Rauschgiftkriminalität. Wenn von der Polizei mehr Rauschgift sicher gestellt wird, bedeutet das nicht, dass die Polizei mit mehr Personal eine bessere Bekämpfung erreicht hat, sondern es ist schlicht und ergreifend mehr Gift auf dem Markt. Genauso ist es bei den religiösen Terroristen des 21. Jahrhunderts.

Zerstören wir nicht den Brutkasten, kommen Neue. Und der Brutkasten ist nicht der Islamismus. Auch hier gelten die Regeln des Rauschgiftprinzips. Nicht die Droge findet den User, sondern der Konsument sucht sich seine Droge, anders ausgedrückt, der frustrierte desorientierte Mensch sucht sich seinen Anbieter für Terrorismus. Nicht umsonst treibt es einige Linksextremisten in den Islamismus.

Mit mehr teuren Personal komme ich da also nicht weiter, das ist nur Sand vom Sandmännchen für den besorgten Bürger. Selbstverständlich darf kein Politiker dies in dieser Form sagen. Da aber kein Geld da ist, müssen aber wenigstens die Ermittler Unmengen von Informationen auswerten, Präventionen betreiben und den Anschein bewahren. Bis zu dem Tag, an dem es zum Schadensfall kommt. Jeder, der bei klarem Verstand ist, weiß eins sehr gut: «Wäre Amri vorher festgenommen worden, hätte es der Szene kurzfristig an einem Vollstrecker gefehlt, der Plan wäre damit aber nicht vom Tisch gewesen.»

Doch diese Aussage passt nicht in unser Denken. «Es kann nicht sein, was nicht sein darf!» und es müssen Kausalitäten her, damit wir ein Ereignis für uns erfassbar und erklärbar machen können. Hierfür setzen wir einen Untersuchungsausschuss ein. Was könnte dabei herauskommen?

Zunächst müssten wir erst einmal definieren, worin denn der Unterschied zwischen einer Ermittlung und einer Untersuchung besteht. In meinem Verständnis sucht der Ermittlungsausschuss einen Schuldigen und eine Untersuchung bezieht sich auf das Ganze.
Bei einer Untersuchung wären Fragestellung im Sinne von: «Wie gehen wir politisch mit dem ´Terrorismus um? Wie gehen wir auf die Bevölkerung zu? Wie positionieren wir uns im Falle eines Anschlags? Welche Maßnahmen billigen wir und welche nicht?» Ich habe keine Ahnung, was da in diesem Ausschuss geköchelt wird, aber ich glaube nicht, dass es in diese Richtung geht.

Es wird auch nicht gefragt werden, inwieweit es zulässig ist, Beamte und ihre Familien für diese Wählerstimmengewinnungspolitik zu zerstören.

Was hätte das LKA tun können? «Hey Leute, wir tun unser Bestes, aber es gibt Grenzen! Das Phänomen entwickelt sich derart rasant, dass wir keine Garantien mehr geben können und wir müssen im Gegenzuge auch auf unsere eigenen Leute achten, die haben immerhin auch noch ein Leben!» Die Zahl an Krebstoten lassen sich auch nicht durch immer mehr Ärzte, die immer mehr arbeiten, reduzieren.

Zwei Sorten Mensch spielen bei der Angelegenheit eine Rolle. Leute, die sich dazu berufen fühlen politisch Menschenmassen zu führen und Kriminalbeamte, die versuchen die Fehlschläge einzugrenzen. Es ist eine bittere Lektion, die jeder Ermittler lernen muss: «Du kannst es nicht bekämpfen, sondern nur im Rahmen der Möglichkeiten begrenzen, doch wenn das nicht Aufhaltbare passiert, bist Du schuld daran.» Dem Politiker ist das vollkommen egal, selbst wenn er die gleiche Erkenntnis hat. Die Politik braucht einen Schuldigen. Wen wundert es dann, wenn der Ermittler mit allem ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, den Rücken an die Wand zu bekommen.

Es ist ein undankbarer Job, der da zu machen ist. Er ist geprägt von Risikobewertungen und taktischen Entscheidungen. Taktik bedeutet nun einmal mit den vorhandenen Mitteln zu agieren. Ich habe nie unbegrenzte Möglichkeiten, unbegrenztes Personal und kann überall sein.

Dieses Prinzip muss politisch in die Köpfe der Bevölkerung transportiert werden. Bevor die Polizei ins Spiel eintritt, ist zuvor viel passiert. Andere haben eine Gesellschaft erschaffen, die Terroristen produziert. Städtebauliche Maßnahmen haben Brennpunkte erschaffen, Entscheidungen über die Anhebung des Bildungsniveaus und Integrationsmaßnahmen bzw. Sozialarbeit sind von Politikern getroffen worden und die schief gelaufenen Ergebnisse sorgen für das Schadensereignis, die Polizei steht am Ende dieser Kette. Und eines der letzten Glieder dieser Kette ist der Ermittler.

Vor ein paar Jahrzehnten arbeitete ich mit einem Fahnder der ganz alten Riege im Bereich OK zusammen. Der hatte eine sehr eigene Auffassung. «Da draußen ist ein Haifischbecken. Wir können uns nicht jeden schnappen. Lass uns einen Angeln den wir kriegen können, es sind genug da und mach Dir keine Sorgen, das Becken wird jeden Tag von Oben her aufgefüllt.»

Das Übelste, was uns passieren kann, sind immer mehr Politiker, die dem Volk verkaufen, dass sie mit ihrer «Law and Order» Forderung und dem Zeigen auf bestimmte Gruppen alle Probleme lösen können. Unter dem Strich sind die gefährlicher als jeder Terrorist. Dieses blödsinnige Versprechen ist nur durch das Einsetzen eines Spitzels für jeden Bürger und einem Apparat der auch noch diese Spitzel überwacht zu verwirklichen, während zeitgleich jeder auch nur halbwegs Verdächtige in ein Lager gesperrt wird

Terrorismus ist nicht zweckfrei. Die Islamisten verfolgen neben der Verunsicherung das Ziel, die Bevölkerung gegen den Islam aufzuhetzen, damit sich die friedlichen Angehörigen der Religion nach und nach in einer Verteidigersituation sehen und sich mit den Terroristen solidarisieren. Eine Bevölkerung, die sich des Risikos des Lebens in einer Stadt nicht bewusst ist, der der Irrglaube verkauft wird, dass man nur ausreichend Aufwand betreiben muss um 100 % Sicherheit zu erzielen, ist recht schnell zu verunsichern.
Eine Bevölkerung, die nicht darauf vorbereitet ist, dass die Ermittler u.U. auch mal ein Rest – Risiko eingehen müssen, um an die Hintermänner heranzukommen, und dieses auch die Möglichkeit eines Anschlags inkludiert, wird auf die kommenden Zeiten nicht vorbereitet sein.
Diese mangelnde Vorbereitung spielt den Terroristen unmittelbar in die Hände. Gleichermaßen verhält es sich mit Pressevertretern, die bei jedem Anschlag einen Skandal herbeireden. «Wie konnte es zu dem Anschlag kommen, obwohl den Sicherheitsbehörden die Täter vorher bekannt waren?» Es kann dafür viele Gründe geben und dort würde die journalistische Verantwortung, wenn es denn heute noch etwas in dieser Art gibt, ansetzen. Politiker, die entweder falsche Versprechungen machen oder sich latent politisch an der Verunsicherung bedienen, legen ebenfalls nach.
Den letzten Tropfen Benzin gießen dann die rechten Hetzer ins Feuer, die sich die Terroristen zum Handlanger für ihre Ziele machen. Letztere wollen den gleichen Zustand erzeugen wie die Terroristen, nur haben sie andere Vorstellungen vom System, welches auf das Fundament gebaut werden soll.

Die Entwicklungen um Deutschland herum und innerhalb des Landes geben keinerlei Anlass zur Hoffnung, dass sich etwas ändern wird. Weder bessern sich die Zustände, die aufmerksam von Personen beobachtet werden, die auf der Schwelle zur Radikalisierung stehen, noch wird den rechten Hetzern Einhalt geboten. Eine Trendwende bei den kommerziell ausgerichteten Medien ist auch nicht in Sicht. Wäre ich noch Ermittler, würde ich spätestens in dieser Situation zusehen, dass ich mir eine gute Strategie zu lege.

Von der Arbeiterpartei zum linken Flügel der CDU …

Lesedauer 12 Minuten

Von berufener Seite her, wurde ich letztens gefragt, ob es nicht besser wäre, mich von der Polemik abzuwenden und mich anderen Themen zu widmen. Ich tue dies bisweilen, aber als Mitglied dieser Gesellschaft, dem Bildung und ein Leben jenseits der Armut beschert wurde, betrachte ich es als staatsbürgerliche Aufgabe, mittels Argumenten oder Aufzeigen von Prozessen, andere zu überzeugen. Da ich nicht bereit bin, einen Konsens zu erzeugen, weil ich der Auffassung bin, dass das aufkommende Denken langfristig in eine Katastrophe führt, befinde ich mich innerhalb der Definition von Polemik.

Gestern wurde seitens der SPD Delegierten einer Koalitionsverhandlung mit der CDU und ihrem Miniaturanhängsel CSU zugestimmt. Der Bundesvorstand benannte dieses als ein historisches Ereignis. Die Unterteilung in ein politisches Rechts und Links, wurde im Jahr 1814 im französischen Parlament eingeführt. Links befanden sich die Politiker, welche eine Erneuerung herbeiführen wollten und auf der anderen Seite saßen die Bewahrer der bestehenden Verhältnisse, welche sich kurz glücklich schätzten, als Napoleon aus dem Exil zurück kehrte. Zwischen 1814 und 2017 liegen mehrere Revolutionen, zwei Weltkriege und die Nachkriegszeit, dennoch halten wir immer noch am Schubladendenken fest. In den Redebeiträgen wurde heute davon gesprochen, dass die SPD einen Gestaltungsanspruch hat und in der Koalition doch furchtbar tolle Dinge für den Bürger erreichen kann. Frau Nahles geht sogar davon aus, dass es in Deutschland keine «linke» Mehrheit gibt und die Gesellschaft eher eine «Rechtstendenz» hat.

Zugespitzt formuliert: Wenn wir den «Schwarzjacken» alles überlassen, gewinnen nur die oberen Zehntausend etwas und der normale Bürger verliert. Der Bürger hat es nur nicht verstanden, denn sonst hätten CDU, CSU, FDP und AfD nicht so viele Stimmen bekommen. Die SPD fungiert also als selbstlose Rettungspartei für den Bürger, damit er sich nicht selbst zugrunde richtet.

Ich kenne dieses Denken aus einem ganz anderen Bereich. Wir haben zu wenig Personal und Geld, also müssen wir mittels Kreativität, Überstunden und Aufopferung die Gesellschaft vor ihrer eigenen Dämlichkeit beschützen. Dafür setzen wir uns sogar über Gesetze hinweg, die in sich nicht stimmig sind und von verwirrten Träumern erlassen wurden. Doch wie soll sich dann etwas ändern? Es funktioniert doch! Warum lassen wir die Chose nicht einfach gegen die Wand knallen? Sofern die SPD davon überzeugt ist, dass die neoliberal konservativ ausgerichteten CDU Funktionäre die einfachen Leute über den Tisch ziehen, werden es jene nicht kapieren, wenn die SPD innerhalb einer Koalition das Schlimmste verhindert. Die SPD kann am Ende die Regulierung nicht mal als Erfolg verkaufen, weil die sogenannten einfachen Leute es nicht begreifen.

Und schaut man sich die zurückliegenden Jahre an, mag man der SPD diese regulierende Rolle auch nicht mehr abnehmen. Da ändern auch die herzzerreißenden Geschichten einer lupenreinen Akademikerin Andrea Nahles, die selbst niemals einen normalen beruflichen Arbeitsprozess kennenlernte. Und wenn es seine Sache gibt, von der Akademiker in einem vergeistigten Beruf keine Ahnung haben, dann ist es der Mensch. Traurig stimmt einen eher, dass ein ehemals jovialer Mensch, wie der ehemalige Bürgermeister der 39.000 Seelengemeinde Würselen Schulz, offensichtlich eine Ansage von den Akademikern bekam, nach dem er am Wahlabend eine klare Position bezog. Doch auch bei Herrn Schulz zieht manch einer in Anbetracht eines Jahresverdienstes in Höhe von knapp 200.000 EUR die Stirn kraus. Ich gebe zu, dies ist nicht sachlich, sondern rhetorisch höchst fraglich, aber dies wird seitens der Populisten aufgegriffen.

Unter Kanzler Schröder leistete die SPD der CDU tatsächlich einen historischen Bärendienst. Sie erkannte den Ernst der Lage. Bei ungehinderten Ablauf der Dinge, bestand zu befürchten, dass sich die einfachen Leute erheben und es zu erheblichen gesellschaftlichen Unruhen kommt. Es musste eine Lösung gefunden werden, die die oberen Zehntausend schützt und die unteren Teile der Gesellschaft ruhig stellt. Hartz IV wurde ins Leben gerufen. Zum Sterben zu viel, und für das Leben zu wenig. Frei nach Brecht: Erst kommt das Fressen und dann die Moral. Ab diesem Zeitpunkt mutierte die Bundesebene zu einer CDU mit sozialen Verkaufsgeschick. Bis die AfD auf der Bühne erschien, funktionierte dies auch ganz gut.

Weder dem Hartz IV Empfänger, dem «Aufstocker», dem Niedriglohnempfänger oder den in Altersarmut lebenden Rentner erschließen sich die Debatten und Pläne der Politiker. Ihre Realität spielt sich auf dem Konto, in der Küche und in der Wohnung ab. In dieser Lage ist es absolut nachvollziehbar, dass man vor weiteren Abzügen Angst bekommt, und wenn ich denen dann auch noch sage: Euer Geld landet bei den Ausländern, bekommen die einen Hals. Hier wäre die Domäne der SPD. «Ihr sitzt mit den Ausländern in einem Boot. Euer Geld landet an ganz anderen Stellen und wir stehen mit den LINKEN dafür, dass das geändert wird.» Stattdessen werden jeden Tag neue Sedativa für den Zorn gegen die Neoliberalen erschaffen, damit die fröhlich weiter machen können. Aber der einfache Bürger erkennt die Neoliberalen nicht einmal. Im Parteinamen steht «christlich», das ist schon mal gut und wir haben schon immer die CDU/CSU gewählt. «Frei» ist auch positiv belegt und liberal klang schon immer angenehm. Das damit aber die Freiheit des Marktes, der Unternehmer und des Kapitals gemeint ist, unter der Voraussetzung, dass dieser Markt quasi ein organisches Gebilde ist, welches sich selbst reguliert und damit für alle sorgt, kommt kaum an.

Würde ich einem Bauhilfsarbeiter sagen, dass der junge dynamische Anzugträger im Porsche auch immer ein wenig an ihn denkt und kein Interesse daran hat sich ausschließlich selbst zu bereichern, würde er mich vermutlich für bescheuert halten. Dabei ist er der Idiot, weil er genau diese Aussage gewählt hat.

Da ist die AfD deutlich geschickter. Mit einfachen Parolen, seien sie auch noch so erlogen, schüren sie das Feuer unter dem Kessel. Sie versprechen sich davon, den Druckkessel zum Platzen zu bringen, damit sie auf den Trümmern ihren eigenen Kessel stellen können. Nichts wird sich ändern, im Gegenteil, die Armen werden noch ärmer werden, aber keiner kann sich dann noch offen beschweren. Eine Clique löst die andere ab, also im Vorzeigebereich, hintergründig agieren immer noch die gleichen Kandidaten. Finanzkräftige Strippenzieher, die sich Politiker leisten, gestern noch die Schwarzen, morgen halt die AfD.

2017 und 2018 werden tatsächlich historisch bedeutsame Jahre. Die CDU hat mit der Ablehnung einer Minderheitsregierung gezeigt, dass das deutsche Parlament nicht in der Lage ist, eine Diskussion mit dem Ziel einer alle zufrieden stellenden Politik zu führen, sondern sie nur in hierarchisch geführten Blöcken gegeneinander antreten können. Die Parteiführung hat etwas beschlossen, ich gehöre zu der Partei, also stimme ich zu, auch wenn ich anderer Meinung bin. Und selbst, wenn der Vorschlag der anderen Partei vernünftig klingt, kann ich dem nicht zustimmen, denn er kam ja nicht von meiner Partei. Das ist Grundschulniveau und hat mit erwachsenen Menschen nichts zu tun.

Die SPD war einst die gemäßigte Umsetzung einer Idee, die davon ausgeht, dass eine Gesellschaft mit starken Statusunterschieden auf Dauer immer in einem zerstörerischen Konflikt landen. Im Gegensatz zu den Kommunisten, den radikalen Anhängern der Idee, diese aber mit gemäßigten Mitteln und der Akzeptanz eines menschlichen Anspruchs, sich von anderen abheben zu wollen, mittels staatlicher Lenkung Ausuferungen zu verhindern. Aus der Sicht eines Sozialdemokraten beinhalten Gewinnsucht und Machtgeilheit eine stetige Bedrohung. Selbst die Kommunisten haben mehrfach bewiesen, wie hoch diese Gefahr ist, in dem sie Regime erschufen, in denen sich Macht – Cliquen bereichern und bereicherten. Beide politischen Bewegungen wurden von Vordenkern aus dem bürgerlichen Umfeld erdacht, die sich über die menschliche Natur Gedanken machten, und die Gefahren von Geld bzw. Macht erkannten.

Letztens las ich einen Artikel in der WELT, in dem eine junge Kolumnistin ihren Unwillen über die SPD zum Ausdruck brachte. Im Wesentlichen beschwerte sie sich über die Reichenschelte seitens der SPD. Sie führte auch an, dass mal an neue Bundesbürger aus der ehemaligen DDR die Frage herangetragen wurde, was sie besser finden würden: Ein reicher Mann würde sich sein Brot mit Kavier bestreichen können und der Ärmere mit Schmalz, oder beide bekämen nur Brot. Zu ihrer intellektuellen Verwunderung entschieden sich die Befragten für die zweite Möglichkeit. Diese Antwort hätte ihr jeder, der im Wirtschaftsstudium ein wenig aufgepasst hat und sich mit der Spieletheorie auseinander setzt, beantworten können. Bereits vor langer Zeit wurde in der Ökonomie dieser Effekt auf den Prüfstein gestellt. In einem Versuch gab man von zwei Probanden einem fünfzig Dollar. Jener durfte darüber entscheiden, wie er das Geld zwischen sich und dem anderen Versuchsteilnehmer aufteilt. Wenn der andere seiner Zuteilung zustimmt, können beide das Geld behalten.

Rational betrachtet, haben beide bei der Ausgangslage einen Vorteil, selbst wenn der Verteiler 49,99 Dollar für sich behält. Denn vorher hatten beide nichts, und im Härtefall bekommt der zweite Teilnehmer immerhin noch einen Cent. Er hat also mehr als am Anfang. Der Versuch zeigte aber, dass die Probanden schon bei einer geringen Abweichung der 50/50 Lösung die Verteilung ablehnten und so dafür sorgten, dass keiner etwas bekommt. Menschen sind in ihrer Natur auf Gerechtigkeit ausgerichtet, geringere Abweichungen werden akzeptiert, markante ungerechte Verteilungen führen zu Auseinandersetzungen. Jegliche Politik, die dieses nicht akzeptiert, produziert Spannungen, welche dann mittels Macht geregelt werden müssen. Frau Nahles fragte in ihrer Rede nach dem Großen. Ich denke mal, dass ist das Große.

Polemik? Mag sein, aber es ist auch Leidenschaft und der Glaube an die Fähigkeiten des Menschen. Es macht einen Unterschied, ob ich einen Menschen alleine handeln lasse oder er gezwungen ist, in der Masse zu agieren. Das «christliche» in der CDU ist Programm, aber nicht im Sinne von Nächstenliebe, sondern eines Verteilungsprinzips. Keine andere Institution hat über tausende Jahre hinweg eine hierarchische Machtstruktur gelebt, wie es die katholische Kirche tat. Das Rechtfertigungsmittel war dabei stets die Religion. Der Pfarrer bekommt zum Martinstag die fetteste Gans, in diesen Kategorien denken die Anhänger der CDU immer noch. Die alten Sozialdemokraten verwehrten sich genau dagegen, denn sie hatten den Glauben, dass der Mensch an sich sozial handeln will, es im Zusammenhang mit der Masse aber schwierig wird. Deshalb versuchten sie ein System zu erstellen, welches diesen sozialen Anspruch auch der Masse ermöglicht.

Ausgerechnet in einer Zeit, in der es unten wieder rumort, gibt die SPD ihre Rolle auf und wendet sich der Zielgruppe der gut verdienenden Bürger in der Mittelschicht zu und lässt die wirklich schlecht da stehende untere Schicht links und rechts liegen. Am Ende muss sich dann aber auch niemand wundern, wenn dort eine Sammlung statt findet. Der äußerste rechte Rand und die Kommunisten werden sich freuen. Ich selbst betrachte mittlerweile die Sozialisten und die Kommunisten, wie Atheisten und Agnostiker. Letztere sind Atheisten ohne Eier, als Kommunist kann man sich der aktuellen Sozialdemokratie gegenüber genauso aufbauen. Ihr wollt eigentlich in eine ähnliche Richtung wie wir, nur wir beziehen klare Stellungen, während ihr den Beischlaf mit den Bonzen vollzieht. Mal ganz abgesehen davon, dass Sozialdemokraten ohnehin Abstriche von der reinen Sozialismuslehre machen, in dem sie sich der Demokratie und dem Grundgesetz verpflichten.

Diverse Wähler der SPD setzen sich aber nicht detailliert mit dem Parteiprogramm auseinander. Sie betrachten die Unterstützung der SPD als ein demokratisches Kampfmittel gegen jene Besserverdienenden, die auf ihre Kosten leben. Gibt die SPD diese Rolle auf, wandern sie zu Stellen, die ihnen das Versprechen mit einfachen Worten geben. Du musst nur uns wählen! Wir schmeißen die Ausländer heraus, verhindern dass sie wieder hinein kommen und das Geld bekommt ihr! Um diesen geistigen Quatsch musst Du Dich nicht kümmern, den übernehmen wir für Dich. Alles was nicht schnell genug weg rennen kann, wird eingesperrt. Wer sich anpasst, brav arbeiten geht und dem Deutschtum von Schuhplattler bis zur ordentlich geschnittenen Hecke fröhnt, hat nichts zu befürchten. Wir werden dafür sorgen, das der Deutsche Arbeiter wieder tugendhaft, aufrecht, pünktlich und fleißig seine Arbeit macht. Heraus aus dem Underdog – Status, zurück zum stolzen Arbeiter, der auf deutsche Leistungen stolz sein kann. Die SPD hat Euch an das satte Bürgertum verraten, werdet wach und versteht es endlich. Von diesen Mitgliedern des politischen Kartells habt ihr nichts mehr zu erwarten. Sozialismus können wir auch, aber nicht zusammen mit diesen europäischen Schmarotzern, sondern national. Für Arbeiter haben wir auch immer ein offenes Ohr. Sozialismus auf nationaler Ebene unter Beteiligung des einfachen Arbeiters mit Berücksichtigung der Deutschen Volkskultur. Dafür gibt es eine Abkürzung, die ich mir verkneife.

Vor zwei Tagen lief ich durch meine alte Siedlung, in der ich lange Zeit in der Jugend heranwuchs. Dort gibt es keine Einfamilienhäuser mit beschaulichen Vorgärten, sondern das Gebiet ist durch fünf 22-geschossige Punkthochhäuser und durch mehrgeschossige Gebäuderiegel geprägt. In den rund 8000 Wohnungen lebt fast die Hälfte der 44.600 Einwohner von Berlin – Staaken. (Quelle: Wikipedia). 50 % der Bewohner sind erwerbslos und ihre Miete wird vom Staat bezahlt. Aktuell plant der Senat, 100 Millionen EURO in das Gebiet zu investieren, damit dort alles wieder schön wird. Für diese 22.300 Anwohner gibt es ein Woolworth, eine Drogerie, einen REWE – Markt, zwei DÖNER – Imbisse und eine nennenswerte Pizzeria. Auf den dunklen Straßen ist kaum ein Mensch zu sehen, alles verkriecht sich in die Wohnungen und sitzt vor dem Fernseher. Was sollen sie auch anderes machen, Geld zum Ausgeben haben sie ohnehin nicht im Portemonnaie. Die meisten von ihnen existieren, aber sie leben nicht. Die 100 Millionen EURO werden daran nicht viel ändern. Die wenigen politisch interessierten sehen im Fernsehen ein paar Bonner Bonzen mit Luxus – Problemen. Vielleicht verfolgten sie sogar die Rede einer sich überschreienden Andrea Nahles, die sich rühmte den Mindestlohn eingeführt zu haben. Dass der regelmäßig umgangen wird, weiß der Fernsehzuschauer in Teilzeit oder der Ängstliche, welcher seinen Job behalten will, nur zu gut. Das ist kein Nährboden für Rechtspopulisten, sondern ein wahres Paradies.

Doch man ist sich der Gefahr bewusst. Deshalb kommt man gemeinsam den Populisten ein wenig entgegen. Flüchtlinge sollen in zentralen Einrichtungen gesammelt werden. Gut, dass es dieses Wort gibt, sonst hätte man Lager schreiben müssen. Irgendwo in der Walachei, wo sie niemand sieht, wird es schon ein Plätzchen geben. An einer Änderung der humanitären Katastrophen in Italien und Griechenland scheint auch niemand ernsthaft interessiert zu sein.

Wer sich das Sondierungspapier durchliest, wird mit schönen Worten über Absichtsbekundungen eingeschläfert. Zwischen den Zeilen bemerkt man dann ein Gießkannenprinzip. Wenn der Arme etwas bekommt, müssen die Besserverdienenden, auch wenn sie es nicht nötig haben ebenfalls bedacht werden. Vieles wird versprochen und gleichzeitig wird die Umgehung für die Arbeitgeber gleich mitgeliefert. Auch an dieser Stelle werden die Populisten hinein grätschen.

Das nennt sich dann «Experimentierräume» öffnen. Für die Rentner werden nach 35 Jahren braver Einzahlung 10 % mehr als die Grundversicherung versprochen. Leider findet sich an keiner Stelle ein Hinweis darauf, woher das Geld dafür stammen soll. Den Langzeitarbeitslosen werden jährlich eine Milliarde EURO zur Reintegration versprochen, de facto werden damit aber nur die Defizite der zurückliegenden Jahre ausgeglichen, Innovation sieht anders aus. Gegen die Leiharbeit, mit der regelmäßig alle Bestimmungen umgangen werden, wir gar nichts unternommen und die Midijobs sollen ausgebaut werden, die dann wieder zu geringeren Renten führen. Auch die beliebte Umgehungsvariante Teilzeitstellen wird ausgebaut. Dies lässt sich im gesamten Papier fortsetzen: Willensbekundung, Forderung und anschließend die passende Hintertür. Exakt auf diese Art kann man sich prima einigen. Schreibt ihr mal Euer nettes sozial Geschwurbel hinein und wir sorgen für die Umgehungsmöglichkeit. Alles was einiger Maßen funktioniert wird sich am Ende die CDU ins Büchlein schreiben und was nicht eintritt, bekommen die Sozialdemokraten aufgedrückt.

An manchen Stellen enthält das Sondierungspapier böse Lachnummern. Es heißt dort in Zeile 1207: Völkerrechtswidrige Tötungen durch autonome Waffensysteme lehnen wir ab und wollen sie weltweit ächten. Mit anderen Worten: Drohnen, die von den USA von Rammstein aus gesteuert werden, lehnen wir ab. Eine Zeile darunter kommt dann der Lacher: Wir werden im Rahmen der europäischen Verteidigungsunion die Entwicklung der Euro-Drohne weiterführen. Wenn schon, dann wenigstens mit den eigenen Waffen.

Ein paar Zeilen geht es dann weiter mit den Rüstungsexporten. Man will keine Länder mehr beliefern, die sich am Jemen – Konflikt beteiligen und es wird angestrebt weniger zu Exportieren. Anstreben kann man bekanntermaßen viel, nur muss es nicht eingehalten werden. Doch dafür findet sich der Passus, dass eine Europäische Rüstungsexportpolitik unterstützt wird. Dies bedeutet, man will sich den Beschlüssen der anderen Länder anschließen. Wir wollten weniger liefern, aber die anderen haben nun einmal etwas anderes beschlossen – kann man nichts machen. Praktisch, wenn man dann Saudi – Arabien über einen Zwischenhändler beliefern kann, außerdem ist keine Rede von den bereits beschlossenen Verträgen.

Doch die Zerlegung des Papieres überlasse ich lieber den dafür bezahlten Journalisten. Neuerdings wird ja Schriftstellern und anderen Künstlern wieder geraten, sich aus der Politik heraus zu halten. Frei nach dem Motto: “Schuster bleib bei Deinen Leisten!” In Anbetracht der Berufe der hauptamtlichen Politiker frage ich mich, welchen Wissensvorsprung die haben. Schriftsteller wissen unter wenigstens, wie die Botschaften ankommen und sich der normale Mensch verhält. Ich glaube Böll und Brecht haben das Angesicht dieser Republik mehr geprägt, als die Mehrzahl der Hinterbänkler. 

Ein Part des Papieres amüsierte mich dann aber doch noch. Zeile 1296: Der Deutsche Bundestag muss der zentrale Ort der gesellschaftlichen und politischen Debatte in Deutschland sein. Wir stärken die Entscheidungsfindung in Bundestag und Bundesrat. Liebe Leute, genau dieses habt ihr bisher bewiesen. Ihr debattiert, per Definition haut ihr Euch damit Eure Standpunkte per Fraktion um die Ohren. In einer Diskussion tragen die Teilnehmer ihre Argumente vor, bewerten diese und kommen zu einer Einigung. Im aktuellen Bundesrat wird es schwierig für die SPD. Bei Jamaika konnte sie das Zünglein an der Waage spielen, in einer Großen Koalition entstehen Verpflichtungen. Am Ende läuft es darauf hinaus, dass sich die SPD auch dort kaufen lassen wird.

Was soll der ganze Ärger? Vielleicht macht es wirklich keinen Sinn, dagegen zu polemisieren, die machen ohnehin ihr Ding. Einziger Lichtblick war der Vorschlag von Wagenknecht, ein neues Linksbündnis zu schaffen. Die SPD hat eine klare Antwort formuliert: NEIN! Die konservativen Anteile in der SPD haben daran kein Interesse. Irgendwo stand letztens, dass Andrea Nahles dem linken Flügel der SPD zuzurechnen ist. Wo stehe ich dann? Wir werden verhandeln, bis es quietscht. Lächerlich! Die CDU hat bereits an mehreren Stellen signalisiert: Jenseits des vorgelegten Papiers wir es nichts geben. Die genannten Hintertüren werden noch ein wenig mehr offen stehen, und sie werden nicht quietschen, weil so ein Geräusch nur bei Türen entsteht, welche geöffnet und geschlossen werden. Einzig ein paar Ministerposten wird es geben und einige Staatssekretäre können sich wieder entspannt zurück lehnen.

Diese Gesellschaft hätte meiner Auffassung nach, eine deutliche Ansage an die Konservativen, Ultra – Konservativen und rechtslastigen Populisten gebraucht. Wir sind vielleicht weniger, aber wir existieren und wer eine Heimat jenseits dieser Bewegung sucht, findet sie in der SPD. Gemeinsam bieten wir dem immer heftiger werdenden Rechtsruck, Nationalismus und Patriotismus die Stirn. Doch Schulz und Nahles haben die Hand ausgestreckt. Sie glauben tatsächlich daran, dass sie auf diesem Wege den Rechtspopulisten entgegenwirken. Etwas anderes wird passieren. Die CDU/CSU hat schon mehrfach angedeutet, die Rechten wieder einfangen zu wollen. Doch das Immunsystem kann versagen und dann sind sie infiziert. Für eingefleischte Sozialdemokraten ist da kein Platz mehr.

Aus meiner Sicht ist in den letzten 20 Jahren eine SPD entstanden, die sich von der CDU nicht mehr unterscheidet. Demokratisch betrachtet, wird damit die freie Wahl unterbunden. Denn eine Wahl ist nur sinnvoll, wenn ich auch mehrere Optionen habe. Für Menschen wie mich, fällt die Option SPD flach, weil ich dann ebenso die CDU wählen könnte. Notgedrungen muss ich mich mit den «LINKEN» auseinandersetzen, deren linker Flügel den Boden der Verfassung verlässt. Noch nie hat eine Große Koalition Deutschland einen Segen gebracht und dies wird sich auch nicht verändern. Vielleicht war dies der Sinn des Hinweises auf die zentrale Stellung des Bundestags und Bundesrats – traut Euch nicht eine Außerparlamentarische Opposition aufzubauen. Genau dieses könnte aber passieren und dieses Mal werden es keine linksorientierten Studenten sein. Die SPD wird weiterhin existieren, aber die gelebte Sozialdemokratie wird sich wohl oder übel neue Plätze suchen müssen. Was denken die Herrschaften in der Bundesgeschäftsführung, wo sich die junge Generation der Jusos künftig engagieren werden? Wäre ich Mitte 20, wäre meine politische Heimat sicherlich nicht mehr die SPD, da gibt es bessere Anbieter.

Es gilt noch die Mitgliederabstimmung abzuwarten … aber dafür sehe ich schwarz. Ich selbst werde mich mal eine Weile mehr auf den einzelnen Menschen konzentrieren, als auf die Politik. Ich habe mich hier als demokratisch denkender Sozialist geäußert, ob es für diese Einstellung auch noch eine Partei gibt, wird sich zeigen. Immerhin ist diese Einstellung durch die Beobachtung von Menschen entstanden – erst dann kam die politische Entscheidung.

Die Wohlstandssekte Homöopathie

Lesedauer 9 Minuten

Waren sie schon einmal auf einer Esoterik – Messe oder wenigstens mal auf einer Seite, auf der Produkte dieser Sparte angeboten werden?

Unter Verkäufern gibt es eine Weisheit: Jeden Morgen steht ein Trottel auf, Du musst ihn nur finden. Doch warum mühsam nach dem Trottel suchen, wenn er von alleine zu einem gelaufen kommt? Diese Messen und Seiten sind schlicht genial. Jeder Schrott kann dort zu Geld gemacht werden. Schrott meine ich wörtlich! Da schraubt einer wild etwas zusammen und verspricht, dass damit Chemtrails bekämpft werden können! Andere biegen simplen Blumendraht zu einer Pyramide und behaupten, dass darunter gelegte Lebensmittel länger frisch bleiben.
Man kann aber auch ein wenig Kork nehmen einen Draht hineinstecken und an dessen Ende eine Holzkugel befestigen. Fertig ist die Engelswünschelrute für 40 EUR. Für immerhin 20 EUR gibt es eine Engel Glaskerze St. Jude, die aus einer handelsüblichen Stearinkerze, einem Einweckglas und einem aufgeklebten Computerausdruck zusammengesetzt ist. Mit dieser Kerze soll der Käufer zu Reichtum kommen. Mit St. Jude ist schlicht Judas gemeint, eine interessante Interpretation von Geld verdienen.

Beim Betrachten solcher Waren durchzuckt mich immer der gleiche Gedanke: Warum bist Du Idiot noch nicht darauf gekommen? Wenn da nicht immer diese Skrupel beständen, mit der Verblödung anderer Geld zu verdienen. Ich habe auch schon mal darüber nachgedacht eine Sekte zu gründen. Erfahrungen mit Esoterik und Frauen, die an Dinge zwischen Himmel und Erde glauben, die ich nicht verstehen kann, habe ich genug. Wenn alle anderen damit Geld verdienen können, warum ausgerechnet ich nicht?

Es gibt Typen, die schaffen es, aus simplen Zucker und Wasser Geld heraus zu schlagen. Man muss nur die richtige Masche finden. Sinnvollerweise eine, die einem schon zu Lebzeiten den Geldsegen beschert.

Hat der böse Mann gerade Homöopathen als verblödet bezeichnet?

Ja, habe ich und gebe zu, dass viele nur verblendet sind. Sollten sie also Homöopath sein, haben sie die Wahl, welche Jacke Sie sich anziehen wollen. Für Sie ist dieser Beitrag ab er auch nichts. Erfahrungsgemäß bringt es nichts, Sektenmitglieder zu drangsalieren, sie igeln sich nur noch mehr ein. Für Leser, die nicht der Sekte angehören, möchte ich ein paar Grundlagen vermitteln.

Stellen Sie sich vor, wir würden uns irgendwo treffen. Während dieses Treffens würden Sie mir beiläufig erzählen, dass sich bei ihnen mal wieder eine dieser lästigen Nebenhöhlenentzündungen ankündigt, die sie oft bei Schnupfen plagen. Ich würde ihnen daraufhin eine Lösung für ihre Beschwerden anbieten:
Zum Glück kratzte ich vor einer Woche bei einem Kumpel ein wenig Eiter an seinem Penis ab, der sich dort wegen eines Trippers gesammelt hatte. Den Eiter habe ich dann mit Wasser verdünnt und eine Woche lang geschüttelt und immer mal wieder verdünnt. Das verdünnte Zeug habe ich dann auf Zucker geträufelt und würde Ihnen davon etwas abgeben. Sollte sich bei Ihnen daraufhin nicht Ekel einstellen, möchte ich Ihnen nicht über den Weg laufen.

Um Ihnen das Glas zu verkaufen, müsste ich eine andere Strategie wählen.

Ein mir flüchtiger Bekannter, war vor einiger Zeit mit dem gleichen Problem beim Arzt. Nicht einer dieser Wissenschaftsgläubigen, sondern ein sehr patenter Mann, der nicht immer sofort zu den brachialen Mitteln greift. Der hat ihm ein homöopathisches Mittel verschrieben. Es soll sich um eine Nosode handeln. Was das bedeutet, ist nebensächlich. Der Name des Mittels ist Medorrhinum. Aus irgendeinem natürlichen Stoff (Eiter) wurde mittels Verdünnung (auf dem Fläschchen steht C30, der Eiter wurde also 30 Mal um den Faktor 100 verdünnt, anders ausgedrückt 10 hoch 60, wissenschaftlich befindet sich im Glas reiner Milchzucker) ein Wundermittel hergestellt. An dieser Stelle sei erwähnt, dass sich auch die Katholische Kirche jahrhundertelang einer für den Rest unverständlichen Sprache – Latein – bediente.
Das Zeug kostet auf ein Kilogramm hochgerechnet ca. 9,50 EUR. Wenn ich es ihnen verkaufe, habe ich aus 1 Kg Milchzucker für 85 Cent Gold gemacht. Noch effektiver ist es, wenn ich es Ihnen als Flüssigkeit verkaufe. Mich überzeugt diese Strategie. Das tolle dabei ist, das Mittel hilft nicht nur gegen die Entzündung, sondern auch noch gegen ADHS.

Nehmen wir an, Sie würden mir folgen und tatsächlich den Milchzucker einnehmen. In der Folgezeit kann eine Gesundung eintreten, weil Ihr Abwehrsystem von alleine reagiert hat, vielleicht wurde es dabei vom Placeboeffekt unterstützt oder sie bleiben einfach krank. Jetzt könnten Sie vorschnell urteilen, in dem Sie behaupteten: Das Mittel hat nicht gewirkt! Nicht so schnell, antwortet der Homöopath an dieser Stelle, es ist nur eine Erstverschlimmerung eingetreten – die Heilung kommt noch. Hat sich Ihr Körper nach längerer Zeit immer noch nicht erholt, dann wird ihr Behandler feststellen, dass das Mittel immerhin dahingehend gewirkt hat, dass Veränderungen eingetreten sind, die Hinweise auf die tieferliegenden Ursachen geben. Diese Kette kann sich ziehen und ihr Konto wird stets ein wenig leerer werden. Doch der praktizierende Homöopath ist nur ein kleines Licht innerhalb der Sekte.

Homöopathie als religiöse Sekte?

Homöopathen sind gläubige Menschen. Die naiven unter Ihnen bringen am Ende einer Diskussion immer den Spruch: “Es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde, die kann der Mensch nicht erklären.” Dies trifft zu, doch vieles können wir uns erklären, dafür hat die Wissenschaft gesorgt. Doch gegen Glauben ist die Wissenschaft machtlos. Der Glaube als Funktion des Denkens kann durchaus hilfreich sein und hat dem Menschen in schweren Zeiten gute Dienste geleistet. Es wird immer Leute geben, die mit der Realität des Lebens nicht klar kommen und deshalb einen Notanker brauchen. Da ist es durchaus nachvollziehbar, dass die Existenz von Krankheiten als ein Bestandteil des Lebens nicht akzeptiert wird und noch viel weniger der Umstand, dass Mediziner häufig nicht helfen können. Die Homöopathie grätscht in diese Lücke hinein.

Der Sektenbegründer Samuel Hahnemann, wusste nicht, welche Lawine er in Gang setzte. Er war einfach nur ein Mann in einer Zeit, in der die Überlebenschancen stiegen, wenn der Kranke vor dem Arzt wegrannte. Und da seine von ihm entwickelte Behandlungsmethode vollkommen wirkungslos war, hatten die Patienten bei ihm eine echte Chance. Der Mann geriet auch fast in Vergessenheit und wurde erst viele Jahre später wieder aus der Kiste geholt. Dann passierte etwas phänomenales, diese Methode aus der Steinzeit der Medizin trat ihren Siegeszug an. Ein wenig war daran auch der Nationalsozialismus mit seinen Wurzeln in der Völkischen Bewegung beteiligt. Okkultismus hatte Hochkonjunktur und die Heilpraktiker konnten sich ausbreiten. Wer sich nicht mit der Homöopathie auseinandersetzt, verweist gern auf diese Heilpraktiker. Es wird dabei übersehen, dass Homöopathen nur eine Untergruppe darstellen. Jeder Giftmischer weiß um die Wirksamkeit von aus der Natur stammenden Mitteln, für die gilt der Grundsatz von Paracelsus: “Die Menge ist entscheidend!”.

Homöopathen haben mit diesen Heilpraktikern gar nichts zu tun. Bisher habe ich  also einen Sektenstifter und einen Glauben ausgemacht. Der rein als Homöopath praktizierende Mensch verdient an der Sache nur leidlich. Denn, wie bei den Scientologen, verdienen im Hintergrund andere Personen am Geschäft mit dem Glauben. Der moderne Homöopath hat eine Praxis, jede Menge teure Bücher (sogenannte Repertorien). Diese Bibliothek wird zumeist noch mit unzähligen Büchern über die Impflüge, allerhand esoterische Abhandlungen über den Menschen und seinem Körper, und  spirituelle Techniken, ergänzt. Er besitzt mindestens einen Computer mit dazugehöriger Software, deren Lizenzosten leicht einige tausend Euro kosten können. Es gibt also spezialisierte Verlage, Autoren die diese Bücher verfassen, Softwareprogrammierer und  Vertreter, die sich auf diese und die passenden Rechner spezialisiert haben. Dann wären da noch findige Hersteller von Aufbewahrungstaschen, die sich nicht wesentlich von Federtaschen unterscheiden, jene aber als Homöopathiebedarf teuer verkaufen können. Hinzu kommen Möbelhersteller, die passende Schränke verkaufen und sich gleich noch als Hersteller für schadstofffreies Mobiliar präsentieren. Bis hierhin ist noch nicht ein kleines Milchzuckerkügelchen verkauft worden.

Dort befindet sich der nächste Markt und der ist nicht zu verachten. Der größte Anbieter am Markt setzt mit wenigen Mitarbeitern Unsummen um. Mit gerade einmal 400 Mitarbeitern macht die DHU jährlich 100 Millionen EUR Umsatz. Dies ist nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, dass es sich lediglich um die Veredlung von Milchzucker handelt. Insgesamt ist es eine Gelddruckmaschinerie, die da im Hintergrund agiert. Um diese am Leben zu erhalten, wird einiges investiert. Zielgruppenzeitschriften, im Regelfall die Hochglanzmagazine für die gelangweilte Frau beim Friseur oder in der Arztpraxis, werden für Artikel bezahlt, in deren Layout gleich die passende Werbung geschaltet wird, zweifelhafte Institute verbrennen Geld in sinnlosen Studien, die dann wiederum ausgeschlachtet werden.

Wer in diese Szene hinein gerät, wird täglich einer neuen Gehirnwäsche unterzogen. Gleichgesinnte treffen sich in Zirkeln und werten gemeinsam Fälle aus und grenzen sich immer weiter vom restlichen Teil der Welt ab. Was dem Kirchgänger der Teufel ist, ist für den Homöopathen die wissenschaftsgläubige Schulmedizin, der man zähneknirschend immer mal wieder Patienten überlassen muss. Denn grundsätzlich unterliegt der Homöopath einem Allmachtsanspruch. Aus seiner Perspektive kann mittels Homöopathie alles behandelt werden. Kann er den Patienten nicht heilen, hat er entweder das falsche Mittel gewählt, das richtige selbst noch nicht gefunden oder es ist bisher noch nicht existent. Aus dem letzten Grunde heraus, werden von der Anhängerschaft in Selbstversuchen ständig neue abstruse Mittel getestet.

Unter Krankheit versteht der Homöopath auch nicht nur die üblichen Erscheinungen, sondern selbstverständlich sind auch Depressionen, Verstimmungen, ernsthafte psychische Krankheiten usw. mittels Globuli behandelbar. Spätestens an dieser Stelle wird es gefährlich. Nicht wenige Vertreter verwenden auf ihren Praxisschildern eine Zusatzbezeichnung: Psychologischer Berater. Meiner Kenntnis nach gibt es bisher keine Untersuchung, wie viele unter Umständen abwendbare Suizide auf das Konto einer laienhaften Beratung durch einen Homöopathen zurück zu führen sind. Mir selbst ist ein Fall bekannt, bei dem eine junge Frau versuchte ihre Depressionen mittels Globuli selbst zu behandeln und dabei auch noch von ihrem Gesprächszirkel unterstützt wurde.

Für die Szene ist die Welt außerhalb der Homöopathie böse und die teilweisen mafiösen Strukturen in unserem Gesundheitswesen geben ihnen scheinbar recht. Wie in unserer Gesellschaft üblich, wird hieraus die Berechtigung für eigenes Fehlverhalten abgeleitet. Was die Schulmedizin kann, können wir auch. Somit ist dann auch die Übernahme einer Krankenkasse durch eine willfährige Politikerin legitimiert, die dann veranlassen kann, dass homöopathische Behandlungen von dieser getragen werden. Schon können ein paar Geldscheine mehr gedruckt werden.

Sekten haben Gurus – Homöopathen auch

In jeder Berufsgruppe spielen Zertifikate und Auszeichnungen eine Rolle. Homöopathen nehmen hierfür an Seminaren teil, nach deren Teilnahme sie eine Urkunde erhalten, die sich dann an die Wand in der Praxis hängen können. International gibt es eine überschaubare Zahl “Gurus”, die als die Weisen der Homöopathie durch die Gegend reisen und diese Seminare abhalten. Manche von ihnen gründen sogar Institute, in die die Gläubigen wie zu heiligen Stätten pilgern. Zum Bespiel betreibt der griechische Ingenieur Georgos Vithoulkas auf einer Insel ein Institut, zu dem nach Bezahlung vierstelliger Beträge die internationale Gemeinschaft aus der Ersten Welt wandert. Geschäftstüchtig, wie er ist, vertreibt er auch gleich noch die erwähnte Software. Selbstverständlich tritt der Mann charismatisch und suggestiv  auf – eben genau so, wie man es von einem Guru erwarten darf. Absolventen bekommen nicht nur eine Urkunde, sondern sie werden auf der Institutsseite als besonders geschulte Jünger gelistet. Welcher Eindruck damit erzeugt werden soll, dürfte jedem einleuchten.

Alles ganz harmlos?

Mir geht es in diesem Beitrag weniger um die Gefahren für den Patienten, die psychologisch durchaus bestehen, als um die Risiken für die Anhänger und Praktizierenden. Die Szene kapselt sich ab und sieht sich in einer Verteidigerposition. Freundschaften die sich entweder von selbst abwenden oder wegen ihrer ungläubigen Ignoranz vom Homöopathen selbst beendet wurden, werden durch Gläubige ersetzt. Es kommt zu einem Strudel, der immer tiefer in die Esoterik Szene hinein reißt. Die meisten belassen es nicht bei der Homöopathie. Es folgen Pendeln, Astrologie, Verschwörungstheorien zum Thema Impfungen, Aura – Therapien – eben alles, was es da zwischen Himmel und Erde gibt, was wir uns angeblich nicht erklären können. Doch der Mensch lebt in der Regel nicht für sich allein. Die Familien werden ebenfalls in den Strudel gezogen und in den Köpfen der Kinder, wird die Saat für die Zukunft gesät.

Es wird seitens des Praktizierenden eine Menge Geld investiert und Menschen neigen dazu, an Dingen zu hängen, in das sie Kapital gesteckt haben. Selbst wenn sich die Sache desaströs entwickelt, glauben wir daran nicht aufhören zu können, und verpulvern noch mehr Geld. Selbst wenn dem Homöopathen Zweifel kommen, wird er unter anderen aus diesem Grunde bei der Stange bleiben. Daran haben auch die Verdiener ein klares Interesse. Aufmerksamen Beobachtern wird nicht entgehen, wie schwammig in den kommerziellen Medien über die Homöopathie berichtet wird, kaum jemand möchte sich der sprudelnden Geldquelle entziehen. Es beginnt mit den kleinen Wortspielereien. Die Homöopathie wird nicht als unwirksam bezeichnet, sondern die Wirksamkeit ist bisher nicht nachgewiesen worden. Mit jedem neuen unsinnigen Versuch des Nachweises, verdienen unzählige Menschen bares Geld.”

Auch die niedergelassenen Ärzte leisten ihren Beitrag. Es gibt drei Möglichkeiten: Entweder der Arzt mit zusätzlichen homöopathischen Angebot ist selbst ein Gläubiger, dann hat er de facto seinen Beruf verfehlt. Oder er betrachtet die Angelegenheit als ein charmanter Lügner, der sich die Gläubigkeit des Patienten zu Nutze macht, um ihn mittels Placebo behandeln zu können. In diesem Fall ist er ein Pragmatiker, der die Gefahren nicht aus dem Auge verlieren sollte. Als letztes bleibt noch die Option übrig, dass er einen Kundenfänger für Privatpatienten aufgestellt hat. Doch unkritischen Leuten, wird eine Reputation der Homöopathie durch die Götter in “Weiss” geliefert. Ein Freund aus der Intensivmedizin berichtete mir letztens, dass in anthroposophisch ausgerichteten Krankenhäusern ernsthaft homöopathische Infusionen praktiziert werden. Da verschlug es mir die Sprache. Am Ende sind Ärzte häufig auch nur ehemalige Studenten, die irgendwie einen Abschluss hinbekommen haben. Das Thema Anthroposophie hebe ich mir für einen anderen Beitrag auf.

Am Ende bleibt ein Homöopath zurück, der finanziell ausgepresst wird und durch sein Handeln dafür sorgt, dass mit den Nöten und Ängsten der Menschen ein Geschäft gemacht wird. Wenigen Ikonen, die sich im Fernsehen präsentieren, ist ein echter Verdienst gegönnt. Zurück bleiben auch Menschen, die im Leben gelernt haben, gegen jedes Wehwehchen gibt es ein Mittel. Vom aufgeschlagenen Knie bis zu ADHS kann alles behandelt werden, wenn nur das richtige Globuli zur Harmonisierung des Körpers gefunden wird. Es entsteht eine Distanzlosigkeit zu Präparaten und ein irreales Bild des eigenen Körpers. Doch die größte Gefahr stellt dieses “Es gibt da Dinge zwischen Himmel und Erde!” Ich gebe hierauf immer zur Antwort: “Ja, nennt sich Atmosphäre.”

Diese Einstellung, welche die ganze Systematik Homöopathie überhaupt ermöglicht, ist der Schlüssel, welcher das Hirn für allen möglichen Blödsinn öffnet. Aber hier radiere ich haarscharf am Thema Anthroposophie. In einer Zeit, in der es jungen Menschen in der modernen Gesellschaft an brauchbaren Orientierungspunkten fehlt, sie damit willkommene Opfer für Evangelikale Menschenfänger und anderen religiösen Sekten sind, ist jegliches Denken, welches auf diesem Grundsatz basiert … kritisch zu beäugen. Meiner Auffassung nach ist der verstärkte Zulauf zur Homöopathie ein Symptom von vielen, die eine Krankheit in unserer Erste Welt Gesellschaft produziert.

In einer Gesellschaft, wo im Zweifel die Schulmedizin rettend eingreift, Impfungen die übelsten Geißeln der Menschheit auf ein geringes Maß reduziert haben, und 150 EUR für eine Erst- Anamnese mit 20 EUR für die Globuli, keine Rolle spielen, kann sich so etwas ausbreiten. Böswillig kann man dieses auch als die Dekadenz einer untergehenden Kultur bezeichnen, eine Krankheit der man homöopathisch maximal mit potenzierten alten Römern begegnen könnte.

 

 

 

 

Wir überlassen ihnen das Feld … nicht gut!

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«Wo lebe ich denn mittlerweile?», lautet oftmals die Standardaussage von AfD Proklamationen oder Bekundungen ihrer Anhänger.

Oh, ja … diese Frage stelle ich mir auch. Ich habe mich selbst niemals als Patriot gesehen und ich habe auch nicht vor es zu werden. Gut, ich wurde in diesem Land geboren. Daraus resultiert auch der Umstand, dass ich mich mit der Geschichte Deutschlands ein wenig mehr auseinandergesetzt habe, als Menschen die von auswärts kommen. Nach 1945 haben die sogenannten Väter des Grundgesetzes unter dem Eindruck des zurückliegenden II. Weltkrieges, dem Nationalsozialismus und dem Holocaust eine Verfassung erschaffen, die eine Wiederholung dieser Epoche verhindern sollte.

Doch mit einer Verfassung ist es nicht getan, dieses wussten auch die Alliierten. Manche waren von den vorgefundenen Verhältnissen so nachhaltig geschockt, dass sie Deutschland in einen Agrarstaat umwandeln wollten, der niemals wieder die Chance einer Wiederholung bekommen sollte. Geopolitische Aspekte retteten Deutschland vor diesen Plänen. Nach und nach etablierte sich eine Presse, und ein Bildungswesen, welches sich mit der Geschichte auseinandersetzte. Jungen Menschen wurde vermittelt, was da eigentlich damals passierte.

In der Schule wurde analysiert, wie es dazu kommen konnte, dass sich Menschen in einen Volksbegriff pressen ließen. Die damals verwendeten sprachlichen Veränderungen wurden im Deutschunterricht thematisiert. Wir lasen George Orwell und Aldous Huxley und mussten Rezensionen hierüber schreiben. In uns wurden Alarmsysteme installiert, die uns unser gesamtes Leben begleiten sollten.

Wenn irgendjemand eine Sprache benutzt, die ausschließlich darauf ausgerichtet ist, entweder den Menschen seiner Individualität zu berauben oder mit pseudowissenschaftlichen Argumentationsketten daher kommt, ist erhöhte Aufmerksamkeit geboten. Spätestens wenn Politiker auf emotionaler Ebene niedrige Instinkte ansprechen und sich von der Sachebene entfernen, müssen alle Abwehrschirme nach oben gefahren werden. Es gilt in solchen Fällen auszuloten, ob es sich um einen harmlosen Populisten handelt, oder vielmehr etwas wieder in Mordor erwacht ist.

In der Weimarer Republik gab es mehrere Dinge von heute nicht. Die Digitale Welt, eine übermäßig kommerzialisierte Presse, die Globalisierung und eine echte Ressourcenknappheit. Hitlers Forderungen nach Land im Osten, damit sich das deutsche Volk ausbreiten kann, gehörte zur Propaganda. Und diesbezüglich waren Hitler und sein Berater Goebbels Meister, sie erreichten diesbezüglich die absolute Meisterklasse. In seinem Buch mein Kampf schrieb Hitler:

«Jede Propaganda hat volkstümlich zu sein und ihr geistiges Niveau einzustellen nach der Aufnahmefähigkeit des Beschränktesten unter denen, an die sie sich zu richten gedenkt. Damit wird ihre rein geistige Höhe um so tiefer zu stellen sein, je größer die zu erfassende Masse der Menschen sein soll. Handelt es sich aber, wie bei der Propaganda für die Durchhaltung eines Krieges, darum, ein ganzes Volk in ihren Wirkungsbereich zu ziehen, so kann die Vorsicht bei der Vermeidung zu hoher geistiger Voraussetzungen gar nicht groß genug sein …

… Die breite Masse eines Volkes besteht nicht aus Diplomaten oder auch nur Staatsrechtslehrern, ja nicht einmal aus lauter vernünftig Urteilsfähigen, sondern aus ebenso schwankenden wie zu Zweifel und Unsicherheit geneigten Menschenkindern. Sowie durch die eigene Propaganda erst einmal nur der Schimmer eines Rechtes, auch auf der anderen Seite zugegeben wird, ist der Grund zum Zweifel an dem eigenen Rechte schon gelegt. Die Masse ist nicht in der Lage, nun zu unterscheiden, wo das fremde Unrecht endet und das eigene beginnt. Sie wird in einem solchen Falle unsicher und mißtrauisch, besonders dann, wenn der Gegner eben nicht den gleichen Unsinn macht, sondern seinerseits alle und jede Schuld dem Feinde aufbürdet.»

Liest man diesen Text, mag man meinen die üblichen Verdächtigen der AfD legen ihn jeden Abend unter ihr Kopfkissen. Ich halte dies nicht einmal für eine abwegige Vorstellung. Auch die rhetorischen Mittel eines Goebbels sind in diversen Fachabhandlungen aufgeschlüsselt und für jeden Interessierten nachlesbar. Die Befolgung der dort nachzuvollziehenden Ratschläge, kann in jeder Rede der AfD – Frontfiguren nachvollzogen werden. Erst wurde das deutsche Volk in einem völkischen Sinne sprachlich wieder implementiert. Als Nächstes folgte die Begründung einer Opferrolle jenes Gebildes. Der kulturelle Vernichtungsfeldzug seitens böser Mächte wird den Zuhörern in den Kopf geprügelt. Die NPD scheiterte damit über Jahrzehnte, es fehlte ihnen an klugen Köpfen. Die AfD stellt sich vermeintlich auf die Seite der jüdischen Religion, besorgte sich ein paar Vorzeigeminderheiten und eröffnete eine perfide Argumentation. Sehet her! Wir kämpfen nunmehr gegen den Islam, nicht gegen die Juden, damit können wir keine Nationalsozialisten sein. Bei vielen geht diese Saat im Kopf auf. Sie bemerken den Schachzug nicht. Da wird nur etwas getauscht, weil die alte Nummer nicht mehr zieht.

Verfolgt man die Geschichte der AfD, ist ein Plan nachvollziehbar, mit dem die Gründer damals wenig zu tun hatten. Einige ehemalige Mitglieder wünschen sich im Nachgang, dieses Geschöpf niemals geboren zu haben. Für die rechtskonservative Szene war es ein Geschenk, auf das sie immer gewartet hatten. Hitler hatte damals ein ähnliches Problem. Auf der einen Seite die intellektuellen Vordenker und jenseits dieser die einfältigen Schläger der SA. Die Führungsriege bestand quasi die Schmuddelkinder der NSDAP. Heute haben wird die «Neuen Rechten» und die versprengten Truppen der Hooligans, klein – Organisationen, Rechtsrocker usw., die gebändigt werden wollen. Bei Veranstaltungen der AfD tauchen sie nur all zu oft, wie damals die SA, als Ordnungspersonal auf. Die «Neuen Rechten», wollen mit denen eigentlich nichts zu tun haben, nehmen aber die Unterstützung billigend in Kauf und bedienen sie auch immer mal wieder sprachlich, damit die in der AfD ein zu Hause sehen.

Soziologen sprechen bei der AfD immer mal wieder von einem überbewerteten Problem, da sie sich lediglich auf die schon immer vorhandenen 10 % rechts ausgerichteten Bürger beziehen.

Wenn die sich mal nicht grandios irren und die Bestrebungen der «Neuen Rechten» erheblich unterschätzen. Selbst, wenn sich das Symbol dieser drei Buchstaben «AfD» auflösen würde, zeigt sich ein eklatantes Problem, welches nicht neu ist. Demokraten in der BR Deutschland mussten schon immer verhindern, dass sich der Rechte Flügel in Deutschland einigt. Die CSU geht mal wieder in der Tradition eines F.J. Strauss in die Vorlage und versucht die Abtrünnigen einzufangen, es ist nur eine Frage der Zeit, dass die CDU nachziehen wird. Zähneknirschend wünsche ich ihnen beinahe Erfolg dabei.

Doch da sind die Faktoren «Digitale Welt» und «Kommerzialisierte Presse». Was passiert dort? Wer aktuell den Fernseher einschaltet, wird unter anderen mit einer Unmenge von Berichten über die Wehrmacht konfrontiert. Die Dokumentationen sind immer hart an der Kante zur Verherrlichung gestrickt. Für einen Patrioten ist es halt schwer zu akzeptieren, das Deutschland nüchtern betrachtet, zweimal verloren hat. Dieser Patriot erzeugt Einschaltquoten und auf die kommt es an. Die «Blut – Berichterstatter» wollen auch ihr Geld verdienen. Für den Verkauf der Auflage verliert der SPRINGER – Konzern schon mal die Contenance und ergeht sich in Orgien der Schlagzeilen. Die WELT startet zur Zeit offensichtlich auch eine «Einfangoffensive», treibt aber meiner Meinung nach nur vor sich her, die Schweizer Zeitungen werden nicht umsonst von der AfD gelobt, die aktuellen Verlagsübernahmen sprechen Bände.

Das sie damit den «Neuen Rechten» das Gleitöl für die Penetration der Köpfe liefert ist ihnen ziemlich egal. Die «Digitale Welt» ist auch für andere Lieferanten interessant. Die «Neue Rechte» liefert einen ganzen Bauchladen für Verdienstmöglichkeiten. Bücher über Verschwörungstheorien verkaufen sich wie warme Semmeln. Jeder Klick auf eine Werbeanzeige bringt den rechten BLOGGERN Geld (keine Angst, ich verdiene hier nachweislich 0 EUR), je hetzerischer und härter an der Grenze des StGB, umso besser und einträchtiger für den Verfasser. Propaganda ist heutzutage auf einem vollkommen neuen Level angekommen. Ein Hitler oder Goebbels hätten sich alle zehn Finger danach geleckt, wenn sie jede Straftat nach wenigen Minuten für sich hätten verwenden können.

Die Lage verschärft sich zur Zeit quasi wöchentlich. Ein Beispiel hierfür ist Kandel. Egal, welche Hintergründe diese Tat auch immer hatte, die propagandistische Ausschlachtung erreicht eine nie da gewesene Qualität. Die Hetzer maßen sich an, vor Beziehungen mit Männern zu warnen, die aus dem Ausland kommen. Verlassen sie die Verallgemeinerung, verweisen sie auf Menschen mit islamischer Glaubensausrichtung. Sie stoppen nicht einmal vor den trauernden Eltern, u. werfen ihnen vor, dass sie eine Beziehung zu gelassen haben. Da tritt dann doch mal für einen Augenblick Sprachlosigkeit ein. Es mag sein, dass sich die Beziehung zwischen einem in Deutschland sozialisierten Mädchen und einem Menschen aus einem anderen Kulturkreis schwierig gestalten kann, dies rechtfertigt aber in keiner Form eine Vorverurteilung. Überlege ich es mir richtig, waren die alten Nazis anfangs harmlos. Die wollten nur, dass man nicht bei Juden kauft, die Sache mit der Rassenhygiene kam erst später. Heute steigen sie gleich damit ein.

Wenn diese junge Frau einigermaßen intellektuell auf der Höhe ist, wird sie für sich selbst feststellen, was für sie gut ist. Ja, es darf auch nicht verschwiegen werden, dass der IS die naiven Vorstellungen junger Mädchen zur Rekrutierung benutzt hat. Doch wenn Mädchen darauf eingehen, haben wir offensichtlich selbst ein gesellschaftliches Problem produziert. Festzustellen ist auch, dass es zu solchen Taten unter Menschen leider immer wieder kommt. Nicht umsonst sind die Witzblätter voll mit der klassischen “Mann kommt mit Waffe nach Hause!” Situation. Wenn der Mensch nicht zu solchen Dingen fähig wäre, könnten alle Kriminalbeamte die Schubladen abschließen und nach Hause gehen Ich habe zugerichtete Leichen gesehen, die sich niemand vorstellen will – u. die Täter waren absolute Teutonen. Dieses Abgeschiebe auf Ausländer ist mit der verlogendste Dreck, den ich mir vorstellen kann. Aber ich schätze mal, das sind die Leute, welche auch die Schreie des misshandelten Kindes aus der Nachbarswohnung nicht hören wollen. Oder es sind die lieben Verwandten, denen zehn Jahre lang nicht der sexuelle Missbrauch durch den Onkel aufgefallen ist. Vielleicht sind es aber auch die Konsumenten der Kinderpornos im Netz, bei deren Auswertung die Kollegen reihenweise traumatisiert wurden. Wer weiß? Ich habe auch kein Ohr mehr in der Szene, doch erfahrungsgemäß treiben sich mit Sicherheit einige dieser Saubermänner in den einschlägigen Etablissements herum. Aber die war doch Volljährig! Ja, Du … aber sie hat es mit Dir … mit Sicherheit nicht für 20 EUR aus Liebe getrieben.

Ich bringe an dieser Stelle mal ein Gegenbeispiel. Ich habe ein junges Mädchen in Süddeutschland kennengelernt, welches sich Evangelikalen zuwandte und einen aus dem Ausland stammenden Mann mit muslimischer Familie kennenlernte. Während sie sich Gedanken über eine ziemliche Kleidung machte, schüttelte er nur mit dem Kopf. Was diese aufgehetzten Bürger nicht verstehen, ist die Tatsache, dass es in dieser Welt auch eine Gegenbewegung gibt. Ich kenne ausreichend junge Männer, die von den orthodoxen Vorstellungen ihrer Familien extrem genervt sind. Gerade im Süden von Deutschland ist eine verstärkte Aktivität der christlichen Ultras, die sich in Sekten organisieren, zu beobachten. Da läuft etwas falsch bei uns! Und diese Fehlentwicklung treibt junge Frauen in Strukturen, die ihnen falsche Versprechungen machen – da müssen wir heran.

Aber darum geht es nicht. Es ist dieser unverhohlene Rassismus, der dort gesellschaftsfähig gemacht wird. Von vielen Übergriffen erfahren wir nichts. Welcher Asylant, der nachts um sein Leben rennt, weil ein paar Skins ihm auf den Fersen sind, erstattet schon am nächsten Tag eine Anzeige? Fakt ist und dies übersehen all die forschenden Akademiker in ihren Elfenbeintürmen, wir haben üble gesellschaftliche Probleme.

Die Straßen werden jeden Tag ein wenig härter. Bestimmte Gruppen in unserem Umfeld verlieren jede Zurückhaltung.

Dem Betroffenen ist es ziemlich egal, von wem er gerade angegriffen wird. Es ist mehr eine Frage des Aufenthaltsorts, von wem man angegriffen wird, als eine Frage der Nationalität. In Mecklenburg wird man Opfer der Rechten, in Berlin – Neukölln werden es eher Clans sein und vor dem Stadion sind es die Hools. Wenn diesbezüglich nicht massiv ohne Ansehen der Person und Herkunft eingeschritten wird, verliert die Demokratie.

Wir müssen in alle Richtungen klare Grenzen aufzeigen. Egal wer hier hetzt, ob nun Deutsche, religiöse Fanatiker aller Ausrichtungen, Ausländer, oder stramme Teutonen, politische Brandstifter links- und rechts, müssen eines kapieren: Hier gibt es einen funktionierenden Staat mit einer konsequent agierenden Exekutive u. Judikative, die jeden für sein Handeln zur Verantwortung zieht. Geschlossene Grenzen, Zuwanderungskontrollen etc. sind meiner Auffassung nach vollkommener Blödsinn und nicht umsetzbar. Gefragt ist in dieser Lage, ein knallhartes Durchgreifen gegen alle Abweichler von der gemeinsamen Linie. Denn dort ist meiner Meinung nach die Wurzel von allem Übel.

Jeder denkt hier, er kann machen, was er will, und es passiert ihm nichts.

Das beginnt bei Parken in zweiter Spur, geht weiter bei der Zuwidersetzung gegen eine polizeiliche Anordnung, dem Verlassen des guten Tons, der gegenseitigen Körperverletzung und der exzessiven Ausnutzung des Sozialsystems. Da unterscheidet sich der deutsche Hetzer nicht im Geringsten vom hier anwesenden Ausländer. Es gab da mal einen schönen Grundsatz: Freiheiten sind in erster Linie Verpflichtungen. Wenn alle gegenseitig ihre Unversehrtheit und Freiheit aktiv respektieren, enden die Probleme. Allzu viele Menschen denken hier nur an sich selbst und ihre Freiheiten. Es gibt auch jede Menge Pflichten – und dazu gehört auch: Das Grundgesetz zu verteidigen und nicht es für die Begründung einer Macht gegen sich selbst zu wenden.

Wir sollten einfach mal die bestehenden Gesetze konsequent im Inland umsetzen, dann hätten wir schon viel erreicht. Einfach mal wieder zur Vernunft zurückkehren. Zum Verstand gehört auch ein Nachdenken. An dieser Stelle ein letztes Beispiel:

Eine Mutter warf mir mal vor, dass bei der Polizei jede Menge Rassisten arbeiten würden. Sie erzählte mir in diesem Zusammenhang folgende Geschichte. Ihr dunkelhäutiger Adoptivsohn unterhielt sich mit einem Freund, der seinerseits auf einem Balkon im Parterre stand. Einem Anwohner kam das merkwürdig vor und mutmaßte einen Einbruch, also rief er 110 an. Hieraufhin näherten sich zwei Beamte in Zivil. Was macht der Sohn? Er gibt Fersengeld und versteckt sich im Gebüsch! Nach Auffassung der Mutter klatschte es im Gebüsch nur wegen der Hautfarbe. Was soll man da noch sagen? Diese komplette Verpeiltheit ist die eine Seite Deutschlands. Das ist die Seite, welche den Kollegen in Köln ein Racial Profiling vorwerfen.

Dieser Räucherstäbchen – Selbsthilfegruppe steht die «Neue Rechte» gegenüber … und das kann ins Auge gehen.

Die rechten Mitläufer kapieren nicht von alleine, dass sie mit die ersten Opfer werden. Manch einer dieser Honks, die sich in einer Republik ohne Meinungsfreiheit wähnen, werden sich ziemlich schnell wundern, wenn sie eine echte Einschränkung bekommen. Sie sind auch zu dämlich für die Erkenntnis, dass ein Land nicht für sich alleine lebt und die internationale Gemeinschaft Investitionen auch stoppen kann. Den Demokraten bleibt also nur die Option geordnete Verhältnisse herzustellen und die Massengesellschaft zu regulieren. Aber bitte gerecht in alle Richtungen – dies betrifft Karl – Heinz und Omar. Und bei Karl – Heinz sehe ich größere Probleme. Denn immerhin ist der so schwach aufgestellt, dass er davor Angst hat von einer geringen Prozentzahl Muslime islamisiert zu werden, das ist in etwa das gleiche Niveau, als wenn man glaubt, durch Berührung Homosexuell werden zu können.

Gerade holte ich mir Zigaretten auf einer Tankstelle. Dort fuhr ein Daimler S – Klasse vor, in dem zwei Typen saßen, die mit Sicherheit Erklärungsnöte hinsichtlich ihrer finanzieller Möglichkeiten ein derartiges Auto zu fahren, gehabt hätten. Der Fahrer ging hinein und die gesamte Zeit über lief der Motor. In meiner Vorstellung hätte ich die beiden gern kontrolliert – unnötiges Motor laufen lassen reicht vollkommen aus. Im Falle einer passenden Gesetzeslage, hätten sie mal freundlich nachweisen dürfen, wie sie sich die Karre leisten können. Solche Maßnahmen ein paar Male in Neukölln durchziehen, würde einiges regeln. Doch das passiert nicht – statt dessen überlassen wir den Rechten das Feld, die auf die Schwächsten einprügeln, um sich zu bereichern. Na toll …