Rudi … sie kapieren es einfach nicht.

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Eine seltsame Diskussion kommt in Deutschland auf. Das Thema: die 68er! Zunächst fragte ich mich: Warum ausgerechnet jetzt? Dann erinnerte ich mich daran, dass die AfD hierzu vor einiger Zeit eine Kampagne startete. Die Reaktionären haben einen Kampf eröffnet. Sie wollen endlich wieder ihren konservativen Mief ausleben. Errungenschaften der zurückliegenden Jahrzehnte sollen wieder zurückgeführt werden. Die CSU Politikerin Dorothee Bär spricht gar von Anfeindungen, wenn eine Frau zu Hause bei den Kindern bleiben will, da war es doch vor der 68er Bewegung viel schöner. Ja, das waren noch Zeiten, als der Mann der Haushaltsvorstand war, Verträge nur von ihm abgeschlossen werden durften und er darüber bestimmte, ob sie einen Führerschein macht oder nicht. Unvergessen sind die Softpornos, in denen dem deutschen Biedermann die Sexualität des anderen Geschlechts erklärt wurde. (Läuft das bei der AfD eigentlich unter Früh – Sexualisierung?) Konnten die Bayern damals Musikladen sehen? Frau Bär hätte wahrscheinlich beim Anblick der Go Go Girls einen Herzkasper bekommen. Ich liebe es, wenn Stereotype passen. 1992 als Schülerin in der Metropole Bamberg der Jungen Union beigetreten … da steppt der Bär, wie wir Berliner sagen.

Wenn solche Dinge ein Mann sagen würde – gut, der hat dann irgendwo ein Problem – aber von einer Frau ausgesprochen, wird es schwer nachvollziehbar. Ich betrachte die Emanzipation der Frau als eine Bereicherung für die Männer. Persönlich habe ich keine Lust darauf, die Verantwortung für einen anderen erwachsenen Menschen zu übernehmen. Nein, liebe Frau Bär, die Zeiten des “Kinder/groß/ziehen” und sich danach von der Gesellschaft feiern lassen, bzw. sich von einem arbeitenden Mann aushalten zu lassen, sind vorbei. Doch dies war keine Bestrebung der Studentenbewegung in den Sechzigern. Das mag eine von vielen Folgeerscheinungen sein, aber sicherlich nicht die Idee. Es waren die Urteile von Richterinnen der jüngsten Zeit, die den Schwestern ins Buch schrieben: „In der heutigen Zeit und Lebensrealität, dürfen und können sich Frauen nicht mehr darauf verlassen im Falle einer Scheidung, bis zum Lebensende vom Mann versorgt zu werden.“ Die da die Urteile sprachen, waren keine 68er, sondern realistisch denkende moderne Frauen. Im Übrigen trat dieses Problem meistens im Bürgertum auf. Arbeiterinnen hatten davon selten etwas, sie mussten so oder so arbeiten. Das Papi zum Mittagessen zu Hause vorbei schaut und Mami die Kinder versorgt, kennt kaum ein Arbeiterkind.

Tatsächlich war es ein Kampf gegen alles, was den Konservativen lieb und teuer ist. Die Vordenker der Bewegung erkannten, dass diese tollen Sachen dazu geeignet sind, Deutschland stets auf ein Neues in eine Katastrophe zu führen. Unter anderen ging und geht es darum den Kopf aus der bürgerlichen Komfortzone zu stecken und sich mal ein wenig umzuschauen. „Ach was? So sieht die Welt wirklich aus? Dolles Ding … es gibt Menschen, die Hunger leiden, während wir Frankfurter Kranz zum Kaffee servieren. Schau mal Elfriede, dahinten in Vietnam, Kambodscha, Laos rummst es, obwohl die gar nichts angestellt haben.“
Doch darüber, wie verwirrt Konservative sind, will ich mich nicht auslassen. Was habe ich den 68ern zu verdanken? Mit Anfang Zwanzig setzte ich mich erstmals mit Rudi Dutschke und Daniel Cohn – Bendit auseinander. Wir merkten in den 80ern auch ohne Internet, dass auf der Welt etwas nicht stimmte. Wie kann es sein, dass bei uns warmes sauberes Wasser aus der Wand kommt, während an anderen Stellen der Welt Menschen verdursten? Warum haben wir Essen im Überfluss und in Afrika verhungern Kinder? Wie konnte es nach dem II. Weltkrieg einfach so weiter gehen? Korea, Vietnam, 6 – Tage -Krieg, Mittlerer Osten, Falkland usw.. ließen Fragen aufkommen. Eigentlich ist es doch ziemlich simpel. Wenn ich einen Motor habe, der ständig Aussetzer hat, muss etwas kaputt sein. Einem Autoverkäufer, der behauptet, das müsse so sein, zeigt man einen Vogel. Nichts anderes machen Konservative: Das hat alles seine Richtigkeit! Weiter machen, wie bisher. Für mich waren die Denker der Studentenbewegung der erste Zugang zu einer anderen Sichtweise. Immerhin erkannten die, dass da etwas nicht stimmt, und gingen auf Spurensuche. Sie suchten nicht nur in der Welt, sondern auch vor der eigenen Haustür. Daran habe ich partizipiert. Menschen, die wie diese Studenten dachten, unterrichteten mich am Gymnasium. Sie gaben mir zusammen mit meinen Eltern die ersten Werkzeuge, mit denen ich mich kritisch mit meiner Umwelt auseinandersetzen konnte.

Ich begriff, dass Diktaturen, Faschismus, Nationalsozialismus, nicht einfach vom Himmel fallen, sondern innerhalb von Gesellschaftsstrukturen wachsen. Die 68er, allen voran Dutschke, sagten mir: „Gesetze sind nicht nur Regeln zum Schutz des Menschen, sondern häufig auch das Instrumentarium der Herrschenden zur Steuerung der Untertanen.“ Nehme ich die klassischen Kerngebiete des Strafgesetzbuchs und des Bürgerlichen Gesetzbuchs hinweg, ist da was dran. Konservative Regelkonformität, die das Leben bis ins Schlafzimmer hinein regelt, birgt demnach echte Gefahren, wenn die Falschen die Macht übernehmen. Obrigkeitsdenken, Hierarchien, Abtreten der eigenen Verantwortung an Institutionen, Aufgabe der Individualität zugunsten einer Volksmoral, Manipulierbarkeit mittels Propaganda, Über- und Unterordnungsverhältnisse, moralistisches Denken, Übersteigerung des eigenen Seins usw., all die kleinen Dinge, welche eine Diktatur und den meistens nachfolgenden Krieg zum Stillen des Machthungers, sind immer noch allgegenwärtig. Mit einem Volk, dass den Menschen als Individuum betrachtet, die Freiheit des Einzelnen respektiert und sich ab und wann auch mal gegen die Regeln der Mächtigen stellt, lässt sich keine brauchbare Diktatur zusammenbasteln. Ebenso wenig lässt sich eine aufbauen, wenn die Menschen sich nicht mehr ständig Mohrrüben vor die Nase halten lassen.

Ich kenne das von der Polizei. Alle sitzen in einem Raum und schweigen in Anwesenheit des hohen Besuchs von oben. Keiner will sich den Mund verbrennen. Auf die Art könnte die „Karriere“ (in der Regel bestehend aus drei Stufen) oder die Zugehörigkeit zur Dienststelle gefährdet sein. De facto sitzen dort im Raum lauter Beamte auf Lebenszeit, von denen niemand befürchten muss, am nächsten Tag an einer Discounter Kasse zu sitzen. Für eine der drei möglichen Beförderungsstufen schlucken die trotzdem alles, was ihnen vorgesetzt wird. Richtig pervers wird es, wenn Stellen ausgeschrieben werden. Kaum einer fragt nach, was er dort auf der nächsten Stufe in einem anderen Arbeitsumfeld machen muss. Hauptsache die Reise geht von A10 nach A11.

Die Studentenbewegung hatte viele Facetten. Eine, mit die wichtigste, war das Aufzeigen und die Deinstallation von Gesellschaftsstrukturen, die ein neues Autoritätsregime in Deutschland möglich machen. Wie wichtig das war, zeigt sich mir in der Entwicklung der Bundesländer der ehemaligen DDR. Leider wurde der Prozess 1989 abrupt unterbrochen.

Wie man allerdings in Bayern die AfD wählen kann, wenn doch die CSU als rechtspopulistische Partei zur Verfügung steht, ist mir persönlich schleierhaft. Aber seltsamerweise ticken in Europa die südlichen Teile der Staaten immer anders. Ich denke dabei z.B. an Südfrankreich und Süditalien. Die Nummer mit dem Nord – Süd – Gefälle habe ich noch nie verstanden. 2018 kommen die Konservativen verschreckt aus ihren bürgerlichen Wohnzimmern herausgerannt. Vermutlich haben sie ein Klopfen an der Tür gehört oder sie haben festgestellt, dass ihre ungezogenen Kinder, die Rechten, sich mal wieder daneben benehmen. Genau das habe ich vor einiger Zeit befürchtet: Wir müssen auf die Leute zugehen! Hmmm … in dem Ihr die Kampagnen der AfD aufgreift und Euch mal wieder diese rechtsdrehende Grippe einfängt. Ich sag‘ s mal so: „Euer Impfschutz ist abgelaufen.“ Und wisst Ihr, wer davor immer gewarnt hat? Richtig … die 68er. Anders herum ist die AfD aus den Konservativen selbst hervorgegangen und die ganz Rechten haben „Hurrah!“ gebrüllt. Endlich eine Partei ohne den braunen Schmuddelanstrich der NPD. Rechtsradikal ohne Holocaust – geniale Idee! Alles nochmal von vorne, quasi das verbesserte Modell.

Prinzipiell ist das nachvollziehbar. Aus Fehlern sollte man lernen. Einen zu klein geratenen Ösi mit Komplexen zum Führer zu machen, war ein echter Schrittfehler. Die Angelegenheit mit dem Holocaust, ist aus dem Ruder gelaufen. Aber die Gleichschaltung, die Identität als Deutsches Volk, das Unterbinden von Diskussionen und Kritik, das Zusammenpferchen und konzentrieren von Menschen in Lagern, hätte sich zu einem Erfolgsmodell entwickeln können. Man muss nur andere Bezeichnungen finden und ein neues Verkaufsmodell finden. Die 68er Bewegung hätte sich das nicht bieten lassen. Heute sind sie alt, satt, rund, und haben längst den Rasenmäher gegen das Transparent eingetauscht. Meiner Meinung nach ist das Problem der mangelnde Nachwuchs. Viel mehr Studenten, die angeblich geistige Elite der Bundesrepublik Deutschland, müssten auf die Straße gehen.

Aber die haben mehr mit ihrer Karriere bzw. austarierter Biografie zu tun. Bei einer derart schwachbrüstigen geistigen Elite muss sich niemand wundern, wenn die einfach strukturierten Konservativen Oberwasser bekommen. Nichts anderes sind sie. Sie brauchen ihre vorgegebene Moral und altbackenen Regeln als Geländer, an dem sie sich festhalten können. Warum sich anstrengen und selbst denken, wenn das ein anderer für mich erledigt. Echt Schade, dass es die 68er Bewegung nicht mehr gibt.

Anmerkung: Wegen einiger Zuschriften und Ereignisse weise ich vorsorglich darauf hin, dass ich nichts zur Diskussion stelle. Ich beschreibe mittlerweile nur noch meinen Standpunkt. Ich habe keine Lust mehr, über Banalitäten zu diskutieren. Wem das zu arrogant ist … bitte … nicht mein Problem. Es steht jedem frei, über mich zu denken, was er will. Ich tue es im Gegenzuge auch. Außerdem macht eine Diskussion nur dann Sinn, wenn mindestens zwei Menschen ein gemeinsames Ziel haben, sich aber nicht einig über den Weg dahin sind. Die Mehrheit der Menschen will mit mir über das Ziel diskutieren – ich sehe keine Veranlassung dazu, meinen mühsam erarbeiteten Standpunkt zu verlassen. Alle anderen freuen sich darüber, dass es mindestens einen zweiten Menschen gibt, der wie sie denkt.

Eine überraschende Wende … so sieht Leben aus!

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„Mach’s gut, Pali!“ ,war als trauriger Abschied hochgeladen. Was sollte jetzt noch kommen? Die Resignation hatte sich schon in den Tagen zuvor eingestellt. Telefonate, Abschiedsbesuche bei den vielen gewonnenen Freunden in Deutschland, alles nahm seinen Gang. Traurig saßen wir uns beide um 03:00 Uhr gegenüber. Ein Rückflug war zu buchen, aber das Geld der Eltern war noch nicht auf dem Konto.

Es war bitter, ihm nach dem Aufstehen und den langen Tagen des Bangens beim Tippen auf dem Rechner zuzusehen. Diesmal war es keine Bewerbung. Nochmals sah ich auf seine Sachen, die er im Vorraum abgestellt hatte. Ausgerechnet Kafka „Die Verwandlung“ lag auf einem der Koffer. Lustlos las ich meine Mails. Die gute Fr. Jarasch hatte sich noch einmal gemeldet. Bei Ihr sollte ich mich nochmals persönlich melden. Immerhin war ihr Engagement ein echter Lichtblick in diesen Tagen gewesen. Ich schickte Ihr den Link zum Beitrag und ein paar frustrierte Worte. Der Rest der Truppe meldete sich auf allen Ebenen. Vorbei! Die Schlacht ist geschlagen.

Ich dachte an den Anfang zurück. Ich sagte zu ihm: „Du hast mich gefragt, warum ich das alles tue. Ich sag es Dir. Ich kann nicht die Welt und jeden da draußen retten. Das wird nicht funktionieren. Aber ich habe mal etwas von der Gesellschaft bekommen. Mir wurde die Möglichkeit gegeben mich zu bilden u. das Wissen wie man sie erlangt vermittelt. Wenn das Leben mit der Forderung etwas zurückzugeben unmittelbar an mich herantritt, kann ich handeln. Deshalb helfe ich Dir! Dafür musst Du Dich nicht bedanken, dass ist meine Geschichte.“

In diese Gedanken drängte sich mein Telefon mit einem penetranten Klingelton hinein. „Sofort den Flug stornieren!“
„Bitte?“
„Er bekommt seine Chance! Er bekommt die Zeit sich zum Wintersemester an der Uni anzumelden!“

Der Pali schickte sich just in diesem Augenblick an, seine Buchung mit einem Tastendruck zu bestätigen. „Stopp!“, rief ich dem verdutzten Pali zu. „Du kriegst Deine Chance!“ Zu weiteren Worten war ich am Telefon erst einmal nicht fähig. Der Stress, die Emotionen, das komplette Drumherum überwältigte mich. Ich setzte mich auf den Boden und die Tränen rannen über mein Gesicht. Der Pali verbarg sein Gesicht in den Händen. Dann hob er den Kopf und sagte: “Das ist alles ein Film, oder?” Ich schaute ihn an. “Nein, ich glaube das nennt sich Leben!”

Was hatte das ehemalige Mitglied einer italienischen Anti – Mafia Einheit zu mir gesagt?: „Hör auf, gegen das Böse zu kämpfen, sondern kämpfe für das Gute!“ Ich verstehe jetzt, was er meinte. Es ist ein Unterschied, ob ich einen aus dem Rennen nehme, oder einen hinein bringe. Das Gefühl ähnelt dem Erfolg in einer Entführungslage. Der Täter ist irgendwann egal, die Freude überkommt einen, wenn das Opfer befreit ist.

Trotzdem habe ich wenig Grund an meinem Fazit großartige Änderungen vorzunehmen. Ich möchte etwas hinzufügen. Vielleicht ist es gar nicht schlecht für Deutschland, dass es zum Konflikt zwischen den progressiven und den reaktionären auf Prinzipien herumreitenden Gesellschaftsmitgliedern gekommen ist.

Deutschland kann nach 1945 den Beweis antreten, dass eine ausreichende Anzahl Deutscher herangewachsen ist, die den Menschen sehen und nicht mehr wie einst ein „gleichgeschaltetes“ Volk, System und Ordnung in den Vordergrund stellen. Wir sollten das endlich mal untereinander klären. Ein Freund schrieb mir auf WhatsApp, für ihn ist der Glaube an Deutschland ein wenig wieder hergestellt. Die Gerechtigkeit hat bei uns eine Chance. Ich sehe das ein wenig anders. Ich weiß nach dieser Geschichte, dass es Menschen gibt, die wie ich denken. Wir sind ein Teil dessen, was dazu geeignet ist, der Historie einen Sinn zu geben. Ob wir genug und stark genug sind, werden wir sehen.

Bei der Nummer war eine große Zahl junger Leute unter 30 beteiligt. Sie haben den progressiven Älteren vertraut und sie wurden nicht enttäuscht. Dies war ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Frau Jarasch, Herr Lux, Herr Akmann, Herr Geisel, Herr Tas, Herr Machulik haben damit nicht zwingend Wähler gewonnen, aber sie haben junge Leute in eine gute und einige andere Richtung bugsiert. Das ist echte  verantwortliche Politik für die Zukunft. Steinwürfe verhindert man am ehesten damit, dass man zukünftigen Straßenkämpfern keinen Grund gibt, unter dem Pflaster nach dem Strand zu suchen.

Wer jetzt denkt, dass nur ein junger Mann Glück hatte, versteht das Prinzip nicht. Ich glaube, die verstehen wollen und offen sind, haben verstanden, wie es gemeint ist. Den Rest erreiche ich mit meinen Worten ohnehin nicht. Wie schon in mehreren Beiträgen beschrieben, begreife ich das Leben als eine Bühne mit unterschiedlichen Protagonisten. Es gibt keine Regie, die den Schauspielern Anweisungen erteilt. Keiner kann wissen, wie die nächste Minute aussehen wird. Jeder Dialog beeinflusst den zukünftigen Ablauf des Stücks. Keiner der Beteiligten an der Geschichte weiß, wohin dieses Intermezzo in der Zukunft führen wird, aber ich glaube fest daran, dass es einen guten Einfluss auf viele nimmt.

Ich für meinen Teil habe jedenfalls Kraft gewonnen, hier weiter zu machen. Jeden der paar Leser, die ich hier habe, möchte ich sagen: “Wenn das Leben direkt anklopft, sollte man handeln!” oder wie mal ein Mitstreiter auf einer exotischen Dienststelle mit sensiblen Aufgaben sagte: “Aufstehen, bedeutet, dass man auch mal hingefallen ist.”

 

Schachspiel der Macht: Gambit!

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Die Angelegenheit nimmt kein Ende und Besserungen treten auch nicht ein. Eine Sache leuchtete mir bei der Polizei noch nie ein. Wenn ein Geiselnehmer seine Geiseln tötet, ist er der Täter! Alle anderen versuchen ihn von seinem Handeln abzubringen. Funktioniert es, bleibt die Schuld beim Täter, tritt das Gegenteil ein, geht sie auf die Polizei über. Wird der Täter mittels eines finalen Rettungsschusses gestoppt, sieht es auch nicht gut aus. Dann ist der Schütze in der Öffentlichkeit am Tod des Täters schuldig. Die Diskussion über eine Verantwortlichkeit muss nicht geführt werden. Vom Täter wurde ein unbeteiligter Mensch in eine lebensbedrohliche Lage gebracht, damit muss er sich zwingend klar sein, sich selbst in Lebensgefahr begeben zu haben. Zumindest, wenn man der Ethik des Utilitarismus folgt.
Im Fall “Amri” hat ein junger Mann eine Straftat begangen. Ob er schuldhaft im Sinne unserer Gesetzgebung handelte, weiß keiner und wird auch nicht mehr festzustellen sein. Niemand kann z.B. einen psychotischen Schub ausschließen, der ihn zwar tatbestandsmäßig und rechtswidrig handeln ließe, jedoch die Schuld abwendete. Den Vorsatz, mit der Tat Terror auf die Bevölkerung auszuüben, schließen wir aus seinem religiösen Fanatismus . Mit Sicherheit können wir nicht einmal dieses wissen. Soweit die Fakten ohne Hinzuziehung emotionaler Aspekte .

Jegliches schädliche Verhalten eines Menschen im Ansatz zu ersticken bleibt einer Institution vorbehalten, an die geglaubt werden kann. Gott! Damit würde ich mich aber auf das Niveau des Täters begegeben. Fest steht: Die Polizei ist nicht Gott. Eine andere Option geht in die Richtung der Fiktion. Minority Report, die Matrix, Terminator usw. können ausgeschlossen werden. Jenseits des totalen Überwachungsstaats, selbst der hat noch Lücken, läuft es für die Polizei auf ein Glücksspiel hinaus. Solange niemand vorsätzlich weg sieht und den Täter quasi als Marionette für sein eigenes perfides Spiel benutzt, kann niemand außer ihm selbst schuldig sein. Möglich wäre noch die Bestechung der Sachbearbeiter durch die der in Berlin anwesenden Salafisten. Beides erscheint mir vollkommen abwegig.

Wenn sich die Polizei bei den Angehörigen für den Anschlag entschuldigt, gesteht sie nach dieser Betrachtung indirekt eine der o.g. Umstände ein. Einer der Serienhelden in NCIS, Gibbs, benutzt stets die Redewendung: Entschuldigungen sind imer ein Zeichen von Schwäche. Was bedeutet denn dieses: “Entschuldigung?” Habe ich Schuld auf mich geladen, in dem ich vorsätzlich und wissentlich handelte, will ich im Nachgang für meine bewusste Handlung eine Absolution.Es wäre besser gewesen, sie gar nicht erst zu tun. Tat ich es dennoch, erschien mir er Schaden auf der anderen Seite entweder vertretbar oder es war mich schlicht egal. Wer sollte sich darauf einlassen? Der Schaden ist eingetreten und die/der Täter/in hatte offensichtlich seine/ihre egoistischen Gründe dafür. Ein solches Handeln sühne ich, für meine eigene Genugtuung. Ich kann den Täter/in bestrafen, um anderen zu zeigen, dass ich wehrhaft bin und kein weiterer auf die Idee kommen sollte, etwas ähnliches mit mir anzustellen. Oder ich gönne dem anderen einfach seine Handlung.

Alles ohne Vorsatz, hat nichts mit Schuld zu tun. Es sind die unzähligen Dinge des Lebens, mit denen wir leben müssen. Fehlbarkeit, Unachtsamkeit, das Universum, die Verkettung von Ereignissen usw.. Mich persönlich würde eine Welt ohne diese Unvorhersehbarkeiten nervös machen. Irgendetwas stimmt dann nämlich nicht. Selbst Verbrechen sind ein Zeichen dafür, dass noch niemand die totale Überwachung hinbekomen hat.

Doch geht es darum überhaupt ? Die Presse, das Volk, die Politik, sie brauchen für alles einen Schuldigen. Entweder ist es die Nummer mit der Ente, die nicht schwimmen kann, weil das Wasser schuld ist oder es muss eine kausale Lücke gefüllt werden. Letztere bedeuten Kontrollverlust! Dem Leben ausgeliefert zu sein, hat dem nackten Affen in 200.000 Jahren Entwicklungsgeschichte noch nie gefallen. Dieser Antrieb wird uns meiner Meinung nach irgendwann vernichten. Die Unfähigkeit Dinge hinzunehmen, die wir weder kontrollieren noch ändern können, treibt uns in die merkwürdigsten Ecken. Ob es nun der Sicherheitswahn, die Forderung nach mehr Überwachung oder als letzte Verzweiflungstat die Religionen sind, am Ende läuft es auf nichts Gutes hinaus.

Terrorismus hat das Ziel, mittels Gewalt langfristig anderen den eigenen Stempel aufzudrücken. Presse und Politik arbeiten fleissig daran, das die Bevölkerung das Vertrauen in die bisherige Polizeiarbeit verliert. Die Kontrollfanatiker müssten theoretisch jeden Tag heimlich den Salafisten eine Kerze anzünden. Schritt für Schritt geben die nackten Affen ihre Freiheiten auf. Interessanterweise werden die Gläubigen diesmal nicht von den Kirchenfürsten der christlichen Religionen aufgehetzt, sondern die Politiker übernehmen den Job . Es geht soweit, dass die AfD von der Kirche mehr Dogmatismus einfordert. Genau da wollen die Terroristen hin. Der Zusammenprall von Religionen und Dogmatikern soll in einen finalen Kampf übergehen, den sie gewinnen wollen. Die anderen greifen den Fehdehandschuh auf. “Das wollen wir doch mal sehen, wer am Ende gewinnt! Christen oder Muslime!”

Alleine die Verwendung der Moralbegriffe “Gut und Böse”, “Schuld und Unschuldig” weisen mich auf den Ursprung hin. Die jüngste zurückliegende Diskussion hat es deutlich gezeigt. Ein Deutscher, der mit einem Fahrzeug Menschen tötet, ist ein psychisch gestörter Attentäter. Hingegen ist ein Salafist also das Mitglied einer radikalen Sekte, ein vernunftbegabter böser Terrorist. Einige Psychologen sind da vollkommen anderer Meinung. Sie unterstellen beiden, dass sie ein Ding an der Waffel haben. Sorge bereiten mir die, welche die Auffassung vertreten, dass Integration und Bildung Anschläge verhindern. Ich sehe vor mir einen ausgebildeten Chemiker mit Universitätsabschluss, der sich wegen der weltweit bestehenden Situation radikalisiert. Gute Nacht, Marie! Dann doch lieber einen untalentierten Amateur aus der islamistischen Kreisliga, wie es Amri war. Ich will mir nicht ausmalen, welche Folgen eine Ausbildung bei ihm gehabt hätte. Dann wären nämlich diverse Polizisten nach einem riesigen Knall durch die Luft geflogen. Das der erste Anschlag eine Vorbereitung sein kann, kommt scheinbar wenigen in den Sinn.

Leuten, die Sachbearbeiter und führende Beamte für einen Anschlag, den sie selbst weder begangen haben, noch ihn ansatzweise wollten, anschuldigen, oder sie für die Toten anklagt, hat meiner Meinung nach ebenfalls einen Schuss. Es sei denn, er oder sie benutzt den Täter und die Toten für seine Strategie. Dazu fällt mir nur Machiavelli ein. Den Verantwortlichen im Senat unterstelle ich einen Machtkampf in seinem Sinne. Die Presse läßt sich bereitwillig aus kommerziellen Gründen vor den Karren spannen. Angehörige der Opfer, Sachbearbeiter und ihre Familien, sind mal wieder die Bauernopfer im Schachspiel der politischen Macht.
Gambit! Zur Eröffnung des Spiels opfere ich einen Bauern für den späteren Sieg.

Warum spielen sie dieses Spiel? Weil sie es können und wir es zulassen … besser noch: Die nackten Affen freuen sich über die Unterhaltung.

Tschüss Pali … wir sehen uns.

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Ich weiß noch nicht, was ich aus der Geschichte lernen werde, die ich Ihnen hier erzähle. Alles begann mit einem: „Das ist ungerecht!“. Bei aller Abgebrühtheit, die ich mir in den zurückliegenden Jahren zulegte, ist das immer noch mein Pferdefuß. Ich komme damit einfach nicht klar. Aber fällen Sie ihr Urteil am Ende selbst.
Es ist die Geschichte eines jungen Hardwarespezialisten aus Palästina, welche damit anfing, dass er dort Freundschaft mit einem gleichaltrigen Deutschen schloss. Mit dieser Freundschaft wuchs in ihm die Idee, mit einem Auslands – Studium seinem eher perspektivlosen Leben in Palästina eine Wendung zu geben. Nicht mehr den Repressalien der Israelis ausgesetzt sein; nicht als Atheist mit philosophischen Wissen vom Umfeld schräg angesehen zu werden, nicht mehr stundenlang Grenzkontrollen passieren zu müssen, als ein Mensch in einem Land zu leben, in dem man von jedem zum Fußabtreter gemacht wird, erschien ihm verlockend. Nicht für immer, oder vielleicht als international arbeitender Ingenieur. Wenigstens einmal den Versuch unternehmen, mehr Wert zu sein, als ein herrenloser Straßenköter, der jede Grenze unbehelligt überwinden kann.
Eines Tages nahm er seinen jungen Mut zusammen und reiste nach Tel Aviv. Dort bot man ihm in mehrere Studien – Visa an. Er entschied sich für Deutschland. (Betonung: für Deutschland!” Das Leben bot ihm eine Chance und er wollte sie nutzen. Seine Reise führte ihn nach Berlin. Dort fand er zügig ein Zimmer in einer WG, welches mit seinem ersparten Geld aus seinem Job in Palästina bezahlte. In Deutschland sagte man ihm, dass er an einer Sprachenschule Deutsch lernen müsste. Eine ratifizierte Sprachschule funktioniert nicht viel anders, wie andere private Schulen. Schon bald unterforderte ihn der Fortgang der Ausbildung, außerdem muss man dort eine ganze Stange Geld für den Unterricht bezahlen. Wenn man als junger Kerl von seinen Ersparnissen lebt, ist das Dilemma absehbar. Geld für das WG – Zimmer oder Schule? An Unterkunft und Leben gibt es nichts zu rütteln, bleibt nur der Verzicht auf Unterricht. Gut, wenn man ein ausgesprochenes Sprachgenie ist. Wie einst früher die Gelehrten, lernte er durch Lesen der Klassiker, den Duden, wahrlich allem nur Greifbaren, die Sprache in 1 ½ Jahren. Nette intelligente junge Männer bleiben nirgendwo auf der Welt lange alleine. Es kam, wie es immer kommt, er lernte eine junge Frau beim Theaterspielen kennen.
In meiner Jugend sagten mir die Rückkehrer aus dem Ausland: „Wer nicht mal eine Weile von zu Hause weg war, braucht für die Reife und seine Sicht auf die Eltern länger, wie die anderen Freunde.“ Würde er in nächster Zeit nochmals die Gelegenheit bekommen, die Eltern zu sehen? Palästina ist für die dort Lebenden nicht zwingend eines der sichersten Länder. Immer mal wieder werden die Grenzen geschlossen, weil ein paar alte Männer die Figuren auf dem Schachbrett verschieben. Das Risiko wollte er nicht eingehen. Wenigstens in der Vorweihnachtszeit wollte er die Familie nochmals sehen.
Kaum kam er an, zog einer der alten machtgierigen Männer eine Spielfigur. Donald Trump hatte gerade Lust und verschob seinen Stein in ein anderes Feld des Spielbretts “Nahostkonflikts“. Die anderen Alten machten die üblichen Gegenzüge. Die Grenzen wurden geschlossen, und ihm wurde der Pass abgenommen. In Palästina gilt der bekannte Satz aus Ricks Café in Casablanca. „Nehmen sie die üblichen Verdächtigen fest!“
In einer solchen Lage ist guter Rat teuer, vor allem, wenn in Deutschland die Anmeldefristen für die Universitäten ablaufen. Mit viel Bettelei und Beteuerungen gelang es ihm, dann doch seinen Pass zu bekommen und schleunigst nach Deutschland zurück zu- kehren. Egal, wie auch immer, die Chance durfte nicht ungenutzt bleiben. Nebenbei habe ich in diesem Zusammenhang erfahren, dass in der Region jegliche Forderung nach einer Änderung Kommunismus genannt wird. Wenn ich darüber nachdenke, kommt mir das verdächtig bekannt vor.
Da saßen sie vor mir. Zwei junge Häufchen Elend, die zwischen die alten Männer geraten waren und sich im Dschungel der deutschen Bürokratie verirrt hatten. „Was nun abgefuckter Bulle?“, fragte ich mich selbst beim Anblick der beiden. Willst Du dem verhassten System aus überforderten Sachbearbeitern, bis zur Funktionsschädigung regulierten Geschäfts- und Ausführungsanordnungen, persönlichen Animositäten, Hierarchien, säuerlichen Muff der Bürokratie, noch einmal die Stirn bieten. Mit meinem Erscheinen um 06:00 Uhr auf der Ausländerbehörde, der Vermittlung eines Termins beim in der SPD engagierten auf Ausländerrecht spezialisierten Spandauer Rechtsanwalt H – G. Lorenz, stand die Antwort fest. Der Kerl hatte mich mit seinem sympathischen Auftreten beeindruckt. Gegenüber jemanden, der Jahrzehnte mit arabischen Großfamilien zu kämpfen hatte und Arabisch als Trigger betrachtet, ist das keine Selbstverständlichkeit.
Der erste Anlauf ergab ein gedehntes „Vielleicht!“. Wobei Lorenz nach erster Betrachtung gleich die Ausweglosigkeit der Situation attestierte. Niemand hatte etwas von “einfach” gesagt. Über dunkle Kanäle, die ein Polizist nach dreissig Dienst – und einigen Jahren Mitgliedschaft in der SPD hat, landete die nächtens zusammengestellte „Ermittlungsakte“, inklusive eines eiligst bestandenen Sprachtests, Bewilligung der TU Berlin, auf dem Tisch des Innensenators Geisel. Der winkte die Akte erwartungsgemäß (ICH, hatte nichts anderes erwartet!), in die Struktur durch. Zwischenzeitlich lief das VISA aus und bedurfte einer Nachbesserung. Also schlugen die beiden jungen Leute vertrauensselig wieder bei der Ausländerbehörde auf. An dem Tag hieb das System ihm und mir mit einem heftigen Undercut die Luft aus dem Körper.
Der Abbruch der Sprachausbildung und die Weiterbildung als Autodidakt ist in Deutschland nicht vorgesehen. Klar und deutlich ausgedrückt: Es ist unerheblich, ob jemand die Sprache innerhalb kürzester Zeit fließend spricht (nicht subjektiv, sondern per Test!), entscheidend ist, wie sie erlernt wurde. Dem Betrachter mutet die Regelung an, wie ein Vertrag zwischen Senat und den Sprachschulen, die an dem Jungen immerhin 350,– EUR im Monat verdienten. Weitere 175,– kassierte ein anderes Institut für den Test. In Folge dieser Feststellung behielt die Ausländerbehörde den Pass ein. Nebenbei hatte sie dieser Umstand bisher nicht interessiert.
Kurz danach kam Post ins Haus. Ein Sachbearbeiter, dem mittlerweile über den Weg Innensenator die „Ermittlungsakte“ vorlag, teilte im freundlichen Amtsdeutsch mit, dass da nichts zu machen wäre. Es sei denn, jenseits der bisherigen Situation hätte sich eine fulminante Änderung ergeben. Ich vermute, der Brief war mehr an mich gerichtet, denn an meinen „Schützling“. Ich finde es, ziemlich lächerlich, auf der einen Seite die Sprachkenntnisse nicht zu honorieren, anderseits einen Brief zu formulieren, den ich als Dipl. Verwaltungswirt kaum verstand. Aber ich will ihn nicht schelten, immerhin hat er eine Menge geschrieben. Wenn ich früher eine Akte von „oben“ bekam, verlor ich auch ein paar Worte mehr.
Der leise Weg hatte an dieser Stelle sein Ende gefunden.
An diesem Abend im Spandauer Lokal „Cafe Lutetia“ gab es im Freundeskreis nur dieses eine Thema. Wieder lautete der Tenor von allen: Das ist ungerecht! Da sitzt genau so ein Typ, wie wir ihn hier haben wollen und die Mafiosi der Clans ziehen marodierend durch die Stadt. Nur weil die kognitiv ausgebremsten Vollhonks um uns herum, nur noch in Schwarz und Weiß denken können, berauben wir uns unserer Chancen. Was wird am Ende aus Deutschland, wenn die Intelligenz am Ende sagt: Deutschland? Danke, diese Arroganz tue ich mir nicht an. Am Ende studieren die Guten lieber im Ausland und wir müssen mit abgehalfterten AfD – Akademikern klar kommen.
Die da abends im Café zusammen saßen, waren eine bunte Mischung, aus Leuten von qualifizierten Krankenhaus Pflegepersonal, Handwerkern, Sozialarbeitern, Polizei, Bank, Gastronomie und Politik. Der Banker brachte es im Zwiegespräch mit mir auf den Punkt: „Ein wenig ist der Ausgang der Geschichte die Antwort auf die Frage, woran man noch glaubt.“
Ich versprach allen Anwesenden einen offenen Brief an die politischen Vertreter zu schreiben, den wir am ehesten zutrauten, sich zu engagieren. Alle anderen sagten zu, ebenfalls über ihre Kanäle aktiv zu werden.
48 Stunden später bekamen Hakan Tas, Sawan Chebli, Benedikt Lux, Raed Saleh von mir eine Email. Zunächst passierte nichts. Da die Zeit verrann, beschloss ich, präventiv den Druck zu erhöhen. Ich veröffentlichte einen Link zu diesem BLOG hier. Gleichzeitig twitterte ich die Namen der angeschriebenen Politiker, da ich bisher keine Eingangsbestätigung erhalten hatte. Axel Lier von der BZ reagierte trotz der späten Abendstunden prompt. Lakonisch twitterte er, dass man darüber eigentlich mal berichten müsste. Ich vermute, allesamt schauten zufällig auf ihren Account, jedenfalls meldeten sich die genannten prompt. (außer Raed Saleh). Auf anderem Weg bekam die FDP Kenntnis, die interessierten sich aber trotz einer harschen Formulierung nicht für die Geschichte.
Zügig wurden in den nächsten Stunden Hakan Tas und Benedikt Lux aktiv. Herr Tas bot zeitnah ein persönliches Gespräch an, u. Herr Lux vermittelte einen Kontakt zur sehr kompetenten Frau Jarasch. Letztere gab alles, was nur in ihrer Macht stand. Über sie landete alles nochmals beim zu diesem Zeitpunkt erkrankten Herrn Geisel, sodass die Angelegenheit bei Herrn Staatssekretär Akman auf dem Tisch landete. Seine wohlwollende Prüfung der Geschichte änderte am Ergebnis nichts. Seinerseits ergäbe sich eine andere Bewertung, wenn der Betroffene im kommenden Semester einen Studienplatz nachweisen könne. Wie ich das hörte, antwortete der Berliner in mir: „Können vor Lachen Du Spaßvogel! Irgendwie hatte mein Abijahrgang früher eine bessere Übersicht. Darum ging es ja gerade, dass die Fristen bereits Anfang Januar abliefen, als die Grenzen dicht gemacht wurden.“
Damit blieb nur noch eine Beratung bei der Härtefallkommission. Erneut das gedehnte „Vielleicht!“. Wenn er denn innerhalb von 14 Tagen einen Ausbildungsplatz bekommen würde.
Schluss! Ende! Ein Mann muss erkennen, wann ein Kampf vorbei ist und vom Gegner tänzelnd verarscht wird. Es war der Zeitpunkt gekommen ein bitteres Gespräch zu führen. Mein alter Herr sagte mal zu mir weise Worte: „Sohn, Du brauchst immer etwas, was Du mit Deinem eigenen Schlüssel abschließen kannst.“ Heute bin ich quasi der alte Herr und er ist noch ein wenig älter geworden. Ich füge hinzu: „Es ist ein unmenschlicher Zustand, wenn Du vollkommen von der Willkür anderer abhängig bist und selbst keinerlei Handlungsoptionen hast. Dieser Zustand macht Dich auf Dauer kaputt – ich weiß verdammt gut, wovon ich rede!“ Auch wenn ich um die Hälfte älter bin, steht es mir nicht zu, dem jüngeren Mann einen Rat zu geben. Dafür hat er seine Familie und seine Freunde. Wir beide mussten erkennen, dass wir am Ende den Kampf trotz mehrfacher Aufwinde und Bemühungen verloren haben.
Die Ausländerbehörde hat sich aber nicht nehmen lassen, nochmals nachzutreten. Er darf das Land nur mit einem Flieger verlassen, der direkt aus der EU heraus fliegt. Der kostet halt das Doppelte. Vielleicht kann er die Differenz in Palästina von der Steuer als Werbungskosten absetzen.
Ich will nicht verschweigen, dass in Anbetracht der aktuellen politischen Lage ein Asyl diskutiert wurde. Doch damit wollte und will er nichts zu tun haben. Er wollte seine Chance nutzen, das ist in die Hose gegangen. Jeder kann sich alleine entscheiden, ob der Fehler bei ihm lag.

Mein Fazit:

  1. Ich habe in mehrfacher Hinsicht gewonnen. Die zwei Monate mit einer palästinensischen Intelligenzbestie haben mich nicht dümmer gemacht. Ich habe durch ihn viel über Palästina, Israel, Jordanien, Ägypten, Syrien gelernt. Teilweise erklärte er mir meine Stadt Berlin. Ich weiß jetzt, welche Syrer mit welcher Imbiss – Kette, den Araber vortäuschen, wie marokkanisch klingt, wer alles behauptet, Libyer zu sein, dabei aber sprachlich definitiv Palästinenser ist, und vieles andere.
    Sogar die Aversion gegen das Arabische wurden positiv neu formatiert. Das funktionierte, weil sich zwei Menschen begegneten. Bewusstsein kann nur entstehen, wenn man einen Schritt neben sich tritt und sich selbst betrachtet. Um sich mal wieder bewusst zu werden, wo ich als Deutscher auf diesem Planeten stehe, waren seine Sichtweisen sehr hilfreich. Alleine die Tatsache der Besitzer eines deutschen Passes zu sein, ist ein Segen.
  2. Vor zwei Jahren hat es mich gerissen. Ich musste erkennen, dass ich einen aussichtslosen Kampf gegen die Regulierungswut des Systems; die Menschen die sich auf der Basis bestimmter Persönlichkeitsmerkmale den Kram ausdenken; die Borniertheit und Arroganz einer Assekuranzgesellschaft, führte.
  3. Im Gegenzuge führte dieses System einen deutlich erfolgreicheren Kampf gegen mich, den ich mich hätte nicht stellen müssen – es zu tun, war alleine mein Fehler. Dafür auch noch das Leben zu riskieren, dürfte als Persönlichkeitsstörung zu bezeichnen sein. Der Gewinn: Die Geschichte hat mich wieder einmal bestätigt. Die miesen Abzocker finden die Lücken und schlüpfen durch. Werden sie doch mal erwischt, juckt es sie nicht. Die Dummen und Ehrlichen, die kleinere Fehler machen, enden bei der Kripo. Wer die ganz große Abzocke macht, hat nichts zu befürchten. Die Entscheidung, nach einer irgendwann erfolgten Wiederherstellung aller Funktionen, nicht wieder für das System den Arsch hinzuhalten … war wichtig und richtig.
  4. Vitamin B schadet bekanntlich nur dem, der es nicht hat. Wie läuft eine Geschichte dieser Art eigentlich bei jungen Leuten, die keine deutschen Beamten im Umfeld haben? Ich hatte insgesamt ca. 13 Jahre Französisch Unterricht. Ich kann nur hoffen, niemals in die Fänge eines französischen Bürokraten zu geraten. Wie eng müssen die Zügel mittlerweile angelegt sein, wenn der gegangene Weg nicht erfolgreich war?
  5. Herr Lux meinte etwas pikiert – ich denke aufgrund des einen oder anderen Tweets – dass er AUCH als Jurist, Verständnis für die Lage hat. Herr Lux, sollten Sie trotz des angespannten Terminkalenders diese Zeilen lesen: Niemals persönlich! Ausnahmen bestätigen die Regel. Aber wie Sie feststellen werden, waren in der Geschichte wieder einmal meine Kumpels die Volljuristen involviert.
  6. Ein wenig hatte ich wegen der Biografie auf die Vertreter der SPD Chebli und Saleh gesetzt. Ich dachte, die Nummer packt sie ein wenig bei der Ehre. Frau Chebli meldete sich per Vertretung zu einem Zeitpunkt, als die Messe gelesen war. Ich kann nicht beurteilen, inwieweit es im Hintergrund zeitliche Überschneidungen gab. Aber ich kenne das Spiel ein wenig aus meiner eigenen Behörde. Wenn man ein Papier auf den Tisch bekommt, kann man versuchen auf den Zug mit aufzuspringen. Sicher bin ich mir beim Engagement von Frau Jarasch, GRÜNE … und Ihr gilt mein aufrichtiger Dank, auch wenn wir scheiterten. Dieser auch im Namen aller namentlich nicht erwähnten Freunde aus Spandau. Bei der Nummer habe ich auch einen riesigen Respekt vor dem Tagesablauf von Tas, Jarasch, Lux und auch doch noch SPD: Stephan Machulik bekommen. Chapeau!
  7. Wir leben in einer seltsamen Welt. Der junge Mann hat in Deutschland Luft geatmet. Ansonsten hat er hier ehrlich verdientes Geld ausgegeben. Weil einer eine Linie auf die Karte gemalt hat, schicken wir ihn wieder weg.
  8. Aber ich erinnere mich an die Worte von Herrn Lindner in einem Interview: Niemand hat auf der Welt das Recht sich einfach irgendwo aufzuhalten. FREIE Demokratische Partei! Leichte Wort, wenn man ein Sohn aus einem deutschen akademischen Haushalt in Wuppertal ist. (Ich kann mir das Video aus der Zeit vor dem Abitur bei Magenverstimmungen nicht oft genug ansehen.)
  9. Ich verstehe die Argumentation eines Paradelinken, wie Oscar Lafontaine, der von den Grenzen der finanziellen Solidargemeinschaft spricht, die mit Ländergrenzen identisch sind. OK! Aber Leute die hier einreisen, bezahlen und wir am Ende durch den Studienabschluss, im Zweifel mit der Bekämpfung von Fluchtursachen gewinnen, sollten irgendwie anders behandelt werden.

Schlussendlich haben eine ganze Menge Menschen einige Illusionen verloren. Das ist eine gute Sache, wem diese genommen wird, schaut auf die Realität. Sie werden es nicht glauben, der die letzten Tage anwesende Kerl fängt mit mir an über den philosophischen Aspekt der Begriffe Wahrheit, Illusion und Realität zu diskutieren. Noch vor ein paar Stunden stand ich an einer Spandauer Bushaltestelle. Dort warteten zwei deutsche Heranwachsende: „Alder isch hab die voll krass auf der Partie gefickt, die Schlampe!“ Ich habe da eine Idee – zwei deutsche Perspektivkandidaten sozialisiert innerhalb der deutschen Leitkultur (perfektes Amtsdeutsch) gegen einen sicheren Leistungsträger aus einem Hallahalla – Land? Deal?


Dank an:
Frau Bettina Jarasch, Bündnis90/Grüne
Benedikt Lux, Bündnis90/Grüne
Hakan Taş, Die Linke
Stephan Machulik, SPD
Mark Quedenbaum (Büro Chebli) für die Antwort
Axel Lier, BZ
H-G Lorenz, RA
Andreas R. Wiese, RA
Dr. Nguyen van Huong, Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales
JTW Spandau + Team
Beratungsstelle Spandau
Micha, Karsten, Martin, Grobi, Debbie, Cafe Lutetia, Kiki, Boris, Gregor uvm.