15 April 2018

Nach – zur Vorlesung

Lesedauer 3 Minuten

Neustadt an der Weinstraße. Dank eines Freundes (der die tollen Porträtfotos von mir gemacht hat! Sollten Sie in Hannover und Umgebung leben, kann ich Ihnen Falco als Fotograf wärmstens empfehlen) verirrte ich mich dorthin, um einige meiner Texte vorzulesen. Ein spannendes Unterfangen, denn die Gegend ist erst einmal nicht bekannt für ihre Aufgeschlossenheit. Aber seit wann gebe ich etwas auf Stereotype? Also ab ins Auto und über Hannover nach Gimmeldingen zum Haus Mandelblüte. Bevor ich etwas über die Lesung schreibe, muss ich die beiden fantastischen Gastgeber loben.
lesung
Sollten Sie jemals dort hinkommen, gönnen Sie sich eine Veranstaltung mit mindestens einer
Übernachtung. Das malerisch ausgebaute Weingut ist schlicht der Knaller. Das Motto der Veranstaltungen lautet immer „SevenEleven“ und bezieht sich auf die Uhrzeit. Vier Stunden: Trölle liest! Für beide Seiten Hardcore, und dennoch wurde es ein Erfolg. Jedenfalls wenn ich von der „Homöopathischen Fassbombe“ absehe. Aber dazu komme ich noch.
Im urigen Weinkeller sammelten sich zu 19:00 Uhr 40 Neugierige. Obwohl ich einen Teaser versandt hatte, kamen einige wenige mit falschen Vorstellungen zur Veranstaltung. Ein Berliner Ex – Bulle liest Krimis … so jedenfalls die Vorstellung. Eine etwas sehr aufklärt wirkende Ärztin, beschlagnahmte mich vor dem Beginn der Veranstaltung und gab mir Lebenstipps. Sie würde in Frankfurt/Main einen Kriminellen kennen, der Unsummen mit dem Schreiben von Drehbüchern für Tatorte verdiente. Trotz der Warnung, dass es darum nicht gehen würde, blieb sie.
Eine andere Frau, die sich als Kommunikationsberaterin vorstellte, fühlte sich ebenso schnell in der Verantwortung mir Tipps für die Abendgestaltung zu geben. Stereotype? Nun, bei ihr trafen alle zu. Sportlich bequem gekleidet, naturbetonter Schmuck, Pagenschnitt … Mann … kennt das. Bei beiden gingen bei mir die Alarmsignale an. Wie sich herausstellte, nicht ohne Grund.
Alles ging gut, bis ich den Text „Homöopathie eine moderne Sekte?“, anstimmte. Der war dann einigen zu polarisierend. Wer mich ein wenig kennt: voller Vorsatz! Ich gehe davon aus, dass diese Nachlese auch von dem einen oder anderen Gast gelesen wird. Deshalb möchte ich hier nochmals einige Worte dazu schreiben.


Einschub für Teilnehmer

Es geht weniger um die Homöopathie, sondern um den Gedanken und die Menschen die dahinter stecken. Wer, in welcher Form sein Geld ausgibt, ist mir persönlich vollkommen egal. Esoteriker verkaufen sich gern aufgeschlossen, verständnisvoll und menschenfreundlich. Da haben sie einiges mit Christen gemeinsam. Ohne zusätzlich einigen auf die Füße zu treten, ist es auffällig, wie viele in anderen Berufen gescheiterte Menschen, vornehmlich Frauen, in dieser Ecke landen.
Als ich während der Lesung, aus dem betreffenden Kreis heraus gefragt wurde, ob ich ein Einzelkind bin, war ich gewarnt. In einem anderen Umfeld hätte ich geantwortet: „Ja! Und ich bin eine Vaginalgeburt, kein Wunschkind und wurde gestillt.“ Das ist eine der klassischen Verhaltensweisen. Einsortieren der Menschen nach Kriterien, die sich anderen nicht zwingend erschließen.
Doch weiter zum Hintergrund. Eine Aussage, die ich wie ein Mantra immer wiederhole, gilt auch hier. „Es gibt keine Rechtfertigung innerhalb der Ungerechtigkeit.“Wer Homöopathen provoziert, bekommt sofort entgegen geschleudert: „Aber die Schulmedizin …!“ Diese Reaktion entspricht dem Verhalten der Kinder im Buddelkasten. „Die anderen Kinder haben aber auch …“ Eine weitere immer wiederkehrende Verhaltensweise, ist die Akzeptanz von polarisierenden Verhalten, solange es gegen die anderen geht. Ich nenne das: „Sich in die Tasche lügen, bis sie platzt!“ Und wie Sie festgestellt haben, ist das ein Thema bei der Lesung gewesen. Nebenbei sind zumindest in Berlin die Besitzer von Esoterik-, Heil – und Homöopathiepraxen mit die zickigsten Zeitgenossen/innen, die wenig Spaß verstehen. Nicht alle! Aber signifikant viele … wie mir auch Freundschaften aus Prenzelberg/Freidrichshain/Wilmersdorf berichteten.Ich habe weder vor mit meinen Texten erfolgreich zu sein, noch suche ich die Diskussion. Ich beschreibe, wie ich es im zweiten Text darstellte, meinen Standort, meine Haltung und wie die Dinge aus meiner Perspektive aussehen.

Zurück zum Verlauf des Abends. Wie beschrieben ging alles gut bis zur Homöopathie. Nach den ersten zwei Seiten verlor die Ärztin die Contenance, sprang auf und verließ laut protestierend den Raum. Mitten im Text brach ich dann ab. Das Ziel, die Zuhörer aus der Komfortzone herauszuholen, war erfüllt. Schlimmer konnte es nicht werden … es folgte ein interessanter Abend, den allerdings auch die Kommunikationsberaterin nicht mehr erlebte.


Alles zusammen, war es für mich eine interessante Erfahrung, die ich mit einem wirklich netten, leidensfähigen Publikum machte. Viele der Kommentare, machten mich stolz und geben mir Antrieb für weitere Schandtaten. An dieser Stelle nochmals ein dickes D a n k e s c h ö n an alle Gäste. (Selbstverständlich auch an die Provozierten gerichtet. Damit bekam der Abend den Drive einer Talkshow – unbezahlbar!)
Wie versprochen, schreibe ich die Textsammlung „Essays eines Verrückten“ zu Ende und melde mich dann mit dem fertigen Ergebnis. Ich versprach im Teaser, den Abend einfließen zu lassen. Daran arbeite ich noch … Ich kann aber jetzt schon sagen, besonders lehrreich waren die Überlegungen zu „erfolgreich“, „auf Menschen zugehen“ und „diskutieren“. Hierzu ein anderes Mal mehr.
Gruß vom “verrückten” Trölle


Copyright 2021. All rights reserved.

Verfasst 15. April 2018 von Troelle in category "Uncategorized

Kommentar verfassen

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.