Dienstschluss …

Lesedauer 10 Minuten

Morgen ist der Stichtag für mein Ausscheiden aus dem aktiven Polizeidienst. Nach 31 Jahren komme ich nicht daran vorbei, mich deshalb rückblickend mit dieser Zeit auseinanderzusetzen.

Als ich die Ausbildung begann, erahnte noch niemand, dass die letzten Tage der DDR anbrachen und aus zwei Staaten, wieder ein Deutschland werden würde. Beim Fall der Mauer, hatten die meisten „Westler“ die Vorstellung, dass die armen Ossis vor Begeisterung in die Hände klatschen und selbstverständlich die Lebensart des Westens übernehmen. Jeder hätte sich bei einer realistischen Einschätzung der Situation denken können, dass das nicht geschehen würde. Zwei Gesellschaftssysteme und die dazugehörigen Polizisten trafen aufeinander. Die legendären Zeiten West – Berlins mit all ihren Spezialitäten waren schlagartig beendet. Mit Verachtung nannten wir den „Osten“ Polizeilegoland. Ich denke, beide Seiten dachten sich: Die sind anders als wir!

Es war damals in der Sachbearbeitung eine weitverbreitete Sitte, entgegengesetzt zu den Bestimmungen die Dienstwaffe in der Schreibtischschublade aufzubewahren. Ich teilte mir das Zimmer mit zwei ehemaligen Angehörigen der Volkspolizei. Eines Tages kam ich aus der Kantine zurück und musste beim Chef antreten. Zu meiner Verwunderung lag mein Holster zusammen mit meiner Waffe auf dem Tisch. Meine neuen Zimmergenossen hatten sie ihm gegeben, weil sie einen Zeugen im Raum vernehmen wollten. Angeblich hatten sie Sorge, dass der sich meiner Waffe hätte bemächtigen können. Selbst, wenn sie diese tatsächlich gehegt hätte, wäre immer noch die Verwahrung im eigenen Schreibtisch in Frage gekommen. Sie dem Vorgesetzten auf den Tisch zu legen, war dann doch etwas merkwürdig. Dieses Erlebnis gehörte zu den ersten, der vielen folgenden negativen Erfahrungen.

In der ersten Zeit passierten komische Sachen. In der Übergangsphase wurden diverse Personalakten frisiert, Dienstgrade geändert oder ehemals die Karriere fördernde, später eher hinderliche, Tätigkeiten aus den Akten entfernt. In den seltensten Fällen verpfiffen sich die Neuen, denn die meisten hatten sich gegenseitig in der Hand. Der besorgte Kollege, hatte zum Beispiel zeitweilig die Aufgabe inoffizielle Mitarbeiter aus der Jugendszene zu betreuen, die an ihn Informationen aus den Jugendclubs zukommen ließen. Selbstverständlich verwertete er ausschließlich strafrechtlich relevante Informationen. Ich glaubte kein Wort davon.

Genauso wenig traute ich einem Major über den Weg, der standhaft behauptete ein Opfer der Staatssicherheit gewesen zu sein. Tatsächlich hatte er einem Offizier der Staatssicherheit Hörner aufgesetzt, woraufhin der ihn beobachten ließ. Mit dem Gedanken, dass ein niederer Dienstrang lediglich normale Polizeiaufgaben übernahm, konnte ich mich anfreunden. Ein Major hatte klare politische Vorgaben zu befolgen. Einer dieser ehemaligen Dienststellenleiter der Volkspolizei war in einem Gespräch ehrlich zu mir. „Eins ist klar, wenn die Mauer in die andere Richtung umgefallen wäre, hättest Du keine Freude mehr am Leben gehabt.“ Wie nach dem Krieg wurden aus der Notlage heraus, nicht ausreichend Leute für das gesamte Gebiet zu haben, an ehemalige Hardliner Zugeständnisse gemacht.

Sicherlich nicht alleine durch Sie, aber zumindest anteilig, änderte sich das Betriebsklima. Ab und wann waren es aber auch die in der DDR sozialisierten, die die Missstände benannten. Anläßlich des anstehenden Besuchs des Polizeipräsidenten auf der Dienststelle brach in der Führungsetage Panik aus. Eilig wurden alle dazu aufgefordert, die wegen der viel zu engen Räume auf den Flur verbannten Sachen wegzubringen.

Dies kommentierte eine Kollegin aus der ehemaligen DDR mit den Worten: „Ist wie früher, wenn Honecker kam, mussten wir auch immer die Straßen fegen.“

Bereits bei Beginn gingen mir das Duckmäusertum und das Gebaren einiger Leiter auf die Nerven. Doch mit Zeit wurde es bei der Berliner Polizei immer schlimmer. Ein weiterer Grund hierfür war mit Sicherheit die Einführung der Mobiltelefone und der vermehrte Einsatz von Rechnern. Früher war ein Vorgesetzter darauf angewiesen einen sogenannten Rahmenauftrag an die Mitarbeiter zu formulieren, in dem der Beamte frei handeln konnte. Die Mobiltelefone haben zwei Effekte. Der Vorgesetzte kann sich ständig per Anruf einmischen und die Vorgaben enger ziehen. Normalerweise ist es eine Unsitte, wenn Führungskräfte dauerhaft informiert werden wollen und damit ein gewisses Misstrauen in die Fähigkeiten des Mitarbeiters signalisieren. Andererseits fördert es die Entscheidungsschwäche, wenn ich bei jeder Gelegenheit die Absolution für mein Handeln mittels Anruf einholen kann.

Gespräche sind vielen Vorgesetzten lästig und viel zu zeitraubend. Da ist es naheliegend, die Anweisungen und notwendigen Informationen per Email mitzuteilen. Umgangen wird damit auch die Flüchtigkeit eines Gesprächs. Zu jeder Zeit kann nachgewiesen werden, welche Anweisungen gegeben wurden, zumal sie eine kommunikative Einbahnstraße sind. Zu einer Diskussion, in der der Weg zum Ziel gemeinsam erarbeitet werden könnte, kommt es dabei nicht. Außerdem ist der Sendebutton schnell gedrückt, bei einem Gespräch käme unter Umständen zu einem gemeinsamen Gedankenaustausch, wenn denn dieser wirklich gewünscht wäre. Meinem Eindruck nach, ist das häufig nicht der Fall.

Ein andere Folge der elektronischen Datenverarbeitung ist symptomatisch bezüglich des Denkens innerhalb der Hierarchie und das eigene Verständnis. Zu Zeiten der Schreibmaschinen war eine gänzliche Normierung des Schriftwesens nahezu unmöglich gewesen. Sie ist meiner Auffassung nach ziemlich unnötig. In den Jahrzehnten vor der Einführung von Textverarbeitungen wäre das nämlich mal aufgefallen. Außerdem geben Staatsanwälte einen feuchten Kehricht auf die Normierung einer Ermittlungsakte. Dort sammeln sich handschriftliche Notizen, Anweisungen, externe Schreiben u.s.w.., ein normierter Bericht oder gar ganze Sammlung ergibt diesbezüglich keinerlei Sinn. Doch wer das vorträgt, wird angeschaut wie ein Außerirdischer. Das Gegenteil würde bedeuten, dass der Beamte einen kreativen Spielraum besäße – wo kämen wir da hin? Deutsche Beamte sind keine Hippies!

Praktischerweise können Texte dank einer Textverarbeitung mehrfach zur Genugtuung eines pedantischen Vorgesetzten geändert werden. Zuvor hielt man sich dabei eher zurück, denn vier Seiten auf der Maschine komplett nochmal zu schreiben, fanden dann doch einige übertrieben.

Ich habe in den letzten Jahren empfunden, dass die Mitarbeiter immer mehr entmündigt wurden und ein großer Teil dieses mit sich machen ließen.

Daran sind nicht ausschließlich die benannten Faktoren schuld. Oftmals sind auch die schlechten Erfahrungen von Einzelnen ursächlich, und später dann Folgen auf ganze Dienststellen hatten. Das Paradebeispiel war der Skandal um die ErGr Rumba, bei der ein bestens bekannter Rumäne sich mit einer erkennbar erlogenen Geschichte frei kaufen wollte. Er belastete bei einer fremden Dienststelle die für ihn zuständige Fachdienststelle. Woraufhin völlig unschuldige Beamte erst observiert, dann festgenommen und später zeitweilig eingesperrt wurden.

Die Botschaft lautete: „Dich muss nur einer aus der Organisierten Kriminalität anzeigen und schon bist Du fällig!“ Das zeigte im Verlauf der nachfolgenden Jahre seine Wirkung.

Auch die Situation, die sich aus den Geschehnissen um die Person Anis Amri ergeben hat, wird Folgen haben. Es beginnt mit einem Wort: Manipulation. Wer manipuliert, will dem allgemeinen Verständnis nach eines von drei Zielen erreichen. Entweder er will sich selbst schützen, weil er selbst an einer Straftat beteiligt ist, die Handlung dient dem Gewähren eines Vorteils für einen Täter oder eine Tat soll ermöglicht werden. Welches dieser Ziele soll ein Sachbearbeiter beim polizeilichen Staatsschutz verfolgen? Die Vertuschung irgendwelcher staatlicher Fehler liegt auch nicht im entferntesten in seinem Interesse. An eine Verschwörung, die irgendwelche abstrusen Folgen herbeiführen soll, kann auch nur ein Schwachsinniger glauben. Was bleibt übrig? Der Verstoß gegen dienstliche Anweisungen, die unmöglich bei der Personalstruktur und der Arbeitsbelastung eingehalten werden konnten. Meiner persönlichen Prognose nach, läuft dies auf die eine einmalige Zahlung einer Disziplinarstrafe heraus. Strafrechtlich bleibt da nichts übrig. Doch wie sehen die Folgen aus? Die betroffenen Kollegen sind innerlich zerstört und werden Mühe haben, weiterhin im Dienst zu bleiben. Alle anderen werden sich ihr weiteres Vorgehen bei Ermittlungen gut überlegen. Jahrzehntelang wurden mühsam Konzepte zur sinnvollen Bekämpfung von Terrorismus und Organisierter Kriminalität erarbeitet. Ein zentraler Punkt ist die Rückstellung der Verfolgung von kleineren Straftaten oder Straftaten, die zur Vorbereitung der eigentlichen Tat dienen. Zum Beispiel gehört dazu das Entwenden eines Fluchtfahrzeugs oder das Fahren ohne Führerschein. Hierbei ist immer ein gewisses Restrisiko vorhanden, welches aber notwendigerweise eingegangen werden muss, da man sonst immer auf der unteren Ebene hängen bleiben wird. Die Gesellschaft muss sich entscheiden, ob sie für das Ziel, die großen Fische zu fangen, dieses tragen will.

Islamisten betrachten die vorhandene gottlose Gesellschaft als ihren Feind, den sie in jeder nur möglichen Art bekämpfen wollen. Aus ihrer Sicht heraus, sind Straftaten in jeder Form zulässig, da sie die Ungläubigen damit schädigen. Nehme ich sie bei diesen Taten immer fest, zerstöre ich nicht nur die Ermittlungen, sondern ich teile der Terrorzelle auch mit, dass man sie im Auge hat. Doch die öffentliche Diskussion, und der Umgang mit dem Sachverhalt hat gezeigt, dass das niemanden wirklich interessiert. In Folge dessen, werden sich viele sagen: „Ich bin doch nicht so blöd und riskiere meinen Hintern, damit ich so ende wie die Staatsschützer!“

Die ständigen Unterstellungen aus Teilen der Bevölkerung, und zu ihnen gehören wahrlich nicht ausschließlich Linksradikale, können mürbe machen.

Vor zwei Tagen hatte ich dazu eine passende Debatte auf Twitter. Den Tweet eines Journalisten der BZ, in dem er auf die Gefahr durch Taschendiebe hinwies, kommentierte ich mit dem Hinweis auf die hoch professionell vorgehenden polnischen Taschendiebe. Zur Erklärung eine kurze Beschreibung. In Polen gibt es Banden, die sich auf diese Taten europaweit spezialisiert haben. Aus einem speziellen Gebiet kommend, fliegen sie meistens zu viert in eine Großstadt, „arbeiten“ dort vier – fünf Tage und verschwinden wieder. Bereits am Rollband beginnen sie Opfer auszuspähen und legen los. Ich hatte vor ein paar Jahren das zweifelhafte Vergnügen, solche Banden ab dem Züricher Flughafen quer durch die komplette Schweiz zu observieren. Bei solchen Geschichten treffen Spezialisten der Polizei und der Kriminalität aufeinander. Ein guter Fahnder erkennt einige Sorten von Straftätern an ihrem Verhalten, worauf sie mit ihren Blicken achten, welche Kleidung sie tragen, wo sie sich aufhalten und einiges mehr. Hautfarben und Nationalitäten sind dabei sekundär von Interesse. Unter Umständen kann jedoch die Anwesenheit von drei Personen aus einer für ihre Spezialität bekannte Region, zusammen mit weiteren Umständen einen Verdacht rechtfertigen. Wenn die sich in den frühen Morgenstunden in einer Villengegend dreimal ein hochwertiges Fahrzeug ansehen, sollte der Fahnder stutzig werden.

Prompt meldete sich ein der üblichen selbst ernannten Retter der Demokratie und wies mich darauf hin, dass ich doch lieber von Ausländern sprechen solle, da die Benennung einer Nationalität zum einen Rassismus wäre und im Weiteren dazu führen könne, dass Polen unter einen Generalverdacht gestellt werden würden.

Der deutsche Durchschnittsbürger hat ein vollkommen anderes Problem, er schert alle Ausländer über einen Kamm und stellt harmlose Flüchtlinge unter Generalverdacht, die selbst Opfer werden. Hingegen beschuldigt niemand, ernsthaft alle Italiener der Mafia zugehörig zu sein, obwohl stets konkret über die Mafia und andere Gruppierungen berichtet wird.

Es ist nicht so, dass mich ein Spinner bei Twitter aus der Bahn wirft, aber er blieb nicht alleine. Selbst das trifft mich nicht, doch ich weiß, dass diese Vorwürfe im Zusammenhang mit Kontrollen immer wieder kommen. Oftmals auch von etablierten Politikern. Wer will da einem Fahnder verübeln, wenn er eines Tages sagt: „Macht doch Euren Scheiß alleine!“ Jeder Polizist weiß, dass es in dieser Richtung viele Themen gibt. Desto tiefer der Spalt in der Gesellschaft wird, umso häufiger kommt es aus allen Richtungen zu haarsträubenden Unterstellungen, bei denen ich mich immer frage, wo eigentlich das Motiv sein soll. Seien es nun Kontrollen, Widerstandshandlungen, Schusswaffeneinsätze und was es alles noch so gibt. Richtig bitter wird es, wenn sich Vorgesetzte auf die Seite der Unwissenden stellen und ins gleiche Horn blasen. Ohne auf Details einzugehen, jeder in der Polizeibehörde weiß, dass dieses viel zu häufig vorkommt.

Die Unschuldsvermutung gilt bei Polizisten schon lange nicht mehr als selbstverständliches Recht. Weder in der Presse, die für den Verkauf der Auflage den Volkszorn bedient, in der Gesellschaft allgemein und leider auch nicht mehr intern.

Ich glaube fast jeder scheidende Berliner Polizist ist in den letzten Jahre ging mit den Worten: „Das ist nicht mehr meine Polizei.“  Auch wenn sinkende Zahlen der Kriminalitätsbelastung propagiert werden, ist eine Veränderung in einigen Feldern nicht zu leugnen. Bisweilen geht es nicht um die Häufigkeit, sondern um die Qualität und wie die Tat ausgeführt wurde.

Hieraus ergeben sich Fragestellungen, die zum Teil ethischer Natur sind, die beantwortet werden müssen.

Ich denke dabei zum Beispiel an Sonder- und Wegerechtsfahrten im immer härter werdenden Straßenverkehr. Bisher gilt, dass der Beamte alle Verkehrsregeln missachten darf, dabei aber besondere Sorgfaltspflichten hat. Kommt es zu einem Unfall, muss er in der Logik der Gerichte dieser Sorgfalt nicht nachgekommen sein, sonst wäre es nicht zum Unfall gekommen. Täter könnten auf die Idee kommen, dass sie sich mit einer besonders rücksichtslosen Fahrweise einer Beobachtung durch die Polizei regelmäßig entziehen können, da diese irgendwann das Risiko scheuen. De facto fahren alle Polizisten, die in diesen Bereichen ihren Dienst versehen auf eigene Rechnung, ohne Abdeckung und mit der Gefahr, nach einem Unfall vor vielen Problemen zu stehen. Ich halte es für durchaus zulässig, dass die Frage damit beantwortet wird, einen Täter im Zweifel mit allen sich daraus ergebenden Konsequenzen immer fahren zu lassen. Aber sie muss dann auch so klar und deutlich beantwortet werden. „Pulle voll, Frau betrunken!“, hilft niemanden weiter und ist der Polizei nicht zuzumuten.


Ich will den Beitrag nicht überstrapazieren. In nächster Zeit werde ich sicherlich noch andere kritische Themen ansprechen. Genug Abstand und Unabhängigkeit besitze ich nunmehr. Aber das bereits hier Angesprochene, hat mich mehr als einmal in die Verzweiflung getrieben und ist Teil dessen, was mich Morgen das Handtuch werfen lässt. Ich bin in den Jahren einmal zu oft angeeckt, um das die Beulen einfach wieder verschwunden wären. Ich habe wahrlich nicht vor, die Polizei schlecht zu machen oder im Nachgang Leuten ans Bein zu pinkeln. Im Gegenteil, ich lernte großartige Menschen kennen, habe eine aufrichtige Gemeinschaft erleben dürfen und werde mit vielen davon im Kontakt bleiben. Immerhin bin ich mit einigen quer durch Europa gefahren. Damit verbrachte ich mit diesen Kollegen mehr Zeit als mit einer Lebenspartnerin. Mit meiner Einstellung zu Hierarchien und den unvermeidlichen Auswirkungen bin ich nicht kompatibel, das ist mein persönliches Problem. Gesellschaften ändern sich, das ist eine banale Feststellung.
Jeder muss sich selbst überprüfen, ob er als Vertreter des Staats, vor allem als Polizist, die Ziele der Gesellschaft mit dem eigenen Denken vereinbaren kann. Mein Inneres rebelliert in jeder Form gegen diverse Entwicklungen. In einem Gespräch habe ich das letztens formuliert: „Wenn Du Dich selbst oder mit anderen bewusst in eine Situation hinein begibst, in der ein erhebliches Risiko für Dein eigenes bzw. das Leben eines anderen besteht, musst Du an etwas glauben. Fehlt Dir dieser, stehst Du vor den möglichen Konsequenzen Deines Handelns und kannst Dir selbst keine Antworten geben.“ Meiner ist mir aus verschiedenen Gründen abhanden gekommen. Erst wollte ich es nicht wahr haben, doch der Körper hat eine ganz eigene Art, der Psyche Gehör zu verschaffen.

Leider musste ich neben diesen positiven Erlebnissen erleben, wie in meinen Augen Menschen mit erkennbaren psychopathischen Persönlichkeiten in höheren Rängen landeten. Alle sahen zu und niemand änderte etwas. Eines Tages sagte ich mir, das System kann nicht richtig sein, wenn diese Typen und Frauen dort landen, wo sie gelandet sind. Es fehlt schlicht an einer inneren Hygiene, die das verhindert oder im Nachgang die Möglichkeit einer Rückstellung, wenigstens die Entbindung von einer Personalverantwortung ermöglicht.

Ich betone: Sie befinden sich in der absoluten Minderheit! Doch jeder Management Berater weiß, dass einer davon, wie eine Splittergranate alles um sich herum mitreißt. Kein Mensch lebt für sich alleine. Kollegen beobachten den Umgang mit den Opfern und ziehen ihre Schlüsse. Familien leiden oder zerbrechen sogar. Zu einer dieser erkannten Personen bekam ich von sehr weit oben her die Antwort: „Herr Trölsch, dass wissen wir alles. Aber wir reden hier über einen Dienstgrad, der nahezu unantastbar ist, den werden wir nicht mehr los.“ Besonders in diesem konkreten Fall, der ziemlich heftig war, hegte ich die Hoffnung, dass man ihn von der Personalverantwortung entbindet, doch nicht einmal dieses geschah.

Vorgesetzten empfehle ich wärmstens das Buch „Führen durch das Wort“ von Rupert S. Lay. Geführt werden kann mit natürlicher Autorität oder im Falle des Mangels daran, mit übertragenen Machtmitteln. Psychisch nicht gesunde Menschen, können in der Regel nicht durch das Wort führen. Noch weniger werden sie Störungen im Verhalten von Mitarbeitern erkennen, eventuell werden sie diese sogar für ihre Zwecke ausnutzen. Immerhin ist es eines der Kennzeichen eines Psychopathen, dass er gefühlskalt Menschen als Werkzeuge für seine Zwecke missbraucht. Es ist zum Beispiel ein leichtes Spiel, die Defizite eines Menschen, der sie durch überzogene Mehrarbeit auszugleichen versucht, auszunutzen, anstatt dem entgegenzuwirken. 

Ich denke auch, dass ich zu einigen Sachen die falsche Haltung einnahm, die ich nunmehr erkenne. Wenn hier mal einer mitliest, und für sich selbst feststellt: Stimmt, hat er eigentlich Recht! Und es ihm mit den dadurch angestoßenen Gedankengängen besser geht … war jedes Wort hier sinnvoll. Immer wieder erfahre ich, dass hier einige alte Weggefährten mitlesen. Sollten wir uns wider meinen Erwartungen nicht sehen, auch von hier aus einen Dank für die oftmals tolle Zusammenarbeit. Passt auf Euch auf! Wer Spaß dran hat, hier im BLOG werdet ihr mich treffen.

Sine Metu – und Deckung geht vor Sicht!

 

Meine Sicht auf den Protest – Sonntag

Lesedauer 12 Minuten

Die AfD hatte gerufen und knappe 3000 ihrer Anhänger versammelten sich. Jenseits ihres Antreteplatzes am Hauptbahnhof trafen sich an allen Ecken und Enden Menschen, die der Welt zeigen wollten, dass 87 % der Deutschen anders denken, als deren Anhänger. Wobei die Motive, und die politische Ausrichtung der Protestierer uneinheitlicher kaum sein konnte. Es galt mal wieder der alte Grundsatz, dass ein gemeinsamer Außenfeind innere Einigkeit erzeugt. Bereits auf dem Weg in Richtung Mitte überlegte ich, wie überhaupt festzustellen sei, dass einer mit der AfD sympathisiert. Wie sollte man bei Vorkontrollen zwischen ihnen und Protestlern unterscheiden, wenn sie nicht gerade eine überdimensionierte Deutschlandflagge in der Hand hielten?

Ich ertappte mich dabei, dass ich Fahrgäste um mich herum einsortierte. Die Frau dahinten auf keinen Fall, der Typ vorne links mit Sicherheit usw.. Was spielte sich da in meinem Kopf ab? Gedanklich setzte ich mich mit meinen Stereotypen auseinander. Ein Sympathisant der AfD ist meiner Vorstellung zunächst der Typ Mensch, der nicht durch individuelle Kleidung auffällt. Einige fallen allerdings durch ihre betont konservative Ausstattung bzw. an die dreissiger Jahre angelehnte Kleidung auf. Doch das sind die erkennbaren Rechtsextremisten in der AfD, nicht die Mitläufer. Sie machen es einem einfach, weil sie bereits mit ihrem Outfit ihre Botschaft transportieren wollen. Gleichermaßen verhält es sich mit den jungen Rechtsextremisten, die durch ihre szenetypischen Klamotten und Haarschnitte leicht erkennbar sind. Mir geht es um die anderen. Tatsächlich ist es die mangelnde Individualität, die mich stutzen lässt und die Schublade in meinem Kopf öffnet. Dann wäre da noch dieser Gesichtsausdruck. Entweder sie sind grimmig oder sie lachen seltsam. Nicht offen, weil ihnen etwas Freude bereitet, sondern meistens ist es ein hämisches Lachen oder zumindest über andere, niemals über sich selbst. Ich finde, diese Eigenart eines Menschen ist im Gesicht erkennbar. Später am Tage hörte ich die Rede eines Holocaust Überlebenden, der sich ähnlich äußerte. Es wäre eine Eigenart dieser Charaktere, dass sie damit nicht umgehen können, wenn über sie gelacht wird und sie nicht über sich selbst lachen können. Dieses über ich selbst lachen zu können, funktioniert nur, wenn man sich der Tatsache bewusst ist, dass man, wie alle anderen um einen herum auch, nur ein Mensch ist. Darüber hinaus empfinde ich es als ein Zeichen von Intelligenz und Ausdruck der Existenz eines Bewusstseins. Jenes entsteht bekanntlich dadurch, dass ich einen Schritt neben mich trete und mich selbst betrachte. Ich bin der festen Überzeugung, dass man all diese Dinge vom Gesicht eines Menschen ablesen kann. Nicht ohne Grund sprechen wir von einem dummen Gesichtsausdruck. Ein Mime auf der Bühne erzeugt ihn dadurch, in dem er jegliche Spannung aus dem Gesicht entfernt. Ich weiß nicht mehr wo es war, aber in einem Buch habe ich gelesen, dass der Mann beim Orgasmus den nachweislich dümmsten Zustand hat und so sieht er in diesem Augenblick auch aus. Ich will damit nicht behaupten, dass die männlichen Sympathisanten der AfD aussehen, wie im Zustand eines Dauerorgasmus.
Jeder von uns wird mehrfach minütlich Opfer seiner niederen Triebe und Instinkte. Doch die einen sind sich dessen bewusst und steuern mittels Ratio dagegen, während andere dies nicht erkennen und sich davon leiten lassen.

Mit diesen Gedanken im Kopf machte ich mich auf den Weg zum Reichstag. Von mehreren Veranstaltungen hatte ich mich für diese aus zwei Gründen entschlossen. 1989 war ich dort bei der Wiedervereinigunsgfeier eingesetzt. Das Einsatzkonzept sah vor, dass die Hälfte der Wiese für die Weltpresse freigehalten werden sollte. Deshalb wurden sogenannte Hamburger Gitter aufgestellt, hinter denen wir in Mantel, Anzug und Krawatte Stellung bezogen. Auf den Fernsehbildern sollten so wenig Uniformierte, wie möglich zu sehen sein. Bereits in den Mittagsstunden versammelte sich dort an den Gittern die Wiking Jugend mit ihren Fahnen. Wenig später füllten sie die noch bestehenden Lücken mit den angereisten Anhängern der NPD und der Republikaner auf. Das Kalkül war offensichtlich. Sie wollten das Bild prägen. Der weitere Verlauf machte ihnen und dem Einsatzleiter einen Strich durch die Rechnung, da das völlige Chaos ausbrach.

Doch die Symbolträchtigkeit des Reichstags war mir damit für alle Zeiten gegenwärtig. Mir war es wichtig, dass die AfD diese Wiese nicht für ihre Zwecke verwenden konnte. Von dort aus, sollten andere Bilder gesendet werden. Auf der Wiese versammelte ich eine undefinierbare Mischung. Insgesamt sollen es 3000 Gewerkschaftler, Anhänger der Linkspartei, SPD, diverser Interessenverbände, DKP, GRÜNE, Hilfsorganisationen, Gemeinschaften von Holocaust Überlebenden und eine überwiegende Mehrheit von Menschen ohne Zugehörigkeit gewesen sein, die ähnlich dachten wie ich. Alte, Junge, Familien, Kinder, sie wollten diesen Platz besetzen. Die wenigsten verfolgten das Bühnenprogramm. Nebenbei: Wenn ich in den nächsten Tagen nochmals Antifaschisten/Antifaschistinnen hören muss, ticke ich aus. Die sich da auf der Bühne präsentierten hatten etwas von einem Pfarrer zum Konfirmationsgottesdienst. Wenn die Ungläubigen schon mal da sind, bekommen sie das ganze Programm.

Da die Wiese sicher war, machte ich mich auf den Weg zum Spreeufer, an dem sich auf der gegenüberliegenden Seite des Hauptbahnhofs ebenfalls tausende Menschen versammelten, um über die Spree hinweg die sich am Bahnhof sammelnde AfD zu beschimpfen. Mir bot sich ein ausdrucksstarker Anblick. Drüben wehten Deutschlandfahnen und am Ludwig – Erhardt – Ufer waren die Fahnen bunt. Die Brücke am „Capital Beach“ hatte die Polizei mit einer Gruppe besetzt. Die Ärmsten mussten in voller Ausrüstung in der prallen Sonne den „Brückenkopf“ halten. Die Sperrung hatte eher einen symbolischen Wert, denn einem Ansturm hätten sie nicht standhalten können. Unwillig mussten die Gegendemonstranten dabei zusehen, wie die Kundgebungsteilnehmer der AfD Meter für Meter weiter auf die Brücke gingen. Doch dann forderte ein junges Mitglied der Linksfraktion über Lautsprecher die Polizei auf, dieses zu unterbinden, immerhin würden sich die einige tausend Personen starke Gruppe auf der anderen Seite an die Spielregeln halten. Der Gruppenführer erkannte, dass sich diese Provokation gefährlich entwickeln könnte, und ließ unter Beifall die AfD zurückdrängen. Danach kam es zu einem der schönsten Augenblicke. Die Meute an der Brücke sang lauthals „Schrei nach Liebe“ von den Ärzten.

Nachdem sich die AfD Kundgebung in Bewegung setzte, blieb ich bei meinem ursprünglichen Plan und orientierte mich zum Brandenburger Tor, dem zweiten großen Symbol in Berlin. Dort hatte die Polizei bereits den 17. Juni abgeriegelt, so dass mein Vorhaben an einer Hecke mit Blick auf das Tor endete. Zahlreichen anderen Protestierern erging es ebenso. Wieder trafen sich dort Vertreter aller Gesellschaftsteile. Familienväter trugen ihre Kinder auf den Schultern, Senioren kämpften sich mühsam durch das Dickicht und jüngere Männer halfen dabei. Die immer als Aktivisten bezeichneten jungen Wilden kamen erst mit der zweiten Welle. Einige von Ihnen wurden dahingehend beraten, dass ein Überwinden der Hecke eine taktisch unkluge Maßnahme wäre. In großen Teilen zog die Polizei am gleichen Strang. „Ihr springt nicht auf die Straße und wir schicken die Provokateure der AfD wieder weg.“ Denn einige wollten es sich nicht nehmen lassen, vor den Protestlern, beschützt von der Staatsmacht, herum zu stolzieren. Und siehe da, meine Vorurteile vom Tagesbeginn bestätigten sich in Gänze. Neben mir stand zeitweilig ein älterer Mann um die Mitte Siebzig herum. „Schämt Euch!“, brüllte er aus vollen Halse. „Dafür habe ich nicht gekämpft!“ Leider blieb offen, in welcher Form und zu welcher Zeit er gekämpft hatte.

In diesem Getümmel, begleitet vom Geschrei der Protestler, den Reden der AfD Politiker, dem Getrommel einer Samba – Gruppe, der ebenfalls einige ältere Semester angehörten, geriet ich wieder ins Nachdenken. Was ging in den Köpfen, abgesehen von den erkennbaren Rechtsextremisten unter den Teilnehmern in der Kundgebung, der Frauen und Männer vor. Viele wirkten auf mich wie die üblichen herbstlichen Senioren – Touristen auf Mallorca. Waren sie schlicht in ihrer kleinen Welt überfordert? Mallorca war dabei ein guter Anker in meinem Kopf. Warum flogen sie dort hin? Sie finden dort ein angenehmes Klima, in den Restaurants können sie auf Deutsch bestellen, am Strand werden für sie Liegen reserviert, man bleibt unter sich und die Dekoration ist ansprechend. Das Leben um sie herum verändert sich. Ihnen wurde stets eingetrichtert, dass alles Deutsche gut und erfolgreich ist. Davon sprach auch Gauland auf der Bühne und ihnen damit aus der Seele.
Ordnung, Pünktlichkeit, Fleiß, Sauberkeit ist deutsch. Laissez – Faire ist französisch, wilde Lebensfreude ist afrikanisch, der Mallorquiner ist freundlich und anpassungsfähig, Italiener sind laut und haben viele Kinder, Türken und Araber sind religiöse Fanatiker, während es beim Jugoslawen viel Fleisch fürs Geld gibt. Die Asiaten sind merkwürdige Gestalten, denen im Restaurant entweder nicht über den Weg getraut werden kann, Zigaretten an der Straßenecke verkaufen oder mit Fotoapparaten aus Bussen herausfallen. Wer das mal zur Unterhaltung braucht, fliegt halt für drei Wochen hin und sieht es sich vorsichtig an, aber nur in kleinen Dosierungen. Sextourismus ist an sich auch nichts Negatives, immerhin bekommen sie in den armen Ländern Geld dafür.

Ihr Denken ist linear und einfach. Flüchtlinge kosten Geld, welches angeblich nicht da ist. Wie soll ein Mensch, der sein Leben lang in Bausparverträge investierte und für das Alter auf ein kleines Sparkonto einzahlte die komplexen Vorgänge der internationalen Wirtschaft verstehen? Mit hohen Risiko Geld einzusetzen, damit es sich vermehrt, ist wahrlich keine Eigenschaft des deutschen Kleinbürgers. Allein das Wort Risiko erzeugt einen Pelz auf der Zunge. Ein Gauland, Meuthen, Glaser oder eine Frau Weidel wissen das sehr gut. Bei Trixi hab ich den Verdacht, dass sie intellektuell dazu nicht fähig ist.
Ihr Denken, und ihre Erfahrung wird von den Rednern auf der Bühne bedient. Mehr Überzeugung benötigen sie nicht. Kämen sie mit den anderen dort am Straßenrand ins Gespräch, stellten sie fest, dass es eine Überschneidung gibt. Die da mit mir zusammen standen, sind nämlich auch mit vielen Entscheidungen der Regierung nicht einverstanden. Doch die Antworten, die da von der Bühne herunter kommen, sind zu simpel und realitätsfremd. Wenn in einer Gruppe etwas schief läuft, ist wie beschrieben der einfachste Weg, einen Außenfeind zu erzeugen. Amüsanter Weise funktionierte dies an diesem Tag hervorragend. Der gemeinsame Gegner AfD einte Gruppierungen, die sich sonst wenig zu sagen haben. Doch die Spannungen, Probleme, Auslöserfaktoren usw. behebe ich auf die Art nicht. Habe ich einen kaputt gemacht, benötige ich den nächsten Buhmann, bis mir alles um die Ohren fliegt.

Politischer und religiöser Extremismus gehen Hand in Hand. Wie er zustande kommt, wurde ausreichend wissenschaftlich untersucht, dazu muss niemand mehr etwas schreiben. Als Rechtsextremist wäre ich allerdings auch ein wenig säuerlich, wenn mich jemand mit den Islamisten auf eine Ebene hievt. Aber es hilft ja nichts. Wenn es denn nun einmal so ist. Mit zahlreichen Protest lassen sich die Gründe nicht beheben.

Doch nicht jeder Mitläufer ist ein Extremist. An der einen oder anderen Stelle gelingt es mir, mich in die Leute hinzuversetzen. Ich kenne diese Annahme der deutschen Vorzüge und des damit angeblich verbundenen deutschen Wirtschaftswunders, das weder ein Wunder noch ein alleiniger deutscher Verdienst war, nur zu Gut. Nahezu jedes Klischee begegnete mir in meiner Sozialisierung. Es hat mich Jahre meines Lebens gekostet, bis ich begriff, dass vieles erst einmal nur eine Verhaltensweise ist, bei der eine Verknüpfung mit gut, schlecht, erfolgreich usw. völlig unzulässig ist.
Für mich ist entscheidend, ob sie sich für meine gesteckten Ziele praktikabel erweist. Zum Beispiel sind aus dem ungeordneten Chaos die tollsten Errungenschaften für die Menschheit hervorgegangen. Disziplin kann vorteilhaft sein, sie kann Menschen aber auch krank machen. Ich bringe dabei auch immer wieder die Feststellung ein, dass ich mir gern mal einen Krieg zwischen zwei disziplinlosen Armeen mit einem starken Hang zur Lebensfreude und Gelassenheit ansehen würde. Wären weltweit alle Menschen danach gestrickt, würde sie anders aussehen.
Milliarden Menschen auf diesem Planeten leben in vielen Lebensbereichen vollkommen anders, als wir Deutschen und seltsamer Weise erreichen sie damit ihre gesteckten Ziele, die wir wiederum manchmal nicht nachvollziehen können. Die Verkleinerung der Welt durch das Verkürzen von Reisezeiten, Digitalisierung und schneller Kommunikation hat dazu geführt, dass in die ehemals abgeschotteten Gesellschaft fremde und neue Ziele bei den Menschen entstanden sind. Häufig handelt es sich dabei um Vermischungen, die aus unterschiedlichen Richtungen entstanden. Wer da stoisch an seinen eigenen Gewohnheiten hängen bleibt, bekommt langfristig Probleme. Selbst wenn die AfD über Nacht die Regierung übernähme, würde sich daran nichts ändern. Dieses an alten Mustern festzuhalten ist einfach vorbei.

Auf diese Art gesehen, sind die Mitläufer arme Geschöpfe, die den Anschluss an die Entwicklung verpasst haben. Doch mein Mitleid führt nicht dazu, dass ich ihnen einen Zentimeter überlassen würde. Die zwingend zu lösenden Aufgaben lassen sich nicht mit dem Gerede der AfD lösen. Selbstverständlich bringt es nichts, die Demonstranten der AfD anzubrüllen. Den Extremisten ist es egal und die Mitläufer treibt es noch tiefer in den Sumpf. Den 13 % ist damit nicht beizukommen. Selbst diskutieren bringt einen da nicht weiter. Wie soll man mit jemanden diskutieren, der etwas von einer Deutschland GmbH faselt? Ich sehe auch keine Option die Praxis des Denkens zu durchbrechen. Diese pathologische Einnahme einer Opferrolle ist meiner Meinung nach etwas für eine Verhaltenstherapie. Ich bin jedenfalls an den Grenzen meines Diskussionsspielraums angekommen, wenn sich Sympathisanten der AfD mit den Opfern des Nationalsozialismus gleich setzen. Wenn sich Täter zu Opfern machen, wird es immer schwierig. Selbstverständlich muss man Rechtsradikalen das Leben so schwer wie möglich machen, viel andere Möglichkeiten bleiben nicht. Würde dieses nicht passieren, würden diese Auswüchse noch salonfähiger werden, als sie es ohnehin schon sind. Menschen die auf der Kippe stehen, müssen sich die Frage stellen: „Was haben die alle gegen mich?“ Angeblich soll dies das Motiv für einige Aussteiger gewesen sein. Nicht wenige von ihnen sind auf der Suche nach einer Gemeinschaft, wenn sie bemerken, dass mit der Hinwendung zum rechten Weg die Isolation immer heftiger wird, kommt es unter Umständen zur Wende.

Den Protest sehe ich mehr als eine Botschaft an die sogenannten etablierten Parteien. Egal, wo wir herkommen, wir stellen die Mehrheit. Fahrt Ihr einen Kuschelkurs mit diesen Leuten, bekommt Ihr mehr Probleme, als ohnehin schon.“ Da draußen wächst immer stärker eine junge Protestbewegung heran. Fangt schleunigst an, auf die einzugehen. Euer auf Gewinnmaximierung ausgerichteter Kurs interessiert die nicht mehr. Das wurde mir bewusst, als ich zum Ende des Tages den Hauptbahnhof betrat. Die Mehrheit der anwesenden Skandierenden waren zwischen 20 und 25 Jahre. Es mag den einen oder anderen in den Kram passen, sie als Autonome, Antifa oder was weiß ich zu bezeichnen. Die wenigen 100 Autonomen waren irgendwo im Stadtgebiet beschäftigt. Die geschätzten 800, die da im Bahnhof die Abreisenden der AfD anbrüllten, waren normale Sprösslinge aus der Mittelschicht. Meiner Auffassung nach, hatten sie jede Berechtigung dazu, denn es geht um ihre Zukunft. Sie fangen zu begreifen, dass ihnen in diesem Deutschland 2018 niemand zuhört, wenn sie sich nicht Gehör verschaffen.

Ich habe versucht, mir an diesem Tag einen Überblick über den Protest zu verschaffen. Da standen einfach nur Töchter und Söhne auf der Straße. Das waren nicht die Extremisten, die verschrobene Texte auf indymedia.org verfassen oder mit schwachsinnigen Anschlägen agieren. Immer wieder hörte ich die Aussage: „Was soll das? Warum dürfen diese Faschos vor dem Brandenburger Tor demonstrieren?“ Ich habe darauf keine Antwort. Die das fragten, verstehen Deutschland als eine Idee, ähnlich wie viele US Amerikaner die USA als ein Symbol für etwas verstehen.
Es ist möglich aus einem Land, welches eine der übelsten Diktaturen der Welt erlebt hat, ein Land für freie unterschiedliche Menschen zu machen. Plötzlich kommen welche daher und wollen sie wieder zu einem drögen gleichgeschalteten Volk mit röhrenden Hirsch an der Wand, Fliesentisch und guter Stube machen. Aus ihrer Perspektive hat es die alte Generation vermasselt. Irgendwann wussten wir etwas über Müll, Umweltverschmutzung, Klimawandel, die Gefahren der Atomenergie, die Folgen der Ausbeutung und dem Waffenexport. Getan haben wir dagegen nichts, und wenn nur wegen massiver Proteste. Wir haben zugelassen, dass eines der reichsten Länder seine Umwelt ohne Not an die Wand gefahren hat. Armen Ländern kann man schwerlich einen Vorwurf machen. Erst kommt das Fressen, dann die Moral. Doch wir haben nicht einmal vollgefressen gegengesteuert – das ist schlicht peinlich. Und nun sollen sie sich auch noch ruhig verhalten, den Gestrigen der AfD alles durchgehen lassen? Ich weiß, viele denken sich, wenn die erst einmal vom Wohlstand genascht haben und im Establishment angekommen sind, werden sie ruhiger werden und ebenfalls die gemeinsamen Götter Wachstum, Geld und Wohlstand anbeten. Wenn das mal nicht nach hinten losgeht. Zugegeben, bisher hat das immer funktioniert, aber da war auch noch genug Platz für Wachstum vorhanden und es gab weder eine Globalisierung oder eine Digitalisierung.

Mich haben die meinem Eindruck nach ca. 35.000 Menschen sehr nachdenklich gemacht. Es waren halt nicht nur die offiziellen Veranstaltungen. Unzählige rannten hin – und her, waren quasi überall. Wer will sich da auf konkretere Zahlen festlegen? Auch dieses Denken, da sind die Linken, da ist die SPD, dort die Autonomen ist völlig veraltet, das interessiert die nicht. Sie haben Ideen und eine Haltung, welcher Partei sie damit eventuell zugehörig sein könnten, ist unwichtig. Dieses Einteilen in Parteien, Fraktionen, links oder rechts, ist weit über 100 Jahre alt und völlig out. Da stehen die Faschos, die Leute kaputt machen wollen, uns beleidigen, Freunde in Kiegsgebiete abschieben wollen und sich an anderen satt machen.
Der Tag danach:

Im Nachgang zu diesem Tag, war schon beinahe erwartungsgemäß die Presse mehr als ärgerlich. Die BZ titelte, wie sie als Revolverblatt titeln muss, immerhin muss das Papier verkauft werden, mit den negativen Erscheinungen. Als junger Mensch würde ich denen schlicht den Mittelfinger zeigen. Andere tröteten ins gleiche Horn. Ca. 100 Personen von den angeführten 35.000 begingen nicht zu vertretende Straftaten, ich denke mal harmlose Versuche des Durchbrechens, kann man bei einem Protest durchgehen lassen und man muss nicht gleich die Keule heraus holen. Da hat man im Schanzenviertel beim Zusammentreffen zwischen Links und Rechts schon ganz andere Sachen erlebt. Also unter 1 % der anwesenden Personen fielen durch Straftaten auf, wer sich darauf fixiert, dem ist nicht mehr zu helfen.

Besonders bedenklich finde ich die Art und Weise, wie sich Polizisten in den Social Media über den Verlauf des Sonntags äußern. Neuerdings wird der Vergleich mit dem Verhalten von Rechten angestellt. „Was würde geschehen, wenn sich Rechte vor einem Lokal positioniert hätten, wenn die eine Absperrung durchbrochen hätten usw..
Liebe Kommentatoren, zur Erinnerung: Dieses Land heißt Deutschland und ist aus den Trümmern des Nationalsozialismus hervorgegangen. Da kann es nur eine klare Aussage geben! JEDER Deutsche hat die verdammte Pflicht und Schuldigkeit mit allen Mitteln zu verhindern, dass es auch nur ANSATZWEISE wieder in diese Richtung geht. Wer sich in Deutschland nach 1945 soweit außen rechts positioniert, muss mit der Mehrheit der Bürger ein Problem bekommen. Das Ausbleiben der Zivilcourage wäre erschreckend, nicht das Auftreten.

Wenn sich beispielsweise eine Rentnerin mit 73 Jahren mutig zwischen diese Typen stellt, dann hat sie aufgrund ihrer Lebenserfahrung in der Nachkriegszeit ihre Gründe für das Verhalten. Sie hat gefälligst respektvoll behandelt zu werden und ist von Beschäftigten des Öffentlichen Dienstes, deren Lebensalter ihrer Kinder entspricht, nicht einmal ansatzweise nachträglich belagert zu werden.
Jeder Polizist hat einen Auftrag, an dem er nicht herum kommt. Ich erwarte jedoch von Polizeibeamten, die einen Eid auf das GG geschworen haben, ein persönliches Augenmaß. Es macht einen Unterschied, ob ich mit langen Zähnen, die Rechten beschützen muss, weil sie die Gesetze gegen das GG verwenden und es taktische Erwägungen gibt, sie nicht zu verbieten, oder ob ich mit aller Konsequenz und voller Härte gegen die Protestierer vorgehe. Zur freundlichen Erinnerung: Es gab auch zum Ende der Weimarer Republik Schutz – und Kriminalpolizisten, die Zivilcourage zeigten.

Nicht alles steht in den Gesetzbüchern! Das menschliche Verhalten und der Charakter eines Polizisten, ist dort nicht erfasst. Wir leben in der Bundesrepublik Deutschland und die DDR existiert nicht mehr. Wir haben im Westen früher mit dem Finger auf die miesen Volkspolizisten und Mauerschützen gezeigt, die alles Menschliche der Diktatur unterordneten, oftmals mit dem Hinweis, ausschließlich die Gesetze befolgt zu haben. Viele der älteren Semester wollen schlicht verhindern, dass die Staatsdiener in der Zukunft wieder einem falschen Herrn dienen müssen. Aber vielleicht wollen das ja auch einige. Vor allem macht es mich nachdenklich, das ein Polizist sagt: „Der Weisung eines Polizisten ist strikt Folge zu leisten!“ Nein! Wer so etwas sagt, muss definitiv sein Berufsbild und wofür er steht, überdenken. Der Polizist ist manchen Situationen purer Vertreter der Staatsmacht, und wenn die Bürger beginnen, sich im vollen Umfang an die Staatsräson zu halten, sind wir mindestens drei Schritte zu weit in die falsche Richtung gelaufen und diese Forderungen haben nichts mehr mit den Ideen der Väter des Grundgesetzes zu tun. Im Gegensatz zum Soldaten und Polizisten ist der Bürger nämlich kein Befehlsempfänger … und das ist gut so! Das geht fürchterlich in die falsche Richtung.

Polizeigewalt? Na ja …

Lesedauer 6 Minuten

In der Presse und in den Social Media wird mal wieder über Polizeigewalt diskutiert. Auf die ursprünglichen Sachverhalte will ich gar nicht eingehen. Lese ich die Berichte und Kommentare, müssen bei den aktuell diskutierten Einsätzen hochgerechnet mindestens 1000 Beamte und ebenso viele Opfer bzw. Täter beteiligt gewesen sein. Ich bezeichne dies für mich selbst als den Bundestrainereffekt, wahlweise als den Loveparade – Effekt. Während eines Spiels der Deutschen Elf, wissen alle wie es richtig gewesen wäre, und der Beobachter bekommt den Eindruck, dass alle ehemals in der U21 mitspielten. Die erste Loveparade bestand aus einem kleinem übersichtlichen Haufen, der mit lauter Musik den Ku’damm entlang zog. Höre ich heute den Schilderungen meiner Zeitgenossen zu, müssen es theoretisch 1,5 Millionen Raver gewesen sein.

Die Beurteilung von Sachverhalten, insbesondere wenn es zu Auseinandersetzungen gekommen ist, bei denen die Polizei beteiligt war, ist aus vielen Gründen schwierig. Keiner ist frei davon, sich des Themas mit seinen persönlichen Filtern zu nähern. Das ist ein vollkommen normaler menschlicher Zug, der merkwürdigerweise selten akzeptiert wird. Hinzu kommen viele Prozesse, die nach dem Prinzip der stillen Post funktionieren. Ich möchte hierzu vier kleine Beispiele aus der Realität anbringen.

Beispiel 1:

Vor langer Zeit arbeitete ich bei der kriminalpolizeilichen Sofortbearbeitung in der Direktion City. In einem Park sammelte sich täglich das örtliche Trinkermilieu. Die Angehörigen betäubten sich mit den üblichen Mitteln: Wodka, Korn, Bier. Unter Ihnen befand sich auch ein Blinder, der regelmäßig zur Mitte des Monats seine „Stütze“ aufgebraucht hatte. In diesem Fall ist guter Rat teuer, den das Amt zahlt nicht mal eben ohne Grund. Deshalb wurde ihm mal das Geld gestohlen, ein anderes Mal hatte er es unter extrem widrigen Umständen verloren und eines Tages zeigte er einen Raub an. Mir war schnell klar, dass er mal wieder eine Schnurre erzählte, um an frisches Geld zu kommen. Irgendwie menschlich nachvollziehbar. Er hatte einige Verletzungen, mit denen er ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Die Art sprach für einen Sturz im Suff. Er selbst konnte sie nicht sehen, insofern kann ich seinen Gedanken verstehen, dass er den Versuch unternahm, sie als Folgen einer Raubtat zu verkaufen, um erneut Geld zu bekommen. Wenn einer eine Anzeige stellt und etwas behauptet, muss dies erst einmal aufgeschrieben werden. Es war aber klar, dass die weiteren Ermittlungen im Sande verlaufen würden. Dies alles trug sich an einem Samstag in den Nachmittagsstunden zu. Am Sonntag hatte ich frei und blätterte in der BZ. Zu dieser Zeit las ich immer drei Zeitungen: die TAZ, die BZ und den Tagesspiegel. Der Vorteil bei der BZ bestand in der Regel darin, dass sie alle Ereignisse mehr oder weniger 1:1 vom Polizeiticker abschrieben. Damit sparte ich mir die Fernschreiben. Diesmal war es anders. Auf den Mittelseiten prangte das Bild des blinden „Berbers“ und die Überschrift lautete: „Jetzt rauben sie schon die Blinden aus – eine neue Welle der Gewalt zieht durch Moabit.“ Ja, das hatten sie schon in den Achtzigern im Repertoire.

Beispiel 2:

Neben anderen kriminellen Gruppierungen residieren in Berlin die professionellen Einbrecher aus dem Belgrader Bezirk Zemun. Zwei von ihnen gerieten in Streit, in dessen Folge ein Älterer einem Youngster eine Pistole auf den Kopf schlug. In diesen Kreisen eine inakzeptable Beleidigung, die nur mit Blut geahndet werden kann. Ein paar Tage später streckte der junge Einbrecher den Alten mit einer Salve nieder. Die Presse bekam die Auskunft, dass es sich um eine Fehde zwischen serbischen Einbrechern im Bereich der Organisierten Kriminalität gehandelt habe. Was macht die Presse? „Krieg zwischen Hütchenspielern – ist die City noch sicher?“ Machen wir uns nichts vor: Hütchenspieler geht immer, und der Zemun Clan ist mehr etwas für Insider, der Pöbel will damit nicht belästigt werden.

Beispiel 3:

Am 1. Mai tobte in Kreuzberg wie immer das Leben. Mitten im Getümmel befanden sich auch einige zivile Beobachter der Polizei. Die machten ihren Job so gut, dass sie von Einsatzkräften im Bundesgebiet, in der Annahme es würde sich um Demonstranten handeln, übel zugerichtet wurden. Sie hatten nichts getan, außer auf der Straße zum falschen Zeitpunkt herum zu stehen. Auch das kann passieren und ist nicht zu leugnen. Ich selbst landete schon auf einem Gruppenwagen und bekam erst nach einigen unnötigen physiotherapeutischen Anwendungen die Gelegenheit mich auszuweisen. Ich sehe das sportlich. Oft herrscht über Stunden hinweg eine sehr unübersichtliche Einsatzlage, in der alle Beteiligten den Überblick verlieren. Es soll auch schon Autonome gegeben haben, die eigene Leute verhauen haben. Wer sich in diese Situation hineinbegibt, darf sich nicht wundern, wenn er etwas abbekommt.

Beispiel 4:

Für meine Verhältnisse extrem freundlich und nachgiebig vernahm ich eine Hausbesetzerin wegen einiger kleinerer Diebstähle. Sie wusste es nicht, aber sie hatte einige Sympathiepunkte auf meinem Konto, weil ich mit dem Gebaren des Senats auch nicht konform lief. Plötzlich sprang sie auf, rannte mit voller Wucht mit der Stirn zuerst gegen die Wand, risse sich ihr T – Shirt vom Leib und brüllte: „Hilfe ich werde vergewaltigt!“ Allerdings hatte sie übersehen, dass auf dem Gang zu einer anderen Sache drei vollkommen unabhängige Zeugen herum saßen und ich die Tür einen Spalt offen gelassen hatte. Es war dann aber auch meine letzte Vernehmung, die ich mit einer Frau alleine in einem Raum durchführte.

Mit ausreichend Erfahrung und Abstand kann man an all das gelassen herangehen. Menschen machen immer genau das, was man zu lässt und sie können. Ich kann von einem anderen erst einmal keine Fairness in diesem Spiel erwarten. Selbstverständlich nutzt fast jeder die Chancen, die ihm gegeben werden. Erst wenn ich klar zeige, dass es vorbei ist und nichts mehr geht, kann ich mich auf der sicheren Seite wähnen.
Von Profis erwarte ich persönlich ein gewisses Verständnis für die Geschehnisse, die sich jenseits des warmen Wohnzimmers von Karl – Heinz und Elfriede Schubert abspielen. Profis sind für mich die üblichen Verdächtigen, die aufeinandertreffen. Journalisten, Polizisten, Feuerwehrleute, Menschen die im Milieu leben und arbeiten, Autonome, Verbrecher pp. Jeder weiß doch für sich selbst sehr gut, wie die Regeln da draußen sind. Ich kann nachvollziehen, dass Demonstranten für ihre Zwecke versuchen, die besten Bilder zu bekommen, damit die Staatsmacht dumm da steht. Jeder weiß, dass wie beim Wasserball, die bösen Fouls unter der Wasserlinie stattfinden. Auf der anderen Seite verstehe ich auch den eingesetzten Beamten, der einem Gewalttäter, den er am Vorabend in der Walpurgisnacht nicht greifen konnte, am nächsten Tag eine „Einschenkt“, weil der scheinbar unschuldig grinsend am Straßenrand steht. Dabei kann es auch zu Verwechslungen kommen. Am Ende sind wir alle nur nackte Affen, die auch mal sauer werden können. Das ganze Gerede von der geforderten Professionalität geht an der menschlichen Natur vorbei – von beiden Seiten her. Wenn ich unschuldig etwas auf den Kopf bekomme, brennt bei mir unter Umständen auch eine Sicherung durch. Die Blockierer sitzen ja nicht zum Spaß auf der Straße herum, sondern sind der Überzeugung, das etwas schief läuft in Deutschland.

Ich glaube daran, dass vieles im Leben halt nicht in Gesetzbüchern steht. Das Zwischenmenschliche ist schwer zu erfassen. Wenn es mal Aua gibt, sollte ich mir auch mal an die eigene Nase fassen. Manchmal bin ich nicht unbeteiligt. Das gilt auch für Polizisten. Ich habe auch einige sogenannte „Widerstandspolizisten“ kennengelernt, bei denen quasi jeder Einsatz eskalierte. Wenn die dann aber ständig verletzt sind, müssen sie sich nicht wundern. Andersherum geht es aber auch bisweilen nicht anders. Das sich die Presse, Politik und ein breites Spektrum der Gesellschaft sich an diese Prinzipien nicht mehr hält, sondern stets alles hysterisch betrachtet, Vorverurteilungen vornimmt und jeder Hansel der Meinung ist, sich ungestraft alles herausnehmen zu dürfen, hat mich müde gemacht. Alle pochen auf ihre Rechte als freie Bürger, übersehen dabei aber ihre Pflichten und Verantwortungen. Freiheit hat zwei Positionen: Meine und die des anderen Menschen. Ich kann grundsätzlich als freier Mensch machen, was ich will, wenn ich bereit bin die Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen.

Für mich gehört dazu auch, dass ich ein Haus besetzen kann, mich aber nicht wundern darf, dass die anderen etwas dagegen haben. Wäre das nicht Fall, würde die Buchte nicht leer stehen. Logischerweise kommt irgendwann die Exekutive ins Spiel, die den Auftrag hat, die Politik der Legislative durchzusetzen. Wenn die Hausbesetzer einfach wieder gehen würden, ergäbe die ganze Maßnahme keinen Sinn. Doch die Polizei kann auch nicht einfach wieder nach Hause fahren. Vielleicht wäre es sinnvoller ein Haus zu besetzen, die Presse anzurufen und der anrückenden Polizei das Haus ohne Widerstand zu übergeben, um dann einen Tag später die Nummer wieder durchzuziehen. Damit würde ich der Bevölkerung zeigen, wie viele Häuser idiotischerweise leer stehen. Manch ein Besetzer erscheint mir, wie ein Boxkämpfer, der sich in den Ring stellt und nach einem K.O. einen Prozess wegen Körperverletzung führen will. Bitte? Was soll das?

Auch meine Freunde aus der faschistischen Ecke des Rings gehören für mich dazu. Wenn ich den lieben langen Tag nichts anderes zu tun habe, als gegen alles und jeden zu hetzen, der oder was sich von mir unterscheidet, kommt es zu einer Antwort. Zusätzlich wird aus der Ecke ständig Gewalt propagiert. Was die alles wollen! Jagen, einsperren, vermöbeln, lynchen, Schwänze abschneiden … In meiner Welt kommt da der Tag, an dem ich sage: “OK Freunde! Jetzt mal die Tür zu und wir regeln die Sache unter uns! Ohne Polizei, ohne Staatsmacht und Presse!” Wenn ich mir als Partei Hooligans, rechte Schläger, Wehrsportgruppen pp. mit ins Boot hole, wird die Antwort kommen. Insider werden den Schlachtruf der Hooligans nicht überhört haben, als der erste Redner in Kandel die Ordnertruppe begrüßte. Ich kann diese Statements über die angeblich nicht vorhandene Politisierung der Hools nicht mehr hören und lesen. Sie verfolgen den Gedanken, dass der körperlich stärkere gewinnen möge, und die vergeistigten Pappnasen um sie herum alle minderwertig sind. Wenn das keine rechtstendenziöse Aussage ist, weiß ich auch nicht weiter. Also liebe Rechtsradikale und Rechtsextremisten stellt Euch dem Theater, was ihr angezettelt habt und hört auf, über Linken zu jammern, die sich Euch in den Weg stellen. Ihr wolltet Deutschland am Vorabend der Machtübernahme, jetzt bekommt ihr es langsam. Unter Umständen habt ihr den aktuellen Zahlen nach, die Rechnung ohne den Wirt gemacht.

Wer freier Bürger sein will, sollte sich auch mal als solcher zeigen und nicht immer gleich Mama und Papa in Form der Polizei herbeirufen, und Eigenverantwortung für sein Handeln zeigen. Wenn ich immer die Staatsmacht hinzu ziehe, muss ich mich nicht wundern, wenn der Staat eines Tages allgegenwärtig ist.

Die Presse der letzten Tage, die sich zu den Einsätzen äußerte, kann man getrost in die Tonne treten. Das ist nur das Bedienen des Volkszorns mit der Gießkanne. Die ständig von Polizeigewalt redenden Propagandisten der linken Szene freuen sich über die ausgeschlachteten Einsätze und die Rechten freuen sich über die Berichte bezüglich der Hausbesetzungen. Der Verlag hat am Ende an beiden verdient … Wenn das der Sinn ist, haben sie alles richtig gemacht.

Freiheit will gelernt sein …

Lesedauer 9 Minuten

Es ist ein wunderschöner sonniger Tag. Ich habe das Privileg in einen Garten gehen zu können, in dem ich die Natur genießen kann. Eines von vielen, wenn ich ehrlich bin. Im Freien zu sitzen, kann durchaus unangenehmere Gründe haben. Da liegt der Unterschied: Ich habe eine Wahl! Sich zwischen mehreren Sachen entscheiden zu können, wird im Allgemeinen Freiheit genannt. Über diese Freiheit, ein schnell ausgesprochenes Wort, habe ich in den letzten zwei Jahren viel nachgedacht. Freies Land, freie Wahlen, Freiheit des Individuums, Religionsfreiheit, Meinungsfreiheit, Pressefreiheit, an allen Ecken und Enden begegnet uns die Freiheit.

Was nützt einem das alles, wenn man sich selbst einsperrt oder einsperren lässt? Sich Grenzen setzt, Verpflichtungen eingeht, oder sie gar im vollen Bewusstsein aufgibt. Hinzu kommt der Umstand, dass die Niederschrift eines Gesetzes noch lange nicht bedeutet, dass ich diese Freiheiten tatsächlich habe. Welche Rechte und eventuell daraus resultierende Pflichten hat ein freier Mensch eigentlich?

Gern zitiert wird in diesem Zusammenhang: Die Freiheit eines Menschen endet dort, wo er die Freiheit eines anderen verletzt. Das klingt edel und sehr weise, hat aber meiner Meinung nach seine Tücken. Nicht wenige Menschen beanspruchen überdimensionierte Freiräume, soll ich an diesen überzogenen Grenzen halt machen? Ich bin ein wenig auf die Suche gegangen, welche Rechte einem gesunden Erwachsenen zuzubilligen sind. Vieles fand ich bei Rupert Lay.

Eine sittliche Bewertung der Gedanken, Vorstellungen, Wünsche, Interessen, Erwartungen, steht ausschließlich einem selbst zu, vorausgesetzt man ist dazu bereit die sich daraus ergebenden Handlungen zu verantworten. Im Umkehrschluss steht es einem nicht zu, dies bei einem anderen zu tun. Wie immer, erscheint mir die Inanspruchnahme ziemlich einfach, es bei anderen Menschen zu unterlassen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Die Kommentare bei Facebook und Twitter sind voll von sittlichen Bewertungen.

Einem freien Menschen steht es zu, sich für eine Handlung nicht zu rechtfertigen oder sich für irgendetwas zu entschuldigen. Ich habe mal bei mir und anderen darauf geachtet, für welchen Blödsinn man sich den lieben langen Tag entschuldigt bzw. recht- fertigt. Anfangs hielt ich es für banal, doch nach einiger Zeit begriff ich, dass da eine ganze Geisteshaltung hinten dran hängt. Besonders gut lässt sich das ermitteln, wenn man die Floskel unterlässt.

Schon beinahe prekär ist das Recht, seine eigenen Angelegenheiten für wichtig zu halten, insbesondere wenn sie in Konkurrenz zu anderen Menschen oder Institutionen stehen. Gerade in sozialen Berufen und auch in der Polizei, ist das nicht einfach. Gemeint ist damit weniger Egoismus, sondern die eigenen Grenzen festzulegen. Traumatisierte Polizisten, Feuerwehrleute, Soldaten, haben damit eklatante Probleme. Die emotionalen Grenzen werden immer enger, bis nur noch ein rudimentärer Kernbereich übrig bleibt. Nahezu jede/r mir bekannte Polizist/in schüttelt den Kopf über die Problemchen der Umwelt. Dabei wäre es durchaus wichtig, selbst mal solche Problemchen zu leben und die eigenen Rechte wieder einzufordern. Klar und deutlich schon viel früher als gewohnt Stopp oder Nein zu sagen. Ich persönlich kann dazu nur raten, denn ich habe es nicht getan und habe die Quittung bekommen. Jeder in diesem Beruf sollte sich hinterfragen, ob es einen Sinn ergibt, das Leben überproportional einem abstrakten Konstrukt „der Behörde“ oder der „Gesellschaft“ zu opfern.

Ich schreibe dies, weil ich mittlerweile weiß, dass dieser BLOG auch von Leuten gelesen wird, die mächtig mit diesen Themen zu kämpfen haben. Wer sich ständig dabei selbst erwischt, dass er die Probleme, Befindlichkeiten, Emotionen anderer jenseits des Berufs nicht nachvollziehen kann, sie eventuell sogar innerlich Aggressionen erzeugen, sollte sich selbst mal auf den Prüfstein legen – vielleicht geht da etwas in die falsche Richtung. Es ist wichtig, das ICH zu behalten und es für wertvoll zu befinden.

Konrad Adenauer soll gesagt haben: „Was interessiert mich mein Gewäsch von gestern!“ Jeder darf seine Meinung ohne die Nennung eines Grundes ändern. An sich ergibt sich dies schon aus einer gewissen Logik heraus. Meine Meinung bilde ich mir anhand der Dinge, die ich jetzt weiß. Am nächsten Tag kann die Welt vollkommen anders aussehen. Wieder eine Sache, die simpel anmutet, doch offensichtlich hoch kompliziert ist. Sei es nun der Vorwurf an einen Politiker, der ein Jahr zuvor etwas anderes von sich gab, oder der Lebenspartner, welcher sich nach einer Woche anders entschließt. Es geht nicht um einen Zwang, keine Erklärung abzugeben, wichtig ist: Es ist legitim, dies nicht zu tun. Mehrfach schallte mir in den zurückliegenden zwei Jahren entgegen: Trölle, Du warst doch auch dabei, wie kannst Du heute eine andere Meinung haben? Ich habe eine … und an der einen oder anderen Stelle verspüre ich kein Bedürfnis, diesen Meinungswechsel zu erläutern. Das gleiche Prinzip gilt selbstverständlich auch für Entscheidungen.

Unter der Voraussetzung, dass ich bereit bin, die Verantwortung für mein Handeln zu übernehmen, darf ich alle Fehler dieser Welt machen und muss mich nicht schuldig fühlen. Ob etwas ein Fehler war, stellt sich ohnehin meist erst Jahre später heraus. Oftmals lässt es sich überhaupt nicht ermitteln, denn wer weiß mit Sicherheit, wie sich die Sache mit einer anderen Entscheidung entwickelt hätte? In meinem Beruf, im Besonderen innerhalb der Berliner Polizeibehörde existiert eine nahezu unterirdische Fehlerkultur. Vielleicht hat das etwas mit einer Formulierung zu tun. Beamte kennen den Dienstherren und Vater Staat als Arbeitgeber. Beide Begriffe deuten auf Autoritäten hin, die einerseits eine Fürsorgepflicht haben, andererseits aber auch bestrafen bzw. disziplinieren. Dies schickt diverse Menschen auf den direkten Weg in die Regression. Kommt es bei der Entscheidung eines Polizisten zu einem Schaden, wird meistens gleichzeitig die Politik oder die Gesellschaft berührt. Schadensereignisse sind in unserer Assekuranzgesellschaft für den Bürger ein Gräuel und versetzen den Politiker bezüglich seiner Wiederwahl in Angst und Schrecken.

Ein perfektes Beispiel hierfür sind die Geschehnisse rund um den Anschlag am Breitscheidplatz. Ein gestandenes Mitglied des Höheren Dienstes der Berliner Polizei muss sich vor den Angehörigen der Opfer mit der Aussage rechtfertigen, dass es ein Fehler war, die Observation des zukünftigen Attentäters AMRI abzubrechen. Fakt ist, dass er bzw. seine Mitarbeiter sich entscheiden mussten, wen sie Obervieren lassen wollen .Es ist davon auszugehen, dass sie sich nicht für einen harmlosen Rosenverkäufer entschieden, sondern einen anderen potenziell gefährlichen Islamisten. Ist das ein Fehler?

Was da bei den Untersuchungen passiert, findet im Kleinen jeden Tag statt. Die Folgen sind, dass entweder gar keine Entscheidungen mehr getroffen werden oder mit allen nur erdenklichen Tricks vertuscht wird. Intern nennt sich dieses Verhalten: „Arsch an die Wand kriegen!“ Jeder Polizist kennt den Effekt bei Großeinsätzen, bei dem Einheiten vollkommen sinnlos in Reserve gehalten werden. Längst sind die letzten Demonstranten müde ach Hause gegangen, aber es könnte ja doch noch etwas passieren, mit dem niemand rechnen kann. In dieser Situation bedarf es einen Polizeiführer mit Kreuz, der das Ende beschließt. Doch wer sollte das tun, wenn er weiß, dass er im Falle eines Falles selbst noch für das Undenkbare verantwortlich gemacht wird. Über die weiteren Folgen bezüglich des Sicherheitsanspruchs meiner Zeitgenossen, habe ich mich schon mehrfach geäußert. Hier nur noch einmal die Feststellung, zu Gunsten der vermeintlichen Sicherheit geben eine Vielzahl Menschen ihre Freiheit auf.

Jeder darf und kann die Antwort auf eine Frage verweigern, wenn sie aus reiner Neugierde gestellt wird und nicht in einem kausalen Zusammenhang mit einem Entscheidungsprozess steht. Kommunikationswissenschaftler gehen davon aus, dass 50 % der Fragen, die innerhalb der Arbeitszeit gestellt werden, den privaten Bereich berühren. Seltsamerweise geben die meisten Menschen alles nur Erdenkliche auf eine Frage hin preis. Wenn nicht beim ersten Mal, spätestens beim dritten Mal halten sie den Druck nicht mehr aus. In Verhandlungen geschulte Leute nutzen gern diesen Trick. In meinen Dienstbereichen war das stets eine Gratwanderung. Dennoch muss ich im Nachhinein feststellen, dass einen Kommissariatsleiter in der normalen Sachbearbeitung mein Privatleben wenig anzugehen hat.

In einem Einsatzteam liegt der Fall anders. Die Gruppe wird mit allen Vor – und Nachteilen zur zweiten Familie. Kritisch wird es, wenn diese an zweiter Stelle stehende auf Platz Eins gerät. Eben dieses passiert regelmäßig, wenn die Überstunden und Unplanbarkeiten überhandnehmen. In Folge davon übernimmt der Dienstherr quasi via Überstunden das komplette Privatleben des Beamten. Dies hat weitreichende Auswirkungen. Einer der gefährlichsten Prozesse bei Teams ist das Groupthinking bei dem gleichzeitig eine übergeordnete Gruppenmoral entsteht. Entscheidungen, Meinungen und Verhaltensweisen werden, solange sie konform zur Gruppe sind, nicht mehr kritisch betrachtet.

Auf diversen Berliner Polizeidienststellen sind die Beamten durch die Arbeitszeitmodelle, die Anzahl der Stunden und die Unregelmäßigkeit sozial isoliert. Woher soll dann eine Verbindung zur Gesellschaft und vor allem eine externe Kritik kommen? Mit Freiheit des Individuums hat das alles nichts mehr zu tun. Mal abgesehen von den Auswirkungen auf den Beamten, kann die Gesellschaft ebenfalls kein Interesse daran haben.

Innerhalb der kurzen Zeit, in der ich mich zum Seminartrainer für Kommunikation und Konfliktlösung fortbildete, wurde in den Kursen mit den Teilnehmern eine Übung durchgeführt. Angehende Vorgesetzte sollten ein problemlösendes Mitarbeitergespräch führen. Die Auswertungen der Gespräche zeigten auf, dass nahezu alle „Vorgesetzten“, dem Mitarbeiter Lösungsvorschläge unterbreiteten, die ihren Vorstellungen und Fähigkeiten entsprachen. Sie waren nicht in der Lage, sich in die Person des Mitarbeiters zu versetzen und seine speziellen Voraussetzungen auszunutzen. Ein freier Mensch hat aber das Recht, Lösungen eines anderen abzulehnen, seien sie noch so logisch und nachvollziehbar. Alles andere läuft auf ein Ober – und Unterordnungsverhältnis hinaus. Selbstverständlich kann ich bestimmen, wie meine Angestellten eine Sache anzugehen haben – aber nur, wenn es sich um meine Firma und mein Geld handelt. Bei Polizisten ist das regelmäßig nicht der Fall. Im Grunde genommen hat die Gesellschaft als Auftraggeber einen Anspruch darauf, dass die Fähigkeiten des Einzelnen maximal ausgenutzt werden. Letztlich war das einst die Idee des Beamten auf Lebenszeit. Er/Sie sollte frei sein, um die beste Entscheidung treffen zu können, ohne damit in eine Existenzkrise zu geraten.

Die genannten Rechte eines freien Menschen sind nicht abschließend. Selbstverständlich berücksichtige ich, dass Freiheiten durch eine sogenannte fremdbestimmte Arbeit bedingte Einschränkungen zur Folge haben. Es bedarf aber eines Gegengewichts. Manche Psychologen und Soziologen kritisieren die Abspaltung des Privatlebens vom Berufsleben. Meiner Auffassung nach, stellen sie vollkommen richtig fest, dass der Mensch an sich danach strebt, etwas zu gestalten. Idealerweise macht er dies zu seinem Beruf. Eine scharfe Trennung zwischen Berufsleben und dem privaten Dasein bewerten sie als innere Kündigung. Mir fallen spontan zig Arbeitsfelder in der modernen Zeit ein, wo man schon sehr speziell sein muss, wenn man sich mit seiner Tätigkeit identifizieren will. In der Berliner Polizei frisst sich diese sogenannte „Innere Kündigung“, wie ein Krebsgeschwür durch die Dienststellen. Ein Grund ist meiner Meinung nach, u.a. auch die mangelnde Akzeptanz der Rechte eines freien Menschen.

Eine Frage, die ich hier stelle, jedoch die Antwort offenlasse, bezieht sich auf die grundsätzliche Struktur bzw. der Funktionen des Beamtentums und des Polizisten. Kann es für sie überhaupt Freiheit geben? Ist nicht die Aufgabe persönlicher Freiheiten der systemimmanente Preis, der beim Eintritt in eine Behördenhierarchie gezahlt wird? Wenn das der Fall sein sollte, fände ich es fair, dieses Berufsanfängern bereits am Beginn ihrer Karriere zu sagen. Bisher kenne ich ausschließlich andere Betrachtungen, die in der Ausbildung meiner Kenntnis nach an die zukünftigen Polizisten weitergereicht werden. Freiheit ist wie beschrieben der Zustand, den ich aus freien Stücken heraus, aufgeben kann.

Faktisch ist die Polizei als Exekutive die ausführende Hand der Legislative. Letztere bestimmt, was, wann, wie in welcher Form geregelt, sanktioniert oder zugelassen wird. Immer mal wieder gibt es Polizeiführer, die innerhalb von Grauzonen agieren. Wenn sie beispielsweise behaupten, der Einsatz ist nicht durchführbar, obwohl er unter Umständen doch zu regeln wäre, kann dieses durchaus eine persönliche politische Entscheidung sein. Gern gesehen und gehört wird das seitens der Legislative nicht. Meistens finden sich Wege, diesen Polizeiführer seiner Aufgaben zu entbinden. Naturgemäß werden diese Führungskräfte immer weniger. Die einen werden das positiv bewerten, andere werden es kritisch sehen.

Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass eine Maßnahme, wenn sie sich im rechtlichen Rahmen des Grundgesetzes bewegt, auszuführen ist. In der Realität ist das nicht einfach zu beurteilen. Zum Beispiel wurde populistisch über den kürzlichen Versuch einer Abschiebung eines Togolesen diskutiert. Rein gesetzlich gibt es da einige Klippen. Im Rechtsstaat ist der Widerstand gegen eine unrechtmäßige Maßnahme nebenbei durchaus zulässig. Das könnte noch eine interessante Gerichtsverhandlung geben. Und Politiker der beauftragenden Legislative, die von einem Gastrecht sprechen, während es sich tatsächlich um internationales Asylrecht handelt, machen es nicht besser, sondern präzisieren das Problem. Ich habe ein wenig die Diskussionen innerhalb der Polizei verfolgt. Insbesondere die Äußerungen bezüglich des Statements einer Politikerin der „Linken“ weckten mein Interesse. Von einer kritischen Reflexion fehlt jede Spur. Das Problem dahinter, ist nicht der Einsatz und der Misserfolg. Etwas genauer betrachtet, gibt es zwei Opfer der Legislative. Das eine sind die Flüchtlinge, die sich in einer Lage befinden, in der Aggressionen und Fehlverhalten wie in einem Brutkasten gezüchtet werden. Das andere Opfer ist Polizei, die ständig mit der aufgehenden Saat konfrontiert wird. Hätten die diskutierenden empörten Beamten eine Chance, ein wenig Abstand zum Geschehen zu haben, äußerte sich einige anders. Die Einsatzlage “Heim” ist nicht neu. Die gab es früher in den Heimen mit DDR Flüchtlingen, und vermehrt in den Unterbringungen der Flüchtlinge des Jugoslawienkriegs ebenso. Rein persönlich gehe ich sogar davon aus, dass die Bewaffnung der damaligen Kriegsflüchtlinge deutlich besser war, als heute. Wir wurden ständig auf der Suche nach Handfeuerwaffen und automatischen Waffen fündig. Jedem war klar, wenn wir da reingehen, wird es unangenehm. Nicht weil die Menschen anders sind, sondern eben weil es Menschen sind. Aktuell sind immer noch im kriminellen Milieu Waffen aus dieser Zeit käuflich. Und auch der “geordnete Rückzug” mit anschließenden Besuch in Begleitung der Kavallerie ist ein alter Hut. Allerdings gab es einen heftigen Rüffel für den Versuch eines Alleingangs. Nachträglich betrachtet, waren wir doof. Wir hätten die Schuld einfach auf die Flüchtlinge schieben u. ein paar Pressevertreter impfen sollen. Andere Zeiten! Damals durfte man nicht alles auf die “armen Wichte” im Heim schieben, sondern musste sich selbst verantworten.

Zur Zeit läuft es aber darauf hinaus, dass zwei scharf gemachte Hunde aufeinandergehetzt werden. Ein alter hartgesottener Weggefährte von mir, der über jeden Zweifel erhaben ist, ein zartbesaiteter Polizist zu sein, sagte letztens zu mir: „Trölle, viele sehen nur noch schwarz oder weiß, die Grautöne verschwinden immer mehr.“

Freiheit ist auch die Freiheit des Denkens. Wirklich frei zu denken, ist nicht einfach und bedarf einiger Voraussetzungen. Bisweilen schaffen es andere, im Kopf unsichtbare Mauern zu erzeugen, die das Denken kanalisieren. Dann ist es „Essig“ mit dem Vermögen die Freiheit zu nutzen, mir wurden nach und nach die Fähigkeiten weggenommen. Freiheit ist nicht alleinig etwas, was mir gegeben wird, sondern ich muss sie auch zu nutzen wissen. Was nützt es mir, wenn mir jemand ein Auto hinstellt, wenn ich nicht weiß, wie ich es fahren soll. Es steht mir nicht zu, die Meinungen anderer zu bewerten, jedenfalls nicht ernsthaft, ich erlaube mir aber Fragen. Sind wirklich noch alle frei im Kopf oder werden immer mehr Leute im Denken geleitet? Lehren wir überhaupt noch freies Denken oder wird nicht vielmehr das Interesse verfolgt, es abzuschaffen? Nicht durch ein Verbot, das wäre ungeschickt, sondern durch das Kappen des Potenzials.

Ich freue mich schon …

 

Mein Deutschland …

Lesedauer 10 Minuten

(Anmerkung zum Beitragsbild: Aufnahmeort: Geschützturm des ehem. polnischen Munitionsdepots auf der Westerplatte, Ausbruchsort des II. Weltkriegs am 1.9.1939)
In Neustadt/Weinstraße auf dem Hambacher Schloss feierten gestern die selbsternannten Patrioten; Karl Marx und seine Prophezeiungen haben 200 jähriges Jubiläum; in den „Social Media“ keifen die „Law and Order – Strategen“ und die Vertreter der AfD spielen die Zeugen Jehovas der Politik. So, wie sie das Ende des Abendlandes, Europas und der Deutschen prophezeien, wird immer häufiger im Bekanntenkreis das Ende der uns bisher bekannten Welt diskutiert.
Da erscheint es mir angezeigt, mir ein paar eigene Gedanken über das Land zu machen, in dem ich geboren wurde und bisher lebe. Vorgestellt wurde mir Deutschland, als ein Land, das es geschafft hat aus den Trümmern aufzustehen. Dem Erzählen nach wandelte es sich von einer fürchterlichen Diktatur zu einem Bollwerk der Demokratie. Ich lernte in der Schule und in meinem Umfeld, dass hier nicht alles schön ist, aber immerhin besser, wie anders wo. In diesem Ausmaß fänden sich deutsche Standards, Sauberkeit, Fleiß, Ordnung, Kultur und vieles mehr, nirgendwo auf dem restlichen Teil des Globus. In Ermangelung von Vergleichswerten nahm ich das hin und vertrat diese Meinung selbst. Die mir das beibrachten, waren nicht der einzige Faktor, der mich dieser Sicht von Deutschland folgen ließ, sondern dies war sicherlich auch meinem persönlichen Entwicklungsstand geschuldet.
Mit meiner heutigen Lebenserfahrung gehe ich an das Thema anders heran. Spontan fällt mir der Satz ein: Wer alles richtig macht, kann damit vieles falsch machen.
Erklärt wurde mir Deutschland von Angehörigen der Kriegs- und Nachkriegsgeneration und zwar im ersten Anlauf aus der Perspektive des ehemaligen Proletariats. Später kamen Gymnasium, dann die Sicht der der neuen Mittelschicht und noch später die der Exekutive, hinzu. Meine Großeltern hatten den Krieg erlebt und meine Eltern wurden in die Trümmer hineingeboren. Ich selbst geriet ins Wirtschaftswunder hinein. Mein erster gedanklicher Stolperstein liegt in der unmittelbaren Zeit vor und nach dem Kriegsende.
Die Alliierten waren sich nicht einig. Da gab es etwas in der Kultur und im Wesen der Deutschen, dass ihnen unheimlich war. Bereits 1944 forderte Henry Morgentau in 14 Punkten Maßnahmen, die verhindern sollten, dass Deutschland jemals wieder zu einer europäischen Mittelmacht heranwachsen könnte. Geopolitische Aspekte verhinderten die vollständige Umsetzung. Entgegengesetzt zu seinen Vorstellungen bekamen die Bundesrepublik Deutschland und die DDR wieder eine Armee, durften in Uniformen durch die Gegend spazieren und hielten im Stechschritt Paraden ab.
Der Angst vor dem Kommunismus, die die Alliierten trotz aller Geschehnisse im Dritten Reich mit den Deutschen Führungskräften teilten, wurde vieles geopfert. Die alten Nazis tauchten überall im öffentlichen Leben wieder auf. Sie bastelten fleißig am Fundament des neuen Deutschlands mit. Auf diese Art konnten Zucht und Ordnung überleben, denn nur so kann ein Land angeblich funktionieren. Dagegen sträubten sich einige Studenten am Ende der Sechziger. In meiner Schulzeit hatte ich das bisweilen zweifelhafte Vergnügen beide zu erleben. Zumeist in den alten humanistischen Fächern, standen die alten Knochen am Pult. In den Naturwissenschaften waren es eher die Neuen. In Deutsch und Kunst hatte ich das große Glück, echte Intellektuelle kennenlernen zu dürfen, deren Gedanken noch heute in mir nachwirken. Sie lehrten mich, die alte deutsche Gesellschaft zu Hinterfragen. Ich erfuhr von ihnen einiges über die Sprache, Gleichschaltung, Säuberung, Entartung, Obrigkeitsdenken, Philosophie, Propaganda, Gesellschaftsstrukturen usw.. Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie viel Wissen über eine gute Literaturauswahl und Vermittlung einer analytischen Betrachtung der Künste, transportiert werden kann. Erst kürzlich sah ich mir mal wieder das Bild “Stützen der Gesellschaft” des Malers George Grosz an. Die Aktualität des Gemäldes jagt einem einen Schauder über den Rücken. Remarque, Brecht, Böll, Huxley, Orwell, selbst Goethe, Fontane, Heine, Kant, Nietzsche, Habermas, tragen nicht wirklich zur Beruhigung bei.
Wer alles richtig macht …! War es nicht genau diese Zucht und Ordnung, die einen straff durchorganisierten Genozid möglich machte? War es nicht dieses Prinzip, dass Intellektuelle, Kritiker, Querdenker, soziale Opfer und gestrauchelte Menschen, in die Konzentrationslager brachte?
Jene sture Akzeptanz der Obrigkeit in Verbindung mit der Einhaltung von Regeln, ermöglichte Handlungen, die man einem Menschen kaum zutrauen mag. Disziplin mag zu Erfolgen führen, aber muss man sich nicht manchmal auch die Frage stellen, ob man den überhaupt haben will? Am Ende gewinnt immer die Armee mit der größten Disziplin, wenn sie nicht gerade per Masse niedergerungen wird. Andererseits verleitet eine gut aufgestellte Armee auch zur Annahme, dass man es mal mit einem Krieg versuchen könnte.
Oftmals sind es die militärischen Fehlleistungen, die mich beruhigen. Wer will schon mit einem spaßorientierten desolaten Heer in den Krieg ziehen? Jeder Straftäter, egal was er unternimmt, ist auch immer ein Zeichen dafür, dass der perfekte Sicherheitsapparat nicht existiert. Weiterhin wird es offensichtlich nicht verschwiegen, sondern es wird darüber in der Presse berichtet.
Das Gegenteil erlebten wir im Nationalsozialismus und in der DDR. Doch diese Sichtweise ist alles, aber nicht deutsch. In wesentlichen Teilen der Gesellschaft sind das Störungen der angestrebten perfekten Ordnung, die ausgemerzt werden müssen. Was dabei heraus kommt, ist ein penibel aufgeräumtes Kinderzimmer. Jeder Kriminalbeamte und Sozialarbeiter weiß, dass es so etwas nicht gibt. Sieht er eins, gehen bei ihnen alle Alarmglocken an. Hier stimmt etwas nicht! Psychologen werden aufmerksam, wenn sie einen Menschen erleben, der versucht alles perfekt zu machen. Zumeist liegen dem Verhalten Zwangsstörungen zu Grunde.
Wie gesagt, vieles wurde mir erzählt und ich übernahm es. In der Regel interessiert mich die Herkunft einer historisch bedeutsamen Entdeckung oder Erkenntnis sekundär. Hauptsache einer hat sie irgendwann gemacht. Es ist unerheblich, ob nun die Grundlagen der Mathematik im alten Griechenland, Vorderasien oder Asien gelegt wurden. Was interessiert es mich grundsätzlich, in welchen Land unsere Buchstaben, Zahlen, Kartoffeln, Kaffee, das Rad, die Dampfmaschine, der PC, der Kategorische Imperativ, die Psychoanalyse, die Kernspaltung usw. erfunden wurden?
Bei dem einen oder anderen Thema mag es relevant sein, vor welchen historischen Hintergrund etwas entstand. Kunst und Philosophie bleibt unzugänglich, wenn ich nicht gleichzeitig den historischen Kontext kenne. Wer im Jahr 2018 die Aussagen aus einer vergangenen Epoche „Eins zu Eins“ mit den Augen eines heute lebenden Menschen sieht – ist schlicht dumm! Entscheidungen und Aussagen können immer nur aufgrund des Wissenstands vorher und nicht anhand der Zeit danach beurteilt werden. Manchmal ist etwas bei verständiger Betrachtung absehbar, dennoch ist die Komplexität des Lebens, erst Recht die der Geschichte, viel zu hoch.
Deshalb begreife ich einen Patriotismus nicht, der darauf basiert, sich mit den Errungenschaften der vergangenen Tage zu brüsten. Im Verhältnis zu den Chinesen, Griechen, Ägyptern, Arabern müssten wir uns dann sehr klein fühlen. Die Zerstörung des Feudalsystems verdanken wir den Franzosen, die Industrialisierung den Engländern, vieles in der Kunst den Niederländern und den Italienern. Was wären wir ohne die alten Griechen? Mich erinnert diese künstliche patriotische Diskussion stets an den Film “Das Leben des Brian”. In einer Szene diskutiert die Volksfront von Judäa, wohlgemerkt nicht die Judäische Volksfront, über die Wohltaten der Römer.
“Mal abgesehen von sanitären Einrichtungen, der Medizin, dem Schulwesen, Wein, der öffentlichen Ordnung, der Bewässerung, Straßen, der Wasseraufbereitung und der allgemeinen Krankenkassen, was, frage ich euch, haben die Römer je für uns getan?”

Solche Betrachtungen bringen niemanden weiter. Wenn ich mich überhaupt mit einem Deutschen Patriotismus anfreunden könnte, dann mit den Leistungen der Gegenwart. Was passierte mit den Deutschen nach dem Krieg? Es herrschte Mangel, Not und Elend. Aufbau aus dem Nichts heraus war angesagt. Da gab es wenig Spielraum für Gefühle, „Savoir – Vivre“, Schöngeist, Geisteswissenschaften. Die Menschen mussten funktionieren. Das ist ein sehr eingeschränktes Leben. Dann ging es ihnen besser und sie schauten zurück. Es entstanden Begriffe wie „Arme – Leute – Essen“. Eintöpfe, Gemüse, Suppen, wurden vom Speiseplan verdrängt. Fleisch, Wurstbelag, Butter, Kaffee in rauen Mengen, teurer Alkohol mussten her.
Heute leben wir dekadent in einer Dienstleistungsgesellschaft. Handwerksbetriebe verzweifeln an der Grundausbildung ihrer Lehrlinge. Jugendliche leiden an motorischen Störungen, weil sie nicht mehr auf der Straße spielten. Einfachste Dinge des Lebens sind ihnen nie beigebracht worden. Obwohl die Wissenschaft mannigfaltige Erkenntnisse über die geistige Entwicklung eines Menschen auflieferte, befinden wir uns der Schulausbildung immer noch in der Steinzeit. Nicht wenige Strukturen haben sich seit den zwanziger Jahren des letzten Jahrhunderts nicht verändert.
Ich gehöre zu den Menschen, die sich selbst einige Prüfungen auferlegten. Mich interessierte, wie es sich anfühlt, keinen sicheren voraussehbaren Schlafplatz zu haben. Wie ist es, wenigstens mal eine Nacht in einem sogenannten Slum zu verbringen? Wie wird man angesehen, wenn man als Bettler auf der Straße sitzt? Wo liegen meine körperlichen Grenzen? Was machen Panik und Angst aus mir? Ich habe meine Rückschlüsse daraus gezogen. Auf dieser Basis kann ich wenigstens den Versuch unternehmen, mich in die Lage eines Anderen zu versetzen. Hierzu ein simples Beispiel:
In Vietnam kaufte ich mir eine Busfahrkarte nach Laos. Eigentlich eine simple Angelegenheit, wenn man sich mit den Schriftzeichen, der Sprache und den Gepflogenheiten auskennt. Ich wusste nichts von den genannten Dingen. Wie bei einem Bild suchte ich ein Pendant zu den Zeichen auf meiner Fahrkarte und bestieg den Bus in der Hoffnung, die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Als der Bus hielt, wusste ich nicht, ob es sich um eine Pause handelte oder ich bereits angekommen war. Diesmal war ich auf meine Beobachtungen angewiesen.
Ein Jahr danach, verstand ich die hilflosen Blicke eines fremd aussehenden Reisenden am Busbahnhof Berlin. Mit Sicherheit geht es auch vielen Flüchtlingen so. Bei mir war es nur eine Episode mit dreifachen Netz. Immerhin hatte ich ausreichend Dollar und einen international anerkannten Pass in der Tasche. Dennoch passierte in mir einiges.
Eben dieses kann ich von jedem anderen Deutschen erwarten. Wer eine sichere Unterkunft hat, weiß wo er die Nacht über schlafen kann, über Wasser aus der Wand verfügt, eine Option hat seine Notdurft zu verrichten, dessen Hunger keine Übelkeit erzeugt, Bedürfnisse mit Geld befriedigen kann, befindet sich in einer Lage, in der er über seine niedrigen Instinkte hinaus denken kann. Dieser Mensch hat die Voraussetzungen auf einer Meta – Ebene über Frustration, Aggressionen, daraus resultierender Kriminalität, Auftreten im Ausland, Lebensstil und vieles andere nachdenken.
Selbst über einen freiwilligen Verzicht, ein weltweit seltener Luxus, kann dieser Deutsche sinnieren. Denn wer soll auf etwas verzichten, was er nicht hat? Denken, mitfühlen, helfen, unterstützen, analysieren, Solidarität entwickeln, sind alles Handlungen, die erst möglich sind, wenn die Grundbedürfnisse befriedigt sind. Doch sind das heute in der Breite geforderte, akzeptierte und politische Ziele in Deutschland? Verfolge ich Reden von CDU/CSU, AfD, FDP, SPD Mitgliedern, muss ich dies Verneinen. Lese ich die Kommentare in den Social Media, fällt mir ohnehin nichts mehr ein. Einer unter vielen anderen Schritten in die richtige Richtung wäre die Rückbesinnung auf das Individuum, anstatt Menschen ständig in abstrakte Gruppierungen aufzuteilen. Alles andere ist ein Rückfall in die Zeit des Nationalsozialismus, in der dieses bewusst praktiziert wurde, um Gräueltaten an stigmatisierten Gruppen möglich zu machen.
Teile der in Deutschland lebenden Bevölkerung bezeichnen Menschen, die ihre Lehren aus der sprachlichen Manipulation der Menschen gezogen haben, als Gutmenschen. Die Steigerungsform davon ist „linksversifft“. Sie sind nicht in der Lage zwischen einem Verstehen, dem Nachvollziehen eines Verhalten und ein für Gut befinden zu unterscheiden. Ihre Antworten sind reflexartig, hysterisch und von Propaganda gesteuert. Dabei ist es ein simpler Prozess, den jeder Bauer kennt. Gebe dem Schlachtvieh niemals einen Namen, sonst stirbt es an Altersschwäche.
Viele sind von Gier getrieben. Deutschland war 1945 und auch danach nicht am Elend der restlichen Welt unbeteiligt. Betrachte ich Deutschland, als einen Menschen ergibt sich für mich folgendes Bild. Dieser Mensch wäre dann mein Vater. Er hatte eine entwurzelte gewaltsame Kindheit, die daraus entstandene Identitätskrise machte ihn für die Anstiftung zu einem ersten Verbrechen anfällig. Die Resozialisierung ging schief und es folgte ein einzigartiges Horrorszenario. Bereits die Alleinstellungsmerkmale geben Hinweise auf die Persönlichkeit. Andere Verbrecher haben unter Umständen sogar mehr Opfer zu verantworten. Aber keiner in der Kürze der Zeit, mit einer derartigen perfiden Konsequenz, durchorganisierten Struktur und abartigen Ziel. Dafür stellte man ihn vor Gericht. Die Richter erwiesen sich als gnädig. Da er nicht auf den Kopf gefallen war, machte man ihn zum Söldner gegen andere Verbrecher. Die Wiedergutmachung des angerichteten Schadens und die Entschädigung der Opfer wurden ihm weitestgehend erlassen.
Seine Werkzeuge bekam er zurück, gleichermaßen beließen sie ihm Teile seiner Persönlichkeit. Heute würde man sagen, sie machten sich das erlangte Wissen aus dem Verbrechen zu Nutze. Anschließend gründete er eine Familie mit Kindern. Wie alle Kinder von Verbrechern haben sie ein ambivalentes Verhältnis zu ihm. Einerseits ist er der Böse, andererseits aber auch der Vater. Sie kümmern sich wenig darum, wie er die Familie ernährte. Ihnen ist es egal, dass die Familie für immer hätte Not leiden müssen, wenn die Richter ein weniger mildes Urteil gefällt hätten. Erwachsen werden, bedeutet auch, sich differenziert mit dem Leben der Eltern auf der Basis der eigenen Lebenserfahrung auseinanderzusetzen. Warum fällten die Richter dieses Urteil? Warum wurde der Vater zum Täter? Was sahen die Richter in ihm? Welche Vorteile für sich selbst, erkannten sie in seiner Persönlichkeit?
Selbstverständlich kann ich, der Sohn dieses Vaters, nicht für seine Taten verantwortlich gemacht werden. Für mein eigenes Leben ist es aber wichtig, auf Spurensuche zu gehen, damit mir nicht sein Schicksal widerfährt, welches fürchterliches Leid über andere brachte. Es steht mir nicht zu, mich über andere zu erheben, denen mein Vater alles wegnahm. Noch weniger sollte ich auf die Idee kommen, andere Familienstrukturen zu kritisieren, wenn meine vor dem Hintergrund der Taten eher zweifelhaft sind. Vielmehr sollte ich mir neugierig die Strukturen von Unbeteiligten ansehen. Auf jeden Fall sollte ich argwöhnisch alles untersuchen, was aus der Jugend meines Vaters stammt.
Summasummarum kann mir niemand verbieten, meinen Vater in einer Art von Kinderliebe, zu ehren. Aber ich muss mir immer darüber bewusst sein, wer mein Vater war und ist. Der Sohn lernt von den Erfahrungen, Erfolgen und Fehlern des Vaters. Zusammen mit den eigenen ergibt sich daraus ein eigenes Leben. Exakt hier scheitern immer größer werdende Anteile der deutschen Bevölkerung. Eine Freundin sagte mal zu mir: Erst wenn meine Eltern gestorben sind, kann ich ein eigenes Leben führen. Der klassische Fall eines nicht vollzogenen Ablösungsprozesses. Prinzipiell zitierte sie die Punkband SLIME, die ich in diesem BLOG immer mal wieder erwähne. „Deutschland muss sterben, damit wir leben können.“
An dieser Stelle sehe ich Deutschland und die Geschehnisse der zurückliegenden 30 Jahre. Es wäre die Aufgabe meiner Generation gewesen, sich gegenüber diesem Vaterland Deutschland zu emanzipieren. Der richtige und gesunde Ablauf der Dinge wäre es gewesen, wenn wir ein eigenes Deutschland gegründet hätten. Vollzieht sich der aktuell zeigende Prozess weiterhin, sind wir dabei grandios zu scheitern. Dann bleibt uns nur noch die Rebellion unserer Kinder, die brachial die Strukturen zerstören müssen. Die Babyboomer in Deutschland gehen dann als ein langweiliges Intermezzo zwischen den Ereignissen ein, die eine Gestaltung versäumten und einfach nachmachten, was der Vater lebte.
Die von der CDU/CSU, AfD, geforderte konservative Revolution ist nichts anderes, wie die Rückkehr zu Mama und Papa. Wir Kinder sind in die Welt hinaus gezogen, haben es nicht auf die Reihe bekommen, jetzt machen wir halt wieder das Alte, mit dem Risiko wieder straffällig zu werden. Diese Form der Vaterlandsliebe ist nicht meine Lebensart. Ich sage den Leuten lieber: Pass mal auf, ich komme von dort, meine Familie hat folgende Erfahrung gemacht, deshalb bin ich an dem Punkt losgelaufen, habe meine eigenen Lehren gezogen und jetzt steht hier ein Ergebnis. Dieses setzt sich aus dem Alten und dem Hinzugefügten zusammen. Den alten Kram muss ich nicht wiederholen; ich kann mich auf das Neue konzentrieren.
Menschen, die sich aus schwierigen Familienverhältnissen zu einem weisen und klugen Mitglied der Gesellschaft entwickelt haben, verdienen Respekt. Bis Mitte der Achtziger hatte ich diesen vor Deutschland und der sich damals abzeichnenden Entwicklung. Heute bin ich enttäuscht, dass ausgerechnet Leute meiner Generation und deren Kinder eine Konservative Revolution fordern, einer längst überwunden gedachten Religiosität verfallen, nicht in der Lage sind Propaganda entgegen zu wirken, sich für die Krönung der Schöpfung halten und einen internationalen Schwanzvergleich anstellen. Wir schlagen, wie der Vater die kriminelle Karriere ein. Es begann mit Delinquenz, entwickelte sich weiter zu ernst zunehmenden Taten und läuft am Ende auf ein Verbrechen zu. Sollten wir noch Enkel erleben, werden sie mit uns weniger gnädig sein, wie die damaligen Richter.
Sie werden wenig Verständnis für die Gier nach Geld und Macht aufbringen, die Ihnen die Hinterlassenschaften bescheren. Auch werden sie uns fragen, wer von uns die glorreiche Idee hatte, Millionen Menschen verhungern zu lassen, im Meer zu ersäufen, in Lagern zusammenzupferchen, an Zäunen wie Hunde herunter zu prügeln. Wir werden uns wieder einmal der Barbarei bezichtigen lassen müssen. Kopfschüttelnd werden sie alte Ton- und Filmdokumente auswerten.
Wieder wird es zur alles entscheidenden Lebensfrage kommen: Was hast Du damals gemacht? Nein, ich werde nicht antworten: Ich wusste es nicht besser, vieles haben wir auch nicht gesehen. Ich werde sagen: Ich sah, ich wusste und ich war ein Teil davon. Aber meine Worte und die vieler anderer prallten an der Ignoranz der selbst ernannten Konservativen ab. Der Rest verhielt sich, wie sie sich immer geben. Sie suchten das Supertalent, geilten sich an nackten gerade mal volljährigen Frauen auf, verbrachten ihren Urlaub in an alte Kolonialzeiten erinnernde Ressorts, und jammerten über ihr luxuriöses Elend. Im alten Rom ließen sich die dekadenten Römer ähnlich unterhalten, ihr Ende ist von den Geschichtsschreibern dokumentiert worden. Im Kaiserreich ließen sie die “Neger” tanzen und die Nazis erfreuten sich an “primitiven” Darbietungen, der niederen Rassen. Erschreckenderweise ging mit all diesen historischen Entwicklungen immer ein überzogener Körperkult daher. Der ist mit das primitivste Imponiergehabe des nackten Affen. Gutturale Töne von sich gebend hüpfen die Männchen voreinander herum, präsentieren die Vorzüge ihres Körpers, während die Weibchen sich präsentieren und für die Begattung bereit halten. Schaue ich mich um, sehe ich davon einige Vertreter. So sieht es aber nur im unteren Teil des Affenfelsen aus, weiter oben müssen die Kreditkarten die Mankos ausgleichen. Letzteres bezeichnen wir dann mit dem Wort: Zivilisation.
Dieses Deutschland, für das diese rückwärts gewandten Menschen stehen, muss sterben, damit ein neues vorbildliches Deutschland, an Erfahrungen gereift, mit Weisheit und Weitsicht beseelt, leben kann.