Faschismus? – nur eine PR Methode!

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Wer kennt sie nicht? Die lieben Zeitgenossen, die weder ein Nazi sind, noch jemanden etwas zu Leide tun wollen, sich die Kritik an ihrer Wortwahl verbitten und lediglich ein aufrechter Deutscher sein wollen. Meistens ist für sie längst der Zeitpunkt gekommen, mit der deutschen Vergangenheit abzuschließen. Nicht wenige dieser Leute, haben auch keinerlei Skrupel, die Verfolgungsmethoden, Propaganda der Nationalsozialisten, Pogrome und den Holocaust, mit Ihnen begegnenden Anfeindungen gleich zu setzen. Einstmals befanden sich diese Menschen irgendwo in ihren versteckten Nischen und gaben dies häufig im kleinen Kreis beim dritten und vierten Bier. Heute verfügen sie über einen Rechner und Smartphone. Ein Kommentar ist schnell getippt.

Dabei fällt keinem dieser Kommentatoren auf, wie uniformiert, gleichlautend und monoton sie sich gemeinsam äußern. Der Begriff Faschismus bzw. eine der Unterarten, der Nationalsozialismus wird inflationär benutzt, da muss man einigen zustimmen. Faschisten sind im allgemeinen Verständnis Monster und werden in Deutschland verständlicherweise sofort mit dem Holocaust verbunden. Da geht es in den Diskussionen wild durcheinander. Nationalismus, Patriotismus, werden allzugern mit dem Faschismus in einen Topf geworfen.

Nationalismus ist das Eingehen einer Verpflichtung gegenüber einer Nation. Ein gemeinsamer Nenner vieler unterschiedlicher Menschen, die sich gegenseitig nicht kennen, aber unter diesem Deckel gemeinsam agieren können. Parallel dazu haben sie unzählige zusätzlich voneinander verschiedene Verpflichtungen und Verantwortungen. Familie, Verein, dem persönlichen Way of Life, der Ethik, und was sonst noch alles denkbar ist. Faschisten ticken anders. Sie kennen ausschließlich eine Verpflichtung: Die eigene Nation! Ihrer Auffassung nach ist sie die tollste, schönste, einzigartige, allen anderen Überlegene. Halbwegs akzeptabel können allein ähnliche Nationen sein. Im Licht dieses überzogenen irrealen Bildes sonnen sie sich. Fehler, Unzulänglichkeiten, kulturelle Fehlentwicklungen, Marotten, werden gnadenlos ausgeblendet. Wen wundert es, wenn die Verblendeten allergisch auf Satire, Humor oder Querdenker reagieren?

Bei der Demonstration gegen die Kundgebung der AfD trat ein Überlebender des Holocaust ans Mikrofon und wies die Zuhörer darauf hin, dass die durch den Faschismus Verführten nichts mehr Hassen, als das Lachen über sie. Gehässiges Lachen über andere, um sie klein zu machen, beherrschen sie dagegen in Perfektion. Faschismus ist eine Verführung, die einem schmeichelt. Die Könige der Verführung und Manipulation sind die Strategen der Werbung. Angst, Hass, Eitelkeit, sind die Schalter in jedem Kopf. Es gilt sie in der richtigen Art und Weise zu drücken. Die PR Strategen haben dies immer mehr verfeinert und die Faschisten bedienen sich an ihrem Repertoire. Ich glaube sehr wenige Menschen treffen bei der Wahl eine rationale Entscheidung. Schon deshalb nicht, weil unsere Welt und die politischen Vorgänge viel zu komplex sind. Ich wähle die, welche genau dieses einräumen und mir das Vertrauen geben, dass sie keine einfachen Lösungen parat haben.

Jeder, der mir erzählt, dass die Kultur meiner Nation hochwertiger ist, wie die einer anderen Nation und ich als Deutscher eine besondere Stellung einnehme, lässt bei mir alle Alarmglocken angehen. Gleichfalls reagiere ich skeptisch, wenn mir Angst gemacht werden soll.

Die Verführer sind für mich die Faschisten. Menschen die gezielt, Angst, Hass, Eitelkeit, zur Manipulation einsetzen, damit sie eine Machtstellung bekommen. Der echte Faschist ist ein Verkäufer, sein Lohn ist die Macht. Die Kommentatoren sind dankbare Käufer und da liegt das Problem. Denn es handelt sich um einen Markt, mit mehreren Mitbewerbern. Die Währung Macht haben wir alle in der Tasche. Alle die sich daran beteiligen, arbeiten gemeinsam in eine Richtung. Ob es nun die Presse ist, die sich zum willfährigen Werkzeug machen lässt oder unter Umständen unmittelbar bezahlt wird, Politiker die in der Bevölkerung abstrakte Ängste schüren bzw. nicht beruhigend einwirken, Konzerne die mit der Angst Unsummen umsetzen, sie alle sind beteiligt.

Letztens schrieb ein Twitterer in einer Diskussion, man solle doch den Deutschen vertrauen, sie hätten aus der Geschichte gelernt und die Übernahme der Republik durch Faschisten wäre unwahrscheinlich. Sie startete mit einem Tweet, in dem davon berichtet wurde, dass Schüler einen jüdischen Mitschüler an der Berliner John – F. – Kennedy Schule mobbten. Ich denke, er übersieht die Möglichkeiten der Digitalisierung. Ich teile seine Meinung, dass wir Faschisten der alten Machart nicht erleben werden. Wer in Zukunft eine ganze Nation diktatorisch führen will, braucht die Daten der Menschen. Diese befähigen ihn oder sie quasi zu einer biologischen Hackerattacke. Die Kampagnen der AfD sind erst der harmlose Anfang einer dunklen Zukunft. Mittels der gesammelten Daten lässt sich eruieren, wie die Schalter am effektivsten umgelegt werden können.

Es geht um die Macht, Menschenmassen zu manipulieren. Was sich da am Horizont abzeichnet, ist nichts Neues. Zumindest hat sich bereits Aldous Huxley darüber Gedanken gemacht. Ihm fehlte für seine Utopie «A brave new World» eine Zutat: die Digitalisierung. Bei ihm mussten Wissenschaftler die Konditionierung für die spätere Rolle im Leben, mühsam mit einfachsten Mitteln vornehmen. Heute braucht dafür keiner mehr Wissenschaftler, sondern eine PR Agentur und einige Computerspezialisten. In den letzten Tagen bemerkte ich, wie sich nach und nach die eingeblendeten Nachrichten, Werbung und die Charaktere der Kommentatoren bei Twitter und Facebook in meiner Timeline veränderten. Zu informativen Zwecken hatte ich alles rund um die AfD abonniert. Prompt bekam ich auch die passenden Meldungen und verstärkt Twitterer aus dem Umfeld der AfD eingespielt.

Ich machte die Gegenprobe. Nachdem ich alle offiziellen Accounts der AfD abgeschaltet hatte, stattdessen sie gegen die CDU eintauschte, veränderte sich das Bild. Prompt drängten sich einschlägige CDU nahe Presseveröffentlichungen in den Vordergrund.Ich erweiterte den Versuch um einige Optionen. Der Algorithmus passte sich mit einem Verzug von drei Tagen an. Mit Google erging es mir nicht viel anders. Das bedeutet: Selbst, wenn sich einer die Mühe macht, täglich Pressemeldungen, Artikel, Abhandlungen, aus den unterschiedlichsten Richtungen zu lesen, landet er nach ca. zwei Wochen auf einer vorbereiteten Bahn. Nur, wer versiert im Umgang mit den passenden Gegenmaßnahmen ist, hat eine Chance neue Anregungen für Analysen zu bekommen. Wer macht das schon und hat vor allem die Zeit dafür?

Seither prüfe ich jedes mir wichtige Suchergebnis mit der Suchmaschine Metager gegen. Ich schließe aus, dass sich diese Mühe viele Menschen machen.

Die Faschisten von Morgen sind die Schüler Edward Louis Bernays, dem Erfinder des Public Relation. Sie kombinieren seine Techniken, mit Daten sammeln und den darauf basierenden Erkenntnissen. Es wird nicht mehr lange dauern, dann wird Propaganda überflüssig sein, da die Leute ohnehin schon die passende Meinung implantiert bekommen haben. Meine Sorge vor der AfD habe ich längst verloren. Meiner persönlichen Prognose nach, ist es nur eine Frage der Zeit, dass kommerzielle finanziell gut ausgestattete Kräfte still und heimlich eine Gegenoffensive starten werden. Flüchtende Menschen sind bares Geld. Innereuropäische Grenzen liegen ganz und gar nicht im Interesse dieser Kräfte, wohingegen eine vorgelagerte Abwehr, durchaus ein passendes Konzept sind. Zumal sich humanitäre Katastrophen in anderen Ländern deutlich besser medial verkaufen lassen, wie wenn sie direkt vor der Haustür stattfinden. Der Export und Verkauf von Drohnen, Kameras, Grenzanlagen und Spezialfahrzeugen ist bereits im vollen Gange. Wer sich die Reportagen über die Sicherungen der uralten Handelswege auf dem afrikanischen Kontinent, die Grenzzäune und die Elendslager vor den europäischen Enklaven, ansieht, weiß dass diese vorgelagerten Sicherungen längst existieren. Im Prinzip funktioniert das alles, wie ein Ventil. Der in Europa teuer und schwer zu entsorgende Müll, die Waffen, in Europa nicht verkaufbare Essensabfälle gehen rein, Rohstoffe gehen raus und die flüchtenden Menschen werden drin behalten.

Begleitet wird das von Kampagnen, die den Europäer darüber hinwegsehen lassen sollen, bzw. diese Vorgehensweise legitimieren. Im übertragenen Sinne werden die Menschen in den Ländern der Dritten Welt die von Huxley beschriebenen Wilden.

Ähnliches wird sich im Inland abspielen. Das Arbeitsmotto lautet: Wer nichts zu verbergen hat, muss nichts befürchten. Theoretisch müsste diese Aussage für alle gelten. Dann würden wir in einer Welt leben, in der auch Konzerne, Mächtige und Reiche nichts zu verbergen hätten. Das wird nicht passieren. Kameras, Sicherungskonzepte, Manipulationen werden hauptsächlich in den sozialen Brennpunkten zum Einsatz kommen. Dies mittels Kampagnen den zukünftig Überwachten schmackhaft zu machen, läuft schon lange. Ich bin der festen Überzeugung, dass sich Smart Fernseher identisch zu Computern entwickeln. Bisher wird die Werbung lediglich oben links eingeblendet. In naher Zukunft werden sich komplette Werbeblöcke nach den Fernsehgewohnheiten ausrichten. Seitens einiger PR Strategen wurden bereits Versuche unternommen, über die Ausstattung und Produktplatzierungen hinaus, Texte der Skripte zu beeinflussen.

Diktaturen durch eine klassische Regierung sind Schnee von Gestern. Regieren bedeutet nichts anderes, wie die Regulierung des öffentlichen Lebens im Innern und nach außen hin. Meiner Meinung nach, wird das Rennen derjenige machen, der die Möglichkeit besitzt die meisten Daten zu ergattern und über die Möglichkeiten verfügt, sie auszuwerten. Bislang sind alle zuvor daran gescheitert. Zu meiner Schulzeit hieß es noch, dass eine zentrale Planwirtschaft immer an der Individualität und der mangelnden Berechenbarkeit des Verbrauchers scheitern wird. Gleichermaßen verhielte es sich mit Diktaturen. Nun wird es nicht mehr allzu lange dauern, bis wird die Möglichkeiten haben. Es ist ein Weg entstanden, die Individualität unter Kontrolle zu bekommen. Das Monster Faschist ist ein Dinosaurier. All die Kommentatoren, die sich alle mehr oder weniger gleich äußern, befinden sich in den Fängen von etwas Neuen, welches sich der alten Erkenntnisse bedient. Große Teile der Bevölkerung haben längst ihre Identität und Persönlichkeit verloren, sie wissen es teilweise nicht. Die «Hartzer», «bildungsfernen Schichten», «Flüchtlinge», «Migranten», alle zusammenfassenden Bezeichnungen berauben sie der Persönlichkeit, sie werden zur verfügbaren Masse.

Flüchtlinge, Islamisierung usw. sind lediglich der Beginn. Vernichtungslager wird es keine mehr geben. Der Mensch ist kommerziell viel zu wertvoll, solange er am Leben ist. Es ist nicht verwunderlich, wie ärgerlich massenhafte Fluchten sind. Immerhin gehen den Minenbesitzern, den Konzernen mit ausgelagerten Billigproduktionen und den Rüstungsschmieden Kunden bzw. Sklavenarbeiter aus. Inländisch war der nunmehr bereits zurückliegende erste Schritt die Veränderung der Sozialsysteme. Die neue unterste Schicht wird gerade noch so am Leben erhalten, damit sie nicht auf die Straße gehen. Zugleich wird sie immer mehr an die Ränder der Städte in Silos verdrängt, während sich die darüber liegende Schicht in den Innenstädten tummelt. Mittels Fernsehen, Sportveranstaltungen, Computerspielen pp. werden die in den ausgelagerten Ghettos bei Laune gehalten.
Der neueste Trend ist der Bau von Siedlungen um von Konzernen aus betriebenen Discountern, durch diese selbst. Die Verfügungsmasse wird um den Konsumtempel herum geschart. Eine logische und nachvollziehbare Entwicklung. Wer in einer Gegend mit tausenden unmittelbaren Nachbarn wohnt, in der nicht einmal mehr dieses passiert, sollte sich Gedanken machen.

Wir Deutschen, wir Mittel – Europäer, mit unseren hervorragenden einzigartigen kulturellen Leistungen, basierend auf den bemerkenswerten weltweit einzigartigen Tugenden, bestimmen darüber, wer es aus den anderen Kulturen wert ist, zu uns zu kommen. Jedoch nur, wenn sie oder er bereit ist, die eigene zu Gunsten der Siegerkultur aufzugeben. Es besteht ein Anspruch darauf, dass zu uns nur die Besten der Besten kommen, denn wir sind die Bundesliga der internationalen Gesellschaften, sonst wären die anderen nicht vor ihrer geflüchtet. Es gilt die herannahenden primitiven Horden abzuwehren. Zur Erinnerung: Wenn Nationalismus, dazu führt, dass man sich nur noch ausschließlich der eigenen Nation gegenüber verpflichtet fühlt, steht man beidbeinig im Faschismus. Selbst ethische Verpflichtungen treten dann gegenüber dem Nationalismus zurück. Unter dieser Maßgabe, kann man zur Rettung der Nation schon mal ein paar Tausend absaufen lassen, die gleiche Anzahl und mehr in Lagern zusammensperren und den Rest vom Schützenfest in der Sahara verhungern lassen.

Selbstredend haben diverse Ankömmlinge keinerlei Kultur mehr. Mit Verlaub: Wenn ich mich durch eine Wüste gekämpft hätte, einige hundert hart zusammengekratzte Dollar an übelriechende Unsympathen gegeben habe, danach ein halbes Jahr in einem wilden Lager lebte, mich dann in ein Schlauchboot setzte … wären Kultur und Ethik auch nicht mehr meine vorrangigen Lebensprobleme.

Gestern Abend war ich beinahe ein wenig um Edmund Stoiber besorgt. Er saß in einer Talkshow und stand vor kurz vor einer Herzattacke, als der CSU Rechtspopulismus vorgeworfen wurde. Dabei ist es nicht der Fall, dass Rechtspopulismus in der Republik etwas Unerwartetes ist. Nach 1945 musste die Nachfolgeneration bis zum Mauerfall intensiv gegen die Reste des Nationalsozialismus und den Auswirkungen in den Köpfen der Deutschen kämpfen. Dieser Kampf wurde je durch die Wende unterbrochen. Ich kenne viele, die ein grosses Deutschland kritisch betrachteten.

Mich wundert es überhaupt nicht, dass ausgerechnet Vertreter aus dem provinziell geprägten Bürgertum, wie es ein Söder, Seehofer, Dobrindt, eine Bär oder ähnliche Kandidaten repräsentieren, sich der Sprachmuster einer AfD anpassen. Stoiber verwies in seiner Gegenrede, auf die vielen engagierten Bürgermeister. Er übersieht dabei, dass es zwischen den konservativen Strömungen und den Faschisten schon immer einen breiten Grauszonenbereich gab. Was aktuell passiert, ist die organisierte Verteidigung einer gut aufgestellten Schicht, gegen alles darunter. Ein Verteidigungsmittel war schon immer der nackte Fingerzeig auf einen Buhmann, das Bedienen von Eitelkeiten, das Schüren von Hass und die Angstmacherei. Nichts anderes macht die CSU. Wie sie das nennen, ist ihnen selbst überlassen. Bezeichnungen sind Schall und Rauch, die Handlungen, Strategien und die verfolgten Ziele zählen.

Rhetorisch gibt es einen klassischen Unterschied zwischen der Überredungs- und der Überzeugungskunst. Einen mündigen Bürger muss ich mittels Argumente überzeugen, einen sich devot unterordnenden Bürger, ergreife ich bei seinen niederen Instinkten. Spätestens mit seinem Euphemismus Asyltourismus, wenn nicht schon bei der Flüchtlingsindustrie, hat Söder die Karten auf den Tisch gepackt. Von einem mündigen Bürger gehen die alle nicht aus. Würde ich selbst vermutlich auch nicht tun. Bleibt die Frage offen, wo sie die Bürger hinführen wollen. Verführen oder in eine ethisch vertretbare Richtung lenken?

Ich kann zwischen den Aufsichtsräten und der Regierung keinen Unterschied mehr erkennen, spätestens dann nicht, wenn sie nach ihrer politischen Karriere bei den Konzernen in Lohn und Brot stehen. Damit haben die Konzerne längst übernommen und eine kaschierte Diktatur installiert, die der unteren Ebene eine pseudo – Demokratie auf der regionalen Ebene zugesteht. Faschismus, Nationalsozialismus sind meines Erachtens nicht mehr das Thema. Dies sind nur noch Bezeichnungen dafür, wie sie es machen – aber vielleicht war das nie anders? Immerhin wurde Hitler auch von der Hochfinanz unterstützt. In der alten Zeit gab es Sklavenhandel und Kolonialismus. Beides haben wir der “politischen” Führung untersagt. In die entstehende Lücke sind die “kommerziellen” Regierungen gegrätscht.

Und was mache ich dagegen? Dusseliges Zeug schreiben und beobachten. Hat sich nichts geändert, nur durfte ich früher am Ende den Täter festnehmen. Das hat sich erledigt. Na mal schauen. Es gibt da draußen richtig viele junge schlaue Köpfe, vielleicht lassen sich nicht alle kaufen. Die Trottel aus dem “linksextremistischen” Lager werden es nicht ändern. Die befinden sich in einer vorübergehenden Lebensphase, einer Art verlängerter Pubertät, bis sie sich vom Kommerz einkaufen lassen. Auf den kleinbürgerlichen Trümmerhaufen, der die Mehrheit der Wählerstimmen erhielt und vermutlich auch wieder bekommen wird, setze ich jedenfalls nicht mehr.

Alles auch eine ethische Frage

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Ich bin beinahe geneigt zu schreiben: Es ist zum Verzweifeln! Doch dagegen wehre ich mich und versuche weiterhin analytisch und zweiseitig zu betrachten. Die Digitalisierung sorgt dafür, dass die Nachrichten über Messerangriffe, Schussabgaben, Widerstandshandlungen pp., sich verdichten. Es entsteht der Eindruck, dass es immer mehr wird. Ich glaube das nicht, vielmehr kommt an die Oberfläche, was schon seit Jahren passiert.
Es geht nicht ein Riss durch die Gesellschaft, sondern gleich mehrere. Einer ist ziemlich alt und eher eine feine Trennlinie zwischen der heilen bürgerlichen Welt und der knallharten Realität auf der Straße. Ich spreche von der Realität, die sich Tante Erna und Fritz von der Couch aus mit einem Bier und ein paar belegten Broten im Fernseher ansehen. Ob es sich dabei um die Fiktion in einem Tatort handelt, die unzähligen Sendeformate auf den privaten Sendern, wie Medical Detektivs oder die hundertste amerikanische Polizeidokumentation, ist vollkommen egal. Das gibt es für sie nur im Fernseher und sie haben davor Angst, dass ähnliche Dinge mal in Deutschland Realität werden könnten.
Dabei müssten sie nur ein paar Abende in Berlin – Neukölln, Wedding oder einem anderen Schwerpunkt verbringen. Sie wollen nicht wahr haben, dass in ganzen Straßenzügen Aufpasser vor Kaschemmen sitzen und den Job haben, herannahende Polizei oder gegnerische Banden zu melden. Auch das Elend der Straßenprostituierten, die vielen kleinen illegalen Bordelle, die seltsamen Treffpunkte, an denen vornehmlich Männer an den Tischen sitzen, die kriminellen Geschäften nachgehen, ignorieren sie. Die Brutalität, Gewalt, Abgebrühtheit des Milieus sprengt ihre Vorstellungskraft. Sie führen auch keine Gespräche mit ehrlichen Gastronomen, die unter den Mieten ächzen und sich völlig zu Recht die Frage stellen, wie um sie herum die seltsamen Lokale ohne Umsätze leben können.
Das komplette Thema Gewalt geht an ihnen vorbei. Was der Angriff mit einem Messer bedeutet und der Schuss die letzte Rettung ist, können sie nicht begreifen. In Filmen haben sie etwas anderes gesehen. Zielgenau ballert der Fernsehheld dem Angreifer das Messer aus der Hand oder trifft wenigstens nur den Arm. Der Getroffene fliegt einen halben Meter durch die Luft und im Abspann gehen alle ein Bier trinken.

Schmerzen, Panik, Geschrei, maximale Stressbelastung, der Druck etwas zu tun, sind ihnen fremd. Von dem Effekt, dass der Angreifer vom Treffer keine Notiz nimmt, haben sie letztmalig bei Forrest Gump gehört und darüber gelacht. Wie sagt der doch: Ich hatte das Gefühl, als wenn mich etwas gebissen hat.

Dafür wird man doch ausgebildet! Lautet oftmals die Antwort. Der Zuhörer fragt sich, ob der Sprecher eventuell einen Jason Bourne Film zu viel gesehen hat. Am Ende handelt da ein Mensch, der den Voraussetzungen eben jener Spezies entspricht.
Keiner von den Menschen aus der heilen Realität, kennt die schon beinahe unglaublichen Ausflüchte der Typen auf der Straße. „Alter, hab ich gedacht, ist Mafia!“, habe ich persönlich zigfach von Typen gehört, die zuvor in der Lage waren, jedes Observationsteam auffliegen zu lassen. Nur den ganz Großen im Geschäft hab ich es manchmal geglaubt, da sie tatsächlich mehr von ihren Konkurrenten zu befürchten haben, als von der Polizei.
Das ist alles nichts Neues! Kontinuierlich ist es härter geworden. Der deutsche Zuhälter, den wir damals in den Neunzigern hinter einem konkurrierenden Bordell mit einem Benzinkanister erwischten, brachte es auf den Punkt: „Was soll ich denn machen? Anders kannst Du hier nicht mehr überleben!“ Schon damals spielten serbische Banden mit einer Handgranate in einem Lokal Fangeball.
Eins war ab den Neunzigern klar. Wenn die Polizei und die Gesellschaft nicht radikal bei der Vorgehensweise umdenkt, wird es hässlich werden. Doch niemand aus der heilen Welt hat umgedacht. Im Gegenteil, die Entwicklung wurde forciert. Ich betone: Es geht dabei nicht um Ausländer an sich, sondern um die Parallelwelt, in der sich alle Nationen tummeln. Die Deutschen nehmen sich da nichts. Im Milieu zeigte sich schnell, dass die Neuen am Markt ihr Handwerk verstehen. Konkret und überdeutlich konnte man das an der Entwicklung in der Oranienburger Straße sehen. Aber auch in der Kantstraße und am Stuttgarter Platz wurde es gefährlicher.

Das schaukelte sich nach und nach hoch. Die kleinen Gelegenheitsgauner – wenn ich mir dann mal diese Bezeichnung abringe – zogen nach. Während früher nur die richtig Bösen ein Messer oder eine Knarre dabei hatten, gehört es heute beinahe zum guten Ton. Und sie haben die nicht nur dabei, sondern setzen sie auch ein. Schaue ich mir die Videos, Fernsehfilme und Serienproduktionen an, wundert es mich nicht. Ich habe mir 4 Blocks aus Eigenschutz heraus, nur auszugsweise angesehen. Ich kenne mich, vermutlich hätte es mein Fernseher nicht überlebt. Für die Nachfolgegeneration auf dem Kiez wird dort ein Lebensmodell entwickelt – Prost Mahlzeit!

Vieles davon kann vermutlich nicht verhindert werden, weil es zu den immanenten Problemen einer Stadtentwicklung gehört. Doch man hätte nicht noch Öl ins Feuer gießen müssen. Der Senat hat die strukturellen Voraussetzungen für die Brennpunkte erschaffen. Es ist kein göttliches Schicksal, wenn Clans komplette Häuserblocks übernehmen und Kinder wie in Palermo auf den Gängen patrouillieren. Da hat entweder jemand nicht aufgepasst oder mutwillig die Hand bei einem Kumpel aus der Immobilienbranche offen gehabt. Die Stadtrandsiedlungen, Brutstätten für alles Erdenkliche, kommen dem besser gestellten Bürgertum gelegen. Sollen sich doch die Assis die Köpfe einschlagen, solange sie nicht in Zehlendorf, Wannsee, Gatow, Kladow oder in den bewaldeten Ansiedlungen im Norden auftauchen ist alles gut.
Niemand hat sich dafür interessiert, dass die Lokalmieten durch die Decken schießen und seltsamerweise von Spielhöllenbetreibern, Shisha – Bars oder dem 10.000 Döner – Imbiss bezahlt werden können. Lokalbegehungen durch die Polizei war irgendwann unerwünscht, weil sich die Herrschaften belästigt fühlten. Die Anordnungsbefugnisse für Razzien wurden beschnitten und wenn nach langer Entschlusszeit dann doch eine Anordnung vorlag, gab es keine Einsatzkräfte mehr, weil die sich gerade mit dem letzten Wutbürger auseinandersetzen durften, bzw. aus Versehen dank Sarrazin kein neues Personal eingestellt wurde. Operatives Personal kann schon mal mit Schreibtischstrategen verwechselt werden.

Bezüglich dieser Missstände kann immer auf die Presse gezählt werden. Obwohl ich lange keinen Artikel über die Verdichtung von Besitzverhältnissen bei Spielotheken oder Immobilien gelesen habe. Es scheint in Berlin auch keine Schutzgelderpressungen, Korruption oder Verbindungen zwischen Politik und Mob mehr zu geben. Russische Autoritäten, die italienischen OK – Strukturen, Banden aus Litauen, Polen, Serbien, Vietnam inklusive des deutschen Mobs, scheinen 2015 die Stadt fluchtartig verlassen zu haben. Das wird einigen Gastronomen in dieser Stadt Erleichterung verschafft haben, da sie nun nicht mehr zahlen müssen. Dabei können Journalisten etwas machen, was kein Kriminalbeamter darf: Recherchen ohne ein vorhergehendes Ereignis anstellen und von einem Phänomen auf Ursachen schließen. Zum Beispiel könnte sich die Zunft die Mieten ansehen, den Publikumsverkehr anschauen und simple Schlüsse ziehen. Oder er/sie könnte sich mit Restaurantbetreibern unterhalten oder sich vielleicht über nicht zahlende Gäste wundern. Einem Journalisten/in wäre es erlaubt, Informationen über Gewerbetreibende bei den einschlägigen Wirtschaftsauskunftsdateien zu besorgen und sich die Frage stellen, ob bei der rasanten Entwicklung der jeweiligen Firma alles mit rechten Dingen zu gehen kann. Was wäre mit vertraulichen Fragen an ehrliche ausländische Mitbürger, ob sie wirklich die politische Kampfgruppe ihres Heimatlandes freiwillig an ihren Umsätzen beteiligen?

Doch wehe, die Polizei handelt. Handeln darf sie grundsätzlich, aber nur unauffällig und es darf niemand zu Schaden kommen. Das Prinzip nennt sich: Pulle voll – Frau besoffen! Funktioniert aber nicht. Der Boulevard lenkt noch ein, solange es die Bösen erwischt, doch trifft es Unbeteiligte aus der heilen Welt, ist der Spaß vorbei. Die gut bürgerliche Presse will ich gar nicht erwähnen – da war wieder dieser Eigenschutz. Am Ende läuft es auf einige ethische Betrachtungen hinaus:
Welches Risiko ist die Bevölkerung bereit hinzunehmen, wenn es um die Bekämpfung von strafbaren Handlungen geht? Jede Eilfahrt, Personenkontrolle, Schussabgabe, Widerstandshandlung, Observation birgt Risiken für Unbeteiligte. Welche ist der Bürger bereit zu akzeptieren, vor allem wenn aus dem Risiko ein konkretes Schadensereignis wird. Jede Antwort ist zulässig. Aber sie muss gegeben werden, denn nur dann besteht eine Handlungssicherheit bei der Polizei. Selbstverständlich kann man ein Trio, das Autos aufbricht auch entkommen lassen. Das muss nur vorher geregelt sein. Allerdings entsteht daraus ein neues Risiko, die fahren nämlich auch wie die Henker, wenn keine Polizei hinter ihnen ist.

Ich habe nicht vor, die Todesfahrer der letzten Tage in die Nähe der organisierten Strukturen zu rücken. Aber das steht ihnen nicht auf die Stirn geschrieben. Niemand kann vorher wissen, mit wem er es zu tun bekommt. Die Beschaffung von Werkzeugen für weit aus schwerwiegendere Taten ist in der Szene nicht ungewöhnlich. Manch einer will nur ein Auto klauen, ein anderer braucht einen Fluchtwagen. Der nächste stiehlt Werkzeug, um es an einen Hehler zu verkaufen, ein anderer benötigt eine Motorflex für einen Geldtransporter – alles ist bis zur Klärung der Sachlage möglich.

Anbei eine Anekdote aus der Vergangenheit: Die russischen Entführer des jungen Hintze, der elendig in einer Erdgrube erstickte, standen bei ihrer Festnahme harmlos auf einem Parkplatz an der Havelchaussee herum. Einzig seltsam war ihr Verhalten am Wasserrand. Sie hatten im Kofferraum einen Scanner, der zunächst wie ein Radio anmutete, einige Schnüre und harmloses Werkzeug dabei. Wer kommt bei einer Kontrolle gleich darauf, dass es sich um brutale kaltblütige Entführer handelt?

Zuvor war der junge Mann schon Opfer von diversen Krimis geworden. Vor einem Restaurant sprang der Kofferraumdeckel auf und er schrie um Hilfe. Die anwesenden Gäste gingen von einer Filmszene bzw. Streich aus.

Nur Spezialkräfte, die genau wissen, wen sie da observieren, können sich auf die Gefährlichkeit eines harmlos aussehenden Typen vorbereiten. Jeder andere Polizist muss mit allen rechnen. Ich zitiere die Worte eines schon länger hier lebenden deutschen Räubers – ich betone das nur, weil immer behauptet wird so etwas gibt es nicht, kurz vor dem Ansetzen zur Tat: “Wenn wir aussteigen (er saß in einem Transporter), machen wir es wie immer, macht einer den Helden ziehst Du das Ding von unten hoch.” Er meinte damit die Kalaschnikow in den Händen seines Kumpanen. Was meinen Sie wohl, was so ein Typ veranstaltet, wenn er auf dem Weg zur Tat hin, von der Polizei kontrolliert wird?

Welche Maßnahmen der Eigensicherung akzeptiert der Bürger? Personen – und Fahrzeugkontrollen werden immer mehr zu schwer kalkulierbaren Situationen. Ist der deutsche Bürger bereit, die internationalen Standards hinzunehmen oder will er weiterhin die Diskussionsveranstaltung haben? Dann sollte sich aber jeder Polizist genau überlegen, ob er jemanden unter Lebensgefahr kontrolliert. Denn bewaffnete Straftäter laufen nicht mit einer offen sichtbaren Kennzeichnung durch die Gegend. Ich kann dieses „Wir haben hier keine amerikanischen Verhältnisse in Deutschland!“, nicht mehr lesen und hören. Ohren auf! Doch wir haben sie in verschiedenen Bereichen! Wer es nicht glauben mag, sollte sich mit den überlebenden Beamten unterhalten. Auch Reichsbürger, rechte Durchgeknallte, Rocker, vollkommen normal aussehende Psychopathen trachten dem Polizisten nach dem Leben.

All die ganzen Diskussionen in der Öffentlichkeit bezüglich Messer, Psychopathen, Angreifer mit Äxten, Eisenstangen pp. sind mit Verlaub Schwachsinn, die nur Leute führen können, die niemals in einer echten Gewaltsituation gewesen sind. Wer einmal in dieser Form angegriffen wurde, nickt nur und diskutiert nicht mehr. Besonders gallig werde ich, wenn ich Rassismus Vorwürfe zu hören bekomme. Als wenn jemand in einer derartigen Lage darüber nachdenken würde. Die Straße ist kein Dojo für Judoka oder Karatekämpfer, auch nicht ein Box – Ring, in dem ein Ringrichter den Kampf wegen verbotener Schläge abbricht. Es ist die Straße und bisweilen die nackte Gewalt, bei der es keine Regeln gibt.
Und bereits im Vorfeld spielen sich jede Menge Dinge ab, von denen der Außenstehende keine Ahnung hat. Menschen bewegen sich passend zu ihrem Vorhaben. Besonders Fahnder haben gelernt, diese Bewegungen zu deuten. Da ist es vollkommen egal, welche Hautfarbe, Haarfarbe oder Herkunft einer hat. Es ist die Art des Benehmens und die Umstände, die einen stutzig werden lassen. Ich selbst habe vom deutschen Lehrer bis zum als tibetanischen Mönch getarnten Rauschgiftschmuggler fast alles observiert. Irgendwann bekommt man ein Gespür dafür, ob es etwas unstimmig ist.

Meiner Auffassung nach, schafft der Mensch sich 80 % seiner Gefahrensituationen selbst, die restlichen 20 % sind Schicksal. Der Straftäter liegt bei 100 %. Er hat sich entschieden und muss damit rechnen, dass er sich mit dem Zücken eines Messers oder anderer unverdaulicher Gegenstände selbst in Lebensgefahr bringt.
Bei Psychopathen und Verwirrten ist das Problem, dass sie nicht wissen, was sie tun. Doch das macht sie noch gefährlicher. Die hinterbliebene Familie des Polizisten hat wenig von der Aussage: „Sie oder er erkannte die krankhafte Ursache des Handelns, verschonte den Angreifer und opferte sich.“

Dem normalen Bürger kann ich prinzipiell keine Vorwürfe machen. Doch ich habe in meinem Leben einige Journalisten und Rechtsanwälte kennengelernt. Ich weiß, dass alle Profis sind und ihre Rolle einnehmen müssen. Immerhin will jeder von irgendetwas seine Brötchen bezahlen. Doch jeder ist auch zusätzlich Teil der Gesellschaft und nimmt mit seinem Handeln am Prozess der Gestaltung teil. Jede Verteidigungsstrategie und jeder Artikel wirken über das momentane Ereignis hinaus. Neben dem Verdienst muss man sich auch als Mensch einige Fragen stellen.

 

 

 

 

Konflikte: ein komplexes Thema

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Anmerkung zum Titelbild: Das Poster habe ich früher bei Seminaren für Konfliktmanagement erstellt/verwendet. Ist schon ein paar Tage her, deshalb sind die Uniformen noch grün. Bis auf die Farbe hat sich aber nichts geändert.

Otto Fürst von Bismarck soll gesagt haben: „Konflikte werden zu Machtfragen; wer die Macht in den Händen hat, geht dann in seinem Sinne vor.“ Dieser Satz könnte 1:1 von einer leitenden oder einem leitenden Beamten aus dem Öffentlichen Dienst stammen. Egal, welches Thema man betrachtet, bei dem die Polizei eine Rolle spielt, ist der Begriff Konflikt nicht wegzudenken. Die Polizei an sich entstand aus der Tatsache heraus, dass es immer und überall Konflikte geben wird.
Selbst die Evolution ist streng genommen das Ergebnis von Konflikten. Das Gegenteil von Konflikten ist nicht Harmonie, sondern Stillstand. Harmonie ist das Ergebnis eines Lösungsansatzes. Das verwechseln viele, wenn sie darüber diskutieren. Amüsanterweise ist eine Diskussion nichts anderes als ein Lösungsweg für Konflikte, der im Gegensatz zu einer Debatte in Harmonie führen kann.
Mangelnde Übereinstimmungen in der Definition von Worten, ist einer von wesentlichen Faktoren, die eine beidseitig zufrieden stellende Konfliktbewältigung behindern. Insgesamt ist alles zu diesem Thema spannend und anspruchsvoll. Wer dort einsteigt, landet nahezu im uferlosen Wissen der Menschheit. Philosophen aller Epochen und Regionen haben sich damit beschäftigt, die Geschicke der Menschheit seit Anbeginn der uns zugänglichen Geschichte ist davon geprägt, jegliche Wissenschaft beruht darauf – und dennoch gehen viele Mitmenschen damit wenig sorgsam damit um. Womit bereits der nächste Konflikt formuliert wäre.

Bismarck formuliert eine von unzähligen Lösungen eines Konflikts: die Machtintervention. Eine gängige und ziemlich einfache Methode, die oftmals kurzfristig ein Ergebnis liefert, jedoch langfristig in Analogie zum Chinesischen Schachbrett unendlich viele neue Machtinterventionen notwendig werden lässt. Historisch musste das der Fürst selbst auch erkennen.
Durch verschiedene Ereignisse, die ich hier nicht näher ausführen kann, erinnerte ich mich an eine Geschichte, die in der Sachbearbeitung der Berliner Kriminalpolizei ständig vorkommt. Ich nehme sie zum Aufhänger einiger Betrachtungen, die ich aufgrund meiner aktuellen Lebensphase mit einigen ehemaligen Kollegen erörterte.

Kriminalität ist in einem durch Regeln geordnetes Zusammenleben von Menschen ein notwendigerweise auftretendes Phänomen. Wer meinen BLOG verfolgt, kennt meine Sichtweise, in der ich den Menschen immer auch als einen nackten Affen ersehe. Nimmt ein Affe einem anderen eine Banane weg, ist das ein Diebstahl, der bestohlene Affe hat nur kein Wort dafür. Primaten besitzen einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Das genannte Verhalten widerspricht dem, also gibt es Stress. Kriminalität wird also immer auftauchen, wenn Menschen zusammenleben, sie ist letztlich nur eine Definition.
Wesentliche Verhaltensweisen, die unseren Instinkten und evolutionär entstandenen Strukturen widerspreche, haben wir dieser Definition untergeordnet. Ich unterstelle einer oder einem jungen Kriminalbeamten in der Anfangszeit der beruflichen Laufbahn ein natürlich ausgeprägtes inneres Verständnis für das Verhalten. Es besteht eine hohe Motivation, für Ruhe und Ausgeglichenheit auf dem Affenfelsen zu sorgen.

Alles was im Laufe der nachfolgenden Jahre kommt, ist eine kulturelle Sozialisation. Zum Beispiel haben sogenannte Silberrücken auf dem oberen Teil des Felsens mehr Rechte, als die in den unteren Bereichen. In der Natur sind sie stärker, haben das bessere Genmaterial, sind intelligenter und können die Gruppe schneller vor herannahenden Feinden warnen usw..
In einer komplexen kulturell geprägten Gesellschaft sind es andere Eigenschaften, die die Zuteilung von mehr Rechten einbringen. Im Prinzip geht es aber immer noch darum, innerhalb eines Umfelds, ehemals der Affenfelsen in der Savanne, heute zum Beispiel innerhalb einer Behörde überleben zu können. Es gelten halt andere Vorgaben, die Feinde sehen anders aus, die Gefahren sind anders, die Liste würde zu lang werden.
Eine der Fähigkeiten, die ein Silberrücken in der Behörde/Öffentlicher Dienst mitbringen muss, ist die Einsicht in die Tatsache, dass Kriminalität nicht bekämpft werden kann, sondern es sich de facto um eine Eindämmung oder Verwaltung handelt. Der Durchsatz mit kriminellen Verhalten ergibt sich in der Regel aus der Anzahl der Verbote und dem Grad der Ungerechtigkeiten. Eins ist klar, haben alle Affen genug Bananen, sinkt das Bedürfnis einem anderen eine wegzunehmen. Selbst der Bananenhaufen vor dem Silberrücken interessiert nicht, wenn alle rund und satt sind. Soll er sich doch überfressen. Jeder der in irgendeiner Situation mal Mangel an Ressourcen erlebt hat, kennt die aufkommenden Probleme bei der Verteilung. Erst die gebärenden Frauen, dann die Männer mit Verteidigungsaufgaben, dann die Kinder usw.. Diese Missverhältnisse und die daraus entstehenden Schwierigkeiten hat nicht die Polizei zu verantworten, sondern die politisch Beauftragten.
Wie Eindämmen funktioniert ist auch jedem bekannt. Ich brauche Leute, Material und Geld zum Kauf bzw. zur Entlohnung. Ist alles ausreichend vorhanden, kann ich einen sicheren Damm errichten. Ist das nicht der Fall, beginnt die Flickschusterei und irgendeiner muss darüber entscheiden, wo die Flicken wichtig sind und wo noch abgewartet werden kann. Und schon wird es wieder schwierig. Wo sind denn die Flicken wichtig?
Der Berufsanfänger wird, nach dem er sich einen Überblick verschafft hat, sagen: „Na da, wo der Damm droht durchzubrechen, dort wo die Wellen am höchsten sind, und erst recht an den Stellen, wo die Flut durchbricht.“ Diese Beurteilung der Lage ist selbstverständlich grundlegend falsch und viel zu einfach gedacht. Ich lasse es mal an dieser Stelle offen, wie es wirklich läuft.

Vor langer Zeit lernte ich eine junge Kriminalbeamtin kennen, die einem Menschenhändlerring auf die Spur gekommen war. Um diesen zu bekämpfen, in diesem Entschluss bestand der erste Fehler, war sie bereit viel Arbeit zu investieren. Da sie aber auch noch andere Aufgaben hatte, musste sie innerhalb ihres Mikrokosmos eine Priorisierung vornehmen. Sie beschloss mehr für den Kampf gegen die Menschenhändler zu investieren und dafür weniger Zeit in ihrer Auffassung nach geringer schädliche Sachverhalte entweder neben her laufen zu lassen oder sie an andere abzutreten. Darüber sprach sie mit ihrem Vorgesetzten. Der hatte von seinem Vorgesetzten einen vollkommen anderen Auftrag in der Tasche. Dieser Flicken war von oben her, als nicht wichtig katalogisiert worden.
Über allem schwebt nämlich ein Begriff: Subjektives Sicherheitsgefühl der Bevölkerung. Karl – Heinz und Elfriede interessiert in erster Linie der für sie sichtbare Laubeneinbruch beim Nachbarn, und nicht die vierzehnjährige Rumänin, die beim Eintreffen in Deutschland bereits die ersten fünfzig Vergewaltigungen hinter sich hat und dann als vermeintlich Volljährige Lolita im englischen Schulmädchenkostüm für 60 EUR vom 50 jährigen Nachbarn drei Gärten weiter gevögelt wird. Wenn man ihnen das so sagt, bekommen sie immer einen komischen Gesichtsausdruck, besinnen sich kurz und schimpfen dann auf die Flüchtlinge, die bestimmt auch die Laube aufgebrochen haben.
Das subjektive Sicherheitsgefühl ist die unsichtbare Hand, die am Wahltag die Hand führt. Subjektive Wahrnehmungen haben mit rationalen Betrachtungen und komplexen Schlussfolgerungen nichts zu tun. Aber sie bestimmen darüber, wie viel Geld für den Dammbau frei gemacht wird. Zahlt der Bürger für das Sicherheitsgefühl, bleiben auch ein paar wohl überlegt einzusetzende Cent für rational ermittelte Gefahren übrig. Im vorliegenden Fall für die Eindämmung der dem regulären Wirtschaftssystem ebenbürtigen Organisierten Kriminalität (OK) und ganz am Ende auch für das Kind aus Rumänien. Das die massive Eindämmung dieser seltsamen OK langfristig dazu führen würde, dass der Damm ein wenig entlastet wird und damit auch weniger Laubeneinbrüche stattfänden ist zu kompliziert. Der nackte Primat Mensch ist mit solchen Überlegungen in der breiten Masse überfordert.

Die junge Kriminalbeamtin sah das nicht ein und geriet dadurch in einen Konflikt. Subjektiv mit dem Vorgesetzten, tatsächlich mit einem dahinter steckenden komplexen System. An dieser Stelle wäre jetzt eine hohe professionelle Führungskompetenz gefragt. Kunststück! Der arme Mann hatte seinen Posten wie viele andere auch erlangt. Stets war er an der richtigen Stelle zum richtigen Zeitpunkt gewesen. Brav hatte er die Sprache der Behörde auswendig gelernt und sie an den vorgegebenen Stellen angewendet. Stets hatte er das Eigenverständnis der Polizei propagiert und geriet damit auch niemals in Schwierigkeiten, weil die anderen es auch taten. Um ihn herum war es immer „ruhig“, wie es Vorgesetzte gern ausdrücken. Gemeint ist damit die Vermeidung von unnötigen Risiken, die nach außen (aus der Perspektive der Polizei) hin sichtbare Fehler zur Folge hätten haben können (die Zeitform ist absichtlich gewählt). Frau Koppers drückte es eleganter aus. Die Mitarbeiter müssen sich wieder mehr an die innere Räson halten, damit Schaden von der Behörde abgewendet werden kann. Niemand sollte sich der Illusion hingeben, dass das von ihr stammt, sie hat es auch nur auswendig gelernt. Weiter unten spreche ich das Konfliktmodell von Glasl an. In einem verhärteten Konflikt wird eine Stufe erreicht, in der die Teilnehmer Imageverlust befürchten und sich externe Mittstreiter suchen. Die Behördenleitung versucht taktisch (und per Dienstanweisung) den Konfliktgegner (Mitarbeiter/Untergebenen)  von seinen Mitstreitern zu isolieren, um eine bessere Position bei der Beilegung mittels Machtintervention zu haben. Ein durchaus legitimer taktischer Zug, wenn man akzeptiert, dass die anderen auch nicht auf den Kopf gefallen sind. Wenn überhaupt, sollte die Intervention an eine Stelle weiter gereicht werden, die von beiden Seiten als neutral betrachtet wird.

Von Einfühlungsvermögen, Rhetorik, Dialektik, Herstellen einer Transparenz bezüglich der Gesamtzusammenhänge (wie auch, wenn man sie selbst nicht versteht), war bei seiner Stellenbesetzung niemals die Rede. Also griff er auf das Standardrepertoire zurück: Drohen, Brüllen, Machtmittel einsetzen. Alles Ausdrücke von Hilflosigkeit. Dieses Verhalten zeigte seine Wirkung bei der jungen Beamtin: Tränen, Frustration, psychosomatische Belastungen, Aggressionen – Hilflosigkeit.

Für mich war nach wenigen Minuten ersichtlich, dass der Konflikt weniger zwischen den beiden Bestand, sondern beide Opfer eines Systems geworden waren, dass solche Konflikte hervorbringen muss. Der Vorgesetzte hatte grundsätzlich nichts verkehrt gemacht, am Ende war die Wahl seiner Mittel falsch, doch er hatte grundsätzlich die gewünschte Botschaft des Systems überbracht. „Pass Dich an oder verzieh Dich, Du hast die Wahl.“
Dieser Konflikt ist harmonisch nicht lösbar. Mein Job war es, etwas zu tun, was ich häufiger tat. „Das System ist, wie es ist, Du wirst es nicht ändern, ich werde es nicht ändern. Aber es ist bereit, sich bei Dir für die Art der Übermittlung der Botschaft mit einer Beförderung zu entschuldigen. Genau dieses und nicht mehr, kann ich für Dich heraus handeln. Dein Vorgesetzter bekommt die Ansage, dass die Botschaft richtig war, doch Brüllen suboptimal ist.“

Ich bin zur Auffassung gekommen, dass vieles schlicht mit der Bereitschaft zu tun hat, sich kaufen zu lassen. Genau da liegt auch häufig der Grund für die schlechte Stimmung in der Polizei. Wenn ich schon bereitwillig meine Ideale und Vorstellungen an den Nagel hänge bzw. aufgebe, will ich dafür fair bezahlt werden. In meiner eigenen Einheit habe ich das über Jahre verfolgt. Über sehr lange Zeit hin, war die Stimmung besser, als in den restlichen Bereich der Polizei.
Unterschiedliche Laufbahnrichtungen und Dienstgrade zogen gemeinsam an einem Strang. Die Aufträge und Einsätze passten einfach zu den Idealen und entsprachen der Überzeugung: Da gehört definitiv ein Flicken hin! Dieses „Subjektive Sicherheit Prinzip“ hielt eines Tages auch dort Einzug. Wenig später meldeten sich die ersten Stimmen: „Für das Geld und den Dienstgrad? Never!“ Bezahlt uns ordentlich, damit wir Euren Blödsinn umsetzen oder ihr dürft Euch nicht wundern, wenn wir innerlich kündigen.

In der sogenannten Konfliktforschung ist das alles bekannt. Wie eine binomische Formel, die erst einmal in einer Gleichung erkannt werden muss, muss man sich die Situation genau anschauen. Die Forderung nach einer passenden Bezahlung, ist eine Win – Win – Situation. Ihr dürft weiter machen wie bisher und wir bekommen passendes Geld, dann wird alles gut. Der sich tatsächlich ablaufende Prozess orientiert sich an dem Modell des negativen Konfliktverlaufs nach Glasl. (siehe oben) Seinem Modell springen Konflikte von einer Eskalationsstufe zur nächsten. Vielfach wird fälschlich von Prozess gesprochen, der Phasen durchläuft. Das wäre ein anderes Modell. Auf den hierarchisch folgenden Stufen sind zugeordnete Interventionsmöglichkeiten möglich. Ich will niemanden mit allen Stufen langweilen. Wer sich das Modell ansieht, wird vieles wiedererkennen. Auf der 4. Stufe suchen sich die Konfliktgegner zum Beispiel Unterstützer und sind von der Sorge um Imageverlust getrieben (siehe Koppers). Mit der 4. Stufe sind Win – Win – Strategien nicht mehr anwendbar. Dies sollte jeder vor Augen haben. Im Falle der Schiesstrainer – Affäre ist der Konflikt quasi bereits gelöst. Legt man eine Win – Lose – Strategie darüber, wird man feststellen, dass Frau Koppers per Machtintervention gewonnen hat, Herr Klaus Kandt und die Betroffenen haben verloren und können nur noch in einen Ausverkauf ihrer Ideale einwilligen.

Auf der 8. Stufe kommt es zur Zersplitterung, die Gegner wollen miteinander nichts mehr zu tun haben. Schlussendlich landen alle auf der letzten 9. Stufe: gemeinsam in den Abgrund. Es ist völlig egal was passiert, gehe ich kaputt, reiße ich Dich mit.

Laut Bismarck kann der Mächtige es in seinem Regeln. Da bin ich mal gespannt darauf.

 

In der Politik nichts Neues …

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Der AfD Vorsitzende Gauland hat es mal wieder geschafft die Gemüter zu erhitzen, damit die Partei nicht im allgemeinen Zeitgeschehen untergeht. Manchmal glaube ich, dass die Regierung darüber gar nicht unglücklich ist, dann kümmert sich wenigstens keiner um die aktuellen ernsthaft bedrohlichen Themen. Demnächst ist WM, da haben alle noch ein wenig mehr Zeit Luft zu holen. Demnächst werde ich mal nachlesen, welche Gesetze in dieser Zeit durchgewunken werden sollen.

Das Zitat von Gauland wird aus den jeweiligen Lagern unterschiedlich interpretiert. Die Sympathisanten der AfD empfinden die Aussage nicht sonderlich verwerflich, denn Gauland habe nur ein zeitliches Verhältnis angesprochen, so gesehen fallen die paar Jahre Nationalsozialismus rein von der Anzahl aus gesehen nicht weiter ins Gewicht. Kurz: Er betrachtet die Angelegenheit quantitativ und nicht qualitativ. Das Motiv ist offensichtlich. Rechtskonservative befinden sich in einer dauerhaften Identitätskrise. Sie benötigen eine deutsche Identität, die ihnen zum einen Selbstbewusstsein vermittelt, u. sie glauben lässt, einen Tick besser zu sein, als die anderen auf der Welt oder wenigstens ebenbürtig. Ein wenig hat das etwas von dem Comic Asterix & Obelix bei den Römern, in dem Cleopatra mit dem arroganten Cäsar in Streit gerät, der das ägyptische Volk herabwürdigt. Nur ist es halt schwer, sich mit der deutschen Nationalität zu brüsten, weil einem dieser kleine Österreicher in die Suppe gespuckt hat. Wäre dieses kleine Detail nicht, könnte man sich mit dem Rest brüsten. Also muss es irgendwie weg.

Die Beschimpfung als Nazi – Partei kommt der AfD dabei rhetorisch entgegen. Per Definition können sie keine Nationalsozialisten sein, also ist alles gut, was wollt ihr eigentlich? Diese Denkmuster können nur funktionieren, wenn man den Nationalsozialismus und seine Inhalte als eine mit der Gründung der NSDAP plötzlich vorhandene Erscheinungsform in Deutschland betrachtet. Fragt man sich, wie im Laufe der Jahrzehnte, eigentlich Jahrhunderte, ein Denken entstehen konnte, dass das III. Reich mit all seinen Erscheinungen möglich machte, wird es deutlich schwieriger. Recht schnell stößt man auf Identitätskrisen, eine völkische Bewegung, Antisemitismus als gesteuerte Buhmannfunktion zur Erzeugung einer inneren Einigkeit und vieles mehr. Eben darin besteht die von der AfD ausgehende Gefahr. Sie ist weniger das gefährliche Endergebnis, als der Sherpa.

Doch mir erscheint nahezu jede inhaltliche Auseinandersetzung mit der AfD sinnlos. Mit den überzeugten Ideologen und Dogmatikern ist die Diskussion ähnlich fruchtbar, wie mit einer Ordensschwester über die Existenz von Gott zu diskutieren. Bleibt nur die Option ihnen das Wasser abzugraben. Dieses Unterfangen ist ähnlich schwer. Unter dem Strich geht es ohnehin um das Verhindern eines Flächenbrandes, von dem die AfD nur ein kleinen Teil ausmacht. Ein nicht geringer Teil der Bevölkerung hat Angst. Diese Ängste lassen sich nicht von der Hand weisen. Europa und die Gesellschaften werden sich ändern. Wer die alten Verhältnisse beibehalten will, hat aus dieser Perspektive völlig zu Recht Angst. Das Problem dabei besteht darin, dass der Weg nach rechts und die damit verbundenen Strategien alles noch schlimmer machen, wie es ohnehin schon ist.
Flüchtlinge lassen sich nicht dauerhaft aufhalten, da helfen keine Grenzen, verstärkte Grenzkontrollen, Zäune oder Mauern. Einzig die Beseitigung der Ursachen würde dies leisten können. Ich bin diesbezüglich Fatalist und sehe weder Bestrebungen noch echte Chancen. Für das noch Kommende ist der Zug schon vor Jahren abgefahren, den Zenit haben wir längst überschritten. Wassermangel, Klimakatastrophen, und der geostrategische Kampf um Energie – und Rohstoffressourcen wird noch viel mehr Menschen dazu zwingen sich auf die Suche nach einem neuen Lebensraum zu begeben.
Ich habe gelernt, dass mit Wunschvorstellungen jenseits der Realität keine Lösungen gefunden werden können, ich muss mich an die Erkenntnisse der Lagebeurteilung halten und darauf meinen Einsatz abstimmen. Die Aufgabe besteht darin, eine Integration und ein Zusammenleben zu organisieren. Wie auch immer wir das anstellen, es führt kein Weg daran vorbei. Sonst werden wir alle gemeinsam grandios scheitern. Der seitens der Rechten angestrebte veränderte Deutsche Staat wird dann nur noch eine Übergangsstation bis zur endgültigen Katastrophe sein.

Kein Sozialsystem kann auf Dauer die Versorgung aller leisten, wenn keiner einzahlt. Die ehemaligen Gastarbeiterkinder gehen völlig zu Recht auf die Barrikaden, wenn mit dem Finger auf sie gezeigt wird. Ohne das Zutun ihrer Eltern und ihrer selbst, würde dieses Deutschland viel schlechter aussehen. Weltweit und national läuft es immer darauf hinaus, dass es bisher kaum Versorgungsprobleme gibt, sondern die Verteilung völlig desolat ist. Hierdurch sind überall Teufelskreisläufe bei der Bevölkerungs – und Gesellschaftsentwicklung entstanden. Die Lösungsideen der Rechten haben mit einer gerechten Verteilung nichts zu tun. Im Prinzip setzen sie auf die Lösung eine Burg zu bauen und sich auf unbestimmte Zeit gegen die Belagerer zu verteidigen. Nun ja, bisher ist fast jede Festung irgendwann eingenommen worden. Alles nur eine Frage der Menge und Ausdauer der Angreifer.

Wenn irgendetwas einen Sinn ergibt, dann ist es die Unterstützung von Leuten, die Ideen für Lösungen haben, dieses Verteilungsproblem zu lösen. Das sind leider wenige und in der Regel stoßen sie auf Verschlossenheit. Wissenschaftler aller Disziplinen sagen klar und deutlich, dass die Rettung nur noch durch die Kooperation aller Industriestaaten funktionieren kann. Sonnenenergie muss dort genutzt werden, wo die Sonne scheint. Wasserkraftwerke sollen dort gebaut werden, wo der Tidenhub am höchsten ist und Windenergie muss logischerweise an den ebenfalls passenden Stellen erzeugt werden. Überall auf der Welt müssen hierzu Kooperationen entstehen, die Weiterleitung der Energie muss ohne die Berücksichtigung von Grenzen nach dem Kriterium kurzer Wege verteilt werden. Gleichermaßen müssen die Lebensmittel angepasst zur jeweiligen Region auf kurzen Wegen zur Verfügung gestellt werden, der Wahnsinn der langen Transportwege muss sofort eingestellt werden. Nicht anders verhält es sich mit der Massentierhaltung in allen Bereichen. Pläne für die Umsetzung gibt es ausreichend, politische Anführer, die dazu bereit sind, sie anzugehen gibt es keine.

Meiner Auffassung nach ergibt sich alles aus dem Umstand heraus, dass wir unsere Herkunft nicht berücksichtigen. Der Mensch ist nun einmal nichts anderes als ein Primat, der evolutionär für ein Leben in Horden konzipiert wurde. Von einer Staatenbildung und Massengesellschaft ist in der Entwicklungsgeschichte erst seit kurzer Zeit die Rede. Wie bringe ich also eine Spezies, die für ein soziales Dasein in Horden ausgerichtet ist, dazu in einer Massengesellschaft friedlich zusammenzuleben? Neben anderen Eigenschaften haben Primaten einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Die bisherigen Lösungen für diese Aufgabe sind gescheitert. Weder der Kapitalismus noch die bisherigen Auslegungen des Kommunismus haben etwas geändert.
Der neoliberale Ansatz ist ebenso gescheitert wie der Faschismus. Der Beweis ist weltweit zu sehen und die Entwicklung der Geschehnisse ist ebenfalls eindeutig. Den nordamerikanischen Indianern wird das Zitat unterstellt: „Wenn man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen.“ Wir bleiben darauf sitzen bis es vollständig verwest ist. Ich halte das für keine schlaue Idee.

Ja, die Ängste und Sorgen sind meiner Meinung nach gerechtfertigt. Der Plan einiger Wähler, den großen Parteien mit der Wahl der AfD einen Denkzettel zu verpassen, ist unlogisch und zum Scheitern verurteilt. Die AfD selbst besitzt keinen Plan für Lösungen oder bietet welche an. In vielen Bereichen hält sie das Verleugnen der Probleme für eine gute Strategie, dass das nichts werden kann, dürfte klar sein. Ich denke, als Lucke die Partei damals gründete, war ihm das alles nicht bewusst. Nach und nach trat die die neue Rechtsbewegung an die AfD heran und unterwanderte sie. Nebenbei machen die gar keinen Hehl daraus. Nach jahrelangen eifersüchtigen Streitereien haben sie in Form der AfD eine lohnende Perspektive gefunden. Die lernen nach den langen Jahren des Scheiterns auch dazu.

Bisher sehe ich nur zwei Teilnehmer am Spiel, die einen Plan haben und das sind die multinationalen Konzerne und die Organisierte Kriminalität. Doch deren Strategien sind auf Gewinnmaximierung ausgerichtet, die können gar nicht anders. Hierzu gibt es eine Fabel von Berthold Brecht, die es auf den Punkt bringt.

Sie lautet: Ein Frosch will gerade ins Wasser springen, um auf die andere Seite eines Gewässers zu schwimmen. Da bemerkt ihn ein Skorpion. Dieser fragt den Frosch, ob er ihn auf die andere Seite mitnehmen kann. Der Frosch entgegnet, dass er Sorge hat von dem Skorpion gestochen zu werden und dann stirbt. Dieser argumentiert dagegen, in dem er darauf hinweist, dass er dann selbst auch ertrinken würde. Das leuchtet dem Frosch ein und er nimmt den Skorpion mit. Auf halber Strecke sticht ihn der Skorpion. Sterbend fragt der Frosch, warum er das getan hätte. Der Skorpion antwortet: „Weil das meiner Natur entspricht, ich kann nicht anders.“ Danach ertrinkt er zusammen mit seinem Helfer. Mehr muss man zu Konzernen und Kriminellen nicht wissen.

Was kümmert das alles einen rachsüchtigen alten Mann? Gauland hat eine Rechnung mit der CDU offen, dafür geht er über Leichen. Was die anderen umtreibt, weiß ich nicht und interessiert mich auch nicht. Ich befinde mich auch nicht in der Situation an alledem etwas zu ändern. Ich verschaffe mir nur eine eigene Genugtuung. Sollte ich jemals Enkelkinder haben, die meine Töchter fragen: „Was hat Opa damals eigentlich in dieser Zeit gemacht?“, können sie Ihnen eine Antwort präsentieren. Der hat sich hingesetzt, sich Gedanken gemacht und diese aufgeschrieben. Das tat er nicht im stillen Kämmerlein, sondern er hat versucht es im Internet zu verbreiten. Er hat nichts wirklich dagegen unternommen, aber wenigstens hat er auch nicht mitgemacht. Ich war mein halbes Leben bei der Polizei ein Beobachter, der später vom Gesehenen berichtete. Das ist meine Natur geworden.

Ich ende frei nach dem Zitat von Charles Bukowski: Am Ende sollte man der Menschheit einen Grabstein mit der Inschrift: “Hier ruht die Menschheit, sie hatte von Anfang an nicht das Zeug zum Überleben.”, hinstellen. Ich habe auch eine Vorstellung, wer diesen Stein als letzter aufstellen wird: Ein Chinese.