Zu Gast bei den Hmong

Lesedauer 2 Minuten

Wie erwähnt habe ich meine Zeit hier in Huayxay verlängert, um in einer Hütte des Project Kajsiab Laos zu übernachten. Gegründet wurde es von der Holländerin Lara Picavet zusammen mit Nzoua Vue und steht mittlerweile in Eigenverwaltung der Hmong, einem indigenen Volksstamm in Laos.
Hier ist was los! Kinder, wie die Orgelpfeifen im Alter von 3 – ca. 17 Jahre, herum rennende Hühner mit ihren Küken, Katzen mit ihren Würfen, tummeln sich zwischen den Holzhütten. Einfache Bauten, mit einem Bett und einer Toilette, bei der man das Wasser zum Spülen aus einem Bottich schöpfen muss.

Gekocht wird unter einem Dach auf einem Holzfeuer und gebacken wird in einem Lehmofen. Eine archaische Insel für Kinder armer Familien, die hier die Möglichkeit einer Schulausbildung bekommen. Heute Vormittag zog ich los, um den Kindern etwas zu besorgen. Mit Hilfe von Google versuchte ich, mich nach einem Geschäft mit Spielzeug durchzufragen. Fehlanzeige! Weit und breit nichts, aber wirklich gar nichts. Dann fand ich eine Selbsthilfebuchhandlung, in der gebrauchte Bücher und wenige Neue zum Verkauf angeboten werden. Dort landete ich einen Volltreffer. Seit 2005 gibt es «Der kleine Prinz» in einer laotischen Übersetzung. Dazu kaufte ich noch ein kleines Heft für die «Lütten», in dem ein Eisbär, ein Pinguin und eine Schildkröte durch die Welt reisen.

Ich hoffe, sie haben ein wenig Freude an den Geschichten. Ich fand sie jedenfalls immer toll. Passend dazu sitzt gerade ein ca. 9 jähriger vor dem Laptop auf der Terrasse und hört sich französische Chansons an. Was ihn gerade daran fasziniert, kann ich nicht ergründen.

Die Kleinkinder tragen hier keine Windeln. Keine Ahnung, wie sie das machen, aber letztlich sind die Gören immer in unmittelbarer Nähe. Vormittags fragte ich mich, was für eine Brühe einer der Jungen mit Kräutern anrührte. Darin werden die Kleinkinder gebadet. Ich frage mich, ob das die Mücken abhält.

Jetzt zum Abend hin habe ich mir eine Pizza bestellt. Nicht zwingend das typisch asiatische Gericht, aber ich wollte den Lehmofen in Aktion erleben. Mücken gibt es unter dem Dach jedenfalls keine, denn sie haben keinen Abzug eingebaut. Sie haben ein Fundament aus Backsteinen gesetzt und für den Rest Uferschlamm des Mekong genommen. Nach 20 Minuten hat er für eine Pizza die notwendige Temperatur. Auf dem anderen Feuer wird Wasser erhitzt und in einen Topf mit Reis darüber geleitet. Schon nach kurzer Zeit ist der «Sticky Rice» fertig. Das hat alles Hand und Fuß.

Ich kann das hier absolut empfehlen. Wer hier nicht herunterkommt, dem ist nicht mehr zu helfen. Für die Zukunft habe ich vorgenommen, denen hier ein Paket mit ein wenig Spielzeug zu schicken. Mir wird schon etwas Passendes einfallen.

Ich hoffe, noch einige Orte dieser Art zu entdecken. Aktuell fragen mich alle anderen, denen ich begegne, angefangen beim Tourismusbeauftragten bis zu anderen Reisenden, wo ich danach hin will. Sie erwarten die Antwort Luan Prabang und bekommen die Auskunft Luan Nahm. Das jemand von hier aus noch weiter hoch in den Norden fährt, versteht kaum jemand. Dabei finde ich es absolut naheliegend in das nördlich gelegene Naturreservat zu fahren. Dort werden zweitägige geführte Touren in den Dschungel angeboten. Mal sehen, vielleicht finde ich eine, die mir zusagt.

Jetzt ist Betriebsamkeit in der Outdoorküche ausgebrochen. Sieben Laoten reden durcheinander, quengelnde Kleinkinder werden geflissentlich ignoriert … bald ist Pizza Zeit.

Huayxay – nur Durchreise?

Lesedauer 4 Minuten

Laos. Backpacker, die nach Laos einreisen nehmen normalerweise den Standardweg. Von Chiang Rai aus nimmt man den Bus und fährt zur Bridge of Friendship, um dort die Grenze zu überschreiten. Von dort aus geht es direkt auf den Mekong, um mit dem Slowboat zum Weltkulturerbe Luan Prabang zu fahren. 2013 hatte ich mit meinem Kumpel Hardy die Strecke bereits aus der anderen Richtung bewältigt. Bei der Vorbereitung bin ich über eine Randnotiz im Reiseführer Lohse gestolpert. Im Grenzort Huayxay, der bereits in Laos liegt, würde es eine Einrichtung zur Unterstützung der laotischen Bergvölker geben. Dort könne man helfen, beim Kochen unterstützen und im Zweifel nur übernachten. Bisher weiß ich nicht viel über die Hilltribes, wie sie auch genannt werden, außer der Tatsache, dass sie im Vietnamkrieg missbraucht wurden und einen hohen Blutzoll für einen Krieg zahlten, der mit ihnen nichts zu tun hatte.

Als ich von der Grenze aus losfuhr, wies ich den Took Took Fahrer an, er solle mich zunächst ins Stadtzentrum bringen. Ich hatte mehr als Glück. Ich spazierte ins Guesthouse, vor dem er mich abgesetzt hatte, fragte nach einem Zimmer, bekam ein Einzelzimmer mit allem Notwendigen für 8 EUR und war glücklich. Die Grenze hatte ich zusammen mit dem deutschen Pärchen am Vortage überquert. Auch hier ein paar kleine Hinweise für Mitleser, die Ähnliches vor haben. Wer kein VISA hat, braucht ein VISA per Arrival. Das kostet 30 US Dollar – und auch nur diese nehmen sie. Dabei legen sie Wert auf neue Scheine. Alte sind ihnen suspekt. Nebenbei schwerer Fehler: Mir wären aus beruflicher Erfahrung heraus, die Neuen wesentlich verdächtiger. Auf der thailändischen Seite gibt es einen ATM, an dem man ausreichend Bath ziehen muss, die man dann beim Exchange tauschen könnte. Der Kerl dort macht sich einen Spaß daraus, alte Scheine herauszugeben, obwohl er Neue hat. Dabei ist das gar nicht notwendig. Was einem keiner sagt ist die Tatsache, dass man nach Durchschreiten der thailändischen Grenzkontrolle bei einer freundlichen Dame landet, bei der man ein Busticket für 20 Baht kaufen muss. Mit dem Bus wird man dann über die «Bridge of Friendship» gebracht. Die freundliche Frau verkauft aber nicht nur Tickets, sie tauscht auch ohne Gebühren Baht in druckfrische Dollar und Laotische Kip. Wie beschrieben – man muss es nur wissen. Auf der laotischen Seite wird man entweder nach Ausfüllen des obligatorischen Einreisezettels und vorhandenen VISA quasi durchgewunken oder eben die neuen Dollar entrichten.

Hinter der Kontrolle warten bereits die hervorragend organisierten Took – Took – Fahrer. Verhandeln mag sportliche Aspekte haben, doch bei der Strecke in die Stadt hinein reden wir von 5 EUR. Zusätzlich schwirren Schlepper der Reiseagenturen herum, die selbstverständlich das einzige beste Angebot für die Bootstour auf dem Mekong anbieten. Soviel ich weiß, gibt es ein Public Boat und eins für Touris. Ähnlich wie bei der Fahrt in Richtung Chiang Rai. An dieser Stelle ein kleiner Hinweis bezüglich des Reiseführers Lohse. So gut er auch sein mag, für Low – Budget Orientierte ist er mit Vorsicht zu genießen. Viele günstige Guesthouses tauchen schlicht nicht auf.

Am Tag meiner Ankunft tobte in den Abendstunden in Huayxay das Leben. Die Laoten feierten das Drachenboot Fest. Ich habe erfolglos versucht ein System zu erkennen, weil ich mir natürlich die beste Stelle aussuchen wollte. Ich habe nicht herausbekommen, an welcher Stelle die großen Papierboote zu Wasser gelassen wurden. Es war einfach zu voll. Die Hauptstraße war mit allen möglichen Ständen gesäumt. Zu Essen gab es auf jeden Fall genug. An einem Stand konnte man mit Luftdruckpistolen schießen. Vom Pistolenschießen verstehe ich ein wenig. Ich habe keine Ahnung warum, aber laotische Jugendliche sind verdammt gut darin. Die Packen einen Deutschuss hin, der beeindruckend ist. Ich zog mich ein wenig zurück und fand einen Zugang zum Mekong in der Nähe meines Hotels. Dort ließen dann einige junge Mönche ihre Blumeninseln zu Wasser. Bis tief in die Nacht waren die Familien mit Kind und Kegel unterwegs. Die Spuren sah ich dann am nächsten Morgen. Die halbe Stadt schien mir ein wenig verkatert zu sein.

Doch ich war immer noch neugierig auf das beschriebene Projekt. Viermal gab ich die Adresse auf Maps.me ein. Jedes Mal zeigte es mir an, dass sich die Einrichtung quasi auf der Rückseite meines Guesthouses befand. Ich konnte nicht fassen, dass ich mehr oder weniger per Zufall exakt an der richtigen Stelle gelandet war. 150 Meter Fußweg später, war ich schlauer. Es war genau dort, wo es sein sollte. Ich glaube weder an Schicksal, noch an Schuld und Teufel, aber manchmal ist es wirklich verrückt. Ich habe solche Dinge schon mehrfach erlebt. Besonders in Erinnerung ist mir geblieben, wie ich in den Achtzigern mit meiner Mutter quer durch Polen fuhr, um einen Welpen abzuholen, den uns eine Polin schuldete. Mehr oder weniger verzweifelt rannte meine Mutter, und ein Freund der Familie, mit einem Zettel in der Gegend herum und konnten nicht fassen, dass die freundlichen Passanten immer auf ein Haus zeigten. Wir waren traumwandlerisch genau an der richtigen Adresse gelandet.

Hohm

Ich bin mittlerweile weder durch Armut, Kinder, noch durch kleine Katzen, Romantik oder Engagement zu beeindrucken. Doch wenn alles zusammen kommt, ist das unfair. Was für ein Projekt! Der Besucher läuft eine Treppe hinauf und landet in einer anderen Welt. Eben war man noch in einer typischen laotischen Stadt mit Durchgangsstraße, den im kurzen Takten vorbei trötenden Rollern mit Dreier – Besetzung, laut den Abend Feiernden und grillenden Laoten, und plötzlich ist man bei den Hohms. Holzbauten auf Stelen, Holzkohleofen aus Lehm, ein Topf auf einem Holzfeuer, eine schwach beleuchtete Küche mit eifrig schnippelnden Frauen, herum rennende Kinder aller Altersklassen und ein rundherum, als wenn man sich Mitten im Dschungel befinden würde. Wow! Hinzu kamen noch ein paar kleine Mini – Katzen, die sich mit einigen Hühnern stritten.
Freundlich wurde ich von einer jungen Frau Anfang Zwanzig begrüßt. Bereitwillig zeigte sie mir eine der Holzhütten. Alles vorhanden. Strom, eine Dusche und ein Doppelbett … Ambiente ohne Ende und eine sagenhafte Ruhe, mit der Garantie von laut singenden Mönchen des angrenzenden Klosters geweckt zu werden. Spontan stotterte ich: «Two Nights?

Tomorrow?», die hatten mich einfach überrumpelt. Eigentlich wollte ich Huayxay nach zwei Nächten den Rücken kehren. In einem einfachen ausgelegten Prospekt las ich den Hinweis der aus Holland stammenden Initiatorin: «Huayxay, ist für viele Reisende nur ein Ort zur Durchreise, dabei ist es das Eingangstor für Nord -Laos.» Recht hat sie. Ich habe gerade Zeit und werde mir die Sache näher anschauen. Selten habe ich ein Platz in meinem Leben kennengelernt, der mich spontan so beeindruckt hat.

Fortsetzung folgt …

Chiang Mai – Chiang Rai

Lesedauer 13 Minuten

«Manche leben in einem Zimmer, andere in einer Wohnung, der nächste lebt in einer Straße, und wieder andere in einer Stadt, in einem Land und so weiter. Ich wurde auf einem Planeten geboren. Sollte ich jemals sesshaft werden, möchte ich mir den besten Platz dafür selbst aussuchen.»


Suneal V., Backpacker, Weltreisender, Kinderbuchautor, online – Englischlehrer aus Neuseeland.

Ich habe V. als Zimmergenossen in einem Guesthouse in Chiang Mai kennengelernt. Sollte es jemanden in die Ecke verschlagen, empfehle ich mal durch die Moonroad Soi. 6 zu laufen. Vielleicht an einem Freitag, denn dann spielen in einem kleinen Straßenlokal drei alte Thailänder Country und Folksongs. Dazu wird thailändischer Branntwein ausgeschenkt. Die Straße ist belebt von Aussteigern aus allen Ländern dieser Erde, hat am Anfang einen kleinen Markt und endet mit eben jenem Guesthouse, in dem ich mir mit V., einem Lebenskünstler aus Ibiza, und nacheinander mit einer aus Bulgarien stammenden Türkin und einer Italienerin das Zimmer teilte.


Natürlich haben wir uns auch über Deutschland unterhalten. International werden Deutsche für ihre Zurückhaltung geschätzt. Dem kann ich nur beistimmen. Heute zum Beispiel stand ich an einem Fahrkartenschalter und eine ältere Thailänderin drängelte sich mit dem üblichen Lächeln im Gesicht an mir vorbei. Thailänder können das. Sie ziehen Dich über den Leisten, sind dabei aber unglaublich freundlich. Chinesen haben keinerlei Probleme damit, sich jeden nur erdenklichen Vorteil zu Deinem Nachteil zu verschaffen, ohne auch nur den Anflug eines Bedauerns zu zeigen. Fortwährend krächzen sie den Schleim aus dem Rachen und spucken vor sich hin. US Amerikaner machen den Globus gern zum Spielplatz, auf dem sie sich lautstark austoben. Manchmal hatte ich in den letzten Tagen den Eindruck, Schilder werden eigens für Deutsche aufgestellt, denn sie sind die Einzigen, welche sie lesen und achten. Andere Nationen betrachten sie mehr als Hinweise auf Etwas. Wenn dies ihrer Interpretation nach, keinen Bestand hat, wird das Schild auch nicht beachtet. Ohne Wertung! Es fällt nur auf.
Deutsche haben den Ruf einen Lebensplan zu verfolgen, der recht simpel ist. Aufstehen, zur Arbeit gehen, Sachen kaufen, für die sie noch mehr arbeiten müssen, auf das Wochenende warten, Geld ausgeben, zur Arbeit gehen, Schlafen … Sterben. Da könnte meiner Beobachtung nach tatsächlich etwas dran sein. Mit Sicherheit spielen neben der Mentalität noch ein paar andere Faktoren eine Rolle. Wenn ich ohnehin keine brauchbare Absicherung habe, muss ich auch nicht darauf setzen und kann von vornherein darauf pfeifen. Ich habe mich bei den Diskussionen bzw. Statements brav herausgehalten. Was hätte ich als pensionierter deutscher Beamter dazu sagen sollen?

Eine andere Sache fiel mir dabei auf. In vielen deutschen Werken über Lebensgestaltung, Burnout, Depressionen und Lebenshilfe, versuchen die Autoren, mühsam herzuleiten, dass es eine Garantie für ein langes Leben nicht gibt. Insofern es wenig Sinn macht, sich über Dinge Gedanken zu machen, die man unter Umständen nicht erleben wird. Neuseeländern, Australiern, Amerikanern scheint gar nicht in den Sinn zu kommen über Derartiges nachzudenken.

Doch alle jungen Europäer, die als Backpacker in den Hostels unterwegs sind, schauen auf den Heimatkontinent mit steigender Skepsis. Der Begriff «Festung Europa» hat für sie nichts Schützendes an sich, sondern geht in die Richtung Festungshaft. Einerseits macht mir das persönlich Hoffnung für die nächste Generation, andererseits wird mir der tiefe Spalt in der Gesellschaft immer bewusster. Die einen, zumeist aus meiner Generation oder älter, wollen eine Gesellschaft mit Hosenträgern und Gürtel, die anderen ziehen sich gleich eine Hose an, die für beides ungeeignet ist. Es ist eigenartig dies aus 7000 Kilometern Entfernung heraus zu betrachten, vor allem wenn man sich in Unterkünften und Gefilden herumtreibt, die einem kaum etwas von den sogenannten deutschen Standards bieten.

Doch es gibt auch diese deutschen Eigenarten, die mir persönlich erst hier auffallen. Wir sind tatsächlich das einzige Land, wo es noch einen Markt für Toilettenschüsseln gibt, wo man seine Hinterlassenschaften auf einer waagerechten Fläche begutachten kann. Sie werden weniger, aber sie werden in Baumärkten und Fachhandel noch angeboten. Keiner in Asien verwendet ernsthaft Toilettenpapier. Alles wird mit fließenden Wasser geregelt, wobei ich mir Gegenzuge über die örtlichen Abwasserregelungen lieber keine Gedanken mache. Mir fallen solche Dinge auf. Bei der Polizei gab es einen Persönlichkeitstest, wo man gefragt wurde, ob man vor dem Spülen noch einmal nachsieht, was der Körper verdaut hat. Die Psychologen gehen davon aus, dass dies jeder tut und wer behauptet, es nicht zu tun, ist unehrlich und hat seine Gründe dafür.

Nun ja, zurück zum appetitlichen Teil. Oscar Lafontaine sagte in einem Interview, moderne Staatsgrenzen grenzen heute Sozialversorgungssysteme ein, wer eine grenzfreie Welt fordert, ist naiv. Da rennt er bei mir offene Türen ein. Aber teilweise wächst eine Generation heran, die in einer völlig anderen Realität lebt. Sie glauben nicht mehr an eine Welt, wie sie heute existiert. Mit Sozialsystemen, Altersversorgung und Umweltschutz. Sie reist umher und sieht deutliche Zeichen, jenseits der Lippenbekenntnisse der politischen Führung. Der Kontinent Asien ist in den Städten eine einzige Umweltkatastrophe. China expandiert gnadenlos und holzt alles ab. Rohstoffe werden ohne Rücksicht auf Verluste gefördert. In Europa werden Umweltgifte in rauen Mengen produziert oder fallen als Abfallprodukte an. Überall wo man hinschaut, macht sich zur Schau gestelltes Kapital breit, während die Mehrheit entweder in bescheidenen Verhältnissen oder gar in Armut lebt. Schrittweise bringt die unersättliche Gier der Menschen alles außer Kontrolle. Wenn man an verschiedenen Stellen der Welt überhaupt noch ein halbwegs humanitäres System erkennen kann. Nicht zu Unrecht sagen sich da die heute 20 – 30 jährigen: Was weiß denn ich, wie die Welt in 40 Jahren aussieht?

Chiang Mai ist eine durch und durch buddhistisch geprägte Stadt. Morgens um 06:00 Uhr ziehen an einem die gewandeten Mönche vorbei. Die Geschäftsleute treten vor die Tür, verneigen sich tief und spenden ihnen. Sie, die jeden Tag emsig arbeiten, spenden denen, die allem entsagt haben. Und trotzdem die Kaufleute dies tun, lebt die Mehrheit für unsere Verhältnisse bescheiden. Sie sind leise und sehr freundlich. Es ist eine Kultur der gegenseitigen Begrüßung, des Anlächeln und gegenseitiger Dankesbekundungen. Jeder, der sich dem anpasst und sich für eine kleine Verneigung nicht zu schade ist, wird freudig angenommen.
Doch bei der Besichtigung der Tempel von Chiang Mai, kann man auch beobachten, wie die westliche Zivilisation und Dekadenz auf eine andere Kultur trifft. Was umtreibt Touristengruppen, wenn sie ungefragt die meditierenden Mönche fotografieren? Warum können sie nicht warten, bis der Verkäufer fertig ist mit seiner Fürbitte und dann erst den Laden betreten?

Auch Chiang Mai ist nicht von den frustrierten Männern verschont geblieben, die sich von emanzipierten Frauen kastriert sehen, und ausschließlich über Geld eine Verbindung herstellen können. Während sich in der Heimat die finanziell erfolgreichen Typen mit ausreichendem Budget die jungen Frauen leisten, müssen die mit weniger ins kostengünstigere Thailand ausweichen. Chiang Mai hat sehr schöne Seiten, aber auch ein ausgeprägtes unsympathisches Nachtleben.

Wie ich bereits schrieb, empfohl mir in Chiang Mai ein deutscher Auswanderer nach Chiang Rai, den Weg über Thaton zu nehmen. Dort könnte man mit dem Boot auf dem Kok eine dreistündige Bootsfahrt buchen.

In Thaton kam ich in einer Art Bungalow – Anlage unter. Auf dem Papier sollte sich direkt vor meiner Tür ein Pool befinden. Etwas Ähnliches wie ein Wasserbassin befand sich dort tatsächlich. Aber ich traute dem Wasser nicht. Bei näherer Untersuchung fand ich einen toten Frosch und einige ertrunkene Tausendfüßler im Wasser. Von Chlor konnte ich auch nichts feststellen.

Bei der Gestaltung des Zimmers hatte ein Innendesigner nette Ideen, aber einen lausigen Wartungsdienst. Irgendwie ist alles im Verfall begriffen und ein wenig schmuddelig, aber in etwa wie: «Wir haben doch sauber gemacht! Was sie alles sehen? Merkwürdig.» Es funktioniert halt und diese Dinge sind ihnen nicht wichtig. Frösche fallen nun einmal in den Pool und sterben. Gleiches gilt für Tausendfüßler und andere suizidale Insekten. Hat man jemals davon gehört, dass daran ein Mensch gestorben ist?

Zur Entschädigung gab es eine funktionierende Klimaanlage und einen tollen Blick auf den Fluss. In der Nacht ertönte ein beeindruckendes Konzert von den Bewohnern des nahe gelegenen Regenwalds. Am Morgen wurde ich mich mit einem freundlichen «Hallo!», des örtlichen Begrüßungskomitees «Freie Schaben Thailand» im Badezimmer begrüßt. Wenn die Schaben wüssten, dass ich vor einem Verspeisen frittierter Artgenossen nicht zurückschrecke, wären sie ein wenig zurückhaltender aufgetreten. Dafür blieben sie aber auch die einzigen Mitbewohner.

 Am Anfang der Zufahrtsstraße zum Bungalow Park traf ich ein deutsches Ehepaar, dem Dialekt nach aus Thüringen. Sie waren auf der Suche nach weiteren Mitreisenden, da das Boot sonst zu teuer werden würde. Das waren keine guten Aussichten. Außerdem würde es nur mit mindestens vier Leuten ablegen.

Trotz der Aussicht nicht wegzukommen, checkte ich am Folgetag aus und marschierte zum nahegelegenen Bootssteg. Vorher sah ich mich noch nach etwas Essbaren um. Wenige Meter vor der Anlegestelle fand ich ein vernünftig aussehendes Strassenlokal. An einem der Tische saß ein Europäer, den ich auf ca. Siebzig taxierte. Auf Englisch fragte ich ihn nach den Booten. Sein Dialekt verriet, dass er entweder Deutscher oder Schweizer sein musste. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen Berner handelte, der dort schon 30 Jahre festhing. Nach seiner Scheidung hatte es ihn nach Thailand gezogen. Mit Anfang Vierzig schmiss er seinen Job und nahm mit der kleinen Pension vorlieb. «Nie wieder eine Frau, hatte ich gesagt …! Und dann kam diese Thailänderin.» Zwei Kinder hatte er mit ihr, dennoch hielt es nicht. Jetzt fährt er jeden Monat nach Laos herüber, bleibt dort kurz und verlängert dann sein VISA. Seit 30! Jahren. Für eine Staatsbürgerschaft hat er kein Geld und für die Schweiz würde sein Geld nicht reichen. Während wir plauderten, gesellte sich ein Holländer mit seiner mindestens 20 Jahre jüngeren Frau zu uns. Nach einiger Zeit kam das Gespräch auf einen «Klaus», der nicht mehr wieder käme, weil er mit 65 im nahegelegenen Krankenhaus den Löffel abgab. Ich fragte sie, warum sie sich ausgerechnet Thaton ausgesucht hatten. Es gibt wahrlich schönere Ecken in Thailand. Beide zuckten mit den Schultern. Darauf hatten sie keine Antwort. Sie waren einfach an diesem Platz auf der Erde hängengeblieben. Nach glücklichen Aussteigern sahen die beiden nicht aus. Für mich wurde es Zeit, nach dem Boot zu sehen.

Siehe da: Einige Einheimische hatten sich am Steg versammelt und warteten. Mir dämmerte das Problem. Meine Thüringer waren auf ein Privatboot aus gewesen. Für die üblichen Public Boote gab es genug Interessenten. Eine Gruppe wartender Laoten lud mich sogar zum Kosten ihres ausgebreiteten Essens ein. Jeder, auch ich, nahm sich mit den Fingern einen Klumpen Reis und kratzte damit etwas vom gefährlich aussehenden Brei aus einer Schüssel. Einerseits sehr lecker, aber auch höllisch scharf. Bezüglich der möglichen Bakterien beruhigte mich das; meine Mandeln fanden es weniger lustig. Die ich anschließende Bootstour entschädigte dann die etwas strapaziöse Anreise. Für 9 EUR volle drei Stunden mit dem Boot durch eine von Dschungel, Bergen, gerodeten Tee – und Kaffeeplantagen geprägten Landschaft. Der Bootsführer verstand seinen Job und steuerte mit viel Geschick durch die Stromschnellen und Untiefen.

In Chiang Rai angekommen nervte mich mal wieder ein Taxifahrer. Ich hatte weder meinen Rucksack angeschnallt, noch war ich mit dem Anziehen meiner Schuhe fertig, da begann er bereits auf mich einzureden. Doch langsam bekomme ich darin Routine. Ich zeigte meine Schuhe hoch und sah ihn passend an. «Ernsthaft? Du Pfosten?»,lag in meinem Blick und er verstand. Zehn Minuten später wurden wir uns einig und ich saß auf der Ladefläche seines Pick – ups. Eine durchaus normale Vorgehensweise.

Mit Skepsis marschierte ich vom Stadtzentrum aus zum gebuchten Guesthouse. Selbstverständlich hatte der Fahrer die Anschrift nur in etwa gefunden. Für Thailand hatte ich mir noch keine SIM – Karte gekauft. Aus diesem Grunde konnte ich die Jungs noch nicht mit Google – Maps steuern. Spätestens in Laos wird sich dies ändern. Doch an diesem Tag konnte scheinbar nichts schief gehen. Das Guesthouse war eine Pracht. Neu, mit einer richtigen Rezeption, perfektes Englisch sprechendes Personal, beinahe Krankenhaus cleanes Zimmer mit Schlafabteilen, Klimaanlage und sauberen Duschen. Was wollte ich mehr?

Hallo Chiang Rai!

Chiang Rai ist nochmals näher zu Laos und das merkt man. Nicht zuletzt an den ersten Angeboten an frittierten Insekten. Ich hatte zunächst keine Vorstellung, wie lange ich dortbleiben würde. Doch bereits am ersten angebrochenen Tag wurde mir klar, dass ein sofortiges Weiterziehen der Stadt nicht gerecht werden würde. Zunächst stand die Ernährung im Vordergrund. Schon bei der Anfahrt fiel mir auf, dass das Guesthouse sich am Rande des Vergnügungsbereichs befand. Alle zwanzig Meter schallte mir das gewohnte «Massaaaaaaaaage?», entgegen. Nach wenigen Minuten stand ich vor dem ersten Wahrzeichen der Stadt. Ein riesiger goldner Uhrenturm. Vom Aussehen her, gehört das Ding zu Alice im Wunderland. Entstanden ist es aus der Fantasie eines Künstlers heraus, der auch den etwas außerhalb von Chiang Rai gelegenen White Temple erbaut hat. Doch zu dem komme ich später noch. Der Turm erwacht ab 19:00 Uhr und zu jeder weiteren vollen Stunde bis 22:00 Uhr zum Leben. Angenehme, aber sehr laute asiatische Musik beginnt die Kreuzung zu beschallen und der Turm wird Objekt einer Lichtinstallation.
In manchen Reiseberichten meckern einige, weil sie nicht verstehen, wie man mitten in Chiang Rai eine Disney – Figur installieren kann. Nun, ich denke mal, es ist hinreichend bekannt, dass es auf dem gesamten Kontinent etwas schriller zu geht. Das wurde mir einige Meter weiter in Form eines Tempels vor Augen geführt. Dessen Pracht hatten sie auch mit üppig installierten Scheinwerfern untermalt. Ich verzichte auf die Nennung aller Namen der Tempel. Die sind nur für jemanden interessant, der konkret dort hinfährt und hierfür existiert jede Menge Literatur.

Im Tempel traf ich eine Frau in einer weißen Uniform, die sich vor einer Buddhastatue verneigte. Sie sah furchtbar offiziell und wichtig aus. In Deutschland hätte ich von der Uniform auf einen hohen Offiziersrang bei der Marine geschlossen. Sie erklärte mir, dass genau an diesem Tag ein hoher Feiertag wäre und ich um 00:00 Uhr wieder am Tempel sein sollte. Bis dahin galt es noch einige Stunden zu überbrücken. Und es galt immer noch, mir etwas zu Essen zu besorgen. Endlich fand ich eine Straße mit Street Kitchen und schon stand ich wieder vor meinem alten Problem: Zuviel! Ich lief an den Ständen vorbei und alles sah gut aus. Der Magen knurrte, doch der Kopf wollte nicht entscheiden. Den Ausschlag gab dann das Fehlen einer Beschreibung des Essens, was sofort mit dem hervorragenden Englisch des Kochs ausgeglichen wurde. Nudelsuppe Variation 120 – und wieder ausgesprochen lecker.

Bei Street Kitchen gilt: Niemals nachdenken, sondern essen. Vermutlich bekäme jeder deutsche Vertreter eines Ordnungsamts beim Anblick der fahrenden Küchen Schnappatmung. Doch die Speisen sind absolut frisch, nahezu alle werden mit sehr hohen Temperaturen gekocht und man kann dem Koch jederzeit auf die Finger schauen. Aus dem Verkehr heraus, kommen alle zu ihrem Lieblingswagen und holen sich ihre bevorzugte Suppe in einer Plastiktüte ab. Ja, Tüte und da sehe ich ein echtes Problem, an dem sie arbeiten könnten. Ich denke wiederverwendbare Essensschüsseln könnten erheblich den Plastikmüll reduzieren. Wer am Stand sitzenbleibt, bekommt ordentliches Geschirr, Stäbchen und einen Löffel. OK, die Sache mit dem Abwasch in einem Eimer wäre dann wieder etwas für das Ordnungsamt. Aber dafür gibt es im Zweifel die desinfizierende Wirkung der Chili – Schoten, für die man meiner Meinung nach einen Waffenschein einführen sollte. Doch wer sich von seinen deutschen Allüren nicht lösen kann, sollte einen anderen Ort wählen.

Den Bauch voll, sah ich mich nach einem Kaffee um. Ich wurde in der zum Guesthouse führenden Straße fündig. Nach zehn weiteren «Massaaaaage!» Lud ein kleines Café mit Kaffee aus einer eigenen Plantage ein. Ich will mich nicht festlegen, aber wenn man aus dem Merci Hostel kommt, einfach die nächste links, an allen mies aussehenden Bars vorbei und am netten Café mit Holzeinrichtung einkehren. Auf dem Weg zum Nigthbazaar muss man da ohnehin vorbei. Plötzlich stand ein junges deutsches Pärchen vor mir, das ich in Chiang Mai kennengelernt hatte. Sie Studentin der Psychologie und er Jura. Zusammen machten wir uns auf den Weg zum Nightbazaar.
In Chiang Rai befinden sich dort auch zwei Unterhaltungsbühnen. Ich weiß nicht, was die Thailänder mit ihren Ladyboys haben, auf der einen Bühne gibt es jedenfalls jede Menge davon. Auf der anderen saß an zwei Abenden ein etwas verloren wirkender Sänger, dem niemand zuhörte. Ziemlich schade, für ein bis zwei Auftritte bei Deutschland sucht den Superstar hätte es gereicht.
Langsam ging es auf 00:00 Uhr zu. Das merkte man auch. Alle wurden unruhig und strebten zur Hauptstraße. Die gesamte Straße wurde von der Stadtbevölkerung gesäumt. Erst kamen vom Tempel her Lautsprecherwagen, die ohrenbetäubend laute Musik von sich gaben. Unfairerweise hielten sie unmittelbar vor den Gläubigen, die so auf 10 cm mit Düsentriebwerk lauter Musik betäubt wurden. Alle hatten Geschenke dabei. Da war er wieder der buddhistische Ablasshandel. Einige wirkten so, als wenn sie den auch dringend nötig hatten.
Den Wagen folgte eine Art Monstranz, die von mehreren Pick-ups begleitet wurde. Sich selbst überschlagend reichten die Gläubigen ihre Geschenke, mit denen die auf dem Wagen stehenden Typen nicht sonderlich pfleglich umgingen. Wäre das mein Viertel – Monatsgehalt gewesen, hätte ich die Kerle vom Wagen gezogen. An die Wagen schloss sich eine Ordnertruppe an, die einen ordentlichen Auftritt hinlegte. Ihr Job bestand darin, die nun folgenden Mönche, meist blutjunge Kerle bis hin zu Knaben, vor allzu großer Überschwänglichkeit zu schützen. Auch sie wurden reichlich mit Spenden bedacht. Ich wage zu bezweifeln, dass die Zehnjährigen dies alles richtig einschätzen konnten. Grund der Prozession war das Ende der Fastenzeit der Mönche. Der Legende nach, hatte Siddharta Gautama zu diesem Zeitpunkt die Erleuchtung. Normalerweise dürfte auch kein Alkohol ausgeschenkt werden. Doch diesbezüglich muss die Mehrheit etwas missverstanden haben.

Danach verabschiedete ich mich von den Deutschen und trabte in mein Guesthouse. Ich versuchte, noch ein wenig für die kommende Zeit im Internet zu recherchieren. Ernsthaft? Ich bin zu alt für diese Google Maps – Karten. Wenn schon, dann empfehle ich OpenMaps und die App Map.me. Für einen größeren Überblick gibt es nichts Besseres, als die gute alte Faltkarte. Entnervt beschloss ich, am folgenden Tag eine zu kaufen.

Gegenüber dem Merci – Hostel befindet sich ein Book – Shop für gebrauchte Bücher. Das Schwarz – Rot – Gold Schild am Eingang sagt alles. Der Shop gehört einem Bayern, der erst ein Hotel in Malaysia führte und aktuell sein Dasein in einem kleinen Haus mit unzähligen Büchern und Zitaten von Bertold Brecht an den Wänden fristet. Der Mann hatte tatsächlich eine Karte von Laos für mich. Über den Kauf hinaus, kam ich auch mit ihm ein wenig ins Gespräch. Er hat eine Schwester in Deutschland. Sie würde ihm vorwerfen, dass er alles so schwarz sehe. Dies wäre aber kein Wunder, denn sie sehe nur das Systemprogramm ARD und ZDF. Was die Merkel angerichtet hätte, wäre unglaublich. In Thailand wären Ausländer auf sich gestellt. Da bekäme man keine Hilfe. Er müsse mit seiner Rente aus Deutschland und ein wenig Zubrot auskommen.

Leider habe ich verlernt, meine Gesichtszüge zu kontrollieren. Er hakte nach: «Siehst Du das anders?»
«Immerhin bekommst Du eine Rente aus Deutschland, mit der man hier ganz gut leben kann. Und keinem Rentner würde es bessergehen, wenn alle Flüchtlinge Deutschland verließen. Ich weiß nicht, aber hier hängen Zitate von Brecht an der Wand. Wer zieht denn wirklich das Geld aus den Taschen der Armen?»
Kurz setzte er zu einem: «Stimmt eigentlich …», an. Doch dann wurde ihm dies zu kompliziert.
«Na, ja … jeder hat seine Meinung! Viel Spaß in Laos.», verabschiedete er mich. Nachdenklich machte ich mich auf den Weg in die Stadt. Der lange Arm der AfD reichte bis nach Chiang Rai. Vielleicht war die Kausalität gar nicht so abwegig. Einige von deren Klientel waren exakt hier gelandet, weil sie dieses Gedankengut im Kopf hatten. Hier saßen sie am Tresen und nörgelten aus 7000 km Entfernung über das Land, welches sie hinter sich ließen. Sie fühlten sich dort nicht mehr akzeptiert. Die Frauen waren ihnen zu emanzipiert. Mit kleinem Budget mussten sie mehr eigene Werte mitbringen, denn sie sich wie in vielen Gesellschaftskreisen üblich mittels dickem Konto kaufen konnten. Hier war es selbst ihnen möglich, mit ein paar EUR eine devote junge hübsche Frau zu ergattern. Sie blieben unter sich und verschafften sich gegenseitig einen Status und eine Identität. In ihren Gesprächsrunden waren sie schlauer, wie die in Deutschland gebliebenen Männer. Ihrer Meinung verhielten sie sich, wie sich ein Ausländer zu verhalten hat. In dem Punkt musste man ihnen recht geben. Im thailändischen Knast will niemand landen.

Mein Weg führte mich in den White Temple. Tipp: Wen es nach Chiang Rai verschlägt, kann am Bus Terminal 1 gut den Shuttle Dienst, statt dem öffentlichen Bus nehmen. Der Unterschied liegt bei 10 Baht (30 Cent). Dafür gibt es deutlich besseren Komfort.
Der White Temple ist ein Kunstprojekt eines thailändischen Künstlers und Architekten namens Chalermchai, dessen Kreativität grenzenlos zu sein scheint. Das Handwerkliche scheint nahezu allen Malern in Thailand zuzufliegen. Auf diversen Basaren kann man sie dabei bewundern, wie sie fotorealistische Bilder malen. Er ist Maler, Zeichner, Grafiker, Architekt und Bildhauer in einer Person. Mit dem White Temple, der wie der Name sagt, komplett weiß ist, versucht er, den Buddhismus auf eine moderne Art zu interpretieren. Er begann zunächst die Arbeit als ein Opfer an Buddha zu betrachten, später erkannte er die touristischen Möglichkeiten. Damit ihm keine Großspender ins Handwerk hineinreden können, hat er die Spendenhöhe begrenzt. Beim letzten Erdbeben wurde vieles zerstört, doch er begann erneut. Die Fertigstellung ist für 2070 geplant. Das werde ich dann wohl nicht mehr erleben.

Vor der üblichen Treppe zum Tempel sind links und rechts Gruben, die von Dämonenfratzen umrandet sind. Aus den Gruben recken sich verzweifelte Arme und Hände. Man fühlt sich an das Zitat von Nietzsche: «Wenn man lange genug in einen Abgrund starrt, schaut er einen, irgendwann selbst an.», erinnert. Seitwärts vom Tempel befindet sich ein Wandgemälde, welches eine Collage der zurückliegenden Ereignisse der Moderne darstellt und ständig erweitert wird. In einer Galerie sind die Acryl – Gemälde des Künstlers ausgestellt. Sämtlich sind es Bilder mit buddhistischen Symbolen, die völlig surreal, wie im LSD Rausch entstanden, erscheinen. Mir gefiel nicht alles, aber die Menge und Kreativität ist phänomenal.

Wieder im Hostel beschloss ich, am nächsten Tag Chiang Rai zu verlassen und mich auf den Weg nach Laos zu machen.

Fortsetzung folgt.

Bilder muss ich aktuell schuldig bleiben, da ich mich jetzt in diesem Augenblick in Laos befinde und es bereits kniffelig war, die Beitragsseite zu öffnen. Sie folgen …

China … das Land der Durchreise.

Lesedauer 4 Minuten

Die gigantische Größe des Pekinger  Flughafen entsprach zeitweilig dem Ausmaß meiner Entnervung. Ich habe das Gefühl, der Flughafen hat die Größe eines Berliner Stadtteils. Was der Stand der Technik anzubieten hat, wurde eingebaut. Wärmebildsensoren, Fingerabdruckscanner, Drogenscanner, 11 Milliarden Kameras, die gleiche Anzahl an Sicherheitspersonal und vieles mehr. Den Sensoren für Lithium – Ionen – Batterien fiel mein Solar – Ladepack zum Opfer. Kein Aufdruck, kein Markenname … Bye, Bye. Die aufgeklebten Gummistreifen bei den anderen Packs, die verhindern sollten, dass sie immer von Bus – und Bahntischen herunterrutschen, mussten ebenso dran glauben. Doch immerhin, ließen sie mich aus China wieder heraus. Aber der Reihe nach.

Nach der Landung in Peking, ich kam aus Ulanbataar,  rollte der Flieger, und er rollte, rollte, wollte gar nicht mehr aufhören zu rollen. Danach ging es durch das endlose Terminal zur Bordercontrol, erst wurden aber die Fingerabdrücke registriert. Gut, die haben dann ab jetzt das BKA, das LKA, Kambodscha und China. Nachdem ich dort nach Ausfüllen von drei Zetteln endlich vorbei durfte, freute ich mich darauf zum Rollband zu gehen und meinen Rucksack einzusammeln.

Hach, was bin ich doch naiv. Zu meinem Gepäck brachte mich eine futuristische Kabinenbahn. Erst rollte sie, in einer meiner Auffassung nach angemessenen Geschwindigkeit, gab dann aber nochmals Vollspeed. Holymoly! Und wieder dauerte es lange, bis die Endstation erreicht war. Bei passender Musik hätte alles etwas vom Bladerunner gehabt.Wieder im Besitz meines Rucksacks stürmte ich vor die Tür. Das alles war zuviel für die Nerven. Mit sehr tiefen Zügen rauchte ich zwei Zigaretten. Dann sah ich mich um. Ich war am Sammelpunkt der Busse gelandet, wollte aber ein Taxi nehmen. Nach einigen Missverständnissen verstand ich, dass ich ein Ebene herunter müsste. Also wieder rein ins Gebäude. Selbstverständlich erst, nachdem mich drei Polizisten auf Drogen und Sprengstoff mittels Reagenzstreifen geprüft hatten.

Unten wartete gleich eine ganze Meute in einer abgegrenzten Panikschlange auf Taxis. Vorn angekommen, bekam ich einen Hafen zugewiesen, in dem sich mein Taxifahrer befand. Taxifahrer in Peking sind Fahrer und keine Gepäckträger, sie verspüren auch wenig Lust einen Kofferraum zu öffnen. Ich ahnte, dass da noch etwas kommen würde, als er mit dem ihm hingehaltenen Zettel überhaupt nichts anfangen konnte. Trotz des Ausdrucks in seiner Schrift und Sprache, sagte ihm alles nichts. Wild gab er bei Google etwas ein und los ging die Fahrt. Gemäß Beschreibung erwartete ich eine Fahrtlänge von 10 Minuten. Bei Minute 20 wurde ich nervös.


Es wird ewig das Geheimnis dieses Mannes bleiben, warum er mich beim Airbus Test Center China absetzte. Der gute Mann von der Security verstand es auch nicht. Meine Rettung erschien in Gestalt einer attraktiven Ingenieurin aus Australierin, die mich aus Mitleid mitnahm und ihrem Fahrer die Adresse übergab. Die beiden verabschiedeten mich in einer dunklen Straße vor einem wild blinkenden Tor. Businesshotel, nahe beim Flughafen, idealer Ort, um von dort aus Peking kennenzulernen, hatte es in der Annonce geheißen. Okay! Ab durch das Tor und tatsächlich stand dort ein Haus, welches in etwa dem Foto im Internet entsprach.

Sie haben kein Photoshop verwendet, sondern einfach ein Bild von der Eröffnungsfeier 1960 genommen. An der Rezeption traf ich eine junge Frau an, die mit meinem Namen etwas anfangen konnte. Während sie kein Englisch sprach, konnte der Sicherungsmann einige Brocken. Mit viel Papier, Stiften, und einigem guten Willen, bekamen wir es dann gemeinsam hin.Dann näherte ich mich dem Zimmer. Jeder kennt das aus amerikanischen Filmen. Unten an der Rezeption der verschwiegene Kleinkriminelle, der Protagonist geht langsam schleppend auf die 20 Dollar – Bruchbude zu, in der eine Woche zuvor zwei Crack – Dealer erschossen wurden. Yeap! Exakt so sahen Zimmer und der Flur dahin aus. Egal ich kaufte mir für jeweils einen Yen zwei Bier, rauchte noch eine Zigarette und habe mich mal wieder mit Klamotten ins Bett gelegt … sicher ist sicher. Das Einfachste war die Rückfahrt zum Flughafen. Nach wenigen Minuten hatte ich sogar den Counter gefunden. Alles lief glatt … bis mein Akkupack ins Spiel kam. Ich hatte es für 5 EUR auf einem Flohmarkt in der schönen beschaulichen Wedemark bei Hannover gekauft.Eins, welches man mit Solarzellen wieder aufladen kann. Oberseite giftgrüne Umrandung der Solarzellen, unten schwarze Gummierung … keine Aufdrucke. Jetzt weiß ich Akku – Pack im Handgepäck ist gut, im Rucksack ist schlecht. Warum? Ich weiß es nicht!

Nach Auslösung der infernalisch trötenden Alarmanlage, die einem sofort ein anrückendes Bombenkommando vermuten lässt, trennte ich mich von meinem Flohmarktfund. Endlich, nach erneuten Sicherheitschecks, nochmaligen kompletten Auspacken, durfte ich mich zwei Stunden lang vor das Gate setzen.


Mein gebuchter Flieger legte auf dem Weg nach Chiang Mai/Thailand aus technischen Gründen eine Zwischenlandung hin. Alle Passagiere raus aus dem Flieger und wieder in ein Terminal hinein. Es mag sein, dass die Dame im Flieger das Procedere erläutert hat … ich habe es jedenfalls nicht verstanden. Mit Logik ließ sich die Angelegenheit auch nicht erschließen. Warum sollte ich aus dem Sicherheitsbereich heraus und den ganzen Quatsch nochmals machen?


Jedenfalls verlief ich mich auf diesem verdammten chinesischen Flughafen. Und erst nach energischen Triaden fand ich einen Sicherheitsmann, der sich meiner erbarmte und mich zum Gate brachte. Wieder stand ich vor ein grimmig blickenden Chinesin. Mit aller Ernsthaftigkeit gab sie mir auf den Weg, dass ich in Thailand Probleme bekommen würde, weil ich kein Ausreiseticket aus Thailand habe. Pustekuchen! In Thailand lächelte mich freundlich eine Frau in Uniform an, griff nach ihrem Stempel und gab mir einen Monat Zeit, mir meine Gedanken über meine Reisepläne zu machen. So nett China auch sein mag, es ist nicht der einzige schöne Platz der Erde. Nicht einmal halbwegs vernünftiges Internet bekommt man auf dem Flughafen. Facebook und WhatsApp sind, wen wundert es, gesperrt. Jetzt sitze ich beim dritten Bier (50 Cent), habe für 2 EUR verdammt scharf gegessen, vor einem vollkommen schrägen Hippie – Guesthouse, genieße die 26 Grad Außentemperatur und plane im Kopf den kommenden Tag. Ich denke der wird lustig.

Intermezzo

Lesedauer < 1 MinuteEs ist dann der Bus Nr.7 geworden. Der Dritte bot dann ausreichend Platz für ein Mann mit Rucksack u. Daypack. Im Bus hatte ich das Gefühl, dass die Abgase direkt in Bus geleitet werden. Jetzt hocke ich viel zu Früh am Flughafen. Bin halten Mädchen u. habe die Nerven verloren. Jetzt ein Kaffee für 4! USD u. keine Zigaretten. 😥 Da muss ich jetzt durch bis Peking. Hier sitzt nicht mal ein einziger herum, dem ich Verständnis für einen Schnorrer zutraue. Seltsames Gebaren. Alle qualmen, aber die Zigaretten werden verkauft wie Hardcore Pornos. Uäääääh.