6 November 2018

Es geht weiter …

Lesedauer 4 Minuten

Ich habe eine ganze Weile hier nichts in den BLOG geschrieben. Es ist nicht ganz einfach im Kopf ein nach und nach anwachsendes Buch, und einen BLOG voneinander zu trennen. Immer wieder kommt in mir der Gedanke auf: «Das hast Du doch alles schon geschrieben!» Ja … aber wo? Im BLOG oder im Kapítel zuvor?

Heute war wieder einer dieser typischen Tage. Ich machte mich um 09:00 Uhr auf den Weg. Nach zwei Kaffee stellte ich fest, dass mein Körper dann doch endlich den Tribut forderte und wenn ich schon 17 USD für eine Toilette zahle, nutze ich sie auch. Deshalb machte ich auf dem Absatz kehrt, obwohl ich gerade einen wunderschönen Platz entdeckt hatte. Ich nahm mir vor, nach einer Stunde die Sache neu anzugehen.
Nach einer Dusche machte ich erneut auf den Weg. Wenige Meter nach dem Hotel stutzte ich. War ich wirklich gerade an einem VW Bus T1 mit Kennzeichen aus Bern vorbei gelaufen? Wenige Minuten später saß ich in einem Gespräch mit einem jungen Paar aus der Schweiz, die die gesamte Strecke mit diesem zum Wohnmobil ausgebauten Oldtimer zurückgelegt hatte. Alles was die beiden zu berichten hatten, war spannend. Während wir dort saßen, sammelte sich zeitweilig eine ganze Schweizer Gemeinde. Dann hielt neben uns, auch noch ein weiterer Schweizer aus Lausanne mit einer Art umgebauten UNIMOG aus Frankreich. Er hat mir die Marke genannt, aber ich gebe zu, sie mir nicht gemerkt zu haben. Eine Stunde später gesellte sich ein weiterer aus der Schweiz stammender Backpacker zu uns und weitere drei Stunden später gesellte sich ein – aus meiner Sicht etwas seltsames Gespann aus Österreich zu uns, die mit einem 190er DB und Anhänger durch die Welt reisen. Sie bekommen wohl sogar Geld dafür und geben Interviews. Mich machte ein wenig der zufällig dezente Hinweis darauf und der wiederholte Hinweis auf ihre tolle offene Beziehung ein wenig skeptisch. Aber letztlich passte das alles ins Bild.
Wir redeten viel über die Vorzüge und Nachteile eines Wohnmobils und dem Reisen als Backpacker. Den Ablauf kenne ich mittlerweile gut. Wo kommst Du her? Wie lange bist Du hier? Wie lange bist insgesamt unterwegs? Wenn man sich etwas länger unterhält, kommt manchmal die Frage: Warum?
Das Paar aus Österreich werde ich schnell wieder vergessen. Sie haben mit Dreissig schon diesen Blick, alles gesehen, alles gevögelt, alles getrunken, ich habe Euch etwas zu erzählen. Im Gegenzuge hatten die Schweizer einen offenen Blick für die Welt und man merkte ihnen an: Wir sind auf einem großen Abenteuer unterwegs. Ihnen zuzuhören machte wirklich Freude. Ich kann mir gut vorstellen von den beiden nochmals zu hören. Wer jemals selbst einen VW Bus hatte und sich einen ausgebaut hat, kann nachvollziehen mit welchen Widrigkeiten und Glücksmomenten sie unterwegs sind. Und Hut ab: Sie haben den guten alten luftgekühlten Boxermotor, Heizbirnen mit Abgasaustauscher – Heizbirnen und offen liegenden Seilzügen – ich weiß, wovon ich spreche. Was ist dagegen ein 190er Daimler? Ok – ja Falco – auch die Kiste kann man durchgehen lassen. Gerade mal so.
Wir sprachen auch über die zahlreichen Grenzformalitäten, die ihnen mit ihren Kisten, besondere Steine in Weg legen. Meine speziellen Freunde die Chinesen konnten sich nicht mal ansatzweise vorstellen, dass es Beknackte gibt, die China mit dem eigenen Fahrzeug durchqueren wollen. In Turkmenistan packte man ihnen gar einen GPS – Sender ins Fahrzeug. Wann begreifen in der Geschichte der Menschheit eigentlich Diktatoren, ihre eigene Lächerlichkeit?

Aber dies sind Dinge für das Buch. Ich hatte einen Beitrag zum Thema Reisen und Urlaub geschrieben. Ich denke, ich muss das um einen Begriff ergänzen: Traveller. Ein sehr weites Feld und spannendes Thema. Manche sind jahrelang unterwegs und haben vollkommen vergessen, warum sie einst loszogen. Das «Travelling» ist zum Lebensinhalt geworden. Ich glaube sie sind moderne einsame Nomaden, die es verpasst haben irgendwo Halt zu machen. Ich schreibe dies ohne jegliche Kritik. Ich kann sie gut verstehen. Ich finde es besser, wenn einer ohne Halt durch die Welt zieht, als wenn einer einen Barhocker und eine Kneipe zum Halt in seinem Leben macht. Die mit dem Wohnmobil sind anfälliger, wie die Backpacker. Das Wohnmobil wird zu einem Heim, halt eins auf vier Rädern. Im gleichen Atemzuge werden aber auch die Beziehungen flüchtiger. Auch dieses kann ich verstehen. Ich war schon mehrfach in meinem Leben an dem Punkt, wo ich auf zwischenmenschliche Beziehungen einen Pfifferling gab. Wer weiß, hätte ich nicht lebende Eltern, die mir immer wieder einen Grund gaben zu verweilen, wäre ich wahrscheinlich auch längst lange Zeit auf Achse. Der eine Mensch, der einem wirklich wichtig ist, den kann man auch mitnehmen. Kinder machen irgendwann ihr eigenes Ding. Alle anderen kommen und gehen im Leben.
Mich, einem über Fünfzigjährigen, der schon ein wenig etwas gesehen hat, macht es nur stutzig, wenn aus meiner Perspektive sehr junge Leute an diesem Punkt sind. Ich musste bei meiner Abreise innerlich Grinsen, wenn ich im Gesicht des einen oder anderen den Zweifel sah, ob ich von dem Trip jemals zurück komme. Ich habe bei meiner Art zu leben gelernt, die Annehmlichkeiten des Lebens zu schätzen. Ich weiß sehr genau, was es bedeutet, mental irgendwo im Orbit ohne jegliche Zugehörigkeit unterwegs zu sein. Egal wie lange es dauert … am Ende kehre ich vermutlich immer zu meiner Basis zurück. Es sei denn, mir stellt einer das passende Wohnmobil vor die Tür. Ich gebe zu, dann könnte es eng werden. Aber ständig als Fremder unterwegs zu sein und als Fremder wieder zu gehen, ist zumindest derzeit nicht mein Way of Life. Ich werde noch eine Weile unterwegs sein und Geschichten wie ein Staubsauger aufsaugen. Bis der Tag kommt, an dem ich satt bin und wieder meine Basis zu schätzen weiß. Doch da bin ich noch nicht. Ich freue mich besonders auf einen vor mir liegenden Strand, warmes Meerwasser, coole Drinks und viele interessante Leute. Ich bin ein Kind der Achtziger. In der letzten Folge von Miami Vice standen Crockett und Tubbs an einem weißen Ferrari. Tubbs fragte Crockett, was er nach dem Quittieren des Dienst machen wolle. Seine Antwort lautete: «Ich fahre irgendwo hin, wo das Wasser warm ist, die Drinks kalt und die Frauen heiß sind.» Es muss ja nicht für die Ewigkeit sein – aber ein wenig davon gönne ich mir noch. Ich werde weiter zu berichten haben.

Demnächst stehen ein paar Tage in den Bergen mit Camping an. Dann ziehe ich weiter in die Hauptstadt von Laos. Wahrscheinlich werde ich von dort aus einen Kurzflug nach Thailand zum Meer nehmen, um dort die Inseln zu erkunden.


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Verfasst 6. November 2018 von Troelle in category "Allgemein

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