Luang Prabang Rückblick

Die Stunden hier sind gezählt. Morgen wird es weitergehen, somit ist die Zeit gekommen ein wenig zurück zu schauen. Fünf Jahre zuvor hatte ich in dieser französischen Bar an der Hauptstraße der Altstadt gesessen und mir vorgenommen, nochmals hierher zu fahren. Bereits auf dem Boot sagte ich zu meinen kurzfristigen Begleitern Eddy aus Bangkok und Micha aus Tschechien, dass ich gespannt wäre, wie die Stadt sich seither verändert hat. L. ist eine Mischung aus Kreisstadt in einem Entwicklungsland, fortwährend anwachsenden Tourismus und Erinnerung an die Französische Kolonialzeit geblieben. Wunderschöne alte Tempel, aufwendig restaurierte ursprüngliche laotische Bauten, ebenfalls sanierte Kolonialbauten, neben Zerfall, bitterer Armut, ursprünglichen Märkten mit ungewohnten Angeboten, Restaurants der Oberklasse und den üblichen Nudelsuppenküchen. Überall am Straßenrand lauern die Tuk – Tuk – Fahrer auf Kundschaft.

Die meisten Touristen kommen über Thailand hierher und freuen sich nach den aggressiven Gebaren der Händler und Massagesalons in Thailand über die Ruhe. Im Gegensatz zu deutschen Städten ist L. dennoch laut, dafür sorgen alleine schon die Tuk Tuks mit den knatternden Motoren. Die Cafés, vor fünf Jahren noch von französischen Pionieren betrieben, haben die Preise erheblich angezogen und sind oftmals auf europäischen Niveau gelandet. Auch die Hotels in den restaurierten Vierteln, wissen sich gut zu verkaufen. Wer nach L. reist, dem rate ich, dem Mekong den Rücken zuzukehren und sich im Bereich des Nebenflusses Nahm Khan, der eine Halbinsel bildet, umzusehen.

Ein absolutes Highlight war das Heritage Heuan Chan Cafe, das Bestandteil eines mit französischen Geldmitteln restaurierten Farmhauses ist. Hier stimmte einfach alles. Die Salate und Speisen werden auf Bestellung in der Lehrküche zubereitet. Verwendet werden nahezu ausschließlich selbst angebaute Kräuter. Die Sommerblütentees sind bereits rein optisch ein Genuss und sind beinahe unwirklich schön anzusehen. Wer sich in L. aufhält, muss dort einkehren.
Wie immer werfen angestrahlte Objekte auch dunkle Schatten. Ich habe mir aber auch angewöhnt auf die Dinge zu achten, die ich nicht sehe und vernehme. Ich habe keine Ahnung woran es liegt, ich habe nicht einmal ein ernsthaft bockendes Kind vernommen und keinerlei lauten Streit zwischen zwei Menschen gehört. Es gab nur eine Ausnahme. Am Mekong gibt es ein Hotel, in das ich niemals einen Gast habe gehen sehen. Zur Straße hin ist ein Tisch mit Ballon – Gläsern aufgestellt, in denen Schlangen und Tausendfüßler eingelegt sind. Für ein Foto davon soll man 2 EURO bezahlen. Im verkommenen Innern sitzt jeden Tag ein alter Europäer mit pinkfarbenen Haaren. Im Hintergrund werkelt eine alte Laotin, die fortwährend mit dem stoisch dasitzenden Typen herum zetert. Die beiden sind etwas speziell und laufen vermutlich unter Originale.
Die städtische Verwaltung unternimmt alles, um die Tourismusbranche zum ökologisches Wirtschaften zu bewegen. Strohhalme aus Bambus, verwenden und Verkauf des Kaffees aus den umliegenden Kaffeeplantagen, Reduzierung des Plastikmülls, zumeist wegen der unzähligen Plastiktüten, zu bewegen. Aber sie Kämpfen dabei auch gegen die Armut. Ein einmaliges Ablehnen einer Plastiktüte führt selten zum Erfolg. Die Uferböschung des Mekongs spricht Bände. Doch ähnliche Bilder habe ich auch schon in mitteleuropäischen Bergen, Rhein, Donau und Mosel gesehen.
L. ist auch der zentrale Sammelpunkt, an dem alle Backpacker, Abenteurer, Aussteiger, Langzeitreisende, irgendwann vorbei kommen. Man erkennt sich untereinander und kommt schnell ins Gespräch. Bei längeren Unterhaltungen kommen die wenigsten am Thema Buddhismus vorbei. Durch die vielen Mönche und Tempel ist der Buddhismus ein mitten im Raum stehender beleuchteter pinkfarbener Elefant. Kaum jemand weiß mehr darüber, als das westliche Zerrbild, welches kommerziell ausgeschlachtet wird. Selbstverständlich haben sich darauf auch die örtlichen Händler eingestellt. Kaum ein Laden bietet keine geschnitzten Holzketten, Masken (die nebenbei meistens aus dem Tibetischen stammen), Ringe, Steine und anderen Kram an. Aber der Buddhismus ist bei der Bevölkerung lebendig. Und gerade die, welche vom Mekong leben, lassen sich die Verehrung der Flussgeister nicht nehmen.
Durch das Anschneiden des Themas Buddhismus werden die Gespräche meistens ein wenig tiefer gehend. Ich freue mich, dass ich mit meinem gefährlichen Halbwissen, welches sich aus dem Studium der letzten Jahre ergeben hat, dem einen oder anderen einen etwas anderen Einblick geben konnte. Dabei dachte ich auch über meine eigene Einstellung dazu nach. Zur Zeit denke ich, dass es absolut legitim und richtig ist, sich dem mit europäischen Blick anzunähern. Nichts Anderes passierte in den letzten 2000 Jahren. Die Japaner haben den ZEN – Buddhismus begründet, die Tibeter haben ihr Gelbmützen und die zahlreichen Sekten, und in Süd – Ost – Asien gehen sie den Oldschool Weg.
Ich sprach darüber mit einem jungen Deutschen, der nun in Norwegen lebt. Er hat sich einige Jahre in den USA am ZEN – Buddhismus versucht. Es verschaffte mir eine gewisse Befriedigung, dass er ein wenig erstaunt war, dass ich Shuriyuku SUZUKI kenne. Eigentlich hätte ich überrascht sein sollen, denn SUZUKI war mehr in den ausgehenden Siebzigern eine Berühmtheit. An ihm fiel mir auf, dass es vollkommen egal ist, wie der Buddhismus interpretiert wird. Bildlich gesprochen ist die Beschäftigung mit dem Buddhismus eine hervorragende Bremsanlage im Leben. Bremsen und Anhalten, sich dem Erlebten und dem Augenblick bewusst zu werden, wird immer wichtiger. Hierüber waren wir uns beide einig. Genau dieses widerfährt vielen Backpackern in L.. Nachdem sie durch halb Thailand gereist sind, dann die zweitägige Bootsfahrt hinter sich gebracht haben, laden die französisch geprägten Straßencafés zum Verharren und Nachdenken ein. Natürlich gilt das nicht für alle, aber sie sind zu erkennen.
In Thailand fragte mich ein Neuseeländer was ich eine Woche lang in L. anstellen wolle. Verharren! Im Straßencafé sitzen und die Erlebnisse mich einholen lassen. Wenn ich wieder komplett bin, kann ich weiter reisen. Mir wird nie wieder im Leben passieren, dass zu viel Abstand zwischen mir und den Eindrücken entsteht. Was daraus wird, musste ich schmerzlich erfahren. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass ich seit meiner Abfahrt in Moskau immer ruhiger und gelassener werde. Na … ich werde sehen. Ich denke es ist an der Zeit eine Schlussformel für meine BLOG – Beiträge zu finden.
Travel Always slow, safe and consciously … Cu.