2018 – persönlicher Rückblick

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2018 liegt in den letzten Zügen. Für mich persönlich war eine Menge los in diesem Jahr. Ich habe meinen Dienst bei der Polizei quittiert, bzw. wurde ich in den Ruhestand versetzt. Damit ist ein neuer Lebensabschnitt angebrochen. Ich habe mir Lebenszeit geschenkt. Lebenszeit ist für mich zu einem wertvollen Gut geworden, von dem ich lediglich eine unbekannte Menge besitze. Damit kann ich den Wert nicht bestimmen. Im schlimmsten Fall besitze ich nur sehr wenig, im besten Falle ist noch ausreichend vorhanden. Dieses Unwissen ist eine der existenziellen Angelegenheiten des Lebens. Wären wir unsterblich oder wüssten etwas über den Zeitpunkt des Abtretens, lebten wir in einer gänzlich anderen Welt.
Jedem, der dieser Seite folgt und sich derzeit in einer schwierigen Lage befindet, kann ich ans Herz legen, darüber mal nachzudenken. Alles, womit ich mich beschäftige, ist eine Investition. Ich kann diese Zeit verschwenden oder sie achtsam nutzen. Jeder Mensch, mit dem ich mich treffe, bedeutet eine Zeitinvestition. Jeder interessante oder auch dämliche Post in einem sozialen Netzwerk, ist eine Ausgabe, die überlegt sein will. Ich muss mich jeden Tag entscheiden, ob ich die Zeit für Herumärgern, Zorn, Wut oder auch Hass verwende. Es ist eine Entscheidung, nicht mehr und nicht weniger. Nicht unser Umfeld ist dafür verantwortlich, sondern wir selbst.
2018 habe ich mir angewöhnt, jeden Menschen als Spiegel meiner selbst zu sehen. Warum und wie, sind wir in Kontakt gekommen? Welche Wege bin ich gegangen, dass die logische Konsequenz war, auf einen Menschen dieser Art zu treffen? Außer meiner Eltern, sind alle Menschen um mich herum ein Ergebnis meines Lebenswegs, meiner Entscheidungen und Persönlichkeit. Egal, was auch immer passiert, wenn keine Konformität zu meinen Vorstellungen besteht, muss ich dies in Beziehung zu meinem Verhalten setzen.

Durch Kontakte entsteht Kommunikation, und aus dieser entstehen Handlungen, aus denen sich wiederum komplette Geschehensabläufe generieren. Zusätzlich passieren lauter Sachen, die schlicht passieren und oftmals keinerlei Kausalität zueinander haben. Jedoch ist mein Gehirn nicht dazu in der Lage, dieses Fehlen zu akzeptieren und zieht alles zu einer Geschichte zusammen. Auch das galt es 2018 zu überdenken. Bestehen wirklich die Kausalitäten, die Du immer angenommen hast?

2018 habe ich auch verstanden, dass ich ein Teil des Ganzen bin, und es dadurch auch einer von mir wird. Ich konnte nur das werden, was ich bin, weil die anderen existieren. Wogegen sollte man protestieren, wenn nichts da ist? Wie kann ich begreifen, was einem Menschen wehtut, wenn ich nicht selbst verletzt wurde? Mir ist bewusst geworden, wie viele glückliche Umstände mein Leben begleitet haben, an denen ich keinerlei Anteil hatte. Ich wurde in einem reichen Land geboren und bekam eine Chance. Mein Pass ermöglicht mir das Reisen durch zig Länder. Ich bin relativ gesund. Zsa Zsa Gabor meinte mal, wer mit über 50 ohne Schmerzen erwacht, sollte prüfen, ob er tot ist. Meine Kinder sind gesund und verfügen über einen brillanten Verstand. Ich habe eine Lebensgefährtin, auf die Verlass ist. Wer, so wie ich, auf unzählige Traveller in den unterschiedlichsten Ländern trifft, lernt, wie selten das ist. Meine Eltern leben noch und ich stand in jungen Jahren nicht alleine da.
Bis 2018 habe ich ein Leben geführt, welches mir die Chance gegeben hat, diese Dinge zu erkennen. Nicht jedem Menschen ist das vergönnt. 2019 kann ich ein Leben mit dieser Erkenntnis führen und jetzt in diesem Augenblick sieht es danach aus, dass ich auch noch etwas davon habe.

2018 habe ich auf Reisen viel Not, Elend und Armut gesehen. Leider musste ich auch erkennen, dass wir uns einer Wende nähern. Realistisch betrachtet, werde ich davon nur die ersten Auswirkungen erleben, die bösen Sachen kommen erst später. Meiner Beobachtung nach, sind weltweit zu viele Faktoren entstanden, als das die bestehende Lebensart aufrecht erhalten werden könnte. Die Armen dieses Planeten werden irgendwann gar nicht mehr anders können, als den Kampf gegen das Establishment aufzunehmen. Die Dekadenz der verwalteten Wohlstandsgesellschaft wird dem wenig entgegenzusetzen haben. Der IQ der Massengesellschaft sinkt rapide und die digitale Revolution macht einen großen Teil der Menschen zur taktisch benutzbaren biologischen Masse. Je größer die Not eines Menschen ist, umso mehr ist er auf seine Intelligenz angewiesen. Steigt der Wohlstand, verschwindet diese Notwendigkeit.
In den bereisten asiatischen Ländern habe ich ausschließlich in Arm und Reich gespaltete Gesellschaften gesehen. Indigene Völker werden gnadenlos ihrer Lebensgrundlagen beraubt.
Getrieben von Gier wird der Mensch dies nicht ändern. Die wenigen Jungen, die sich dagegen auflehnen, werden vom Staat bekämpft. In vielen Bereichen ist mein alter Berufsstand Polizei nicht mehr Dienstleister der Gesellschaft, sondern zu einem verlängerten Arm der Macht geworden, die diese Macht nicht mehr zum Guten benutzt, sondern zum eifersüchtigen Erhalt eben jener. Der G20 und der Hambacher Forst haben mir persönlich gezeigt, wo die Reise hingeht. In Frankreich sieht es nicht viel besser aus. Wir haben das Recht auf gewaltfreie Lösungen aufgegeben. Wenn etwas zerstörerisch auf das Gemeinwohl einwirkt, muss es mit Gewalt bekämpft werden. Nach diesem Prinzip funktioniert auch die Polizei, wenn sie einen Widerstand bricht.

Der Klimawandel ist nicht länger eine ausschließlich mit tabellarischen Werten messbare Erscheinung, sondern ein für jedermann sichtbarer Fakt. Ob die Mongolen Opfer des «White Death» werden, die Korallenriffe sterben, sich die Arten verringern oder nie gesehene Starkregenfälle während der Regenzeit uralte Landschaften zerstören … es ist nicht zu übersehen. Auch das habe ich 2018 gesehen.

In der Summe war es für mich ein ereignisreiches Jahr, in dem ich viele interessante Menschen kennengelernt habe. Mongolische Nomaden, Hill Tribies, Sea Gypsis, Traveller, alte Hippies, Abenteurer, junge Menschen und alte Menschen von allen sieben Kontinenten. Ich wurde darin bestätigt, dass der andauernde Drogenkrieg einer der beknacktesten Kriege ist, die jemals geführt wurden. Überhaupt habe ich gesehen, das Kriege nicht mit dem letzten Schuss enden, sondern sich über Jahrzehnte, wenn nicht gar Jahrhunderte in das Bewusstsein einbrennen und die verwendeten Waffen, noch Jahre danach töten.

Mir wurde vor Augen geführt, wie schädlich das Leistungsdenken, und unsere Arbeitswelt ist. Der Mensch an sich, will sein Umfeld, egal wie wenig er hat, kreativ gestalten. Außerdem will er arbeiten. Ein Schmied, ein Konditor, ein Zimmermann, ein Kunstschlosser, kann sich mit seinem Beruf bis zum Lebensende beschäftigen, ohne jemals in Depressionen zu verfallen. Erst die Abspaltung vom Erschaffenen bzw. die Missachtung der Dienstleistung bringt Probleme mit sich. Seit Beginn der Industrialisierung dauert dieser Prozess an und wird noch üble Folgen haben. Missachtung ist ein Synonym für mangelnden Respekt.

In der Wohlstandsgesellschaft schwindet der Respekt. Dabei ist es egal, ob es sich um Menschen, Lebenswerke, das Leben oder Dinge handelt. Gleiches passiert während der Kriege und in bitterer Armut. Mir selbst ist unterwegs viel Respekt entgegengebracht worden. Meistens war es eine Folge meines Verhaltens. Andersherum habe ich unzählige Touristen gesehen, die alles dran setzten, diesen Respekt nicht zu verdienen. Sie benutzen die Länder, in denen sie ihre Ferien verbringen, wie Prostituierte. Das Penetrieren ohne Respekt, verschafft ihnen maximalen Lustgewinn.

Positiv war 2018 für mich als Mensch. Für die restliche Entwicklung war es ein Jahr innerhalb einer Ära, für die nachfolgende Generationen ihre eigene Bezeichnung finden werden. Vielleicht eines der Jahre in der Epoche der sterbenden Gesellschaftssysteme am Vorabend zur Epoche der Vernunft. Auch wenn ich selbst nur an die Fähigkeit zur Vernunft beim Einzelnen glaube und sie der Gesellschaft abspreche. Ich betone Fähigkeit! Damit habe ich nicht geschrieben, dass der Mensch vernünftig ist. Es bedarf harter Arbeit, diesen Zustand zu erreichen. Auch die Freiheit kann uns nicht einfach per Gesetz zugesprochen werden. Wir sperren uns im Geist selbst ein bzw. lassen uns durch Moral, Konventionen, Manipulationen, Denkfehler, Traditionen, Religionen, diese Freiheit des Menschen, die nicht über Gesetze geregelt werden kann, wieder nehmen.

2018 war auch das Jahr der Diskussionen über Migration. Übel fand ich den Satz: «Migration ist kein Menschenrecht!» 200.000 Jahre hat sich der Mensch Plätze zum Leben gesucht. Wurde es ungemütlich oder waren die Ressourcen verbraucht, zog er weiter. Dies war ihm möglich, weil er über Intelligenz verfügt. An einem Platz zu verharren, an dem man entweder nur dahin vegetieren kann oder zum Sterben verurteilt ist, könnte man auch als doof bezeichnen. Vielen aus den Wohlstandsgesellschaften ist diese freie Platzwahl möglich. Den Armen verweigern wir dieses, damit wir eine Wohlstandsgesellschaft bleiben. Anders: Wir bestimmen über die Möglichkeiten eines Lebewesens aus materiellen Erwägungen. Allgemein nennt man dieses einem Wesen die Würde zu nehmen oder erst gar nicht zuzugestehen. Millionenfach machen wir das mit Tieren, vor denen wir jeglichen Respekt, vor allem dem damit verbundenen Leben verloren haben.

Nun gut … ich selbst werde diesen Abend am Strand mit einem Glenmorangie, einer Havanna und vermutlich einigen Sea Gypsies verbringen. Zumindest würde ich mich freuen, wenn ich für ein paar Stunden in ihrer Mitte akzeptiert werde.


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Verfasst 31. Dezember 2018 von Troelle in category "Allgemein

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