In einer Bar mit Aliens

Zu meinen absoluten Favoriten unter Büchern gehört «Per Anhalter durch die Galaxis» von Douglas Adams. In der Jugend fand ich es amüsant. Später wurde mir bewusst, wie genial das von Adams gewählte Setting ist und welche tiefgreifende Philosophie sich zwischen den Zeilen befindet.
In meiner Fantasie stelle ich mir vor, wie ich selbst zusammen mit intergalaktischen Reisenden im «Restaurant am Rande des Universums» sitze. Dort würde ich mich bei einem Pangalaktischen Donnergurgler mit anderen intergalaktischen Travellern unterhalten. Wenn ich mich dieser Fantasie hingebe, frage ich mich stets, wie ich den anderen Lebensformen die dominante Spezies des Planeten Erde beschreiben oder gar erklären würde.
Würde das überhaupt gehen? Wie sollte ich ihnen erläutern, dass die Erde quasi gegenständlich von einigen Individuen in Besitz genommen wurde. Ein vollkommen unlogischer Vorgang. Da wir nicht selbstständig fliegen können, benötigen wir Bodenkontakt. Der Boden, die Substanzen, welche sich in ihm befinden, gehören untrennbar zum Leben dazu. Nicht umsonst wird bei christlichen Beerdigungen darauf ausdrücklich hingewiesen. Wie kann also ein Einzelner oder eine Gruppe Besitz davon nehmen? Wie soll man dies vermitteln?
Vielleicht würde ich danach gefragt werden, warum viele meiner Spezies in lebensfeindlichen Lebensräumen des Planeten leben? Logisch wäre, dass sich alle in Bereichen aufhielten, in denen Leben möglich ist. Ich müsste den anderen Reisenden die Funktion von Grenzen und ihre Bedeutung für den gesamten Planeten erläutern. Sie würden mich fragen, nach welchen Kriterien diese Grenzen gezogen wurden. Wurde darüber auf der Erde abgestimmt? Orientierte man sich an Gebirgen, Flüssen, Meeren, Wüsten? Warum dürfen manche Lebewesen diese Grenzen unkontrolliert passieren, Mitglieder der eigenen Spezies nicht und warum werden andere, wie zum Beispiel Wölfe und Bären, erschossen?
Wie könnte ich verständlich machen, dass das Wasser, analog zum Boden, von einigen Mitgliedern der Spezies in Besitz genommen wurde? Sie würden mich fragen, warum Boden und Wasser lediglich innerhalb der Spezies gehandelt werden, während andere Lebensformen auf dem Planeten nichts kaufen oder bezahlen können. Überhaupt, wie könnte ich ihnen Handel, fassbares Geld, virtuelles Geld, angeblich ein Tauschmittel, obwohl gar kein Gut zum Tauschen da ist, unnützen Besitz und andere damit in Verbindung stehende Aspekte verständlich machen?
Käme die Frage auf, wie sich meine Spezies zur dominanten auf dem Planeten entwickeln konnte? Hätte ich darauf eine Antwort? Ich könnte Kommunikation, Kooperation, einen gegenübergestellten Daumen und ein gelangweiltes Großhirn benennen. Nachfragen bezüglich der Kooperation, im Hinblick auf die Grenzziehungen, lebensfeindliche Gebiete, Handel mit dem Boden und Wasser, brächten mich ins Schleudern.
Die Reisenden von anderen Planeten wären mit Sicherheit daran interessiert, warum meine Spezies die Voraussetzungen für die Existenz der Lebensformen über mehrere hundert Jahre hinweg vernichteten. OKAY, diesbezüglich könnte ich anführen, dass wir es bis zu einem Zeitpunkt x nicht wussten. Bei allem, was nach dem dem Zeitpunkt x passierte, käme ich in Begründungsnöte. Ich müsste wieder auf den Handel, Besitz, Boden, Wasser zurückkommen und mich damit in einem geschlossenen Kreis bewegen.
Wie sollte ich diesen anderen Lebensformen das Leben auf der Erde an sich begreiflich machen? Meine Erklärung müsste lauten: “Bist Du am falschen Platz auf der Erde geboren, bist Du in den Arsch gekniffen. Um so mehr bei der Geburt Deine Hautfarbe von blass abweicht, je schwieriger wird es für Dich im Leben werden. Die Beziehungen zwischen der Spezies Mensch und anderen Lebensformen auf der Erde, sind eher schwierig. Entspricht eine andere Spezies ansatzweise dem Aussehen eines menschlichen Säuglings, wird sie als schützenswert angesehen, weicht sie davon ab, wird sie vernichtet oder schlicht aufgegessen.
Möglicherweise kämen Nachfragen beim Begriff “Umweltschutz”. Warum und vor wem, müssen wir die Welt um uns herum schützen? Und wie kann es sein, dass wir von einer Welt um uns herum sprechen, wenn wir doch Begriffsdefinition Teil dieser Welt sind. Demnach wäre Umweltschutz, der Schutz vor uns selbst.
Ich müsste ihnen davon erzählen, dass man auf der Erde andere Lebewesen sammelt und sie einsperrt, damit Menschen sie sich in Ruhe ansehen können. Besonders schwierig würde es für mich am Punkt werden, an dem ich darauf hinweise, dass dieses teilweise mit Arterhaltung begründet wird, weil der Mensch zuvor für die Ausrottung der eingesperrten Lebewesen sorgte. Ich täte dies in der Hoffnung, dass ich damit niemanden meiner Gesprächspartner auf dumme Ideen brächte, da ich auf das Universum bezogen, selbst zu einer gefährdeten Spezies gehöre.
Irgendwann würde mich vermutlich einer unterbrechen und mich skeptisch fragen, ob wir in der Vergangenheit nicht eines Tages unsere geistigen Störungen erkannten. Ich würde sagen: “Ja, aber … erstens muss ein Irrer zunächst erkennen, dass etwas bei ihm etwas schief läuft und zweitens bedarf es der Erkenntnis, dass nicht die anderen von der Vernunft abweichen, sondern er selbst. Vielleicht würde ich auf ein Gleichnis zurückgreifen.
Neurotiker, die aus paranoider Angst heraus, Türklinken nicht anfassen können, erklären meistens andere Menschen für gestört, weil sie die Gefahr einer Ansteckung nicht erkennen. Auf die Erde bezogen, erklären die Neurotiker den Vernünftigen, welche mahnend den Finger heben, dass sie zu naiv und weltfremd sind, weil sie die Gefahren der Veränderungen nicht erkennen.
Ich würde einräumen, dass wir immer mal wieder die grundlegenden Störungen im menschlichen Verhalten. erkannten. Hierzu gehört mit Sicherheit die selbstzerstörerische Gier. Eines Tages hatten einige Gestörte die Idee, dass sich die Gierigen selbst regulieren würden. Ähnlich, wie dies bei anderen Spezies auf der Erde funktioniert. Dort treffen bei der Suche nach paarungswilligen Weibchen Turnierkämpfer auf gestörte «Totkämpfer». Zum Beispiel ist dies bei Hirschen, Wölfen, Bären, der Fall. Da die Totkämpfer auf Dauer die Population gefährden, setzen die sich aber nicht durch.
In der Analogie würden sich die schädlichen Gierigen nach und nach erledigen, während die Kooperativen den Bestand der Spezies sicherten. Theoretisch hätte dies funktionieren können, wenn da nicht das Großhirn wäre, welches die Gierigen befähigte, gleich alles Leben mit ins Verderben zu reißen. Im Prinzip, als wenn ein unterlegener Hirsch, der die Grenzen eines Kampfes nicht kennt bzw. instinktiv verspürt, über die Fähigkeit verfügte, den Wald anzuzünden.
Faszinierend ist bei allem, dass die Menschheit durchaus Individuen hervorbringt, welche gute Ideen haben. Doch im Gegensatz zu allen anderen Lebewesen auf dem Planeten, erwählen Menschen gern gestörte Persönlichkeiten zu Anführern. Besonders bemerkenswert sind diejenigen, welche stoisch Wachstum fordern. Wie könnte ich dies wiederum den von mir angenommenen anderen Travellern vermitteln? “Wir Menschen wissen, dass wir begrenzte bzw. eingeschränkte Reproduktionsraten hinsichtlich der Ressourcen auf der Erde haben. Dennoch setzen wir auf stetiges Wachstum und höheren Verbrauch, denn an Mitteln reproduziert werden kann. Wir nennen diese Störung Kapitalismus bzw. Liberal.” Grundsätzlich ist ein derartiges Verhalten ein Fall für einen versierten Therapeuten … aber ich denke nicht, dass irgendeiner diesen Fall übernehmen würde.
Vom Pangalaktischen Donnergurgler sollte man bekannterweise nicht zwei trinken, es sei denn, du bist ein 30-Tonnen-Elefant mit Bronchialasthma. Doch so, wie ich mich kenne, würde mich das nicht abhalten. Schon gar nicht, weil mir beim Beschreiben und Argumentieren immer mehr die Untiefen des kollektiven Wahnsinns meiner Spezies bewusst werden würden.
Fantasie! Das letzte Refugium, welches einen davor rettet, beim Anblick der eigenen Spezies Mensch durchzudrehen. Im «Anhalter» ist die Erde ein intergalaktisches Experiment zur Ermittlung der Antwort, was die Antwort des Mega -Computers Deep Thought auf die Frage nach dem Sinn von allem, 42, zu bedeuten hat. Ich mag die Vorstellung, dass alles nur ein Experiment ist. Dies würde die Existenz diverser Menschen und ihrer verwirrten Aussagen erklären.
Elon Musk, u.a. Gründer von PayPal und Tesla, vertritt die These, dass alles nur die Computersimulation von hoch intelligenten Wesen ist. Er kommt damit Adams sehr nahe. Wenn es so sein sollte, haben sie diese vor ca. 200.000 Jahren gestartet und sind vermutlich vollkommen baff, wie die Sache mit dem Großhirn so scheitern konnte. Ich betrachte es als ausgeschlossen, dass sie in den vergangenen zweitausend Jahren regulierend eingriffen. Keine intelligente Lebensform jenseits der Erde, kann sich ausdenken, was wir in dieser Zeit veranstalteten.
Fakt ist … mir fehlen Erklärungen und Argumente dafür, was um mich herum und auf dieser Erde stattfindet. Wenn es überhaupt eine geben könnte, dann muss sie irgendetwas mit dem Großhirn zu tun haben. Hirnforscher haben herausgefunden, dass es eines Tages den Entwicklungsstand erreichte, an dem es wesentlich höhere Kapazitäten besaß, denn zum Überleben notwendig waren. Mit anderen Worten: Es begann sich zu langweilen. Und wir alle wissen, was passieren kann, wenn sich Menschen langweilen. Langeweile kann der Ursprung für Genialität, aber auch für die blödesten Aktionen, sein. Hierfür wurde eigens der Darwin Award ins Leben gerufen, mit dem meistens posthum Idioten ausgezeichnet werden, die sich durch Blödheit selbst ums Leben brachten. Doch wer sollte der kompletten Menschheit posthum diesen Preis zuordnen? Die anderen Gäste im Restaurant am Ende des Universums kennen Charles Darwin nicht. Vielleicht würden sie einen Toast auf die Idioten am anderen Ende der Galaxie aussprechen. “Auf die Volltrottel, die es geschafft haben, sich selbst auszurotten!”
Die Macher von Star Trek, Raumschiff Enterprise und Deep Space Nine sind in meinen Augen bewundernswerte Optimisten. In einigen Folgen müssen sich die Raumschiffbesatzungen mit höher entwickelten Wesen auseinandersetzen, die die Menschheit als widerlichen Virus betrachten, der das Universum befallen hat. Am Ende der Folgen gelingt es der Crew regelmäßig das Gegenteil zu beweisen. Cpt. Picard spricht in einer Folge von der Pubertät der Menschheit, die bis ins 22. Jahrhundert andauerte. Anders gesagt, der Vorderlappen des Gehirns, ist bei der Menschheit des 20. Jahrhunderts noch nicht an der richtigen Position angekommen.
Douglas Adams schrieb: «Viele kamen allmählich zu der Überzeugung, einen großen Fehler gemacht zu haben, als sie von den Bäumen heruntergekommen waren. Und einige sagten, schon die Bäume seien ein Holzweg gewesen, die Ozeane hätte man niemals verlassen dürfen.»
Ich denke auch, dass die Sache mit den Ozeanen keine gute Idee war. Nun, ich kann es nicht ändern. Wahrscheinlich ist es das Beste, mich damit abzufinden, dass ich als Weißer, an einem guten Ort, mit diversen Privilegien geboren wurde. Dazu gehört, dass ich zum Himmel schaue, weil ich das Wetter abschätzen will und nicht nach anfliegenden Bombern Ausschau halte. Wenn ich morgens mit Rückenschmerzen aufstehe, könnte das an einer maroden Matratze liegen und nicht daran, dass ich in der Wüste auf dem nackten Boden schlief. Wenn ich freien Himmel haben will, gehe ich raus und warte nicht darauf, dass der Schließer mich zum Hofgang begleitet. Wenn mein Kühlschrank leer ist, hat das etwas mit meiner Faulheit zu tun, weniger mit der Tatsache, dass es weit und breit nichts zu essen gibt.
Vielleicht sollte ich während meines imaginären Gesprächs doch noch einen dritten Drink nehmen. Dann fiele ich mit den Worten: «Ich war es nicht … und wenn jemand fragen sollte, ich war niemals auf der Erde!», ins Koma. Doch wahrscheinlich liefe es auf einen fürchterlichen Kater hinaus und die Erde hätte mich wieder.