Rassismus bei der Polizei?

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Wieder einmal kochen die GRÜNEN das Thema «Rassismus bei der Polizei» auf. Die Schlagworte lauten «Racial Profiling» und «Struktureller Rassismus». Wortführer ist der Sprecher für Antidiskriminierung von der Fraktion der GRÜNEN. Die Betonung liegt auf «Schlagworte». Zwei Fragen liegen sofort nahe. Was ist Rassismus? Was ist ein «Struktureller Rassismus»?
Gemeint ist offensichtlich der in den USA entstandene Begriff des Rassismus ohne Rassen. Wikipedia zitiert zum Thema «Struktureller Rassismus» die Psychologin Ute Osterkamp:

« … dass rassistische Denk- und Handlungsweisen nicht Sache der persönlichen Einstellungen von Individuen, sondern in der Organisation des gesellschaftlichen Miteinanders verortet sind, welche die Angehörigen der eigenen Gruppe systematisch gegenüber den Nicht-Dazugehörigen privilegieren.»

( U. Osterkamp: Rassismus als Selbstentmächtigung. Argument, Hamburg 1996, S. 201)

OK! Es gibt dabei mehrere Seiten. Zum einen wird kritisiert, dass bei Ermittlungen nicht oft genug der rassistische Hintergrund einer Straftat berücksichtigt wird und zum anderen, dass gesellschaftliche Minderheiten vermehrt kriminalisiert, kontrolliert und damit diskriminiert werden, oder sich gar einem Verhalten ausgesetzt sehen, welches eine Straftat, begangen vom eingesetzten Polizeibeamten, darstellt.

«Du bist ein Rassist!», erzeugt zunächst einmal eine emotionale Abwehr. Blende ich die mal aus, räume ich ein, einer zu sein. Eigentlich fällt mir dies persönlich gar nicht schwer. Rassismus ist im menschlichen Verhalten ein Grundprogramm. Erst das Einschalten meines Großhirns und die Aktivierung eines vernünftigen Verhaltens lässt mich davon Abstand nehmen. Dies gilt insbesondere, wenn es um einen Rassismus ohne Rasse geht. Mir persönlich ist es zu allgemein, gleich von Rassismus zu sprechen.

Wie jeder andere Mensch auch, verspüre ich Abneigungen, Ekel, Unverständnis für Verhaltens – und Denkweisen, Abscheu oder sogar Wut.

Zum Beispiel geht mir regelmäßig in den öffentlichen Verkehrsmitteln das grenzdebile Gequatsche einiger Zeitgenossen auf die Nerven. Seltsamerweise sind die meisten Kandidaten ähnlich gekleidet. Gewissermaßen ergibt dies Sinn, weil sie selbst auch das Bedürfnis haben sich von Leuten wie mir abzugrenzen. Ähnlich verhält es sich mit Heranwachsenden, welche besondere Haarschnitte favorisieren. Im Dienst nannten wir diese Frisuren «Kreisdeckelgehirnbremsen».
Früher im Dienst orientierte ich mich auf der Straße vornehmlich an meinen über Jahrzehnte hinweg entstandenen Stereotypen. Ich kann heute noch nichts Schlechtes daran finden.

Bevor ich das Wort Stereotyp lernte, nannte ich das Berufs – und Lebenserfahrung. Bitte nicht lachen, ich gehöre einer Generation an, in der Migration und Migrationshintergrund ausschließlich von Studenten der Soziologie verwendet wurden. Rassismus bezog sich lediglich auf Menschen, die dem Unsinn einer Rassenlehre anhingen. Alles andere waren Vorurteile und Diskriminierung.

In der Schule lernte ich vor langer Zeit, dass sich die Mitglieder von Subkulturen untereinander angleichen, weil sie damit u.a. ihre Gruppenzusammengehörigkeit kundtun. Das führt dazu, dass beispielsweise Mitglieder krimineller Clans relativ sicher zu erkennen sind.
Manche Gruppierungen merken nicht einmal, wie sich angleichen. Russische Straftäter haben nun einmal eine spezielle Art ihre «Herrenhandtäschen» zu tragen und fast alle haben spezielle Vorlieben für Schmuck und Kleidung. Anläßlich des Einbruchs bei CHRIST im KaDeWe meinte der Leiter, es sei hauptsächlich Schmuck gestohlen worden, der nur an Russen und Umgebung zu veräußern wäre.

Hinzu kommen Besonderheiten bei Delikten. Der potenzielle Angreifer verrät sich durch seine Körperhaltung. Scheinbar ziellos in der Gegend herumfahrende Einbrecher haben einen besonderen Habitus und eine auffällige Fahrweise. Kleinkriminelle laufen nicht wie der «normale» Spaziergänger auf der Straße. Das schlechte Gewissen, die Panik beobachtet zu werden, die ewige Angst von der Polizei erwischt zu werden, steht ihnen quasi ins Gesicht geschrieben. Kein schönes Leben, das wird von vielen übersehen.
Bisweilen ist es auch einfach das Alter, die Uhrzeit, der Ort, die Umstände, die einen Rückschlüsse ziehen lassen. Nebenbei beruht das auf Gegenseitigkeit. Polizeierfahrende Kriminelle enttarnen eine Zivilstreife recht zügig. Gleiches gilt für Mitglieder der sogenannten linken Szene. Denen etwas vorzumachen, ist nicht einfach. Es funktioniert nur, wenn man sie sehr genau beobachtet und in der Lage ist, die Art, das Aussehen, die Sprache und den Habitus zu adaptieren.

Von einigen wird meine damalige Vorgehensweise als «Racial Profiling» bezeichnet. Bis zu einem gewissen Grad kann ich den Unmut verstehen. Man läuft als 18 Jähriger mit einigen Freunden durch einen Szenebezirk, hat sich nichts zu Schulden kommen lassen und steht plötzlich an der Wand, weil in der Nähe ein Fahrzeug gebrannt hat. OK! Gegenvorschläge? Es ist nun einmal nicht von der Hand zu weisen, dass man um 03:00 Uhr in der Nähe der Rigaer zum Kreis der Verdächtigen gehört.

Anders ergeht es nicht dem nächtens ziellos in der Straße herumlaufenden Mann um die vierzig, wenn es in der Gegend mehrfach zu Brandstiftungen gekommen ist und die eingesetzten Fahnder nach einem Feuerteufel Ausschau halten. Oder was ist mit dem einsamen Mann auf einem Kinderspielplatz, der aufmerksam den dort spielenden Kindern zusieht? Meine Kriterien werden die Art seiner Blicke und seine Kleidung sein. Um so unauffälliger, je verdächtiger wird er sein.
Wenn ich auf einem Bahnhof nach illegalen Ausländern Ausschau halte, werde ich mein Augenmerk auf Leute richten, die danach aussehen. Besonders verdächtig werden sich Personen machen, die zum Wetter äußerst unpassend gekleidet sind. Die armen Frauen und Kerle haben nämlich meistens nur eine Garnitur. Osteuropäer, die stundenlang mit ihrem Rollkoffer über den Bahnhof irren, verdienen sich eine besondere Aufmerksamkeit. So benehmen sich in der Regel professionelle Taschendiebe. Wenn ich dann auch noch sehe, dass sie sich eben noch unterhielten und von einem Moment auf den anderen sich nicht mehr zu kennen scheinen, sollte jeder Fahnder alarmiert sein.

In den Vierteln, die von den Clans kontrolliert werden, besteht für jeden entsprechend aussehenden Fahrer einer hochklassigen Limousine die Gefahr, mit der Polizei in einen Konflikt zu geraten. Wer unschuldig ist, soll sich dafür bitte bei Remmou, Ali – Khan, Abou Chaker oder anderen Gesellen bedanken.

Ist das alles «Racial Profiling»?

Wie verhält es sich mit den Dealern im Görlitzer Park? Der Görlitzer ist nicht der einzige Drogenumschlagplatz in Berlin. Andere Plätze – andere Tätergruppierungen. Das Konkurrenzverhalten kommt dem Fahnder entgegen. Die Jungs aus dem «Görli» werden es tunlichst unterlassen sich an den anderen Plätzen blicken zu lassen. Wen soll der Polizist dort kontrollieren? Den niederländischen Backpacker? Die sich im Park auf der Wiese wälzenden Schwaben?

Auf einem Flyer fordern die GRÜNEN (Ich gehe aufgrund eines Tweets von ihrer Urheberschaft aus.) – BAN Racial Profiling /gefährliche Orte abschaffen.
Liebe Verfasser des Flyers, aus der Praxis für die Praxis, eine kleine Beobachtung. In der Berliner Kurfürstenstraße ist bekanntermaßen seit langer Zeit der sog. «Babystrich» u. deshalb auch ein gefährlicher Ort. Die «netten» Freier patrouillieren dort mit der Familienkutsche und schauen sich die Mädels an. Sie warten so lange, bis sie eins für reif halten. Wenn sie nämlich lange genug auf «Affe» ist, macht sie den Blowjob auch für kleines Geld. Der Status «gefährlicher Ort» ermöglicht es einer Zivilstreife, diesen Widerlingen auf die Finger zu klopfen und sie zu kontrollieren. Solche Kontrollen mögen die überhaupt nicht. Ist das für Euch auch eine ganz furchtbare Maßnahme?
An anderen Stellen, wo Drogen vertickt werden, soll der eine oder andere auch schon übel abgezogen worden sein. Die Polizei macht nicht die Drogenpolitik, sie setzt den Quatsch nur um. Aber solange wie es läuft, wie es aktuell der Fall ist, treiben sich da jede Menge Unsympathen herum, die schnell ziemlich ungemütlich werden können. Wollt Ihr die durchkommen lassen?

Die Stellen in Berlin, wo illegale Zwangsprostitution auf der Straße stattfindet, sind ebenfalls gefährliche Orte. Ja, die Mädels sind die Opfer. Aber dahinter befinden sich zwei Gruppen, an die man irgendwie herankommen muss. Zum einen die Freier, die die Notlage ausnutzen und zum anderen die Zuhälter im Hintergrund. Kontrollen sind ein unverzichtbarer Teil der Beweisführung. Abschaffen?

Ich kann nachvollziehen, dass diese Bereiche und Ansichten Berlins nicht jedermanns Gebiet sind. Manch einer kennt vielleicht noch die Band Belami. Die hatten einen Hit «Berlin bei Nacht!»

Hier ist immer was los,
hier im Herzen der City.
Heroin und Koks,
heiße Uhren und Gold.
Wenn du Stricher brauchst,
junge Knaben ohne Bauch,

Ich will nicht persönlich werden. Aber … ich habe mal nachgelesen, wer Sebastian Walter, der anfangs erwähnte Sprecher, ist. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit niemand, der sich im Berliner Nachtleben und nachts an den Stellen in Berlin herumtreibt, wo die Füße riechen, wenn die Sonne vom Himmel gefallen ist. Wenn ich etwas an Regelungen fordere, muss ich immer ein paar Schritte weiter denken, welche Folge in der Gesamtheit eintreten.

Konkret zum Thema Rassismus möchte ich anmerken, dass es in dem einen oder anderen Polizisten dunkler aussieht, als beim Standard – Rassisten. Die können nämlich langsam alle, ohne großartige Ausnahmen, nicht mehr leiden. Bisweilen kommen sich die Beamten vor, wie Pflegekräfte in einem Irrenhaus bei der Essensausgabe. Freiheit ist eine feine Sache und mein absoluter Favorit. In erster Instanz ist sie eine Pflichtaufgabe. Erst wenn ich sie meinerseits allen einräume, kann ich erwarten, dass ein System entsteht, welches sich frei nennen darf.
Bedauerlicherweise funktioniert dies mit einigen Zeitgenossen nicht. Die wollen ihre Freiheit, ohne sie anderen zu gönnen. So lange wir uns in einem System befinden, wo dies Fakt ist, wird es auch die Notwendigkeit von Kontrollen geben. Es wäre auch fair Klartext zu sprechen und auszudrücken, worum es tatsächlich geht.

Menschen mögen es nicht, wenn sie kontrolliert werden. Einige haben dafür mehr Verständnis und andere weniger. Manch einer ist auch der Meinung, mächtig das Rad anwerfen zu müssen. Diese Leute würde ich gern mal in einer Kontrolle im Ausland erleben. Man kann sich tatsächlich auch widerstandslos von der Polizei festnehmen lassen und alles Weitere in Ruhe klären. Funktioniert! Man kann aber auch immer aktiv gegenhalten. Das Leute wegen ihres Aussehens von der Straße gepflückt, und im Hausflur vermöbelt wurden, um dann ohne Protokoll wieder entlassen zu werden, soll um die 70er – 80er bei Demonstrationen vorgekommen sein. Bei besonders heftigen Straßenkämpfen gab es die Parole: «Gefangene werden nicht gemacht!» Die Zeiten sind vorbei. Im Alltagsdienst war das wenigstens seit den 70ern nicht der Fall und 2019 schon gar nicht.

Intern gibt es selbstverständlich immer mal wieder den alltäglichen menschlichen Rassismus. Es gibt aber auch klare saubere Instanzen, die dem entgegenwirken. Sonst hätte es die vielen Kollegen, die mahnend und kritisch Missstände anprangerten nicht gegeben. Besonders in sensiblen Bereichen, in denen noch andere psychologische Effekte eine Rolle spielen (Gefangenenwesen – Stanford Experiment) kommt es zu Situationen, die ich als Mensch trifft auf Mensch beschreiben würde. Und stets gab es Beamte, die gegenhielten. Doch mit irgendwelchen Beauftragten, die am Besten auch noch Laien sind, kommt da niemand weiter. Ebenso ist es absolut kontraproduktiv von der Polizei und der Struktur zu sprechen. Es lohnt sich dann doch, sehr genau hinzusehen, wo und wer handelt. Mit Gießkannenparolen und Feindbildern zu agieren verfehlt das Ziel.
Diese Methodik wird völlig zulässig den Rechtspopulisten vorgeworfen. Vollkommen unnötig werden mit der Sprachwahl und Vorgehensweise der GRÜNEN den Rechten Türen aufgestoßen. In der alten Zeitschrift MAD nannte sich das «Spion gegen Spion». Hier heißt es Dogmatiker gegen Dogmatiker. Lassen wir doch einfach mal die Phrasendrescherei und differenzieren ein wenig. Dann könnten sich auch Polizisten, ohne sich persönlich attackiert zu fühlen, an der Diskussion beteiligen.

Auf eines möchte ich am Ende noch hinweisen. Der größte Teil der Polizeiarbeit auf der Straße besteht aus Auftragsarbeiten. Einem Polizeibeamten der draußen arbeitet, ist es ziemlich egal, ob da im Görli gedealt wird oder nicht. Die wissen genau, dass es nur um eine Verdrängung geht. Das Problem wird an eine andere Stelle verlagert. Wem dies nicht gefällt, muss sich an die Politik und das Bürgertum wenden.

Ganz allein für mich, gebe ich zu, dass die Sache mit den Clans manchmal etwas Persönliches hatte. Ich würde es aber eher als Abscheu und Abneigung gegenüber einer bestimmten Sorte Charakter sehen, die ich bei Zuhältern und Rockern ebenfalls empfand. Ich mag es halt nicht, wenn sich körperlich stärkere, skrupellos an Schwachen austoben. Mit Macheten und Schusswaffen Frauen und Minderjährige zu bedrohen geht mir zu weit. Bin ich deshalb Rassist? Nun … dann ist das so.

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Verfasst 4. September 2019 von Troelle in category "Berlin", "Ethik", "Gesellschaft", "Politik", "Polizei", "Psychologie

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