6 Oktober 2019

Konflikt Polizei

Lesedauer 4 Minuten

In den zurückliegenden Wochen, durfte ein breites Publikum, einem öffentlich präsentierten schlechten Konfliktmanagement bei der Polizei in mehreren Akten, in den «Social Media» teilhaben. Wie immer gilt grundsätzlich: Der Konflikt ist gut, alleine die Lösung und der Umgang damit, kann sich schlecht auswirken.

Auf der einen Seite befinden sich Beamte, die sich in einer Partei engagieren, die traditionell nicht den größten Rückhalt in der Polizei hat. Dies hat sehr unterschiedliche Gründe. Vielfach sind es Auswirkungen von äußerst aggressiven polemischen Statements einzelner Spitzenvertreter/innen. Das Problem bei Kritik ist die Art des Vorbringens. Wird sie forsch und ungeschickt angebracht, verhärten sich die Fronten. Es werden Standpunkte eingenommen. Über die läßt sich nicht diskutieren. Diskussionen machen nur Sinn, wenn ähnliche Ziele bestehen, aber noch unklar ist, welcher Weg genommen werden soll.

Gegenüberliegend befindet sich eine relativ junge Organisation von Personalräten, die ihre Stellung zum Teil einem Protestverhalten innerhalb der Angehörigen der Polizei zu verdanken haben. Die großen Gewerkschaften GdP, Deutsche Polizeigewerkschaft DPolG und die Vereinigung Bund Deutscher Kriminalbeamter BdK, haben es in den letzten Jahren nicht vermocht, ihre Mitglieder zu überzeugen. Gerade in Berlin können die meiner Meinung nach nur sehr bedingt dafür. Das jahrzehntelange politische Versagen bei Polizeifragen durch alle Parteien im Berliner Senat, läßt wenig Spielraum für die Umsetzung gewerkschaftlicher Forderungen, zumal bei Beamten die Arbeitskampfmittel fehlen.

Eine Menge dieser Arbeit muß unter der Decke geleistet werden und läuft häufig auf einen Kuhhandel hinaus. Die jungen Wilden halten sich nicht an die Stillhalteabkommen. Damit bringen sie einiges durcheinander und vor allem treten sie für Polizeiverhältnisse recht laut auf. Das ist Geschmackssache – paßt aber durchaus zum Zeitgeist.

Der Boden für den von mir betrachteten Konflikt wurde mittels Kampagnen vorbereitet. Seit einiger Zeit stehen Behauptungen im Raum, den nach Polizisten reihenweise unzulässige Gewalt ausüben, in der Behörde ein latenter Rassismus grassiert, strukturelle rechtsradikale Tendenzen vorhanden sind und die Beamten sich verstärkt den Rechtspopulisten zuwenden. Ernstzunehmende Studien liegen derzeit nicht vor.

Durch den bestehenden Rechtsruck in der Gesellschaft und dem Aufkommen der teilweise rechtsradikal auftretenden AfD, sowie diverser Demonstrationen, an denen sich neben der AfD, Hooligans, rechte Verbände, PEGIDA und Ableger, Identitäre, Reichsbürger, beteiligen, wird die Auseinandersetzung auf der Straße härter. Verschärfend kommt die Zögerlichkeit der politischen Elite beim Thema Klima hinzu. Es ist nicht abwendbar, dass die Polizei durch ihre Aufgabenzuschreibung zwischen die Frontlinien gerät.

Doch die Polizei ist nicht nur zwischen den Fronten, sondern die im Konflikt stehenden großen Strömungen, versuchen sich in der Polizei, Unterstützer zu holen. Einige sind recht dankbar dafür. Streiten sich zwei, freut sich der Dritte. So versucht zum Beispiel die DPolG, das Beste aus dem gesellschaftlichen Konflikt herauszuholen. Ausgehend von der Annahme, dass die CDU auf die entlaufenen Kinder irgendwie reagieren muss, unterstützt sie die Werteunion und erhofft sich davon eine Besserstellung der Polizisten.


Die Kennzeichnungspflicht ist ein altes Thema. Es gibt ernstzunehmende Pro und Contra. Die Contra Argumente beziehen sich hauptsächlich auf die Sorge, dass Polizisten und damit die Polizei an sich, einem neuen Kampfmittel der Radikalen ausgesetzt werden. Ganz von der Hand zu weisen ist das nicht. Zum Beispiel sind Sitzblockaden ein radikales Kampfmittel. Das Ziel besteht weniger in einer echten Blockade, sondern es geht darum Bilder zu produzieren. Klassische Mittel der Polizei, wie Kreuzfesselgriff, Handhebel und Kopffixierungen, tun zwar bei ausbleibender Gegenwehr nicht weh, aber sie sehen unschön aus. Und genau das soll erreicht werden. Die Einsatztrainer werden neue Techniken entwickeln müssen.

Ob radikale Mittel in der aktuellen gesellschaftlichen Auseinandersetzung zulässig sind, will ich nicht bewerten. Nachvollziehbar ist aber, dass sich die attackierte Staatsgewalt dagegen wehrt. Erfolglos! Darin besteht ja der Sinn ausgeklügelter radikaler Taktiken. Gegen sie kann man nicht gewinnen. Denn egal, wie reagiert wird, der Radikale bekommt die besseren Karten zugeteilt. Saul Alinsky sagte mal: «Das beste Kampfmittel ist ein Radikaler, der zum richtigen Zeitpunkt im Knast sitzt.»

Nun sind aber die in Konflikt geratenen Beteiligten keine Radikalen, sondern Angehörige der Staatsgewalt. Die in der Partei engagierten müssen sich gefallen lassen, dass ihre Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht, besonders von den Radikalen in den Kommentaren begrüßt wird. Eins ihrer Ziele scheint darin zu bestehen einen deeskalierenden Dialog mit den Radikalen anzustreben. Das wird nicht funktionieren. Wenn, wäre ich persönlich, ein wenig von den Radikalen enttäuscht.

Aber gut, man wird sehen. Die andere Seite muß sich gefallen lassen, daß sie mit der Ablehnung die rechtskonservativen anzieht.
Den Beobachter beschleicht der Eindruck, daß es den Beteiligten um die sachliche Auseinandersetzung mit dem Thema überhaupt nicht geht. «Wie kann man Polizist sein und sich für diese Partei engagieren?» «Sie sind doch längst auf der Seite der AfD!» «Sie sind doch nur im Stab unterwegs und haben den Bezug zur Realität verloren!» «Na und Sie erst, prüfen sie mal ihre Verfassungskonformität!» Ein Trauerspiel. Mittlerweile melden sich erste Kombattanten, die in BLOG Beiträgen unter anderen die Zulässigkeit eines politischen Engagements prüfen, besonders wenn es in der «falschen» Partei stattfindet.

Grundsätzlich können die machen, was sie wollen. Doch sie sind beide richtungsweisende Signale. Ausgebildete, hochqualifizierte Beamte, sind nicht in der Lage, auf den Social Media Plattformen einen vernünftigen Dialog bei einem kontroversen Thema abzubilden. Wenn sie nicht gerade Spezialfälle sind, sollte dies Verantwortliche neugierig machen, wie es unterhalb in der Struktur aussieht. Des Weiteren wird die Polizei zwischen den gesellschaftlichen Fronten aufgerieben. Meiner eigenen Einschätzung nach, werden innerhalb der kommenden zehn Jahre die Proteste und Auseinandersetzungen noch deutlich härter werden. Der Kampf zwischen links und rechts, bzw. Klimaaktivisten und Leugnern bzw. kaptitalorientierter Bremsklötze, hat gerade mal die ersten Aufwärmübungen hinter sich. Da ist keine fortschreitende Gentrifizierung, mit der einhergehenden Verdrängung der sozialen Brennpunkte, an den Stadtrand dabei. Im Kartenhaufen befinden sich noch Terroranschläge, wirtschaftliche Einbrüche, Klimafluchtbewegungen und verstärkte Aktivitäten der organisierten Kriminellen.
Aber solange sich in Berlin der Innensenator und die Polizeipräsidentin, über 200 Beamte für 5 Bayern, komplette Spezialermittlungsgruppen für einen Park, Konfrontationen mit ein paar Besetzern leisten kann, ist die Welt halbwegs in Ordnung. Meiner Einschätzung nach, werden sich da demnächst einige wundern, was da alles noch kommt.
Dem Spuk auf den Social Media wird vermutlich demnächst durch eine Machtintervention Einhalt geboten werden. Lange sehen die Führungsriegen sich das nicht mehr an. Eigentlich schade. Ich hatte für die ehemaligen Kollegen ein wenig frische Luft erhofft. Verdächtig, oder besser gesagt, klüger, verhalten sich die alten Kämpfer von der GdP, DPolG und ein zwei Parteien, in denen sich ebenfalls Polizisten engagieren. Die bewahren Ruhe und halten sich auf den Social Media aus der Angelegenheit heraus. Wenn, dann sind es ordentlich formulierte Statements, die versuchen alle Richtungen aufzugreifen.


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Verfasst 6. Oktober 2019 von Troelle in category "Politik

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