25 Dezember 2019

Traum oder Abrechnung

Lesedauer 4 Minuten

Träumer! John Lennon besang seinen Traum. Rio Reiser sang davon, dass der Traum aus ist. Ich habe auch einen. In diesem Traum stehen alle Deutschen zu dem, was sie sind und warum sie leben können, wie sie leben. Der komplette Wohlstand, all die Annehmlichkeiten, ihre Freiheiten, bezahlt von anderen und geschützt von Menschen, die bereit sind, zweifelhafte schmutzige Dinge dafür zu tun. BND, MAD, bestimmte Dienststellen der Landeskriminalämter, LfV und BfV, Konzernvorstände, Banken. Ihr wollt weiterhin auf dem Rücken anderer Länder leben? OK! Dann lasst uns unseren Job machen. Anderenfalls zieht Eure Konsequenzen daraus oder entscheidet Euch für das Gegenteil, dann aber mit allem, was dazu gehört.

Mir steht diese heuchlerische Verlogenheit bis zur Oberkante. Ich hasse nichts mehr im Leben, wie «Wasch mich, aber mach mich nicht nass!» Es gibt keinen vernünftigen Grund dafür, warum sich ein Teil der Gesellschaft als die tollen Guten aufspielen können und andere an die Wand stellen, wenn sie an den Sauereien der Gescholtenen jeden Tag ihren Honig lutschen. Nichts von ihrem verlogenen Leben würde existieren, wenn die nicht wären. Und das betrifft alle. Selbst Autonome und Hausbesetzer sind davon nicht ausgenommen. Gäbe es nicht die Polizei und Leute, die ihnen das Leben in einem stabilen Land ermöglichten, wäre schnell Ende. Die Mehrheit der Bösen, können überall und in jeder Lage überleben. Das haben sie bis zur Meisterschaft gelernt. Ich bin da recht arrogant. Es gibt kaum ein Krisengebiet, in dem ich mir nicht bessere Chancen ausrechne, als ein verwöhnter Strassenkämpfer der neuen Generation.

Wenn die Entscheidung, es wird nicht passieren, auf dem Tisch läge … würden sie wenigstens einmal in ihrem abgefuckten Leben zu dem stehen müssen, was sie tun und sie leben. Mir würde das ausreichen. Ohne, dass ich mir davon eine Verbesserung des Lebens im Allgemeinen erhoffen würde. Ich empfände dies als Genugtuung. Sie sollen nur einmal zugeben, wer sie sind! Einmal die Scheinheiligkeit in Ehrlichkeit umwandeln. Wahrscheinlich sind sich viele dessen nicht einmal bewusst. Wie gesagt, es ist ein Traum oder eine Simulation. So Freunde, da würdet ihr ohne Zweiten Weltkrieg, Kolonialisierung, europäischer Expansion, Industrialisierung, Ausbeutung der Rohstoffe, Bündnisse mit den USA, Waffenexporte, politische Interventionen, Erpressungen der Weltbank, unfaire Wirtschaftsabkommen, stehen. Diese und jene Verwandten würden nicht mehr leben, wenn Frauen und Männer, die die Buchstaben des Gesetzes nicht ganz so genau genommen hätten, niemals bereit gewesen wären, eben jenes zu tun.

Dann würden all diese netten Bürger einmal in ihrem Leben eine saubere Entscheidung treffen. Warum bin ich darauf erpicht? Ziemlich einfach: Diese Sauberfrauen und Männer gehen mir tierisch auf den Sack. Ich kenne eine Menge Leute, die für sie den Arsch hingehalten haben. Als ich in Laos war, ist in mir eine Sicherung durchgebrannt. Ich suchte mir im Internet den Dialog von Colonel Kurtz aus Apokalypse Now heraus und verstand zum ersten Mal den tieferen Sinn seines Monologs. Seine Leute durften töten und verstümmeln, aber auf die Bomben «Das ist für Dich Charly» zu schreiben, war denen in der Heimat zu verwerflich. Ich sah zum ersten Mal mein Leben.

Das war auch mit mir geschehen. In den Krieg ziehen ist OK, aber Krieg nach den Gesetzen des Kriegs zu führen ist nicht in Ordnung. So tickt die Gesellschaft. Die braven Leute suchen sich jemanden, der für sie die Drecksarbeit macht, aber sie wollen nicht dazu stehen. Wie früher die Gerber. Alle wollen Lederklamotten tragen, aber den Gestank will keiner ertragen. In meinem Innern schreit alles: «Fickt Euch!».Meine Sozialisation sagt: «Du darfst Sie sich nicht selbst überlassen.» Die Vernunft sagt: «Wer bist Du, dass Du Dich darüber stellst?»

Die Feigen, die Schwachen, die Heuchler, brauchen immer Leute, die Ihnen ihr Leben ermöglichen. Da ist der Schwachpunkt in meiner Sozialisation. Jedem Zuhälter, Waffenhändler, Dealer, ist das vollkommen scheißegal. Sie betrachten diese Vögel als Beutetiere.Keiner, den ich aus dem Milieu kenne, versteht mein Problem. Überlebe und lebe, hieß es immer. Die Gesellschaft der Spießer war immer eine Milchkuh. Jeder Drecksack, den ich kenne überlebt jederzeit überall auf diesem Planeten. Die kann man auch im Dschungel aussetzen und sie haben schneller eine profitable Bar im Dschungel eröffnet, als sich ein Besetzer aus der Rigaer ein Bier besorgt hat. Bei allen anderen kommen mir Zweifel. Aber sie pumpen sich alle auf, als wenn sie die aller Schärfsten wären und sie tollsten Moralapostel sind.

Einmal … nur einmal … all diesen ganzen tollen Bürgern die Maske vom Gesicht reißen. Vielleicht habe ich einmal zu viel im Leben die Wahrheit gesehen. Drecksäcke! Mich verfolgt ein schwarzer Schatten. Ich wollte einmal an etwas Glauben. Ein Kumpel, so nannte ich ihn damals, war in Not. Ich machte diesen Kerl zum Symbol. Trotz eigener Probleme, half ich ihm finanziell aus seiner Notlage. Entgegengesetzt zu all meinen Erfahrungen, gab ich einem dieser Bürger eine Chance. Ein arroganter Vogel, der glaubt das System verstanden zu haben. Wie ich es erwartet hatte, blieb ich auf meinen Forderungen sitzen. Eine Geschichte, über die alle seit Jahren lachen. Seither ist dieser Penner ein neues Symbol. Eins dafür, wie die Chose im Milieu läuft und wie sie unter Bürgern läuft. Dieses Symbol hat viel mit dem Traum zu tun. Ein Rechtsanwalt, Liberaler und Schwätzer, ergo die Krönung des etablierten Bürgertums, hat mich Bullen, Milieu, in einem Anfall von Nachdenken auf` s Kreuz gelegt. Von einem auf alle zu schließen, wäre äußerst unzulässig. Aber da passierte damals mehr. Ich wollte zurück. Zurück in etwas woran ich ohnehin nicht mehr glaubte.

An ihm habe ich manifestiert, wie es läuft … eine Gesellschaft, die sich aufpumpt wie ein Ballon, immer von der Luft anderer lebend. Eine, in der die Regeln aus der Vergangenheit längst nicht mehr gelten. Hätte ich nicht mal kurz über Bürgertum nachgedacht, wäre entweder kein Geld geflossen oder jemand hätte in Berlin einen guten Orthopäden gebraucht. Was ich damit sagen will, ist der Umstand, dass ich diesen verlogenen Dreck entweder stütze oder mich anders entscheide. Für diejenigen, welche früher am Tresen in der einen oder anderen Kneipe eine Entscheidung von mir wollten: Ich hab mich für ehrlich entschieden – damit nicht zwingend für Euch. Ich ziehe auch meine Konsequenzen, aber nicht Eure. Dieses Bürgertum als Opfer zu betrachten, ist irgendwie die gleiche Denkweise – nur quer. Ich mache beides nicht mit.

Die Angesprochenen wissen, wer gemeint ist.

Weihnachten 2019


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Verfasst 25. Dezember 2019 von Troelle in category "Uncategorized

1 COMMENTS :

  1. By bmrberlin on

    Zu Weihnachten schwere Kost. Aber mir geht in diesen Tagen das massenhafte Gesülze über Hilfsbereitschaft und Selbstlosigkeit auf die Nerven. Leute, die selbst nie etwas entbehren mussten, predigen Verzicht. Vielen Dank Herr Troelle für die offenen Worte.
    Bernd, der olle Neuköllner

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