Vorurteile, Gangster und nun … ?

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Normalerweise sage ich stets: “Ich habe keine Vorurteile, sondern Lebens – und Berufserfahrung.” Doch dies ist mehr ein eine scherzhafte Bemerkung. Jeder hat Vorurteile mit unterschiedlicher Qualitäten. Ich glaube, dass es gut ist, sich seiner Vorurteile bewusst zu sein. Dies hat nichts mit einem intellektuellen Anspruch zu tun. Man lernt einfach weniger Leute kennen, wenn man sich von ihnen kritiklos und unachtsam durch das leben treibe lässt. Hinzu kommt, dass dieses Intellektuell für mich eher den Charakter eines Schimpfwortes hat, denn von mir als Kompliment zu verstehen ist. Alles zu bedenken funktioniert nicht. Am Ende kommen die Triebe, Gefühle, das ganze unbewusste Gedöns um die Ecke gebogen und belehren einen eines Besseren.

In mir sitzt eine tiefe Abneigung gegen Mitglieder der Mhallami Familien. Das ich dies so konkret benennen kann, ist bereits ein Ergebnis des bewussten Umgangs damit. Damit werde ich mit Sicherheit nicht dem gesamten Volk in Anatolien gerecht. Ich war nie dort, habe niemals mit ihnen gesprochen oder ihre Lebensumstände kennengelernt. Ich kenne sie ausschließlich aus Berlin, Frankreich und mittlerweile auch aus Malaysia. Zeitweilig ging es soweit, dass mich alleine die arabische Sprache aggressiv machte. Dabei war es mir egal, ob ich einen Syrer, Ägypter, Palästinenser oder Saudi vor mir hatte.

Ich habe sie jahrzehntelang als “Poser”, brutale Schläger, rücksichtslose Räuber, dumm dreist, primitiv, als Mörder, arrogant und schmarotzend kennengelernt. Einer von ihnen hat einen meiner Kollegen erschossen. Seine Kumpels drohten mir und Kollegen das Gleiche an. Kommen sie einem auf der Straße entgegen, beanspruchen sie die gesamte Breite. Hält einer dagegen, kommt es zur Schlägerei. Alle Regeln des menschlichen Zusammenlebens, ich meine damit nicht einmal Gesetze, werden von ihnen konsequent ignoriert. Sie haben in den Großstädten die reale Kulisse eines Hollywood Mafia Films erschaffen. Allein schon, wenn man diese Typen sagen hört: “Das ist unsere Stadt!”, kommt einem der kalte Kaffee hoch.

Ich muss nicht einmal ihre Namen kennen. Ihre Zugehörigkeit präsentieren sie mit ihrem Aussehen. Dicke Bärte, ausrasierte Frisuren, halblange Lederjacken, aufgepumpter Körper, fettes Auto, dicker Goldschmuck, Auftreten. Das ist der Punkt. Ob die Araber, Türken oder Außerirdische sind, ist vollkommen irrelevant. Maximal hat es insofern eine Bedeutung, dass sie eine Stimmung gegen andere aus diesen Regionen erzeugen. Mir ist bisher auch noch kein Asiate, eine oder einer vom Nord – /Südamerikanischen Kontinent, Frankreich, Niederlande, Spanien, begegnet, der diese Vögel leiden konnte. Ich bin der festen Überzeugung, dass man ihnen lediglich mit maximaler Härte begegnen kann. Entweder sie lassen sich davon überzeugen, dass es neben ihnen noch andere Menschen gibt oder sie müssen die Gegenwehr spüren.

Natürlich sind sie nicht die einzigen mit dieser Lebensart. Sie teilen dieses Sozialverhalten mit allen anderen Gangstergruppierungen. Ich schreibe bewusst Sozialverhalten. Es besagt lediglich, dass sie mit anderen Menschen in irgendeiner Form interagieren. Leider nicht in einer Form, die es einem anderen Menschen ermöglicht, der auf ein friedliches Zusammenleben aus ist, mit ihnen auszukommen.

Wahrscheinlich gab es historisch solche Zusammenschlüsse schon immer. Raubritter, Freibeuter, plündernde Horden der Normannen, Mongolen, Hunnen. Wurde oder wird solchen Truppen kein Einhalt geboten, kann es keinen Frieden geben. Sie gehen so weit, wie es ihnen gestattet wird. Ethische, moralische oder spirituelle Überlegungen sind von denen nicht zu erwarten. Sie sind die Verkörperung des Skorpions in der Fabel, in der er einen Frosch bittet, ihn Huckepack auf die andere Seite des Sees zu bringen. Verständlicherweise hat der Frosch seine Bedenken. Was ist, wenn der Skorpion mitten auf dem See zu sticht? Dennoch lässt er sich überzeugen. Es kommt, wie erwartet. Der Skorpion sticht zu. Sterbend fragt der Frosch nach dem Grund, immerhin sterben nun beide. Der Skorpion antwortet lakonisch: Das ist halt meine Art.

Die zur Rede stehenden Typen zerstören das Umfeld, welches ihnen Aufenthalt gewährte. Wenn es sich anpasst und ihr Niveau erreicht hat, ziehen sie weiter und nehmen sich die nächste Gesellschaft vor. In der Welt der internationalen Verbrecherorganisationen gibt es eine Hierarchie der Gewalt. Zum Beispiel residierten in den Neunzigern an der Schwarzmeerküste erst die Serben, dann wurden sie von den brutaler auftretenden Bulgaren verdrängt, die wiederum den Russen weichen mussten. In West – Deutschland wurden zu dieser Zeit die alten Mobster, zunächst von den anrückenden Kriminellen aus der ehemaligen DDR vertrieben. Es folgten die Russen, Serben und eben die Clans. Doch noch heute haben die Clans den Tschetschenen und Russen nicht viel entgegenzusetzen. Wenn die ernst machen, steht der Sieger schnell fest. Fragt man bei einer Festnahme einen russischen Gangster, ob er Schmerzen hat, lautet die Antwort: “Njet!” Fragt man ein Clan – Mitglied, ist das Gejammere groß.

Kriminelle Parallelgesellschaften gehören zum modernen Leben dazu. Aber selbst hierfür gibt es Regeln. Übertreiben sie es, folgt die Reaktion der staatlichen Organe. Zu laut, zu brutal, zu viel Unruhe, verdirbt dem Bürger die Laune und dem Gangster das Geschäft. In den USA kam es deshalb zu Offensiven gegen die Mafia, die Kolumbianer in Miami und selbst die Südamerikanischen Drogenbarone mussten ihre Lektion lernen. Russland forcierte den Kampf gegen die Banden und diverse “Diebe im Gesetz” setzten sich ins Ausland ab. Unvergessen ist auch die Hochphase in Italien, in der mehrere Ermittlungsrichter ihr Leben ließen.

Doch die Zeiten und Gesellschaften verändern sich. Teile der deutschen Gesellschaft leiden an Realitätsverlust. In grenzenloser Naivität unterstellen sie Späti -, Barber Shop -, Spielotheken – und Shisha Bar Betreibern ein unternehmerisches Interesse und mutmaßen bei polizeilichen Ermittlungen rassistische Motive. Das Wort Geldwäsche scheint in ihrem Wortschatz zu fehlen. Wären es nur einige naive Heranwachsende, könnte darüber hinweg gesehen werden. Doch manch einer versteht sich als ausgewachsener Politiker. Es ist eine Haltung, die man sich nur in Bibliotheken ohne Feindkontakt mit dem echten Leben zulegen kann.

Aber etwas anderes ist auch nicht von der Hand zu weisen. Ohne diverse Schlupflöcher wäre die Geldwäsche kaum möglich. Warum existieren diese Löcher? Nun, weil die halbseidenen Leistungsträger der “legalen” Wirtschaft an einem Verschluss keinerlei Interesse haben. Außerdem könnten die Clans ihren Geschäften ohne Kontakte zu Notaren, Immobilienmaklern, Rechtsanwälten, Finanz – und Steuerberatern nicht nachgehen. Skrupellosigkeit und Geldgier sind in Deutschland nicht strafbar – eher ist das Gegenteil der Fall. Den einschlägigen Rechtsanwälten ist die Herkunft des Honorars völlig egal. Hauptsache es kann seitens eines ambitionierten Ermittlers nicht nachgewiesen werden, dass es sich bei den Beträgen um Erlöse aus kriminellen Geschäften handelt. Aber wenn die Überweisung aus Beirut kommt, ist alles in Butter.

Prinzipiell wäre es ein Anfang, wenn beim Auftauchen bestimmter Familiennamen aus allen Bereichen des öffentlichen Lebens Warn – und Hinweismeldungen an Ermittlungsstellen gingen. Wenn dies eine oder einer politisch fordern würde, möchte ich den Aufschrei nicht hören. Gleichfalls könnte man Straßen schlagartig dicht machen und jeden Verdächtigen kontrollieren. Und selbstverständlich sind Aussehen, Frisur, Barttracht, Kleidung und ein teures Fahrzeug verdächtig. Warum soll man den Vorteil der Uniformierung der Gangster nicht nutzen?

Wer solche Zeilen schreibt, landet schnell in einer Ecke. Dabei wäre es mal bedenkenswert, wie man eine bessere Gesellschaft organisieren will, wenn man sich dieser Elemente nicht erwehren kann. Erst wenn ich den Willen besitze, die persönliche Verantwortungsübernahme für das gesamte Wohlbefinden der Gesellschaft zu fördern, im Gegenzuge alles Entgegenstehende sanktioniere, die Aktivposten für ein gedeihliches Zusammenleben mit Vorteilen ausstatte und die Egomanen, Kriminellen, Gierigen, schlechter stelle, wird sich etwas verändern. Woher jemand kommt, welchen Background er inne hat, ist dabei völlig egal. Es bleibt bei der alten Weisheit: Wenn ich etwas verändern will, muss ich die Leute von den Vorteilen gegenüber dem IST – Zustand überzeugen. Bisher liegen alle Vorteile auf der Seite der Gier, der Kriminalität, d.h. in der Schädigung eines anderen zur eigenen Besserstellung und in der Nutzung von Lücken. Alles was nicht verboten ist, darf gemacht werden. Nein! Verbote beziehen sich nur auf die erkannten Sauereien.

Eigentlich ist es ganz einfach. Das Verhalten richtet sich danach, welche Verhaltensweisen von der Mehrheit in der Gesellschaft geächtet sind, und welche im Gegenzuge bewundert und honoriert werden. Die Strippenzieher der Konsumgesellschaft haben es geschafft, Motorräder mit Freiheit und Rebellion zu verbinden, dicke Karossen zum Statussymbol zu deklarieren, den Gangster RAP und die damit verbundene Verblödung hoffähig zu machen, etc. pp. … dann sollten sie das Gegenteil auch hinbekommen. Alles eine Frage des Willens. Doch gibt es den … ?

Die Insel

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Wir saßen auf der Holzplattform des traditionell konstruierten Hauses. Unten eine Holzterrasse mit einer kleinen Küche und darüber auf Pfählen der geschlossene Teil, in dem sich eine kleine Radiostation befand. Wir aßen gemeinsam von dem Reis mit Fisch, in dem sich jeder mit den bloßen Händen vom Teller bediente. Dazu gab es aus einer Karaffe kalten Tee mit kleinen Geleestücken. 

“Andreas, kommst Du Morgen mit zur Insel?”, fragte Big Roy. Wie die anderen Einheimischen um mich herum, hatte er sich diesen Namen als Ersatz für seinen islamischen Namen zugelegt. Fat Roy, Indian Roy, Little Roy, aber auch “I”, “AI”, “G”, alles Beachboys, trugen offiziell eine elend lange Aneinanderreihung von Namen des Vaters, des Vaters vom Vater und einem religiösen Symbolnamen. Ziemlich uncool, wenn man das Leben eines Rebellen führen will. Es war die Zeit der Corona Pandemie und der hierauf hin erlassenen “Mobil Control Order”. Gemäß dieser durften ausschließlich absolut notwendige Sachen erledigt werden. Der Strand war gesperrt und jegliche Aktivität dort, war seitens der Behörden untersagt worden. Auf Langkawi, einer Insel in der Straße von Malaka, eine ziemlich überzogene Maßnahme. Wir saßen im April zusammen und die letzten zwei Corona Fälle lagen drei Monate in der Vergangenheit. Seit dem war niemand mehr auf die Insel gekommen. Die anwesenden Einheimischen und die paar Backpacker hockten schon über drei Monate zusammen. Wenn einer von uns Corona gehabt hätte, wäre das längst herausgekommen.

Aber in einer Amtsstube hatte einer für das ganze Land eine Regel aufgestellt. Das Schwimmen in einem Hotelpool zu untersagen ist nachvollziehbar. Aber ein Besuch  eines kilometerlangen leeren Strandes und schwimmen in einem Ozean? Dort ist jederzeit genug Platz um Abstand zu halten. Da ist die Bockigkeit vorprogrammiert. Überhaupt hatte Corona seltsame Dinge zur Folge. In den kleinen Märkten wurde bei den Kunden mit einem Lasergerät die Körpertemperatur gemessen. Die Geräte waren eher nette Gadgets, denn man sie für voll nehmen konnte. Die gemessenen Werte wurden in Listen eingetragen. Demnach was da stand, mussten sich um mich herum eine Menge Zombies mit einer Körpertemperatur von 32 Grad herum treiben. In anderen Läden wurden durch die Bank 42 Grad gemessen. Der Irrsinn machte sich breit. Ein Inselbesuch verstieß nicht gegen die Vernunft, aber gegen Regeln. Ein Verstoß der eine Inhaftierung oder wenigstens eine Geldbuße in Höhe von umgerechnet 200 EUR nach sich ziehen konnte. Jedenfalls galt dies zu dieser Zeit. Mittlerweile hat sich die Lage deutlich verschärft. Kürzlich veranstaltete die Polizei einige Razzien. Jeder der noch nach Mitternacht und vor allem ohne Maske angetroffen wurde eingesammelt und ins “Lock – Up” verfrachtet. Das entspricht von der Idee her dem deutschen Polizeigewahrsam. In der Ausgestaltung sieht alles ein wenig anders aus. Die kleinen Beton Zellen sind meistens mit 10 Insassen überfüllt. Es können immer nur drei oder vier auf dem nackten Boden schlafen, der Rest muss Stehen oder Hocken. Im hinteren Teil befindet sich eine Rinne für die Notdurft, der Wasserhahn ist mit Vorsatz niedrig installiert. Zu Essen gibt es halbgaren Fisch, der zuverlässig Durchfallerkrankungen verursacht. Kurz um: Da will man nicht landen! Frauen trifft es besonders hart. Sanitäre Mittel sind nicht vorgesehen und bei 10 Frauen ist mindestens eine ihre Periode. Die Behörden hatten sich das Spiel mit den Touristen eine Weile angesehen. Bei der letzten Razzia muss ihnen der Geduldsfaden gerissen sein. Diesmal traf es nicht nur die Locals, sondern auch die anwesenden Touristen. Besser noch, die Locals wurden nach 48 Stunden entlassen, während die Touristen erst zwei Tage später vor Gericht gestellt wurden. Die dortigen Gepflogenheiten dürften den einen oder anderen überrascht haben. Die Polizei trägt standardmäßig einen Widerstand ein. Wenn man diesen bei Gericht einräumt, gibt es einen kleinen Zusatz. Widerspricht man der Aussage der Polizei, gibt es einen ordentlichen Strafzuschlag. Die Polizei ist ohne Wenn und Aber der verlängerte Arm der Regierung. Zweifel an deren Handlungen sind unzulässig. Aber sie müssen auch damit rechnen, im Falle eines Ermittlungsverfahrens, meistens aus Konkurrenzdenken entstanden, böse bestraft zu werden. Im Lock Up gibt es gegen Bezahlung alles. Medikamente, halbwegs verträgliches Essen, Drogen … Außenstehende müssen halt die Wärter bestechen und den zehnfachen Preis zahlen. Blöd, wenn man als Tourist niemanden hat.

Aber wie erwähnt, war es zum Zeitpunkt der Frage an mich noch nicht soweit vorangeschritten. “Wer wird noch dabei sein?”, fragte ich nach. Big Roy zuckte mit den Schultern. “Ich denke die üblichen Leute, vielleicht noch ein paar Backpacker.” Dabei nickte er in die Richtung einer Gruppe, die sich an einen kleinen zum Grundstück gehörenden See gesetzt hatte. Eine Schwedin, zwei Norwegerinnen, ein Pärchen aus Belgien, zwei Deutsche und eine Österreicherin, alle bereits seit drei Monaten im Lockdown. Ich kannte sie mittlerweile ganz gut. Der Belgier war nicht gerade der Hellste. Seine Freundin hatte er unterwegs kennengelernt. Im Gegensatz zu ihm hatte sie eine ganze Menge im Kopf. Ihr Problem bestand in ihrer Experimentierfreudigkeit mit Magic Mashrooms. Die Norwegerinnen waren keine echten Backpackerinnen. Mit Unterbrechungen waren sie bereits fünf Jahre auf der Insel. Die Schwedin hatte irgendein Problem am laufen. Ich wusste nichts genaues, aber Big Roy hatte erwähnt, dass sie etwas von Trauma erzählt hatte und deshalb ständig Gras rauchte.Weil eine der Deutschen überall herum erzählt hatte, dass sie in Vietnam Englisch unterrichtet hatte, gaben ihr die Einheimischen den Spitznamen “Teacher”. Von der anderen wusste ich nichts. Die Österreicherin war wohl Hals über Kopf von zu Hause weg. Einen echten Plan hatte sie nicht. Sie redete ohne Unterbrechung und vor allem unangenehm laut. Weil ihr das Geld aus ging, hatte sie sich einen der Beachboys geschnappt. Der arme Kerl dachte einen guten Fang gemacht zu haben. Dabei hatte sie den Spieß längst umgedreht.

Eine der beiden Deutschen hatte sich den Spitznamen “Teacher” eingehandelt, weil sie überall herum erzählte, dass sie in Vietnam Englisch unterrichtet hatte. Sie selbst besaß ein beeindruckendes Selbstbewusstsein. Dem Eigenbild nach war sie mit ihren knappen 24 Jahren eine erfahrene Frau, die das Talent besaß, jeden erfolgreich zu machen. Aus diesem Grunde hatte sie sich in den Kopf gesetzt Lebensberaterin zu werden. Die Beachboys waren ihr suspekt. Sie verstand nicht deren konsequente Abwehrhaltung gegen Karriere, Erfolg und Konsum. Deren Leben hatte tatsächlich einige Tücken. Oberflächlich wirkten sie wie Typen, die ein freies selbstbestimmtes Leben führten.Entweder sie verbrachten den Hauptteil des Tages dösend in einem der Guesthäuser oder sie hatten einen Job am Strand. Dort warteten sie auf Touristen, denen sie einen Jet Ski vermieteten. Manche heizten selbst mit den Dingern auf dem Wasser herum oder verdingten sich als Tourguide. Das Geld reichte für Reis mit Hähnchen. Für Abwechslung sorgten die jungen Backpackerinnen, die ihrem Charme erlagen. Mit denen machten sie Ausflüge auf ihren Scootern. Die Mädels zahlten im Gegenzuge das Essen. Schaute man etwas genauer hin, kamen oft tragische Geschichten zum Vorschein. Die meisten gehörten zu kinderreichen Familien. In Malaysia funktioniert die soziale Absicherung oft noch über die Kinder. Mindestens zwei sind auserkoren, sie im Alter zu versorgen. Damit dies, trotz möglicher Ausfälle funktioniert, haben die meisten Familien um die fünf Kinder. Prügel und drakonische Erziehungsmaßnahmen, die man als solche gar nicht bezeichnen will, sind nicht ungewöhnlich. Der Kontrast könnte nicht größer sein. Junge Leute aus den westlichen Industriestaaten, die über das Unverständnis der Eltern klagen und dieses als ausreichenden Grund für ihre Verhaltensstörungen ersehen, treffen auf junge Männer, deren Kindheit einen deutlich anderen Verlauf nahm. Auf den Inseln versucht man der Polizei und den Behörden so weit es geht, aus dem Weg zu gehen. Was alleine geregelt werden kann, wird jenseits der “Offiziellen” verhandelt. Thailänder und Malaien streiten sich darüber, wer mehr Korruption zu bieten hat. Meiner Beobachtung nach, nimmt sich das nicht viel. Die örtliche Polizei beteiligt sich fleißig am Drogenhandel, in dem sie ihre eigenen Dealer unterhalten, die an sie Geld abzuführen haben. Alles was sie an Verfolgung unternehmen, dient dem Ausschalten der Konkurrenz. Hinzu kommt, dass sie selbst alles einwerfen, was sie bekommen. Zweimal im Jahr ist Jagdsaison. Ein Offizier erklärte mir, dass sie dann ihre Quoten erfüllen, die sie an die Hauptstelle in Kuala Lumpur weiter melden. In dieser Zeit wird alles mit langen Haaren und Dreadlocks festgesetzt. Die mit einer positiven Urinprobe gehen für einen Monat in eine Umerziehungsanstalt. Wer Drogen dabei hat, bekommt erst eine Geldstrafe, im Wiederholungsfall landen sie im Arrest. Da in der Regel nur auf THC getestet wird, weichen in dieser Zeit die Beachboys auf andere Drogen aus. Eine Taktik, die die zu erwartenden Folgen hat. Spätestens mit Anfang Zwanzig sind die meisten von Meth, Heroin und Schmerztablettencocktails abhängig. Trotz allem gibt es unter den Beachboys wenig Beschaffungskriminalität. Ganz bleibt sie nicht aus. Ich hörte von diversen gescheiterten Überfällen. Einmal kam einer auf die glorreiche Idee ausgerechnet die Hütte einer am Strand lebenden Rohingya Familie zu überfallen. Ich denke, es war eine Verwechslung. Jedenfalls wurde er erst vom Vater entwaffnet, dann von der Mutter verprügelt. Wie mir einen Tag aufgeregt der jüngste Sohn erzählte, ein Knirps von 9 Jahren, fielen danach die Kinder über ihn her. Bereits nach meinem ersten Besuch der Insel wunderte mich nicht der Soundtrack, der ihnen Halt gab. Reggae! Keiner von Ihnen hat sich jemals mit der Geschichte des Reggae beschäftigt. Ihnen geht es um die Idee, die in den Slums von Kingston Town entstand. Bob Marley, und vor allem “One Love “, ist überall zu jeder Zeit gegenwärtig. Tatsächlich gibt es auch eine Hard Rock, Trash Metal und Jazz Szene. Doch der Reggae setzt sich immer wieder durch. Praktischerweise zieht die Musik die Touristen in die Strandbars. Wenn man schon nicht das Original auf der anderen Seite der Welt haben kann, dann doch wenigstens ein Cover. Auch hier entsteht ein spannender Kontrast. Die Beachboys, welche die Roots des Reggae leben und die jungen Touristen, die sich den Reggae als Fashion Bewegung einkaufen. Es ist für einen Beobachter befremdlich, wenn sich ein Kanadier mit Dreadlocks von einem Beachboy eine Shisha servieren lässt. Am Ende kauft der Kapitalismus alles ein. Manch einer bekam eines Tages die Kurve. Häufig wandten sie sich dann intensiver der Religion zu. So etwas wie eine Entzugseinrichtung nach europäischen Vorstellungen gibt es nicht. Die vorhandenen Einrichtungen haben die gleiche Wirkung, wie Synanon in Berlin. Mittels Gehirnwäsche wird eine Sucht gegen die andere ausgetauscht. Aber immerhin verlängert sie das Leben.

Unter Travellern gibt es ein Motto. Why not? Wer einen festen Plan hat oder Risiken scheut, braucht gar nicht erst auf Tour zu gehen. Pläne sind für Touristen, die sich bei einem Agenten vierzehn Tage Lebenszeit gestalten lassen. Vielleicht ist Tour unpassend. Die meisten fragen untereinander wie lange sie unterwegs sind. Unterwegs trifft es besser. Verbrachte Zeit jenseits des Orts, an dem man gestartet ist. Dieses “Why Not ” ist eine Art Kompass, wie ihn Jack Sparrow benutzt. Er führt einen an Orte, die man niemals auf dem Zettel hatte. Nun, wie beschrieben gab es einige Gründe. Es war etwas vermessen, ausgerechnet während der Pandemie auf einer Insel mit zwei Jahreszeiten zu sitzen und sich nach etwas Neuen zu sehnen. Immerhin saßen weltweit Menschen in ihren Wohnungen fest. Mir ging es weniger um die Insel, als Zeit mit den Einheimischen in einer besonderen Umgebung zu verbringen.

“OK! Ich bin dabei!”, antwortete ich. Am nächsten Tag machte ich mich auf den Weg zum Strand. Vorher kaufte ich noch Zigaretten, sechs Dosen Bier und drei Portionen Reis mit Hähnchen. Roy hatte Mittag gesagt und dabei grinsend hinzugefügt: “Aber Langkawi Style!” Das bedeutete mindestens eine Stunde Platz. Es wurden zwei Stunden. Selbst die Backpacker kamen anderthalb Stunden später. Ich setzte mich in den Schatten eines wegen Corona brach liegenden Jetski Verleih. Nach und nach sammelten sich alle, als wenn es keine Mobil Control Order geben würde. Roy verfügte über ein kleines Boot, welches er aus dem Rumpf eines Jetskis gebaut hatte. Da passten gerade fünf Leute hinein. Die Jungs hatten noch ein weiteres Boot, welches normalerweise für Tourismus Touren in die Mangroven genutzt wurde, organisiert. Nach zwanzig Minuten erreichten wir das andere Ufer. Mir bereitete ein wenig Sorge, dass der Strand zwar für das bloße Auge schwer sichtbar war, aber mit einem einfachen Fernglas locker beobachtet werden konnte. Die Beachboys hatten sich auf der Insel im Laufe der Jahre einen Abenteuerspielplatz für Erwachsene eingerichtet. Mit allem was gerade da war, errichteten sie kleine Hütte. Um sie herum befanden sich einige improvisierte Sitzgelegenheiten, zwei Feuerstellen und ein langer aus einer alten Bohle gezimmerter Tisch. Ich griff mir eine Machete und begann von alten gestrandeten Bäumen Feuerholz abzuschlagen. Dabei spürte ich im Nacken die skeptischen Blicke der Einheimischen. Ein Westerner mit einer Machete. Mit einem falschen Hieb konnte man sich schnell einen Finger abtrennen. Ich konnte die Sorge nachvollziehen. Die Leute von der Insel bekommen selten einen Westerner zu sehen, der mit seinen Händen umgehen kann. Deutsche Touristen haben bei mir unzählige Male Fremdschämen ausgelöst.

Seit den Vorfällen in den USA wird über Rassismus in Deutschland diskutiert. Die Meute der selbsternannten Linksintellektuellen zieht sich an Kleinigkeiten hoch. Worte, miese Sprüche oder schlechte Witze, werden als Signale für Rassismus ausgemacht. Dabei sind die meisten, welche sie sich vornehmen, einfach harmlose Hilflose, die überfordert sind. Touristen, die in eine Bar gehen und sich zum Bezahlen konsequent an die weiße Anreisserin wenden, leben im Rassismus. Oder im Guesthouse den einheimischen Besitzer ignorieren, weil sie den weißen Volontär für eben jenen halten. Dann sind da die Deutschen, die mit jeder Geste eine herrische Haltung zeigen. “Ich bezahle hier Geld, also haben alle zu springen.” Einmal liefen ein paar Deutsche auf der Straße vor mir. Es war selbst für Inselverhältnisse spät. Die Gruppe wollte zu einer thailändischen Fußpflege. Ein Frau unter ihnen fragte sich, ob der Laden noch offen hätte. Ihr Begleiter antwortete: “Wir sind Deutsche und die wollen unser Geld haben, da kann man erwarten, dass sie wieder aufmachen.” Jenseits dieser Aspekte ist die grenzenlose Naivität der jungen Frauen aus Europa bemerkenswert. Die lassen sich von den Kerlen aus Ländern mit härterer Gangart nahezu alles erzählen. Die Brüder verkaufen sich als nahezu alles. Mitglieder der nigerianischen Banden mutieren zur an der Regierung gescheiterten Geschäftsleuten, Rechtsanwälten oder ehemals erfolgreichen Beratern. Locals verkaufen sich als Architekten mit Eheproblemen oder sind mindestens an einem Startup beteiligt, welches eben noch in der Start Phase ist, wie der Name ja andeutet. Europäische Glücksritter erzählen die haarsträubendsten Geschichten, bei denen ich mir nicht sicher war, ob sie nicht teilweise selbst an sie glaubten. Es gibt ja diesen Effekt, dass Lügner irgendwann ihre eigenen Fiktionen glauben. Das Ergebnis eine Meute Lügner, die sich als Opfer darstellen und eine Menge naiver junger Frauen, die ihnen die Storys abkaufen und sich in der Rolle der Retterin sonnen. Bis ihnen eine Story richtig schadet und sie zur frustrierten erwachsenen Frau heranwachsen. Irgendwie eine ziemlich vertrackte Nummer.

Als es ans Essen ging, trennte sich erstmals Spreu von Weizen. Die Österreicherin forderte lautstark Hähnchen und ein Bier ein. Gezahlt hatte sie nichts. Womit sich die Frage stellte, wovon sie einen Anspruch ableitete. Ein wenig später verstand ich es. Ich sprach mit ihr über mögliche Kontrollen. “Dann mach ich auf kleines Mädchen und schöne Augen. Und ich spreche schlechtes Englisch. Machen doch die Ausländer bei uns auch.” Ich ließ sie in ihrem Glauben. Sie würde allein lernen, dass vornehmlich männliche malaiische Polizisten ein etwas anderes Frauenbild haben, als ihre europäischen Kollegen. “Teacher” hielt mir einen soziologischen Vortrag und wie sehr sie versucht hatte den armen Beachboys unter die Arme zu greifen. Dabei redete sie sich um Kopf und Kragen. Sie wähnte sich als Abkömmling einer auf einem höheren Niveau rangierenden organisierten Gesellschaft. Eine, in der auf Umwelt geachtet, der Müll getrennt und die Tiere geliebt werden. Mit Sicherheit entspricht dies dem Lebensgefühl vieler Deutscher. Über das Gesicht von Roy, der ein ziemlich gutes Deutsch spricht, flog ein Ausdruck, der auf mich wie eine Mischung von Verachtung, Ablehnung und Zorn wirkte. Doch es war minimaler Anflug. Er hatte jahrelang trainiert, vor Deutschen seine Sprachkenntnisse zu verbergen. Reist man durch Südostasien, kann der Müll und der unbedachte Umgang mit ihm nicht übersehen werden. Überall sind Haufen mit Unrat und ein Heer riesiger Ratten zieht durch die Städte. Die Folgen einer mangelnden Abfallwirtschaft und die Auswirkungen einer sich global ausbreitenden Wegwerfkultur sind jederzeit präsent. Aber ganz so einfach ist es meiner Meinung nach nicht. Ich habe darüber auf einer thailändischen Insel nachgedacht. Dort ging ich jeden Tag auf der Rückseite einer halb ins Meer gebauten Pfahlbausiedlung der idigenen Moken vorbei. Im Auslaufbereich der Flut sammelte sich jede Menge Müll. Plastikverpackungen, allerlei Wohlstandsmüll aus Kunststoff, alte Nylonnetze, nahezu alles war synthetisch. Demnach Müll aus einer Welt, mit der die Moken nur am Rande etwas zu tun hatten. Eher eine, die sie innerhalb der vergangenen vierzig Jahre aus ihrer eigenen vertrieben hat. Alles anfallende musste mit Booten von der Insel abtransportiert werden. Eine Luxushotel Kette behalf sich mit einer Art Müllverbrennungsanlage. Bedienstete sammelten jeden Tag den Müll am Strand ein und abends wurde er durch einen hohen Schornstein gejagt. Selbstverständlich ohne eine Filteranlage. Bis in die Siebziger lebten die Moken das Leben eines Seenomadenvolks. Dann befiel die Inseln eine tödliche Krankheit. Der Massentourismus entdeckte das Gebiet. Damit änderte sich alles. Das Warenangebot in den Läden stellte sich auf die Touristen ein. Die Moken verloren das Recht, sich nach Belieben überall aufhalten zu dürfen. Fischerei, Arbeitsverhältnisse, Business, nichts blieb bestehen. Die sind schlicht mit dem Geschehen überfordert. Das Meer spült an, ihre Traditionen wurden vom Konsum zerstört und hinter dem Haus stapelt sich alles.

In Deutschland wird der täglich entstehende Müllberg straff organisiert aus dem Sinn geschafft. Irgendwo hin, wo sich der Normalbürger nicht mehr daran stört. Der säuberlich, zur Beruhigung des Gewissens in die richtige Tonne entsorgte, Plastikbecher verschwindet, zumindest aus dem Blick. Also er geht mit einem Containerschiff auf eine lange Reise. Dorthin, wo auch all die von deutschen Kuttern gefangenen Krabben landen. Asien! Dort wird er granuliert und aufbereitet, um dann wieder zusammen mit den Krabben, die jetzt frisch gepult sind, in die Heimat zurückzukehren. Wenn Deutsche etwas gut können, dann ist es alles schön zu machen. Chemikalien verschwinden im Meer, in den Flüssen oder werden in Wüstensand versickert. Wird das Abholzen von Wäldern verboten, beauftragt man halt in fernen Ländern über drei bis vier Mittelsmänner eine Söldnertruppe, die ein indigenes Völkchen vom Umzug überzeugen und schiebt es einem rechtspopulistischen Präsidenten in die Tasche, der ist mit einem Lächeln und einer vollen Brieftasche weg steckt. Einerseits demonstrieren wütende junge Demonstranten gegen innerdeutsche Umweltsünden, andererseits posten sie die Gegenwehr des Systems mit Smartphones, deren Bestandteile aus den jeden Tag ein wenig mehr zerklüfteten Steppe der Mongolei stammen. ur Wahrheit gehört auch, dass ihren Altersgenossen, die ihre schicken Klamotten genäht haben, ein wenig die Zeit zum Nachdenken fehlt. Deutsche Häuser haben nicht ohne Grund deutlich mehr Gardinen, Rollos, blickdichte Zäune, Räume, die Gäste niemals zu sehen bekommen. Muss ja nicht jeder alles sehen! Die Moken sind da anders. Ihre Häuser sind in fast alle Richtungen offen, Zäune existieren nicht, jeder sieht alles. Aber ist einer, der etwas Sehen könnte, aber um sich besser zu fühlen, nichts sehen will, ein besserer Mensch?

In die Zeit fiel auch ein Flüchtlingsboot, welches auf der Hauptinsel landete. Um die 150 sunnitische Rohingya hatten es mit ihrem alten Kutter bis nach Langkawi geschafft. Weitere 150 waren auf der drei Monate langen Fahrt gestorben. Die Flüchtenden orientieren sich auf dem letzten Teil der Flucht an der Beleuchtung für den Flughafen auf Langkawi, die ihnen den Weg weist. Obwohl Malaysia ein muslimisches Land ist, haben die Flüchtlinge keine Solidarität zu erwarten. So weit geht der Glauben dann doch nicht. Eine abstruse Nummer. Sie werden von Buddhisten in die Flucht getrieben und von muslimischen Glaubensgenossen abgewiesen, wie es Christen mit den Afrikanern handhaben. Immerhin hat Malaysia wenig mit den Fluchtursachen zu tun und zur Rettung der Buddhisten gibt es einen schwachen Lichtblick. Alle großen Richtungen haben sich zusammengetan und die Vorgänge in Myanmar scharf kritisiert. Nein, das ist kein Lichtblick. Für mich ist es die Endstation einer Hoffnung. Buddha soll gesagt haben: Wer die Lehre kennt und ihr zuwider lebt, ist ein Hirte, der die Herde eines Nachbarn hütet und seine eigene Herde aufgibt. Das unvorstellbare Grauen, was sich dort abspielt ist für kein menschliches Wesen nachvollziehbar.
Wer von uns will sich anmaßen im Angesicht all dieses Elends von Myanmar, Zentralafrika bis Syrien von gerechtfertigten Ängsten der Deutschen vor unkontrollierten Fluchtbewegungen zu sprechen? Es ist auch die Geschichte von Bangladesch. Das größte Flüchtlingslager der Welt. Fast 1 Million Menschen flüchteten dort hin. Wie fast immer ist es auch ein Überbleibsel des Kolonialismus. Die Engländer benutzten die Rohingya zur Bekämpfung der restlichen Bevölkerung. Den daraus resultierenden Hass teilen sie mit den Hmong in Laos, welche von den Amerikanern im Vietnamkrieg eingespannt wurden. Zu guter Letzt kommt noch der gute alte Kapitalismus um die Ecke gebogen. Im Gebiet der Rohingya befinden sich unter der Oberfläche Uran, Nickel und seltene Erden, die sich die Militärs unter den Nagel reißen wollen.
Eine besonders schillernde Figur ist ein Mönch mit dem Namen Ashin Wirathu, den man nicht als Buddhisten bezeichnen kann. Der Mann ist Rassist, Hetzer, Hassprediger, der am Straßenrand ein orangefarbenes Tuch gefunden hat. Immerhin besteht mittlerweile gegen ihn ein Haftbefehl und Thailand, ein zentraler Punkt im Theravada Buddhismus, verwehrt ihm die Einreise.

Mir fallen bei solchen Sachen immer wieder die Worte eines Vietnam Veteranen ein, die ich schon mal niederschrieb. “Der Vietnamkrieg hat nicht gezeigt, wozu der Mensch fähig ist. Der Krieg hat gezeigt, was der Mensch ist. Ein bösartiges, brutales, intelligentes Raubtier, welches mit diesen Eigenschaften die dominante Spezies des Planeten wurde.” Aber Raubtiere töten nicht sinnlos. Sie folgen dem Instinkt des Überlebens. Mir unterlief beim Besuch der Killing Fields in Kambodscha, dem Vietnam Museum in Saigon/Ho Chi Minh Stadt oder dem Hilfscenter für Amputierte in Vientiane/Laos ein gedanklicher Fehler. Für einen ganz kurzen Moment fragte ich mich, warum ausgerechnet asiatische Gesellschaften diese Brutalität zeigten. Merkwürdig, wie einem in solchen Augenblicken die eigene Geschichte entgleitet. Gegen die Deutschen im Nationalsozialismus sehen die Roten Khmer und die Junta in Myanmar blass aus. Nicht, dass diese Gräuel irgendwie ein Ranking verdienen. Aber es zeigt, dass dieses Raubtier in uns allen steckt. Einzig eins bändigt es: die Fähigkeit einen Willen zu entwickeln, der es bändigt. Wird dieser Wille, wie auch immer entfernt oder gar nicht erst ausgebildet, sind die Folgen bestialisch.

Mit diesen Gedanken war ich meilenweit vom Teacher entfernt. Ich fragte mich beim Anblick der unbekümmert wirkenden Backpacker, warum ich mir all diese Dinge angetan hatte. Niemand hatte mich gezwungen diese Orte aufzusuchen. Gibt es für einen Privilegierten die Pflicht des Hinsehens? Diese Frage stellt sich mir schon lange. Niemand kann die Zeit zurückdrehen. Es gibt keine Wiedergutmachung. Ich wollte verstehen, was die Täter sahen. Wie kann man, selbst wenn man verblendet oder voller Hass ist, diese Bilder, das Geschrei, den Geruch, die Verzweiflung ertragen? Wie geht das? Ich lebe nicht und lebte niemals gewaltfrei. Körperlicher Kampf, Faustschläge, Schmerz, Verletzungen sind mir nicht fremd. Doch ich kenne meine Grenzen. Eine Freundin sagte mal, dass ich doch den Leuten gönnen soll, dass sie einige Bilder nicht im Kopf haben. Kann das richtig sein? Weg schauen? Weiter machen? Schweigen? Anders herum, kann man etwas ändern? Wenigstens kann man lernen! Ändern? Daran glaube ich nicht. In allen Systemen, die ich in den letzten Jahren ein wenig kennenlernte, hat sich ein ähnlicher Typ Mensch in Hierarchien nach oben bugsiert. Vielleicht ist das genau der Punkt. Man benötigt besondere Eigenarten, um lange in einem Team oder innerhalb einer kleinen Anarchie arbeiten und leben zu können, genau so wie man dafür geeignet sein muss, sich in einer festen Hierarchie nach oben zu boxen. Letztere Eigenarten besitze ich nicht, also werde ich auch nichts verändern. Irgendwie ist das eine Sackgasse. Die Hierarchie Freaks werden nichts verändern, schon gar nicht die Hierarchie selbst.

Ein Typ wie ich, kommt an einem solchen Ort nicht am Nachdenken vorbei. Ich kenne einige Leute, die dieses Problem gleichfalls haben und derartige Plätze vermeiden. Der Wunsch nach der einfachen Insel ist schnell ausgesprochen. Doch wer schützt einen davor, dass man sich mit sich selbst auseinandersetzen muss? Die vielen Bilder, Geschichten, Entscheidungen, die einen plötzlich einholen. Die Anwesenheit von jungen Frauen und Typen unter Dreißig macht es für einen Mann in den Fünfzigern nicht einfacher. Der Vergleich zwischen deren Leben und dem eigenen, springt einem quasi mit dem nackten Hintern ins Gesicht. Eine bessere Trainingseinheit für das Abgewöhnen der bereits in der Kindheit entstandenen Sucht nach Bewertung kann man sich kaum ausdenken. Anders heißt nicht falsch und schon gar nicht schlechter. Um uns herum passiert ein Prozess, bei dem nicht genau gesagt werden kann, wann er gestartet wurde. Keiner kann genau sagen, wann die Europäer begannen, verheerend ins globale System einzugreifen. Spätestens mit der Industrialisierung waren die Weichen gestellt. Bei Prozessen kann man unter Umständen voraussagen, wie das Ergebnis bei ungehinderten Ablauf aussehen wird. Doch wie wahrscheinlich ist es, dass der Prozess nicht eines Tages eine vehemente Unterbrechung erfährt? Schlaue Philosophen konnten unter dem Joch von Kirche und Monarchie eine gewisse Prognose treffen. Mit der Ablösung des zentralistischen Weltbilds und der Aufklärung konnten sie nicht rechnen. Jeder mit ein wenig Verstand kann sehen, dass sich der Neoliberalismus und ähnliche kapitalistische Gesellschaftsmodelle vor sich dahin siechen. Die Frage ist nur noch: Wann tritt der Tod ein und wer tritt das Erbe an? Von den ehemaligen dominierenden westlichen Zivilisationen kommt nichts mehr Bedeutendes. Die von der Insel werden mit dem Geschehen wenig zu tun haben. 

Der Tag verstrich nach und nach. Plötzlich tauchte ein Boot der Küstenwache auf. Zum Verstecken war es zu spät. Doch sie zeigten an uns kein erkennbares Interesse. Trotzdem machte sich unter den Vernünftigen eine sorgenvolle Stimmung breit. Die konnten jederzeit per Funk ein Polizeiboot alarmieren. Zusammen mit Roy beobachtete ich wachsam das Wasser. Nach einiger Zeit kehrte das Boot zurück. Ich verdünnisierte mich in Richtung Dschungel. Aber sie hielten wieder nicht an. Als ich zum Strand zurück kehrte, musste ich feststellen, dass sich Roy einer kleinen Gruppe angeschlossen hatte, die mit einem vorbei gekommenen Fischerboot zum Strand übersetzte. Für mich bedeutete dies über Stunden mit dem verbliebenen erlebnisorientierten Rest auf der Insel fest zu sitzen. Die Jungs hatten sich schon einige Bongs genehmigt. Entspannt lagerten sie am Feuer. Mir blieb nichts anderes übrig, als mich in das Schicksal zu fügen. Mit einem letzten Aufbäumen bat ich einen in der Nacht zum gegenüberliegenden Strand zu fahren. Das Gespräch mit einer Palme hätte mehr Erfolg versprochen. Volle sieben Stunden saß ich am Strand und schaute wütend auf das schwarze Meer. Genau genommen saßen da zwei. Ich und mein Inneres im Zwiegespräch. Ich dachte an Deutschland und mein Leben dort nach. Fragte mich, ob ich die Polizei jemals los werden würde. Kaum sinnierte ich hierüber, fragte ich mich, warum ich dieses unbedingt erreichen wollte. Ja, es waren wilde Zeiten gewesen. Vieles davon, kann sich ein junger Kriminalbeamter von heute nicht mehr vorstellen. Eine andere Polizei in einer anderen Gesellschaft mit anderen Ansprüchen, Vorstellungen, informellen Regeln. Da war dieser Tag, an dem wir im Team merkten, dass jede Truppe ihre Zeit hat. Irgendwann kommt man an Kreuzungen an. Dort muss eine Entscheidung getroffen werden, wie es weiter gehen soll. Der alten Richtung folgen, oder wahlweise nach links oder rechts abbiegen? Ich wollte weiter gehen. Aber die Vorgaben lauteten anders. In diesem Fall steht einem frei, die Truppe zu verlassen. Viel zu lange folgte ich auf einem Weg, der nichts mit mir zu tun hatte. Dieses Gefühl von der Insel nicht wegzukommen, den Hintern nicht nach den eigenen Vorstellungen in Sicherheit bringen zu können, kam mir plötzlich unangenehm bekannt vor.

Als wir bei Flut die Boote klar machten, stand die Sonne bereits weit oben. Ungeschützt setzten wir über. Bis auf die Russin, welche begeistert sich selbst und die Fahrt filmte, hatten alle ein flaues Gefühl. Aber wir hatten Glück. Die Polizeistreifen hingen noch in den Unterkünften. Hurtig suchten wir nach der Landung das Weite. Für mich war klar, dass ich auf weitere Abenteuer dieser Art verzichten würde. Wenige Tage später wurden die meisten der beteiligten Locals anlässlich eines kleinen Umtrunks bei Big Roy verhaftet. Drei Monate Lock Up und Verlust der Dreadlocks, waren eine harte, und ich finde unverhältnismäßige, Strafe. Die Russin wurde dabei auch einkassiert, aber damals konnte sie sich noch frei kaufen. Teacher hat in Deutschland eine Lehrstelle bekommen und die Österreicherin ist wieder zu Hause. Big Roy war kurz in Deutschland um seinen Sohn zu sehen. Ich werde auf jeden Fall nach Langkawi zurück kehren. Warum? Das ist eine andere Geschichte und ein anderer Beitrag.

Bis dahin …

 

Musik: Job2do bei Wikipedia

Der verschwindende Unterschied zwischen Kaulquappen und Mensch

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Weil der Mensch nicht fliegen kann, ist er auf Boden angewiesen. Er benötigt zum Leben Wasser, Nahrung, Luft und ein bis zwei Lebensbedingungen, wie zum Beispiel einen Temperaturbereich, innerhalb dessen Leben möglich ist. Ich halte dies für eine banale Feststellung. Gleichermaßen sieht es mit dem Umstand aus, dass das Leben überhaupt existiert und wir uns es nicht ausgesucht haben zu leben oder gar etwas dazu beigetragen haben. Niemand hat uns das Recht gegeben, die Landmasse des Planeten Erde in Besitz zu nehmen. Manche behaupten, dass dies irgendwelche geistigen Konstruktionen mit der Bezeichnung “Götter” (jedenfalls in unserer Sprache) taten. Dies halte ich persönlich für den Versuch einer Legitimation von etwas, was nicht zu legitimieren ist. Wie auch immer ich es drehe, die einzige Berechtigung auf diesem Planeten zu weilen, ist die Tatsache der Geburt.

Tatsächlich hat die Spezies Mensch aus einem im Großhirn entstandenen Impuls heraus Begriffe wie Besitz, Eigentum, Länder, Nationen, pp. erschaffen. Im rein natürlichen Grundprinzip des Planeten kommt das alles nicht vor. Es läuft darauf hinaus, dass es sich für jedes Lebewesen auf die Grundaussage: “Ich wurde geboren, ich will leben!”,reduziert. Nun stellt sich mir folgende Frage. Woher kann jemand ableiten, dass sie oder er das Recht hat, den Aufenthaltsort eines Lebewesen zu bestimmen? De facto ist dies nicht möglich. Es geht um etwas anderes. Was ist machbar? Menschen machen exakt das, wozu sie fähig sind und was ihnen ermöglicht bzw. zugelassen wird. Haben wir die Gelegenheit über etwas zu bestimmen oder zu handeln tun wir dies in der Regel auch. Selbst ein Unterlassen beruht auf der Tatsache, dass wir erst einmal die Prämisse einer Möglichkeit etwas zu tun, inne haben müssen.

Weder haben wir das Recht, in die Natur einzugreifen, anderen Lebewesen Vorschriften zu machen, noch Land in Besitz zu nehmen. Wir tun es, weil wir es können. Ich denke, in dieser Logik ist bisher kein Fehler. Theoretisch kann ich abhängig von meinen Fähigkeiten überall hingehen und mich niederlassen. Die Grenzen werden mir von anderen gesetzt – schlicht weil sie es aus irgendwelchen Gründen können. Sie sind besser bewaffnet, können mehr Leute aufbringen, mich verprügeln. Aber eine Berechtigung haben sie dafür nicht. Und so, wie sie einfach nach ihren Möglichkeiten handeln, kann ich das auch tun. Hieraus entsteht eine Wechselwirkung, die von Menschen bereits vor einigen tausend Jahren erkannt wurde.

Den Umgang mit den Konsequenzen dieser logischen Wechselwirkung musste die Menschheit seit ihrem Bestehen erlernen. Über ich Gewalt gegen andere aus, werden die dies bei passender Gelegenheit und einer halbwegs vorhandenen Chance einer Überlegenheit auch tun. Ergreift jemand die Macht über andere, werden andere versuchen, sie ihm wieder abzunehmen. Wieder rein theoretisch festgestellt, könnte man versuchen, nach und nach die zurückliegenden 4000 Jahre überlieferte Menschheitsgeschichte auszuwerten und sich an den Dingen zu orientieren, die funktioniert haben.

Theorie und Praxis standen in diesen 4000 Jahren immer in einem Spannungsfeld zueinander. Praktisch neigen Menschen dazu, teilweise aus den absurdesten Überlegungen heraus, eine Rechtsstellung abzuleiten. Mal halten sie sich für das Mitglied einer höher gestellten Rasse, dann pochen sie auf die Zufälligkeit der Geokoordinaten ihrer Geburt, oder auf den Glauben an den einzig richtigen Gott. All diese Ableitungen haben eine simple Gemeinsamkeit: sie sind blanker Unsinn. Die Entwicklungsgeschichte der Menschheit ist eine Aneinanderreihung von Zufälligkeiten.

Als Denis Papin mit Dampfzylindern herum experimentierte und damit den Grundstein für die Industrialisierung legte, hatte er keine göttliche Eingebung, sondern griff auf Wissen aus der Antike zurück. Welcher Zufall in dieser Zeit passierte, der einem aufmerksamen unbekannten Beobachter zur Erkenntnis verhalf, wissen wir nicht. Jedenfalls könnte ich ohne seine Beobachtung nicht diesen Laptop benutzen. Ich habe keinen blassen Schimmer davon, was da unter der Tastatur passiert, geschweige denn, wie so ein Ding hergestellt wird. Gleichfalls sieht es mit Feuerwaffen aus. Ich kann sie benutzen, aber ich habe keine Ahnung davon, wie ich eine moderne automatische Pistole bauen sollte. Bei mir liefe es auf Molotow Cocktails, Pfeil und Bogen, Messer und Knüppel hinaus.

Doch all diese Zufälle und sich daraus ergebenden Erfindungen haben der Menschheit nicht nur Segen gebracht. Im Gegenteil, es hat uns an den Rand einer planetaren ökolologischen Katastrophe versetzt. Das Problem ist dabei nicht die mögliche Vernichtung des Menschen, sondern das Mitreißen aller anderen Spezies. So oder so, wir tragen die Verantwortung für uns selbst und alle anderen Lebewesen, da unser Handeln aus dem Geschehen nicht heraus zu nehmen ist.

Die als westliche Zivilisationen bezeichneten Regionen haben mit der Industrialisierung ein zweites Mal die Büchse der Pandorra geöffnet. Nichts ist danach, wie es vorher war. Es eröffneten sich nahezu unbegrenzte Möglichkeiten der Machbarkeit. Andere Bevölkerungen konnten hemmungslos unterworfen und ausgebeutet werden. Selbst innerhalb der eigenen Welt wurde nicht halt gemacht. Millionen Menschen verloren die Möglichkeit ohne Bezahlung einen Fuß auf den Boden zu setzen. Mit dem industriellen Kapitalismus wurde alles zu veräußerlichen und käuflichen Gütern. In den Zwanzigern Jahren des letzten Jahrhunderts wurde alles nochmals auf die Spitze getrieben. Um noch mehr zu verdienen und ausufernden Wachstum zu ermöglichen, wurde die Verbindung zum Nutzen einer Sache endgültig gekappt. Alles nur irgend wie erdenkliche wurde zum Gut. Gefühle, Emotionen, Status, Anerkennung, Fortpflanzung, Glück, Abgrenzung, Identität, einfach alles wird vom Konsum bestimmt. Wer sich dem entzieht wird als Aussteiger bezeichnet. Ein Beweis, dass es ein System gibt, welches derart gestaltet ist, wie könnte man sonst aussteigen?

Nunmehr 2020, sehen sich die innerhalb des Systems lebenden Menschen bedroht. Andere Menschen machen sich aus unterschiedlichen Gründen auf den Weg und suchen einen anderen Platz. Wie ausgeführt ist das vollkommen in Ordnung. Die Grenzen ihrer Bewegungsfreiheit bestimmen sich aus dem heraus, was ihnen entgegengesetzt wird. Deutlich ist auch, dass sich jeder, der ihnen das verwehrt, mit den Konsequenzen leben muss. Durch das Verwehren der Bewegungsfreiheit, wird ein Recht generiert. Jeder andere darf dies auch. Doch es passiert noch mehr. Den Menschen, welche sich auf den Weg gemacht haben, wird Gewalt angetan. Ihnen wird Nahrung, Wasser, Schutz, Grund und Boden, vorenthalten. Versuchen sie dagegen anzugehen, wird dem Einhalt geboten. Damit wird eine Welt erschaffen, in der diese Verhaltensweisen existent und zulässig sind. Ich darf mich nicht wundern, wenn mir solche Dinge ebenfalls passieren.

Der Mensch hat die Fähigkeit erworben, sein Umfeld, die darin bestehenden Regeln des miteinander selbst zu erzeugen. Der weltweite Umgang mit Mitgliedern der eigenen Spezies, die ihren Geburtsort verlassen, erzeugt Regeln. Machen wir uns nichts vor. Das Ganze ist an Geld gebunden. Eine Regel besagt, dass Bewegungsfreiheit käuflich ist und wie dieses Geld in den Besitz kommt, ist sehr unterschiedlich. Wir gehen noch einen Schritt weiter. Nicht wenige stellen sich auf den Standpunkt, dass wir nur Leute in der Bewegung hindern, die für uns nicht nützlich sind. Jede Frau und jeder Mann, mit Arbeitsfähigkeit und den Willen dazu, bekommt eine Chance zu überleben.

„Nicht der Glaube macht selig, nicht der Glaube an egoistische Pfaffen- und Adelzwecke, sondern die Arbeit macht selig, denn die Arbeit macht frei. Das ist nicht protestantisch oder katholisch, oder deutsch- oder christkatholisch, nicht liberal oder servil, das ist das allgemein menschliche Gesetz und die Grundbedingung alles Lebens und Strebens, alles Glückes und aller Seligkeit.“

Heinrich Beta, Deutscher Nationalökonom

Bekanntlich setzten die Nationalsozialisten diesen Spruch über Konzentrationslager. Angeblich soll der Lagerkommandant Höß von Auschwitz dies als eine Art erzieherische Botschaft tatsächlich ernst gemeint haben. Lebenswertes Leben selektiert von nicht lebenswerten, wobei sich der Wert nach der Arbeitsfähigkeit und Nutzen bestimmt. Diese Überlegung stellen gleichermaßen die an, welche darüber entscheiden, wer sich bewegen darf und wer nicht. Diese Ableitung mag einigen nicht behagen, doch sie ist schlüssig. Nach welchen Kriterien, gestehen die in Wohlstand Lebenden ihren ebenfalls zur Spezies gehörenden Mitmenschen einen Ortswechsel und Hilfestellung zu? Herr Seehofer nannte die Aufnahme einiger hundert Kinder einen Akt der christlichen Nächstenliebe. Ist das so? Ist das Unterlassen von Gewalt, denn nur damit kann die Bewegung gestoppt werden, ein Akt der Nächstenliebe? Im Christentum teilte der heilig gesprochene St. Martin seinen Mantel mit einem Armen. In der Geschichte ist nicht davon die Rede, dass er ihn vorher irgendetwas verwehrt hatte. Anders wäre es, wenn er ihm zum Beispiel den Weg zu einem Brunnen frei gegeben hätte, obwohl er ihn hätte genauso gut Niederstrecken können. Außerdem ist das Kalkül recht durchsichtig. Kinder kann ich in das System eingliedern und nützlich werden lassen.

Irgendwo her leiten einige Deutsche Politiker ein Recht auf das Verwehren der Bewegung ab. Man könnte es aus der staatlichen Souveränität ableiten. Ein Recht, welches mit der Entstehung der Nationalstaaten daher kam. Es ist der Status Quo, aber wird sich dieser bei den sich abzeichnenden weltweiten Veränderungen aufrecht erhalten lassen? Als er entstand, sah die Welt gänzlich anders aus. Alles basierte damals auf der Annahme von unendlich vorhandenen Ressourcen. Diese Annahme ist widerlegt. Wir müssen nicht nur die Endlichkeit zur Kenntnis nehmen, sondern vielmehr einen steigenden regionalen Mangel an allem, da wir die Reproduktionsrate des Planeten überreizt haben. Gemäß einer Studie werden bei steigender Tendenz bis 2050 ca. 30 Staaten für eine Vielzahl ihrer Einwohner unbewohnbar sein. Den Zeitpunkt für eine Lösung an Ort und Stelle hat die Weltgemeinschaft verstreichen lassen. Im Ergebnis sind die Grundpfeiler der bisherigen Aufteilung des Planeten in Staatsgebiete nach und nach hinfällig. Eine, die im Übrigen wirtschaftlich nicht mehr existent ist. Wir gestehen multinationalen Konzernen abhängig vom Vorkommen eine alle Grenzen überschreitende Ausbeutung der Ressourcen zu, versagen es aber den Menschen zum daraus entstandenen Gewinn hinzugehen. Das ist in etwa, wie in der Niederlausitz eine Mondlandschaft zu erschaffen und nach erfolgten Braunkohleabbau, die ehemaligen Bewohner in die Baugrube einzusperren.

Nein, es gibt keine Rechtfertigung, nur die aus der stärkeren Position herrührende Machbarkeit, welche wiederum auf zuvor erfolgter mindestens 200 Jahre andauernder Ausbeutung heraus entstanden ist. Bereits damals übersahen die Verantwortlichen das Gesetz der Wechselwirkung. Sie ignorierten, dass aus Krieg, Ausbeutung, Destabilisierung anderer Gesellschaften etwas folgen wird. Nämlich die Folgen, mit denen wir uns heute auseinandersetzen müssen. Wir übersehen dies gern und versuchen Vergangenes als etwas in sich geschlossenes zu sehen. Das funktioniert nicht und heute schon gar nicht.

Ich kann verstehen, wenn der heute zwanzigjährige Spross einer alt eingesessenen Mafia Familie in seiner Firma sitzt und mit den Schultern zuckt, weil im Lauf der Jahre aus dem kriminellen Vermögen ein legales moduliert wurde. Dies macht er mit der gleichen Haltung, wie deutsche Adelsgeschlechter (z.B. Guttenberg), die ihre Basis im Raubrittertun haben. Aber wir verschaffen damit einem Prinzip Vorschub: Asoziales Verhalten und Verbrechen zahlen sich aus, wenn es geschickt angestellt wird. Die Geschichte Europas ist spätestens seit Mitte des 19. Jahrhunderts auch eine Geschichte von Sklaverei, Verbrechen, Ausbeutung, Kriegsverbrechen und im Zweifel ein Verstoß gegen das, was sich angeblich christliche Kultur schimpft.

Wir haben das Geld gut angelegt und besitzen jetzt die Macht, die den Folgen ausweichenden Leuten die nackte Faust vor das Gesicht zu halten. Auch das wird Konsequenzen haben. Ich glaube, dass wir auf einen Schnellkochtopf starren. Ab und zu macht einer ein Ventil auf … aber niemand nimmt den Topf vom Herd. Erdogan gießt nach Belieben neues Wasser nach. Die anderen Diktatoren machen ihre Deals mit den gierigen Großmächten. Wehe allen, wenn sich die Massen formieren und andere Führer finden. Abwendbar wäre dies mit wahrlich umwälzenden Veränderungen im Denken, bei den Prinzipien und der Haltung zum Leben.

Was sich um Moria rund herum zeigt, lässt nicht darauf schließen, dass sich etwas ändert. Im Grunde genommen, ist es ein Rückfall ins Mittelalter. Wer sich beim Anblick von Menschen, die sich mit dem Trinken von Abwassern, Essen von Resten und Gräsern am Leben halten, ein Auswahlrecht herleitet, haben die Idee des Menschen verwirkt und landen im animalischen. Gleiches gilt für Menschen, die ihre Macht ausleben und davon sprechen, dass vor einer Klärung der Brandursache niemanden geholfen werden kann.

Im Buddhismus ist davon die Rede, dass man sein Leben nicht nur durch seinen eigentliches Handeln gestaltet, sondern auch durch die Auswahl der Menschen, denen man sich anschließt. Oder wie ich es immer formuliere: Wer in eine Güllegrube springt, darf sich nicht beschweren in Exkrementen zu schwimmen und selbst noch nach dem Herausklettern, nach diesen zu riechen.

Egal, wer auch immer und warum Teile des Lagers anzündete, es wurde ein noch weiter sichtbares Zeichen gesetzt, welches in die abgestumpften Wohnzimmer der westlichen Welt transportiert wurde. Bei uns waren weder die SPD, die CDU/CSU oder die SPD zum Handeln bereit. Lediglich die GRÜNEN und die LINKEN unternahmen einen Vorstoß. Wenn die Bundes SPD nun beim Anblick des Fanals einlenkt, hat das einen bösen Beigeschmack. Menschlichkeit verliert ihre Bedeutung, wenn sie an Macht und Wählerstimmen gebunden ist.

Menschen, die in ihrer privaten heilen Welt sitzen und mit dem Finger zeigen, auf die deutsche Wirtschaft verweisen, Bestrafungen fordern, die mich an die Bestrafungen im Partisanenkrieg erinnern, auf mittelalterliche Abschreckung setzen, haben im buddhistischen Sinne mein Bedauern. Einerseits bin ich ihnen dankbar, dass sie mir zeigen, welchen Weg ich garantiert nicht einschlagen werde, anders herum haben sie aber auch für sich alles verwirkt. Allein schon die Haltung einzunehmen, als Mensch über Wert oder Unwert eines anderen Menschen entscheiden zu können, ist ein Ungeist, der mir zeigt, dass das der Nationalsozialismus nicht besiegt ist. Letztens habe ich mir ein Interview mit dem ehem. Reichsjugendführer Artur Axmann angesehen. Die körperlich tüchtige wertvolle Jugend, die der Nation zur Verfügung steht, war sein Idealbild.

Welche Bedeutung ein Leben für alles hatte, ist für uns unübersehbar. Eine der Fähigkeiten, die wir nicht besitzen. Und nur weil jemand von sich behauptet, dass sein Weg der richtige ist, heißt es noch lange nicht, dass er wirklich richtig ist. Aber eins weiß ich mit Sicherheit, keine Demut vor dem Wunder Leben zu haben und die Grundprinzipien zu ignorieren, kann nicht richtig sein. Im Herren der Ringe spricht der weise Zauberer Gandalf von einer Dunkelheit, die sich wieder ausbreitet und an die Grenzen des Auenlandes heran reicht. Ist der Mensch wirklich unbelehrbar? Die Trennlinie zwischen einem primitiven Organismus und dem Menschen ist sehr filigran. Vom Genom her unterscheiden wir uns kaum von einer Kaulquappe. Da ist es bemerkenswert, wie bereitwillig wir die wenigen Unterschiede aufgeben.

Was bilden wir uns ein?

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Es ist noch gar nicht lange her, als Friedrich MERZ von der CDU die von Philosophen geführte Debatte nach einer Europäischen Leitkultur aufgriff und sie kurzerhand auf eine Deutsche Leitkultur reduzierte. Zu diesem Zeitpunkt fagte ich mich, ob dies noch konservativ ist oder bereits ins rechts – konservative Lager gehört. Auf jeden Fall ist es eine Aussage, die dem einen oder anderen nicht bekommt. “Du bist ein Deutscher und bist damit Teil einer Kultur, die es Wert ist, als Leitkultur angesehen zu werden – Du bist wer!”

Der Grundgedanke bezüglich der Notwendigkeit einer Europäischen Leitkultur war recht simpel. Der Philosoph Jürgen HABERMAS stellte fest, dass eine Forderung nach Integration die Definition nach dem erfordert, worin sich eine/r integrieren soll. Anders betrachtet ist es demnach prinzipiell das, wonach Eltern theoretisch die Sozialisation ihres Nachwuchs ausrichten sollten. Eine Deutsche Leitkultur rutscht in eine ganz andere Richtung ab.

Es sind die Fragen, die seit Bestehen Deutschlands im Raum stehen. Seit wann kann überhaupt von einem Deutschland gesprochen werden und was ist diese Deutsche? In jedem Fall gehört es zur deutschen Tradition, diejenigen welche darüber sinnieren und nicht zum gewünschten Ergebnis kommen, zu vertreiben, zu diskriminieren, einzusperren oder gar an die Wand zu stellen. Es ist faszinierend, wie sich gerade Konservative ausgerechnet auf die Philosophen und Intellektuellen berufen, die Deutschland den Rücken kehrten. Bisweilen geht das ins Unverschämte. Wenn ein Rechter wie Gauland ausgerechnet Heine zitiert, kann einem nur noch schlecht werden.

Bis in die jüngere Vergangenheit haben purer Rassismus und Antisemitismus EUROPA und seine Ableger USA/Australien im Denken geprägt. Seien es die europäischen religiösen Fanatiker die die ersten amerikanischen Siedler stellten, die ehemaligen britischen Sträflinge, welche die Aborigines versklavten und ihrer Menschenrechte beraubten, die europäischen Kolonialisten, welche die “Wilden” in Menschenzoos in Gehege einsperrten (bis hinein in die Dreißiger des 20. Jahrhunderts), sie versklavten oder Massaker an ihnen verübten. Noch heute reagieren einige skeptisch, wenn man ihnen von Reisen in ferne Länder berichtet. “Na ja … so richtig unsere Standards haben die ja nicht!” Unter Umständen haben sie die tatsächlich nicht, was nicht zuletzt an der Armut liegt. Doch an vielen Orten ist es einfach anders, damit nicht besser oder schlechter – einfach und simpel: anders. Dieses ANDERS ohne Bewertung, ist eine der größten Hürden im Denken eines Mitteleuropäers. Ohne Bewertung funktioniert bei uns fast gar nichts. Eigentlich wird dieses Männern zugeschrieben, aber ich kann nicht erkennen, dass europäische Frauen dagegen immun sind. Meiner Erfahrung nach, hat das auch nichts mit dieser ursprünglichen Herkunft zu tun, es genügt vollauf in Deutschland sozialisiert zu sein, womit dies zu einem kulturellen Aspekt wird. Dies negativ zu bewerten, wäre hier unlogisch. Mir geht es um die Feststellung, dass es auch anders geht und dies seine Berechtigung hat.

Es gibt in der europäischen Geschichte viele dunkle Flecken. Mit dieser Vergangenheit kann nur abgeschlossen werden, wenn man sich ihr stellt, eine Fehlerauswertung vornimmt, sich fragt, wie es dazu kommen konnte, um dann mit allen zusammen etwas Neues anzugehen. Genau dies passiert lediglich in geringen Teilen der Bevölkerung und schon gar nicht vom politischen Establishment ausgehend.

Manche ergehen sich in Geschichtsrevisionismus. “Es mag sein, dass wir nicht nett zu den Hottentotten und Hereros waren, aber andererseits haben wir denen doch so tolle Dinge gebracht.” Andere setzen auf das Vergessen. Alles ist doch so lange her, was haben sie denn noch mit der Sache zu tun?

Ziemlich einfach! Wer regt sich in Deutschland nicht über kriminelle Strukturen auf, die ihr Geld in aller jüngster Vergangenheit ergaunerten, es nun waschen und eine legale gehobene Existenz anstreben? Das ist EUROPA! Geldwäsche im ganz großen Stil. Wir leben in einem Wohlstand, der ohne kriminellen Handlungen der Vorfahren nicht existieren würde. Von deutschen Kriegsprofiteuren mal ganz abgesehen. Gäbe es eine internationale Geldwäschekommission, wären einige deutsche Industrielle schnell verarmt.

Es ist auch interessant, wenn in diesem Zusammenhang ein Lindner, FDP, darüber referiert, dass kein Mensch das Recht hat sich seinen Platz auf der Erde selbst auszusuchen. Scheint recht einspurig zu sein. Die EUROPÄER dürfen überall ihr Unwesen treiben, im Zweifel tausende Menschen zwangsweise irgendwo hin verfrachten, aber wenn es die anderen machen, sieht alles ganz anders aus? Rechtskonservatives Denken eines selbsternannten Liberalen? Rechts und Geld gingen schon immer in fester Umarmung durch die Geschichte.

Oder was ist mit Seehofer, CSU, wenn er feststellt, dass die Afghanen gefälligst in Afghanistan bleiben sollen, wenn man ihnen so viel Geld gegeben hat. Ich denke die Geschichte der Deutschen Grenze zeigte, dass Menschen keine Lust haben in einem Land zu bleiben, wenn sie wo anders eine bessere Chance haben. Ulbricht ließ sich nicht ohne Grund und zum Spaß errichten.

Was soll das für eine Kultur sein? Was hat denn Deutschland fortwährend zusammen mit anderen europäischen Staaten geprägt. Da wäre auf jeden Fall die von England ausgehende Industrialisierung in Verbindung mit den Folgen einer Entfremdung von der Arbeit, massenhafte Ausbeutung und internationale Konflikte, zu nennen. Die Ausrichtung der Gesellschaften auf Fortschritt, Wachstum, Konsum, Geld und die Implementierung einer Hierarchie, in der nicht die geleistete körperliche Arbeit ausschlaggebend ist, sondern inwiefern das Individuum zur Vermehrung des Kapitals beiträgt. Regierungen setzen alles dran, um den Wohlstand auf einem Mindestniveau zu halten, damit gerade die Deutschen nicht auf dumme Gedanken kommen.

Dann wäre da die deutsche Opfer – Kultur. Der Kaiser wollte auch etwas vom Kuchen der Kolonialisierung abhaben. Deutschland war vom Selbstverständnis her ein Opfer der großen Kolonialmächte. Nach dem Ersten Weltkrieg dauerte es nicht lange, bis sich die Deutschen wieder übervorteilt fanden und es ging in den Zweiten Weltkrieg. Nach der Wiedervereinigung sind es die ehemaligen DDR Bürger, die feststellen, dass die Westfirmen sie über’s Ohr gehauen haben und sie aufgrund der Reparationsleistungen an die UdSSR ins Hintertreffen gerieten, während die BR Deutschland seitens der Alliierten jede erdenkliche Hilfe bekam. Ob zu Recht oder Unrecht, es läuft auf die Formulierung einer Opfer – Rolle und die Ableitung von Forderungen hinaus.

Bei den Briten, die ich unterwegs traf, läuft etwas Ähnliches ab. Die Weinen um ihr Empire und die Degradierung auf eine Insel im Meer. Das trifft sie hart und ist mit Sicherheit ein Grund für den Brexit. Geschichtlich betrachtet, ist das alles ziemlich langweilig. Wie wäre es denn mal mit neuen Überlegungen? Ich benutze mal dieses für deutsche Konservative Unwort: Progressiv.

Ich gehe es mal radikal an. Die Erschaffer des Grundgesetzes hatten die Machtübernahme Hitlers im Nacken. Es galt in diesem Regelwerk Klauseln einzubauen, die eine ähnliche Vorgehensweise von den damals bekannten Radikalen rechts und links zu verhindern galt. Über all die Jahre hat dies vor denen geschützt. Aktuell ergeben diese Klauseln durchaus einen Sinn. Doch nichts ist für die Ewigkeit und einiges im Grundgesetz Formulierte wird stoisch seitens des politischen Establishments ignoriert. Die Welt hat sich verändert. Darauf gilt es zu reagieren. Das Land wird nicht mehr klassisch von anderen Ländern bedroht oder muss sich im Innern mit offenen Visier antretenden Radikalen erwehren.

Das Jahr 1982, mit dem Mißtrauensantrag der CDU/CSU, FDP, war für meine Generation eine politische Zäsur. In seiner legendären Rede brachte Herbert Wehner einiges auf den Punkt. Er brachte zum Ausdruck, dass es nicht verwunderlich ist, wenn sich eine junge Generation angewidert von den abwendet, welche statt Integrität, Geradlinigkeit und Ehrlichkeit zu zeigen, nur noch auf Manipulation und Taktieren stzen. In seiner Rede verwies er auf die Aussage Kurt Schumachers 1947 in Nürnberg.

Erstens: Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und Ehrlichkeit, zweitens: die Demokratie kann nur leben, wenn die Menschen den Willen zur Objektivität haben und Selbstständig sind, aber: drittens, die technokratische, oder nahezu kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel, führt zum Gegenteil.

Kurt Schumacher, 1947

Im Fahrwasser einer von Helmuth Kohl angeführten CDU/CSU, Genscher und Otto Graf Lambsdorff wandelte sich die Politik und eben auch die Gesellschaft, die künftige Politiker nach sich zog. Man mag beinahe ausrufen: Die alten Kämpfer gegen die Nazis haben es Euch frühzeitig gesagt, jetzt habt ihr den Salat.

Wir wissen gar nicht mehr so genau, wer da alles an der Demokratie herum schraubt oder bisweilen unwissentlich die Wühlmaus an den Wurzeln ist. In vielen Bereichen bilden CDU/CSU, FDP, SPD eine Einheitspartei, die über einen rechten und einen linken Flügel verfügt. Diese Partei trifft Entscheidungen, die letztlich nur die Interessen der oberen Schichten des Landes spiegeln. Nach unten hin wird nicht mit offenen Argumentationen agiert, sondern es werden lediglich manipulative Appelle an Emotionen und Gefühle gerichtet.

Weiterhin wird die Struktur des Landes von internationalen Organisierten Kriminellen und multinationalen Konzernen bedroht. Die Abgrenzung zwischen beiden ist ebenfalls oftmals nicht möglich, hierfür ist die Vernetzung zu groß. Auch ohne Verfassungsrechtler zu sein, ahne ich, dass das Grundgesetz hiergegen auf Dauer nicht bestehen kann. Alles wird sich entwickeln.

Da ist für mich der springende Punkt. Wenn die Bürger nicht ein klares Ziel vorgeben, machen es andere. Ich kann mich mit einem wie auch immer erkauften Wohlstand zufrieden geben oder mir ein bis zwei Gedanken mehr machen. Der Klimawandel mit all seinen Folgen wird Entscheidungen abfordern. Selbstverständlich kann ich die Wohlfahrtsstaaten abschirmen. Es ist nur eine Frage der Mittel und ob sie einsetzen will. EUROPA startet diesbezüglich aktuell einen Testballon. Im Flüchtlingscamp Moria wird wahrscheinlich CORONA ausbrechen. Alles eine Frage der Zeit. Die Menschen dort haben dem wenig entgegen zu setzen … Problem gelöst. Halte ich Schiffe nur lange genug auf See, kommt ohnehin nur noch ein Drittel an. Wenn ich die entsprechend mies behandle, ist das langfristig auch eine Lösung. Bereits jetzt zahlt EUROPA Kriminellen Geld dafür, dass sie die Flüchtlinge in der Wüste halten. wo sich das Thema ebenfalls erledigt.

In Berlin ist gerade ein Zuwachs an Geldwäsche internationaler Krimineller Strukturen zu beobachten. Im Verhältnis zu anderen Metropolen war die Stadt bisher ein exotischer Zwerg. Dies wird sich ändern. Bereits jetzt arbeiten Makler, Immobilienhaie und Strukturen Hand in Hand. Jeder will etwas vom Kuchen abhaben. Meinem Lebensgefühl nach, ist ein großer Teil unserer modernen Kultur vom Anhäufen von Statussymbolen, Geld und Konsum geprägt. Da fällt die Integration nicht sonderlich schwer. Mit einem repräsentativen DAIMLER oder BMW in der Gegend herum zu fahren, entspricht exakt der deutschen Kultur des 21. Jahrhunderts. Sich Teilen der Presse als manipulatives Lobbyinstrument zu bedienen, ebenfalls.

Zurückhaltung, Bescheidenheit, einen Blick auf die Nachhaltigkeit zu haben, der Lebensleistung, einer gewissen Solidität in der Lebensführung Respekt zu zollen, sind Schnee von gestern und mehr die Angelegenheit einer aussterbenden Nachkriegsgeneration, die noch von einer längst verstorbenen Generation politisch engagierter Aufbruchvisionäre angeführt wurde. Das ICH, als Element, welches das Große positiv beeinflusst, hat ausgedient. Es ist wie beim Fußball. Wenn ich nur Stürmer habe, die selbst das Tor erzielen wollen und beim Fummeln nicht den Kopf hoch nehmen, gewinne ich ein oder zwei Spiele, aber nicht das Turnier.

Ich selbst habe auch keine Lösungen parat. Muss ich aber auch nicht. Mein Job war es immer, denen die sich über Lösungen Gedanken machen sollen, den Rücken frei zu halten. Doch ich sehe, dass das in dieser Art und Weise kein gutes Ende nimmt. Mein Beitrag kann darin bestehen, dass ich versuche in meiner unmittelbaren Umgebung kleine Marken zu setzen.

Manchmal ist selbst das frustrierend. Mit einer gewissen Traurigkeit sehe ich, wie sich Teile der Gesellschaft Regel gerecht vorführen lassen. Sie meinen es nicht einmal böse. Was einige Abziehen, sprengt schlicht ihre Vorstellungskraft, weil sie dieses Denken niemals kennenlernten. Vielleicht ist auch dies ein Aspekt einer neuen Kultur. Die Gutmütigkeit und Aufgeschlossenheit auszunutzen, ist ein alter Hut. Unter Ganoven gibt es solche und solche Charaktere. Selbst in kriminellen Kreisen gibt es Leute, die unter der rüden Bezeichnung Arschloch laufen. Der Unterschied besteht darin, ob man kriminell ist, weil man irgendwie durch das Leben kommen will oder ob man alles um sich herum als Beute betrachtet, was sich nicht schnell genug auf den Baum rettet. Bei diesen Charakteren ist die Grenze zwischen legal oder illegal fließend. Das Kriterium ist die Auswahl der zur Verfügung stehenden Mittel mit denen man sich bereichert. Nicht jeder bekommt im Leben die Chance BWL oder Jura zu studieren. Die anderen müssen halt jenseits der Gesetze agieren. Das Ziel ist identisch.

Gäbe es eine Kultur, die Besitz und Reichtum, mehr oder weniger auf dem Rücken anderer generiert, ächtet, würde es anders aussehen. Oder wäre das geckenhafte Präsentieren des Ergaunerten, Zusammengerafften, Erschlichenen, jenseits aller ethischen Vorstellungen Ergatterte, despektierlich, gäbe es weniger Interesse daran. Hätte eine breite Mehrheit die Nase von warmer Luft, Appellen an die niedrigen Ebenen und Gier voll und würde danach Handeln, sehe die politische Landschaft anders aus.

Was wäre mit einer Kultur, in der Weisheit und Intelligenz gehuldigt wird? Natürlich gibt es diese Menschen in Deutschland. Dummerweise kommen die zu Ergebnissen, welche der Macht nicht behagen. Weniger, weil sie nicht zu ähnlichen Ergebnissen kommen, sondern weil sie nicht mehr aus der eigenen Nummer herauskommen. Über Jahrzehnte hinweg haben sie sich gegenseitig hoch gepusht. miltärwissenschaftlich taktiert (wie es Schumacher ausdrückte) und den politischen Gegner diffamiert. Wie soll man jetzt noch zur Wahrheit, Integrität, Geradlinigkeit zurückkehren, ohne die Wähler an die Populisten zu verlieren, die einfach munter weitermachen? Wenn mir einer ein weiches Hotelzimmerbett verspricht, mich hofiert, werde ich mich nicht dem zuwenden, der mir einen Camping Platz anbietet.

Deutsche Leitkultur? Das kling auch ein wenig nach Klischees. Deutsche Planungsstruktur (unter Backpackern als “The German Way” bekannt), Deutsche Marken (die häufig nur ein Gehäuse mit Aufdruck darstellen), Deutsche Pünktlichkeit, ein herrischer Dialekt, deutsche Arbeitswut und der deutsche Feierabend nach getaner Arbeit. Wobei sich die an geleisteten Stunden und nicht an Ergebnissen orientiert. In Zeiten der Digitalisierung und einer sich verändernden Arbeitswelt ein heikles Thema. Und immer ganz wichtig: Fortschritt, Wachstum, Unzufriedenheit – wer immer mehr haben will, wird nie zufrieden sein.

Was bilden wir uns ein? Wir machen alles richtig! Kann doch jeder sehen. Exportweltmeister, weltweiter Waffenlieferant, mit eins der reichsten Länder der Welt (zumindest für ein paar wenige eine tolle Sache), ein noch bestehendes Sozialsystem (welches spätestens bei der anstehenden Altersarmut mächtig ins Schlingern geraten wird) und die gelebte Arroganz, dass wir wieder eine führende Rolle in EUROPA einnehmen. Es geht also ausschließlich um Geld. Wenn sich das mal nicht im Hinblick auf die Entwicklung unser Welt als Schuss in den Ofen erweisen wird. Doch es funktioniert erst einmal. Die paar Irren, die bei Corona – Demonstrationen grenzdebil durch die Gegend laufen, atmet die Mehrheit entspannt weg.