Kurze Gedanken #2

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Von einigen wird provokativ das Leben von Jesus ins Heute übertragen. Ein Nordafrikaner, im Verhältnis zu Mitteleuropäern dunkelhäutig, schwarzes krauses Haar, Vollbart, gedrungene Statur. Wäre er 2021 ein Flüchtling? Eigentlich nicht! Ein religiös Verfolgter? Mit Sicherheit. Aber auch Unruhestifter, einer der in heilige Stätten eindringt und randaliert. Anführer einer radikalen Sekte, die sich gegen die herrschende gemäßigte und profitable Auslegung der jüdischen Weltanschauung stellt. Gleichsam, Zöllner, Händler, Geldverleiher, den richtenden zeternden Pöbel, als Abweichler vom wahren Glauben sieht.

Jemanden wie ihn und seine Anhänger würde man in Deutschland 2021 observieren lassen, unter Beobachtung des Verfassungsschutzes stellen und spätestens nach der Randale auf einem Weihnachtsmarkt vor Gericht stellen. Da klingt es seltsam, wenn christliche Würdenträger davon sprechen, dass sich zur Weihnachtszeit Gott in Menschengestalt zeigte. Viel geändert hat sich demnach nicht. Damals stellten sie ihn vor Gericht, weil er sich gegen die bestehende Ordnung wendete, und heute sähe es, abgesehen von der zu erwartenden Strafe, nicht anders aus.

Gott, dass was die Christen darunter verstehen, als verfassungsfeindliches Etwas? Unbedingte Nächstenliebe vs. gesetzlicher Regelungen, Staatsgrenzen, Staatsangehörigkeit? Verbot der Zinserhebung, Wucher, Bereicherung? Vorverurteilung, moralische Bewertung des Handelns anderer Zeitgenossen, als verwerfliche Sünde? Vorsätzliche Zerstörung der Schöpfung zu Gunsten von Profiten im Diesseits? Krieg, das gezielte strategische Vernichten von Leben jeglicher Art, immer wieder gern mit scheinheiligen Begründungen geführt, ein Affront gegen die herrschende Politik?

Feiern die Christen der westlichen Industriestaaten eine Idee, die völlig ihrer Lebensrealität widerspricht? Sehnen sie sich nach der Überwindung dessen oder verschließen sie schlicht die Augen? Christliche Feste sind beim Betrachten der Realität, ähnlich wie die anderer monotheistischer Religionen schräge Gegenveranstaltungen zum Bestehenden, zelebriert ausgerechnet von denen, die für die herrschenden Zustände verantwortlich sind.


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Verfasst 25. Dezember 2021 von Troelle in category "Kurzgedanken

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