Verantwortungsvolles Führen und die Folgen

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“Führen bedeutet, andere erfolgreich zu machen.”

Führungsgrundsatz, unbekannte Quelle

Ich habe vergessen, wann mir der genannte Führungsgrundsatz erstmals begegnete, auf jeden Fall hat er mich über Jahre hinweg beschäftigt und ich gebe zu, erst mit Mitte 50 verstehe ich ihn in seiner vollen Tragweite. Führung in einer betrieblichen Hierarchie wird häufig als etwas verstanden, was am Ende das Unternehmen erfolgreich machen soll. Selbst wenn der Anspruch besteht, ein angenehmes Betriebsklima zu schaffen, basiert der auf der Erkenntnis, dass zufriedene Beschäftigte effizienter arbeiten, als ständig frustrierte.

Menschen-Führung begegnet einem nicht ausschließlich im Beruf. Da wäre zum Beispiel an die politische Führung eines ganzen Landes, oder aber auch an die Führung durch einen Therapeuten, Weisen, Meister, Lehrer, zu denken. Selten, aber es kommt vor, begegnet einem eine Kombination, in der sich eine betriebliche Führung durch einen Vorgesetzten oder einer Vorgesetzten gleichsam zur Lebensführung entwickelt. Mir wurde das letztens bei einem Telefonat bewusst. Einem Kollegen, der mir gegenüber nicht weisungsbefugt war, fielen in meinem Verhalten negative Entwicklungen auf, die nicht dazu passten, wie er mich jahrelang erleben durfte. Er beriet sich mit meinem Vorgesetzten, der mich daraufhin aus dem Augenwinkel heraus beobachtete und da er mich selbst seit Jahrzehnten kannte, für eine Beurteilung durchaus kompetent war. Beiden ging es nicht um meine Effizienz, die reichte immer noch vollkommen aus, sondern um mein allgemeines Auftreten. Es führte zu einem Gespräch, in dem der Vorgesetzte sagte: “Zieh die Notbremse! Du bist durch!” Nachdem ich mich in der Folgezeit mit den Themen Burnout, Depressionen, Traumatisierungen eingehend beschäftigte, weiß ich, wie gut mich die beiden damals erkannten. Ich selbst hatte längst den Punkt überschritten, an dem ich selbst die Kraft für eine Veränderung aufgebracht hätte. Meine innere Kapitulation war in ein passives Warten auf den letzten großen Knall, der entweder ein Ende bedeutete oder das lange innerliche Sterben einleitete, übergegangen. Ich denke, das war, was die beiden nicht mehr sahen: Mich! Es gibt die Redewendung: “Ein Schatten seiner Selbst zu sein.”

Überhaupt eine Grundregel, die ich mir in vielerlei Lebensbereichen zu eigen gemacht habe. “Es ist wichtig, hinzusehen und Schlüsse zu ziehen. Doch oft ist es weniger das Offensichtliche, welches die relevanten Informationen liefert, sondern all die Sachen, die erfahrungsgemäß oder einer Logik folgend vorhanden sein sollten, aber nicht sichtbar sind.”

An sich ist dies ein sehr alte Logik. Es gehört zur Überlebensfähigkeit in der Wildnis, die plötzliche Stille als Warnzeichen zu erkennen. Andersherum ist es ebenso eine uralte Taktik, mit etwas Sichtbaren vom Verborgenen abzulenken. Vorgesetzte sollten dies ebenfalls berücksichtigen. Wo nicht gelästert wird, untereinander und im Besonderen über die Führung, stimmt etwas nicht. Mitarbeiter, die gar keine Ausfälle wegen Beziehungsproblemen, Familie usw. haben, verbergen unter Umständen sehr große Probleme, wie Isolierung, Vereinsamung, Ehekrisen, die sich traumatisch auswirken können und der Arbeit nicht zuträglich sind. Vorgesetzte, die alles und ständig kontrollieren, sollten darüber nachdenken, warum sie nahezu immer stimmige Sachen zu sehen bekommen. Mitarbeiter sind nicht doof und ständige Kontrolle ist die Aufforderung zum kreativen Vorspielen einer Perfektion.

Ich finde, überall wo Vorgesetzte eine Rolle spielen, sollten sich die mit der Führung Beauftragten, ihrer zweigleisigen Verantwortung bewusst sein. Der, die sich aus dem Arbeitsverhältnis gegenüber dem Auftraggeber ergibt und jene, die sich aus dem Sozialverhalten eines Primaten, der in Herden lebt, ableitet. Allzu häufig reduziert es sich auf den Arbeitsprozess. Zum Beispiel gibt es die Leute, welche durch übermäßige Arbeitsleistung persönliche Defizite kompensieren wollen. Wer das auch noch fördert, nimmt billigend in Kauf, dass Betroffene eines Tages zusammenklappen und aussortiert werden. Speziell wird es, wenn Vorgesetzte dies tun, weil sie ähnliche Defizite aufweisen. Irgendwann sagte mal einer: “Mir reicht es völlig aus, wenn ich Führungskräfte habe, die niemanden demotivieren.”

Willst Du einen Menschen kennenlernen, mach ihn zu Deinem Vorgesetzten!

Kurt Tucholsky

Ich durfte drei Kategorien von Vorgesetzten kennenlernen. In jeder Hinsicht bemerkenswerte Persönlichkeiten, die ernstzunehmende “Menschenführer” waren oder hoffentlich noch sind. Dann einige, die ich heute als Psycho – o. als Soziopathen bezeichnen würde und zusätzlich welche, die vollkommen unfähig, aber gleichzeitig harmlos waren. Der ersten Kategorie bin ich dankbar für gute Zeiten und zum Ende hin, für eine gute Wendung in meinem Leben. Wobei ihre größte Aufgabe darin bestand, mir meine zuvor gemachten Erfahrungen zu widerlegen.
In diesem BLOG – Beitrag steckt zwischen den Zeilen ein leises “Danke!” Im Nachhinein kann ich nur bestätigen, dass es auf der Kippe stand. Aus der etwas unglücklichen Verkettung mehrerer suboptimal verlaufender Prozesse, wäre ich allein nicht mehr herausgekommen. Doch hauptsächlich möchte ich mit meiner Offenheit etwas anderes erreichen. Verantwortungsvolle Vorgesetzte, vor allem auch jene Beauftragten, die für die Auswahl zuständig sind, können maßgeblich Biografien beeinflussen. Eine Angelegenheit, die weit über den Bereich eines Betriebes, einer Behörde oder sonst welche Einrichtungen, hinaus geht. Und ein alter Spruch lautet: “Ein Mensch lebt nicht für sich allein!” An jedem hängen noch weitere hinten dran.

Bei alledem ist hervorzuheben, dass es fast niemals um Vorgaben, Ratschläge oder Anweisungen geht. Vielmehr sind es die richtigen Fragen und das Erkennen der Stärken. Wer fragt, führt das Gespräch und was die Leute alles nicht können, interessiert mich wenig. Interessant ist, worin sie gut sind und wo in welcher Lebensphase sie sich gerade befinden. Alles hat seine Zeit.


Letzteres ist mir ebenfalls wichtig. Der Mensch durchläuft mehrere, teilweise eher individuelle und gleichzeitig Phasen, die jeder durchmachen muss. Ich kann jetzt sagen: Meine ganz persönliche Phase, Dienst für die Gesellschaft als Kriminalbeamter, war vorbei und andere sind angebrochen. Angeschlossen hatte sich an eine Findungsphase nach der schulischen Ausbildung und begleitet wurde sie von der Lebensphase als Familienvater. Wir leben in Deutschland in einer überalterten Gesellschaft. Mir wurde noch ganz altbacken beigebracht, vor dem Alter Respekt zu haben. Besser gesagt: Es wurde versucht! Meine Antwort lautete stets: “Von jungen Doofen ist nicht zwingend zu erwarten, dass sie alte Schlaue werden.” Eine Zeitlang durfte ich den Status eines sogenannten “Silberrücken” genießen, der sich aus einer langen Zugehörigkeit ergab. Damit hatte ich einen gewissen Kredit an Respekt. Um so unangenehmer, wenn man merkt, dass man aufgrund von Schwierigkeiten, den Kredit aufbraucht und vom “Silberrücken” – Ansehen nicht mehr viel bleibt.

Ich möchte Menschen, die sich in meinen Worten teilweise wiedererkennen, etwas sagen, was vielleicht zu ihnen passt. Es heißt: Man lernt nie aus! Ich finde, dieses Lernen bezieht sich nicht auf das, was wir im Allgemeinen unter neuen Erfahrungen verstehen. Ich habe einen Bekannten, der ziemlich empfindlich auf ungenaue Formulierungen reagiert. Er würde sagen, dass die folgenden Worte letztlich auch auf einer Erfahrung im eigentlichen Sinne beruhen. Ein gewisser Teil von Lebenserfahrungen ist irgendwann erschöpft. Ab und zu kommt mal ein Highlight dazu, aber vieles wird vorhersehbar. Mich hat es quasi in ein neues Leben geworfen. Plötzlich ist es weniger bedeutsam, welche Erfahrungen ich gesammelt habe, sondern Jüngere schauen darauf, welche Rückschlüsse ich daraus ziehe und auf Basis dessen mein Leben gestalte. Mit alten Geschichten muss ich denen nicht kommen. Die verschaffen mir maximal eine gewisse Glaubwürdigkeit. Viel interessierter sind die daran, was ich aktuell tue oder unterlasse. Das ist neu und völlig entgegengesetzt zu meiner vorhergehenden beruflichen Sozialisation.

Im aktuellen Diskurs ist der Begriff “Zeitenwende” aufgetaucht. Meiner Auffassung nach wurde die nicht mit dem Ukraine-Krieg eingeleitet, sondern Putin, der Krieg und die Reaktionen sind Teil der Wende, die sich schon länger abzeichnet. Digitalisierung, Propaganda, Massengesellschaften, Globalisierung, Ressourcen-Kämpfe, die nahezu vollständige Abspaltung der Industriegesellschaften vom Rest der Weltbevölkerung, die fortschreitende Klimakatastrophe sind jeweils für sich alleine Auslöser. Die Geister scheiden sich an der Lebenshaltung, wie mit einer Zukunft zu verfahren ist, die man zwar mitgestaltet, aber nicht mehr selbst erlebt. Sollte ich so alt werden, werde ich mit ca. Ende 70 die ersten richtig bösen Auswirkungen erleben und dann schnell abtreten. Ich kann mich also für meine letzten 20 Jahre entscheiden, ob ich notwendigen Änderungen entgegentrete, sie befürworte, aktiv werde oder es den Jungen überlasse, oder mich schlicht und ergreifend vollkommen heraushalte. All meine Altersgenossen, die wieder ganz deutsch, in jedem zweiten Satz “Deutschland” unterbringen, aus diesem global betrachtet, Zwergstaat, erneut ein wichtiges Land machen wollen, auf ihre Freiheitsrechte in Form von Besitz eines SUV oder “Freie Fahrt für freie Bürger!” pochen, oder anders gesagt, primitives Denken mit Freiheit gleichsetzen, haben sich für einen Widerstand gegen das Notwendige und nach mir die Sintflut entschieden. Gleichermaßen sieht es mit denen aus, die Besitz, Vermögen, Geld, Status, als das Ziel und Motor betrachten. Befürworten bedeutet auch manchmal Nachsicht walten zu lassen und die grundlegenden Ansätze der jungen Engagierten zu unterstützen. Heraushalten ist, was ich stets versuche, aber nicht schaffe. Übersehen werden darf dabei nicht, dass sich in der politischen Führung ein Establishment etabliert hat, welches sich nicht ein Deut von der alten Führung unterscheidet. Selbst, wenn sie bisweilen seltsame Dinge sagen, sind es bekannte Charaktere. Die spannenden Leute treten kaum wirklich in die Öffentlichkeit. Was dieser meiner Meinung nach notwendigen Bewegung zur Transformation fehlt, sind charismatische Anführer/innen. Immer mal wieder gibt es Ansätze, aber die werden allzu schnell niedergemacht. Ich denke da beispielsweise an Kapitänin Carola Rackete, die das Zeug zu einer echten Ikone, wie vielleicht ehemals ein Paul Watson, hatte (hat?). Ja, es gibt Leute mit Potenzial, aber wo ist die Führung? Ich habe nichts gegen eine Louisa Neubauer, aber sie ist wirklich sehr jung und sie lebt in einer wohlbehüteten Welt. Konnte denn niemand verhindern, dass sich Janine Wissler in einer Partei engagiert, statt weiter außerparlamentarisch auf den Busch zu hauen?

However! Irgendwie muss mal langsam der Knoten platzen und Leute mit revolutionären Ideen und dem Vermögen, diese zu verkaufen, müssten mal in die Gänge kommen. Hier an der Stelle zeigt sich ein Dilemma. Normalerweise ziehen gute Leute andere gute Leute hinterher. Leider haben dies ausgerechnet die hinbekommen, denen alles nach 20 Jahren völlig egal ist. Die haben sich im Kondensstreifen der eigenen Karriere ein paar Leute mit Vaterkomplex installiert. Selbstkritisch muss man sagen: Das ist ein klares Versagen des eigenen Führungsverhalten! Klarer Fall von ganz dumm gelaufen.

Polizei – Gewerkschaften, Influencer o. Interessenvertreter?

white house Lesedauer 5 Minuten

Wieder einmal ist der Vorsitzende der Polizeigewerkschaft Herr Wendt, diesmal mit einem Leitartikel in einem Gewerkschaftsblatt, in die Vorlage gegangen. Erneut geht es ihm darin um die seitens gesellschaftlicher Teilströmungen formulierten Kritik an der Institution Polizei, Aufbau und internen Strukturen. Besonders angetan hat es ihm dabei der Kriminologe, Professor, Autor und Rechtswissenschaftler Tobias Singelnstein.


Zunächst einmal gebe ich zu, die Werke des Professors nicht gelesen zu haben und auch nicht vorhabe dies zu tun. Alles, was ich von ihm kenne, stammt aus seinen Aktivitäten in den Social Media bzw. von ihm gegebenen Interviews. Er reiht sich ein in eine Gruppe von Frauen und Männern, die die “Polizei” mehr oder weniger von extern her betrachten, analysieren und ihre Schlussfolgerungen ziehen. Dies mag richtig und eventuell notwendig sein. Für mich selbst stehe ich auf dem Standpunkt, dass sie mir nach 30 Jahren internen Einblicken wenig Neues zu berichten haben. Hinzu kommt, dass ich an die Thematik anders herangehe. Was die da mit all ihren Texten und Aussagen tun, ist mir persönlich zu abstrakt und berücksichtigt mir zu wenig die mannigfaltigen psychologischen Aspekte bei sehr unterschiedlichen Fragestellungen. Immer, wenn ich in meinem BLOG zu solchen Themen schreibe, betone ich stets, dass es sehr wichtig ist, genau herauszuarbeiten, über welchen Bereich und welche speziellen Aspekte der Institution Polizei gesprochen wird. Mobbing, Hierarchie, spezielle Belastungen in einzelnen Deliktbereichen, Auswirkungen auf die Persönlichkeit, die unterschiedlichen Rollen, Vorgesetzter, Mitarbeiter, interne Aufgaben, der sogenannte Dienst auf der Straße, Dienststellen mit Spezialaufgaben, usw. Es gibt eben nicht die Polizei. Ich wandle an der Stelle ein berühmtes Zitat ab: “Wer von der Polizei spricht, will betrügen!”
Mich persönlich interessieren z.B. stets die Auswirkungen des Hierarchie-Systems, die Interaktion zwischen Vorgesetzten und Mitarbeitern, sowie die besonderen Eigenschaften, die Vorgesetzte mitbringen sollten. Diesbezüglich nehme ich kein Blatt vor den Mund. An der Stelle liegt einiges im Argen. Jedenfalls meiner Meinung nach. Allerdings geht an mir auch nicht das gesellschaftliche Geschehen und die Auseinandersetzung mit der Polizei vorbei.

Ich tue dies mehr oder weniger privat. Die Einschränkung ergibt sich aus den hier öffentlich lesbaren Texten. In keinem Fall maße ich mir an, für “die Polizei” schreiben, sprechen oder was auch immer, zu können. Ich gebe einen Einblick in die Sichtweisen eines Ex-Kriminalkommissars aus dem Land Berlin. Jede Leserin und jeder Leser kann anhand der schlüssigen oder weniger nachvollziehbaren Logik sein eigenes Urteil bilden.

Bei Herrn Wendt sieht dies völlig anders aus. Für einen Effekt kann er nichts. Aus Unkenntnis heraus, bisweilen auch aus propagandistischen Gründen, wird er als Sprachrohr “der Polizei” bezeichnet. Allein die Existenz der größeren Gewerkschaft GdP und des Bundes für Kriminalbeamte zeigen, dass dies nicht der Fall sein kann. Ich denke, dass ich mich nicht zu weit hinauswage, wenn ich die beiden genannten als deutlich progressiver bezeichne. Hinzu kommt, dass Herr Wendt sich gern zusammen mit schillernden Persönlichkeiten präsentiert, zu denen die anderen Vereinigungen bewusst Abstand halten. Bei mir erregt die Ausrichtung des politischen Engagements Missfallen. Ich möchte dies in einem Bild verdeutlichen.

In besonderen Einsatzlagen wird bei der Polizei zur Bewältigung der Aufgaben i.d.R. ein Führungs- bzw. Befehlsstab gebildet, dem ein oder eine Polizeiführer/in (kurz: PF oder PfdE, Polizeiführer/in des Einsatzes) vorsteht. Dieser setzt sich aus Experten und Spezialisten der einzelnen berührten Bereiche zusammen, die dem/der PF beratend zur Seite stehen. In einer eigenen zurückliegenden Beratertätigkeit habe ich mal zu einem Politiker gesagt: “Polizei klingt ähnlich wie Politik, aber der Politiker sind Sie und deshalb haben sie die Rahmenvorgaben zu formulieren.” Auf Nachfrage hin, kann sich ein Gewerkschaftler dazu äußern, was machbar ist, welche Bestrebungen sich mit den vorhandenen Mitteln und Personal schwer bis gar nicht umzusetzen sind und welche Folgen, die Arbeitsbelastungen haben werden. Ergo für die Belange der Gewerkschaftsmitglieder in ihrer Situation als Polizisten zu vertreten, aber alles andere bezieht sich auf deren Rolle als Gesellschaftsmitglieder bzw. Staatsbürger. Konkret: Ob z.B. die Bundesregierung beschließt, Flüchtlinge ins Land zu lassen und wie dies passiert, ist nicht das Bier ein Gewerkschaft. Wenn dies wiederum mit der Forderung vermehrter Kontrollen einhergeht und dies zu nicht stemmbaren Personalanforderungen führt, ist wieder die Gewerkschaft in Zusammenarbeit mit der Behördenleitung gefragt.
Reagiert die Behördenleitung nicht, ist es an der Gewerkschaft, ihr auf die Füße zu treten. Hierbei ist auch die Volksweisheit zu berücksichtigen: “Frage nicht Deinen Friseur, ob Du einen neuen Haarschnitt benötigst.” Gleichsam ist es aus meiner Sicht auch unzulässig, wenn sich die Gewerkschaften (da sitzen alle in einem Boot) zu Legalisierungen von Drogen äußern. Dies ist ein soziologisches, ethisches und politisches Thema, zu dem sich alle äußern können, die dazu berufen sind. Hierzu gehören auch Richter, da sie Urteile zu fällen haben, aber die Polizei hat den gesellschaftlichen, politischen Willen umzusetzen. Gewerkschaftsvertreter können sich hierzu äußern, aber nicht als Stellvertreter einer Institution, die im Zweifel, mit Gewalt und Grundrechtseingriffen, den politischen Willen durchsetzt. Auf mein Beispiel mit dem Führungsstab bezogen, bedeutet dies, dass sich Berater aus der “Linie” herauszuhalten haben. Wenn die/der Polizeiführer/in sich bei einer Geiselnahme für ein Erfüllungskonzept entschieden hat, bei dem auf die Forderungen der Täter eingegangen werden soll, werde ich nicht mit ihm debattieren, dass es doch zweckmäßiger wäre, es vollkommen anders zu machen. In einer Hierarchie liegt die Verantwortung bei der obersten Stelle, also wird dort auch dieses entschieden.

Genau an dieser Stelle scheint Herr Wendt ein Problem zu haben. Er wäre gern der Polizeiführer, ist es aber nicht. Oder in der konkreten Situation: Er wäre gern der politische Entscheider, ist aber a) maximal Berater und b) auch nur auf die internen Auswirkungen bezogen. Für alles andere muss er sich mit dem Wahlrecht und einem Kreuz auf dem Wahlzettel begnügen.

Wie beschrieben bin ich auch wenig begeistert von Leuten wie Herrn Singelnstein. Doch das steht auf einem anderen Zettel. Mir bereiten allgemein Leute Schwierigkeiten, die aus einer akademischen Blase heraus, irgendwelche gesellschaftlichen Sachen untersuchen. Gesteigert wird dies, wenn es in den Bereich psychologischer Prozesse geht. Auch hier kann ich auf eine persönliche Erfahrung zurückgreifen. Mir saß mal ein sehr junger Psychologe gegenüber, der in jedem dritten Satz sagte, dass zum Thema in der Literatur dieses und jenes stände. Irgendwann stand ich mit den Worten auf: “Geben sie mir einfach eine Literaturliste, nachlesen kann ich alleine.” Geschenkt! Jeder fängt mal an. Praktische Polizeiarbeit und die Auswirkungen auf die Beamten in den unterschiedlichsten Bereichen ist oftmals Psychologie pur. Mit Gießkannen und allgemeinen soziologischen Betrachtungen komme ich da nicht weiter. Ich habe in diesem Beruf viele Biografien von Anfang an miterlebt und habe die Veränderungen in der Persönlichkeit beobachten können. Weder gibt es einen grundlegenden Menschenschlag, der sich für den Beruf entscheidet, noch kann bei einem/einer 19-Jährigen vorausgesagt werden, was die einzelnen Stationen und Erlebnisse aus dem Menschen machen werden. Meines Erachtens ist dies kein, wie es gern in Phrasen behauptet wird, institutionelles Problem, sondern ein psychodynamischer Prozess. Wenn es ein institutionelles und gesellschaftliches Problem damit gibt, ist es die Tatsache, dass eben jenes nicht berücksichtigt wird. Aber das ist ein weites Feld. Dazu gehört auch, dass ich für meinen Teil keinen Hehl daraus mache, für diese sich mir darbietende gesellschaftliche Entwicklung von dominierenden Gruppierungen, in keiner Form mehr zur Verfügung zu stehen oder mitmache. Nach meinem Dafürhalten haben sich die angesprochenen Teile allzu weit vom realen Leben entfernt und existieren in einem Konstrukt, welches ihnen der Wohlstand ermöglicht. Doch dies ist mein persönlicher Blues, den ich hier darstellen kann. Wäre ich offizieller Vertreter einer Institution oder gäbe mir den Anspruch, wissenschaftlich zu arbeiten, wäre dies etwas anderes.

Unverständliches

Lesedauer 4 Minuten

Betrachte ich meine Umgebung und meine Region, in der ich lebe, verstehe ich vieles nicht. Wenn ich zum Beispiel in den Garten gehe und eine lange Leiter halsbrecherisch mit einem Seil verlängere, damit quasi lebensmüde in einen Baum hineinklettere, darf ich das. Selbst wenn ein Funkwagen der Polizei vorbeikommt, wird sich die nicht darum kümmern. Steige ich hingegen in ein Auto ein und schnalle mich nicht an, muss ich ein Bußgeld bezahlen. Ich habe nichts gegen Sicherheitsgurte, aber ob ich einen anlege oder nicht, sollte doch im Hinblick auf die Situation mit der Leiter, meine Entscheidung sein. De facto gefährde ich mich selbst, andere werden von meiner Entscheidung nicht berührt. Die Gesellschaft schädige ich unter Umständen mit den Behandlungskosten, insofern ich überlebe. Nun, dies ist bei der Leiter auch der Fall.
Betrinke ich mich jeden Tag bis zur Besinnungslosigkeit, geht das in Ordnung. Rauche ich einen Joint, mache ich mich strafbar. Koche ich mir wiederum einen Sud aus den Pilzen am Komposthaufen, bin ich wieder auf der sicheren Seite. Es müssen auch nicht die Pilze sein. In den Beeten wachsen genug andere Pflanzen, mit denen ich mir einen Rausch verschaffen könnte. Lasse ich mich nicht impfen, ist dies nach Stand der Dinge meine freie Entscheidung, obwohl ich damit durchaus die Gesellschaft schädige. Da haben die Entscheider wiederum nichts dagegen. Ich darf auch, wenn keine Schilder etwas anderes vorgeben, mit der letzten Dreckschleuder auf der Autobahn 220 km/h fahren und über die Maßen die Luft verpesten. Aber entzünde ich in einem Kamin ohne Filter ein Feuer, bin ich wieder dran.

Die Liste dieser Unstimmigkeiten könnte ich lange fortsetzen. Was ist da los? Ja, ich weiß, es kommt alles mit einer gewissen Normalität daher und wird kaum hinterfragt. Ein wenig erinnert mich dies an Phrasen aus meiner Jugend. “Man kann nicht über alles diskutieren, nimm es einfach so hin.” Aber desto älter ich werde, um so mehr Fragen kommen auf und ich spüre, dass ich renitenter werde. Der Mensch ist nicht immer vernünftig oder verständig. Wäre dies der Fall, benötigten wir vieles nicht. Aber warum maßen sich manche an, dort zu intervenieren und an anderer Stelle wiederum nicht? Was ist mit Medikamenten? In Asien, selbst im Nachbarland Polen, kann ich Schmerztabletten im Supermarkt an der Kasse kaufen. In Deutschland besteht die Apothekenpflicht. Sind Deutsche blöder als Polen? Oder halten sich Deutsche gegenseitig für doof? Warum maßt sich jemand an, über den Preis Raucher zu gängeln? Am Ende rauchen die, mit mehr Geld, die besseren Zigaretten und die Armen zeihen sich die letzten Stummel rein. Krebs? Der kann bei der Luftbelastung mit Schadstoffen und bei dem, was in der Nahrung an Pestiziden enthalten ist oder bei Textilien, Möbeln, usw., verwendet wird, nicht das Argument sein.

Warum dürfen in schädlicher Art und Weise Produkte hergestellt werden, die selbst nicht wirklich zuträglich sind und als Abfall, einmal in der Welt, die nächsten 1000 Jahre nicht mehr verschwinden. Warum müssen wir Konzernen dafür Geld zahlen und ihnen Steuervorteile geben, damit sie sich andere Lösungen einfallen lassen? Warum werden 100 Milliarden für eine konventionelle Armee ausgegeben, die aus historischen Gründen der Verteidigung dient, wenn rational betrachtet das Land gegen Nukleare Waffen nicht verteidigt werden kann? Zwischen Deutschland und dem potenziellen Angreifer Russland liegen diverse Staaten. Weitet der Krieg sich so weit aus, halte ich meine Zigarette in die Luft und warte darauf, dass sie sich alleine entzündet. Das ist doch alles Quatsch. Es kommt einem Versicherungsvertreter gleich, der 99-jährigen Heimbewohnern eine Berufsunfähigkeitsversicherung aufschwatzt. Die 100 Milliarden dienen einer reinen Folklore und der Rüstungsindustrie. Ich kenne das, aus meiner Polizeizeit. Wenn man das SEK fragte, was sie noch alles brauchen, haben die die Schubladen aufgemacht und man fragte sich, in welches Land die einmarschieren wollen. Das ist wie Weihnachten bei Wohlstandskindern. Wünschen kann man sich viel, aber Mama&Papa müssen auch mal auf das Konto schauen. Meine Ex- Frau sagte zu den Kindern immer: “Ist klar, und ich will einen Hubschrauber!”

Ja, dieser Text ist eine wilde Mischung. Mir geht’s um die Verlorenheit in alledem. Ich kapiere es nicht mehr. So wie ich auch die komplette Logik, ich nenn es mal Logik und Rhetorik nicht mehr auf die Reihe bekomme. Bezüglich meines alten Arbeitsbereiches lese ich immer wieder: “Die Polizei hat hieran und daran schuld!” Mal ganz langsam. In der Regel ist vor dem Erscheinen der Polizei eine ganze Menge passiert. Politiker haben irgendetwas entschieden, Gesetze in die Spur gebracht, Richtungen festgelegt! Dann gibt es Leute, die sich dazu unpassend verhalten. Entweder zu widersinnigen Nummern oder durchaus nachvollziehbaren Regelungen. Wenn irgendeine Truppe in einem Büro beschließt, Dealer aus einem Park zu vertreiben, rufen sie die Polizei an und erteilen einen Auftrag. Die macht dann, was man ihr gesagt hat. Und wenn in diesem Park die Dealer mehrheitlich eine dunkle Hautfarbe haben, wird es die treffen. Wenn das jemanden nicht gefällt, ist ein Anruf im Büro angesagt, aber nicht bei der Polizei. Was ist mit Terroristen? Der beschließt, möglichst viele Leute für seine beknackte Idee in den Tod mitzunehmen. Daran ist nicht die Polizei schuld. Sondern diejenigen, welche nichts gegen Radikalisierungen taten oder ganz im Gegenteil alles dafür unternahmen. Die Polizei kann versuchen, den Typen zu erkennen und ihn zu stoppen, aber eine Garantie gibt es nicht. Doch wenn er dann letztlich durch kommt, ist die Polizei am Anschlag schuld? Sorry, das ist mir zu hoch.

Heute sah ich ein Video, in dem ein Kerl, der sich wahrlich auf dem Bodensatz der Gesellschaft befand, eine junge schwarze Frau übel anging. Rassismus! Ein weißes Toastbrot ergeht sich in Rassismus. Leute, der Typ legt sich mit jedem an. Solche Vögel gibt es von Berlin bis Kalkutta. Der hat sich in den letzten 30 Jahren die letzten Gehirnzellen weggesoffen. Was soll all diese lebensfremde Empörtheit? Arbeitet Euch lieber am intellektuellen, bösen, gutbürgerlichen Rassismus einer erfolgreichen Frau ab, die es bis zur Regierenden Bürgermeisterin von Berlin gebracht hat. Auch an der Stelle gäbe es einiges, was ich nicht mehr verstehe. Aber wie sagte Mama immer: “Ich muss auch nicht alles verstehen!”

Nun gut … ein Rundumschlag! Auf gut Deutsch gesagt, was ein netter Euphemismus für vulgär ist: Global betrachtet haben alle Lebewesen ein Arsch voller Probleme und laufen mit zunehmender Geschwindigkeit in ein völliges Desaster. Und wir kümmern uns um abgebrochene Fingernägel. Gleichsam bin ich enttäuscht von einer “jungen Generation”, die es betrifft und sich schlicht nur gern reden hören, Phrasen dreschen, irgendwelche Wischiwaschi – Spins heraushauen und nicht über den Tellerrand ihrer deutschen Wohlstandssozialisation hinwegschauen. Rudi Dutschke sagte mal sinngemäß, dass die Zukunft davon geprägt sei, dass die Menschen mehr Zeit zum Nachdenken bekommen würden und damit dann etwas bewegen könnten. Na ja Rudi … sie haben mehr Zeit soziologischen Quark von sich zu geben, mit dem sie sich einer abgegrenzten Gruppe etablieren können, aber auf das Gesamte gesehen, spielen sie keine Rolle. Die anderen marschieren erst mal wieder. Scheint wichtig zu sein.

Der Anfang vom Ende?

chimpanzee on a rock Lesedauer 4 Minuten

Vermutlich kann man als Mensch nicht anders, als die eigene Epoche als etwas Besonderes zu empfinden. Seit wir nicht mehr wie andere Primaten in Truppen durch den Dschungel ziehen, folgten auf Kriege wieder Friedenszeiten. Und immer wenn Krieg herrschte, verloren die Menschen das Vertrauen in die Zukunft. Bisweilen dauerten die Epochen so lange an, dass sie im Krieg geboren wurden und bis zum Tod niemals etwas anderes kennenlernten. Doch war der Krieg vorbei, kam wieder die Hoffnung auf, dass nun endlich die Lektion sitzen würde. Bisher trat dies nie ein. Der Dreißigjährige Krieg, die eiserne dunkle Zeit, hinterließ ein langes Trauma. Dennoch folgte weiteres furchtbares Abschlachten mit immer perfekteren und gleichsam abartigeren Waffen. Wie in diversen anderen Bereichen kennen Teile der Spezies Mensch keine Grenzen. Alfred Nobel soll nach der Erfindung des Nitroglycerin gesagt haben, dass er eine derart furchtbare Waffe geschaffen hat, die niemand ernsthaft einsetzen will, weil sie die Vernichtung bedeuten würde. Einstein wird mit den Worten zitiert: “Ich bin nicht sicher, mit welchen Waffen der dritte Weltkrieg ausgetragen wird, aber im vierten Weltkrieg werden sie mit Stöcken und Steinen kämpfen.” Immerhin war Einstein so zuversichtlich, dass noch jemand zum Kämpfen übrig bleibt.

Ich finde die aktuelle Entwicklung nicht überraschend. Wenn ich nicht konsequent meine Verhaltensmuster verändere, werde ich auf kurz oder lang wieder da landen, wo ich gestartet bin. Eine Regel, die jeder Süchtige kennt. Nach einem Zusammenbruch kann ein Entzug kurzfristig ein Leben ohne Droge, Not und Elend ermöglichen. Doch werden nicht die Verhaltensmuster verändert, die in die Sucht führten, geht alles von vorne los. Meinem Empfinden nach änderten sich nach 1945 nicht die grundlegenden Basics. Hier der Westen, dort der Ostblock! Reiche Staaten, die wie Dealer dafür sorgen, dass ärmere Staaten von ihnen abhängig bleiben. Ein unablässiges Tüfteln an Waffensystemen, mit denen es vielleicht doch noch irgendwie eine Option gibt, den Gegner zu vernichten, bevor der mit Nuklearen Waffen reagieren kann. Ein ganz wichtiger Punkt! Dieser Patt und das damit verbundene Remis hat denen, die sich für visionäre Führer und Führerinnen der Menschheit halten, niemals behagt. Seit Hiroshima wird alles dran gesetzt, einen Spielzug zu finden, mit dem ein Gewinn doch noch möglich ist. Krieg und alles, was damit in Verbindung steht, ist der Affe in uns. All die dekorierten Generäle, die Uniformen, die Einheitlichkeit der Soldaten, die Aufgabe des Individuums und Bildung einer bewaffneten kämpfenden Armee, unterscheiden sich in den Prinzipien nicht von Affenhorden. Im Prinzip waren Brettspiele wie Go oder Schach der einzig vernünftige Schritt in die richtige Richtung. Die Transformation des Bedürfnisses nach Kampf auf ein harmloses Spiel. Auch die Idee, nationale Stellvertreter und Stellvertreterinnen mit Spielregeln in Stadien gegeneinander antreten zu lassen, hat einen gewissen Charme. Johlend, schreiend, springend, Kampfschreie ausstoßend, kann sich der Affe auf der Tribüne austoben, während sich die Jungtiere einen Vergleich in körperlicher Leistungsfähigkeit liefern. In irgendeiner Form wird dies aus guten Gründen weltweit betrieben.

Im Grunde genommen werden wir alle mit nahezu gleichen Voraussetzungen geboren. Ein Wesen, mit Anteilen, die wir als animalisch bezeichnen und einem Organ, das Großhirn, welches zumindest die Voraussetzungen mit sich bringt, dieses Animalische zu kontrollieren oder gar zu überwinden. Wir können es, aber ob wir es auch wollen, steht auf einem anderen Blatt Papier. Zu etwas fähig zu sein, bedeutet lange nicht, diese Fähigkeiten anzuwenden. Verstand ist die Möglichkeit, das konkret Wahrgenommene einzuordnen, weitere Folgen abzuschätzen und passende Handlungen einzuleiten. Ich stehe vor etwas, sehe, höre, fühle und treffe eine Entscheidung. Vernunft geht noch einen Schritt weiter. Obwohl etwas abstrakt ist, kann sich das Gehirn damit auseinandersetzen und den Verlauf eines Prozesses unter Berücksichtigung von Logik, Wahrscheinlichkeiten, Erfahrungen, analysieren.

Weltweit haben sich die Menschen sehr unterschiedlich entwickelt. Während die indigenen Völker, oftmals mangels Gelegenheit, auf einem Level verblieben, welches von Vernunft und Verstand geprägt ist, entfernten sich andere große Teile der Menschheit davon. Allzu häufig wird der Begriff Entwicklung alleinstehend benutzt. Dabei sagt er ohne eine Bestimmung des Ursprungs und wohin dies ging, nichts aus. Ihn ausschließlich auf wissenschaftliche Erkenntnisse, Technisierung, medizinisches, biologisches Wissen, anzuwenden, halte ich für deutlich zu eng gefasst. Überbevölkerung, Zerstörung der Lebensgrundlagen aller Lebewesen, die so weit geht, dass alle notwendigen Voraussetzungen für seitens der Menschen als Leben definierte Existenz, vom Planeten verschwinden, das fortwährende Quälen aller Wesen und die Bedrohung mit Waffensystemen, die auf einen Schlag den Planeten zu einem toten Gestirn werden lassen, sind Entwicklungen, aber zu nichts Erstrebenswerten. Gleichermaßen sieht es mit Begriffen wie Fortschritt und Wachstum aus. Ich bin z.B. nicht begeistert, wenn in meiner Umgebung der Abfallberg anwächst. Auch ein Verfall kann fortschreiten.

Das Großhirn mit all seinen Fähigkeiten kann uns zerstören oder retten. Wenn diejenigen, welche sich auf dem Weg der Fehlentwicklung in Richtung Zerstörung befinden, sich nicht baldigst hinterfragen und sich rationale Grenzen setzen, statt einfach ohne Vernunft und Verstand immer weiterzumachen, wird es uns zerstören. Wenn es auch utopisch ist, besteht eine Machbarkeit. Schlicht, weil die grundlegenden Fähigkeiten, wie die Möglichkeit Gedanken anderen mitteilen zu können, vorhanden sind. Alles Weitere ist Wollen, Motivation und eine Aufgabe, dies zu organisieren. Utopisch wird es durch das Unvermögen, die eher primitiv und animalisch strukturierten Persönlichkeiten in ihre Schranken zu weisen bzw. es zu unterlassen, ihnen selbstmörderisch Machtmittel in die Hand zu geben. Wir lassen Frauen und Männer, die in ihrer Struktur ziemlich nah an Bonobos sind, mit Atomwaffen hantieren. Im Gegenzuge bin ich mir sicher, dass es niemanden gelingen würde, den Anführer eines Stammes im brasilianischen Regenwald von der Notwendigkeit einer Massenvernichtungswaffe zu überzeugen.

Aktuell führt Putin der Welt den Status Quo vor. Jede/r Machtinhaber/in, die/der primitiv genug ist und über Nuklearwaffen verfügt, kann Schalten und Walten, wie sie/er es gerade will. Neben den unmittelbaren furchtbaren Folgen des Krieges kommen noch all die weltweiten desaströsen Nachwirkungen hinzu, die den grundlegenden Prozess der ohnehin schon stattfindenden Vernichtung des Planeten Erde nochmals beschleunigen. Ministerin Baerbock sprach von einer Zeitenwende. Ich befürchte, sie liegt damit richtig. Genau jetzt ist der Moment, in dem sich vieles entscheidet. Bisher sieht es danach aus, dass es der Auftakt zur Epoche ist, in der festgelegt wird, in welcher Art und Weise das Ende des Anthropozän stattfindet. Augenscheinlich haben sich diverse Führungen damit abgefunden, dass weder die katastrophalen Klimaänderungen, noch die Zerstörung der Lebensgrundlagen durch Vermüllung, Verseuchung und Eingriffe, abzuwenden sind. Also versuchen sie Fakten zu schaffen, dass von ihnen Auserkorene wenigstens jene sind, welche das Licht ausmachen. Uneigennützig kann man nur hoffen, dass das Lebensprinzip noch rudimentär bestehen bleibt und die Chance bekommt, mit Bakterien von vorn zu beginnen und etwas Besseres dabei herauskommt. Vielleicht etwas ohne Großhirn, weil es sich nicht durchsetzen konnte.

“Macht’s gut und danke für den Fisch”

Lesedauer 11 Minuten

„Der Mensch, mit seiner nahezu einzigartigen Fähigkeit, aus den Fehlern anderer zu lernen, ist ebenso einzigartig in seiner festen Weigerung, genau das zu tun.“

Douglas Adams

Einige behaupten, durch den Krieg in der Ukraine würden wichtige Schritte bei der Klimakatastrophenbekämpfung eingeleitet werden, da sich der Westen endlich genötigt sieht, auf fossile Energien zu verzichten. Ich sehe dies deutlich anders.


Bisher habe ich mich gegen Begriffe wie “Alter weißer Mann“, “Boomer“, o.ä. verwehrt. Treffsicher finde ich sie immer noch nicht, aber ich verstehe von Mal zu Mal mehr, was gemeint ist. Sie beschreiben Haltungen, Anschauungen, Gedankenstrukturen, die man zunächst in fortgeschrittenen Altersgruppen vermutet, was bei genauerer Betrachtung nicht zutrifft. Die Jüngeren hätten dies gern, aber das ist eine Wunschvorstellung und Selbstbeweihräucherung. Vorher wurde eher engstirnig, narrow-minded, Spießer, rund & satt, Reaktionär, etabliert, kleinbürgerlich, verklemmt, Moralist, Vorstädter, Landei. Das Gegenteil bildeten die Rock’n Roller, Anarchisten, Spontis, Freaks, Rebellen, Punks, Hippies, Bad – Guys, Bad – Girls, Stadt – Guerilla, Avantgarde, Bohemiens, Intellektuelle, Underdogs. Vermutlich habe ich mich deshalb dagegen gesträubt. Es ist wieder ein Schritt mehr in die Vereinfachung der Sprache, in deren Folge eine differenzierte Betrachtung unmöglich wird.

Viele der Jüngeren, die von “Alten weißen Männern”, “Boomern”, “toxischer Männlichkeit”, reden, sind weit von dem genannten Gegenteil entfernt. Was ihre Kritik nicht bedeutungslos werden lässt. Im Gegensatz zum aktuellen Mainstream finde ich es durchaus legitim etwas aufzuzeigen, es falsch zu finden, aber selbst nicht das Gegenteil leben zu können. In den meisten Teilen der Welt ist es nahezu unmöglich, einigermaßen ethisch konform zu leben. Wobei ich zwischen Moral und Ethik einen Unterschied mache. Es ist z.B. in vielen Kreisen unmoralisch, mehr als eine sexuelle Beziehung zu führen. Doch diese moralische Vorstellung ist einerseits auf einen Teil der Gesellschaft beschränkt und außerdem zeitlich wandelbar.
Andere Lebewesen nicht zu quälen, ist eine immer und überall gültige Ethik, die sich schon vor tausenden Jahren in der Goldenen Regel wiederfand und mit Abwandlungen Bestandteil aller bekannten Religionen ist. Im Buddhismus lautet sie:

“Was für mich eine unliebe und unangenehme Sache ist, das ist auch für den anderen eine unliebe und unangenehme Sache. Was da für mich eine unliebe und unangenehme Sache ist, wie könnte ich das einem anderen aufladen?”

Ethik ist für mich im Wesentlichen die Betrachtung der Regeln, die für das uns bekannte Dasein auf dem Planeten Erde unabdingbar notwendig sind. Dazu gehört auch die Akzeptanz eines sich durch Versuch und Irrtum bedingenden hochkomplexen Prozesses, der ergeben hat, was der moderne Mensch mit seinem Bewusstsein als Momentaufnahme erfassen kann. Dem Menschen sind Eingriffe möglich, aber es ist uns nicht gegeben, im vollen Umfang die Folgen abzusehen. Deshalb wäre für mich ein ethisch “korrektes” Leben, nichts zu tun, dessen Folgen nicht einmal im Ansatz absehbar sind. Ein prägnantes Beispiel ist für mich die Atomkraft. Diese Technik produziert Leben vernichtende Abfälle. Leben, dessen Ausmaß und Umfang wir nicht einmal erahnen. Pflanzen, Pilze, Mikroorganismen, Bakterien, eine Unzahl an das Lebenssystem stützender Organismen werden getötet. Und dies für die nächsten Millionen Jahre. Es gibt tatsächlich Leute, die die Aufgabe haben, Warnzeichen für die Endlagerstätten zu entwickeln, die auch noch in einer Million Jahre verstanden werden. Arme Irre! Wofür das alles? Damit eine Spezies, die erst seit einem Sekundenbruchteil der Erdgeschichte existiert, ihr Ding machen kann. Sorry, aber meine Leber kann nicht genug Alkohol verarbeiten, damit ich ausreichend Gehirnzellen für diese Hybris über den Jordan jage.


Damit bin ich wieder bei der angeprangerten Haltung. Das Jammern ist unüberhörbar. Was sollen wir nur machen, wenn wir weniger Energie haben? Unser ganzer “Way of Life” bräche zusammen! Yeap! Seh ich genauso … darauf liefe es wohl hinaus. Auf kurz oder lang würde sich unser Leben dem diversen anderer Regionen anpassen. Ethisch gesehen ist unsere Lebensart eine Katastrophe auf Kosten der Mehrheit der auf dem Planeten lebenden Spezies. An der Stelle kommt am Tresen immer der Hinweis auf die Chinesen. Nun, eins dürfte klar sein, wenn jede Chinesin und jeder Chinese den Lebenswandel eines Mitglieds des deutschen Bürgertums hätte, können wir den Laden in 5 – 10 Jahren dicht machen. In meiner Erziehung hieß es immer, wenn ich etwas unbedacht wegwarf: “Andreas, wie würde es hier aussehen, wenn das jeder tun würde?” Deshalb halte ich die Frage für legitim: “Wie würde die Erde aussehen, wenn sich alle verhielten, wie die Mehrheit der Europäer, US-Amerikaner, Kanadier, Russen?” Wobei ich nach meiner Fahrt mit der Transsibirischen Eisenbahn mit dem Entwicklungsstand Russlands vorsichtig geworden bin. 200 km hinter Moskau ist von Wohlstand nicht viel zu sehen. Zu China kommt Indien hinzu. Die bauen gerade ihre Flugzeugflotte aus, um ihren Leuten die Standards zu ermöglichen, die für die meisten Deutschen Selbstverständlichkeiten sind.
OK, worauf läuft das logischerweise hinaus? Wir könnten auf unserem Level noch eine Weile bleiben und die anderen am Aufstieg hindern. Im Zweifel destabilisieren wir mal wieder eine Regierung, zetteln einen Krieg an und setzen die üblichen bezahlten Marionetten ein. Eine andere Option wäre ein Arrangement, bei dem die auch aufsteigen dürfen, aber parallel daran gearbeitet wird, unschädliche Energien, Dünger, künstliche Nährstoffe, zu entwickeln, die wir dann meistbietend zum Kauf anbieten. Bisher läuft es darauf hinaus, dass Techniken entwickelt werden, die noch mehr Energie verbrauchen, was in einem nicht gewinnbaren Wettlauf mündet. Tja, oder man würde sich auf ein verträgliches Maß einigen und sich in der Mitte treffen. Die beiden letzten Optionen werden nicht passieren. Und da sich China, Indien, Afrika, Asien, nicht auf Dauer fügen werden, wird es knallen.


Es gibt also die Situation, wie es läuft und die, wie es sein sollte bzw. ethisch notwendig wäre. Douglas Adams betrachtete in seinem Buch “Per Anhalter durch die Galaxis” die Erde als ein gigantisches, künstlich ins Leben gerufene Experiment, mit dem die Bedeutung der Antwort auf alle Fragen, die Zahl 42, ermittelt werden sollte. Was wäre, wenn man dieses Experiment für eine Zwischenanalyse vor 200 Jahren eingefroren und das Ergebnis gesichert hätte? Dann könnten wir es jetzt nochmals tun und das aktuelle Ergebnis mit dem alten vergleichen. Wir müssten feststellen, dass außer einigen Erdbeben, Vulkanausbrüchen und sonderbaren Ereignissen in Tunguska nicht viel für das Lebenssystem Erde passiert ist. Alle Veränderungen, vornehmlich Negatives, ist dem Homo sapiens zuzurechnen und hier auch nicht der kompletten Population, sondern einer Minderheit. Wäre die Erde ein Garten, würde jeder Gärtner Gegenmaßnahmen ergreifen.

Wieder zurück zur Haltung. Teilen einer Generation der heute 20 – 30 -jährigen dämmert langsam, dass sie ein bisher niemals dagewesenes konkretes Problem bekommen. In der Vergangenheit war es eine Frage des Glaubens, ob die uns bekannte Welt in einer Apokalypse untergeht. Die Gegenwart sieht anders aus. Naturwissenschaftler vermögen durchaus klare, fundierte Aussagen über den weiteren unveränderten Prozess zu treffen. Die meisten Variablen beziehen sich Zeitfaktoren und in welchen Bereichen die Auswirkungen extremer sein werden, als angenommen. Stephen Hawking gab dem Lebenssystem kurz vor seinem Tod 50 Jahre. Optimisten liegen bei 70 – 80 Jahren. Bei denen dies im Bewusstsein angekommen ist, regt sich die Rebellion oder es macht sich eine tief sitzende Frustration gemischt mit Fatalismus breit. Andere haben zumindest verstanden, was sich da am Horizont abzeichnet, aber sie beschränken sich auf Protest, ohne selbst Änderungen anzustreben. Bei Twitter gab es einen Diskurs, in dem sich eine Aktivistin von FFF zu einem Ski-Urlaub mit den Eltern bekannte. Jenen, die dies als inkonsequent betrachteten, wurde empört geantwortet, dass eben auch Aktivistinnen ein ganz “normales Leben” führen. Korrekt! Eben das schädliche unbedarfte spießige Leben eines durchschnittlichen an Luxus gewöhnten Bundesbürgers.

Was da bei diesen Debatten passiert, ist offenkundig. Der Durchschnittsbürger will sich nicht ans Bein pinkeln lassen. Seit den 60ern sind es Bundesbürger gewohnt, sich die Rolle der Guten zukommen zu lassen und 1989 traten die Schwestern und Brüder aus der DDR diesem Konstrukt zur Beruhigung des Gewissens bei. Wer sind diese Gören, dass sie dieses infrage stellen? Sie, die mit Markenklamotten hergestellt in Schwellenländern, schwachsinnigen E – Rollern alles unsicher machen, ständig neue Smartphones für dümmliche Selfies kaufen und sich von den Eltern mit dem Auto zur Schule kutschieren lassen? Die sollen mal den Mund halten, sich dem Bestehenden einfügen, wie es sich für ein ordentliches Werkzeug der industriellen Wachstumsgesellschaft gehört. Tun sie! Anders ist nur die Kompensation des unterschwelligen schlechten Gewissens. Sie beruhigen sich mit Protesten und Wegschieben der Verantwortung auf die Alten. Die Schulwoche auf 5 Tage zu verkürzen, fällt am Ende nicht weiter ins Gewicht. Mit ihren Lebensansprüchen, dem Konsum, Anfälligkeit für Manipulationen, landen die mehrheitlich schnell in der Mühle, wo ihnen das notwendige fachspezifische Wissen vermittelt wird. Seit Bologna ist das Bildungswesen ohnehin darauf ausgerichtet, schnell funktionsfähige Arbeitsdrohnen zu generieren.


Nur ein verschwindet geringer Teil, geht den konsequenten harten Weg. Einige scheinen sich bei der Bewegung “Aufstand der letzten Generation” zu sammeln. Sie sprechen selbst von Widerstand. Doch so engagiert sie auch sein mögen, meinerseits sehe ich keine Erfolgschancen. Das Mittel einer Blockade kann in diesem Falle nicht funktionieren. Saul D. Alinsky stellt in “Rules for Radicals” völlig richtig fest, dass es für eine Protestbewegung einen Rückhalt in der Bevölkerung bedarf. Was scheren Berliner Autofahrer, Auswirkungen in 10 Jahren? Jetzt und hier spielt die Musik! Die kapieren erst, wenn es sie unmittelbar trifft. Bis dahin sind spürbare Folgen von Corona, mittlerweile der Ukrainekrieg und wiederaufkommende Angst vor einer angeblich auf Berlin vorrückenden russischen Soldateska, die von einem russischen Führer kommandiert wird, wichtiger. Mit beidem, Russen und Führer, hat man in Berlin Erfahrungen. Außerdem ist das alles viel zu schwarz gemalt – wird sich schon etwas ergeben.
Dass die Aktivisten ihrer Sache schaden, ist eine völlig verblödete Aussage. Ihre Sache wäre es, wenn es sich um ein besetztes Haus handelte. Im vorliegenden Fall ist es eine weltweite Angelegenheit. Da sind die Aktivisten noch eher harmlos. Andere liefern sich in ihren Ländern bewaffnete Widerstände. (s.z.B. die Proteste von Natives in Süd -, Mittel -, Nordamerika und Kanada). Es ist nicht ihr Job, Überzeugungsarbeit dafür zu leisten, dass unmittelbar oder mittelbar alle bei draufgehen. Nicht einmal all die Wissenschaftler sind gefragt. Normalerweise müsste jeder Depp erkennen, worum es geht. Hierbei regen mich stets Journalisten*innen auf, die diese Rhetorik bedienen, dass sich die Protestler überheblich über alle anderen stellen würden, weil sie behaupten, etwas verstanden zu haben, was die anderen nicht kapiert haben. Äh, die weltweiten Aussagen der Klimawissenschaftler, Geophysiker, Ozeanografen, Meeresbiologen, Glaziologen, sind mehr oder weniger eindeutig. Gut, manche sagen, der Drops ist gelutscht und einige versuchen es noch mit Hoffnung. Dieses ganze Gefasel über eine wissenschaftliche Debatte ist eine Entlehnung aus dem Faschismus. Wissenschaft, die Geld bringt, ist eine gute. Alles, was hinderliche Forschung ist, verdient nicht die Bezeichnung. Wenn es nach den Forschern ginge, die nichts mehr zu verlieren haben, würden die 100 % CO₂ Stopp innerhalb des nächsten Jahres einfordern, und zwar weltweit. Also sind die Protestler nur näher an der Vernunft. Im Film: “Don’t Look Up” ist dazu alles gesagt worden.

Tweet Letzte Generation

Der 20-jährige Jakob Pförtner ist bei Twitter mit voller Namensnennung einen mutigen Schritt gegangen. In einem Video nennt er seine Motive und unterstreicht sein Engagement damit, dass er sein Abitur abgebrochen hat, um sich künftig voll dem Widerstand zu widmen. Dies hat ihm eine Menge Gegenwind eingebracht. Grüße von hier aus: Viel Feind, viel Ehre! Das entrüstete Bürgertum hält ihn für vollkommen “verblödet”, weil er ihr System u. Gedankenstrukturen attackiert. Abitur ist wichtig und wenn er etwas tun will, soll er gefälligst etwas Zuträgliches studieren.
Meine Meinung dazu ist eine völlig andere. Erstens sollten wir feststellen, dass es junge Leute gibt, die ernsthaft Angst vor dem Kommenden haben – gut, so! Schlecht, darauf nicht zu reagieren. Zweitens sind junge Leute, wegen meiner auch radikale, unangepasste Leute, gesellschaftliches Entwicklungspotenzial. Wer etwas zu verlieren hat, wie das Establishment, wird jede auch noch so abwegige Selbsttäuschung finden – die nicht! Dies haben sie nebenbei sehr gut erkannt. Vieles, was sie sagen, haben sie bei renommierten Wissenschaftlern und hochkarätigen ehemaligen Beratern herangeholt, die keine Zugeständnisse mehr machen müssen. Von dieser Sorte müssten weltweit Millionen auf die Straße gehen.
Obendrauf kommt eine simple Logik. Wenn die Truppe richtig liegt, wovon sie ausgehen, ist jetzt und nicht irgendwann ihre Zeit zu protestieren. Das Risiko für das weitere Leben, sollten sie nicht richtig liegen, ist sehr gering. Erstens ist heutzutage das Abitur (welches global betrachtet ohnehin zu vernachlässigen ist) nicht mehr das A und O, und es kann jederzeit nachgeholt werden. So what? Etwas simpel gestrickt sind eher die Pöbler. Sie haben sich in den letzten 30 Jahren manipulieren lassen. Trotz steigender Lebenserwartung sollen die Jungen mit ihrer puren Arbeitskraft noch schneller in das System eingebunden werden. Im Hinblick auf durch Digitalisierung wegfallende Arbeitsplätze ein etwas merkwürdiger Ansatz. Wer arbeitet – protestiert nicht! Andere weisen wie immer auf all die vorgesehenen demokratischen Optionen hin. Lächerlich! Auch der Protest ist Demokratie! Die Institutionen haben zum Thema seit den 70ern auf ganzer Linie versagt. Wie gesagt: Ich habe wenig Hoffnung für den Protest. Dies steht einem Versuch nicht entgegen und die können wenigstens sagen, dass sie etwas getan haben. Der Mensch ist nicht nur Mitglied einer Gesellschaft oder einer Gruppe, sondern zum Ende hin auch noch ein Wesen, welches mit sich selbst eine Rechnung aufmachen muss.


Doch Dank eines Herrn Putin erscheint ohnehin alles hinfällig. Ich will nicht mal ausschließen, dass er bei seinen imperialistischen Bestrebungen die Klimakatastrophe im Hinterkopf hat. Dabei ist es entscheidend, wovon man ausgeht. Besteht uns potenziell eine Katastrophe bevor oder sind wir bereits innerhalb? Besteht noch eine Chance oder müssen wir uns gegen die Folgen wappnen und schauen, wie man die menschliche Zivilisation trotzdem noch aufrechterhalten kann. An der Stelle ist auch einzuschätzen, ob innerhalb der Katastrophe quasi über Nacht so etwas wie Vernunft vom Himmel fällt und alle Nationen alle an einem Strang ziehen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich ein Putin zu solchen Träumereien hinreißen lässt. Ich denke, der Mann hat zusammen mit seinen Beratern erkannt, dass es auf kurz oder lang zu einem Hauen und Stechen kommt. Unter diesem Gesichtspunkt ergibt es Sinn, wenn man ein schlagkräftiges Imperium hinter sich weiß, mit dem man den anderen Playern die Stirn bieten kann. Die Ukraine ist hierbei Symbol, ein Testballon und Auftakt zu weiteren Aktionen. Zu klären wäre für Putin, wie sich künftig alles in der Arktis entwickelt und welchen Einfluss er und Nachfolger z.B. auf die Ressourcen in Afrika nehmen können. Was sind bei diesen Analysen, wie sich die Katastrophe in den nächsten 20 – 30 Jahren gestalten wird, ein paar Millionen Flüchtlinge aus der Ukraine? Weltpolitische Strategien sind keine Angelegenheit von nächster Woche.

Klimaneutralität bis 2045 ist eine Farce und breit angelegte Propaganda. Eiskalt werden hierbei bereits jede Menge Landgebiete geopfert. Es ist auch nicht so, dass die Offiziellen daran glauben würden. Anders lassen sich konkrete Pläne, komplette Großstädte von der Küste wegzubewegen und neue auf dem Reißbrett konstruierte im Hinterland zu bauen, nicht erklären. Überall auf der Welt brechen bereits Unruhen aus, weil die Menschen vor der fortschreitenden Wüstenbildung flüchten müssen oder die Küstenregionen unbewohnbar werden. Darüber hinaus kann die Katastrophe nicht alleine betrachtet werden. Schon jetzt erleben wir ein Armageddon der Arten zu Lande, im Wasser und zur Luft, ohne zu wissen, welche Auswirkungen dies haben wird. Parallel findet eine Verpestung der Luft, Verseuchung des Bodens und Zerstörung der Flora statt. Die “tollen” erneuerbaren Energien produzieren nicht nur regenerative Energie, sondern schaffen mit dem Verbrauch an anderen Rohstoffen und erheblichen Entsorgungsproblemen weitere Desaster. Eine völlige Fehlentwicklung von Teilen der Erdbevölkerung wird verzweifelt mit Flickschusterwerk aufrechterhalten. Erst kürzlich brannte ein Containerschiff mit tausenden E – Fahrzeugen und sank dann auf den Meeresgrund. Keiner hat eine Vorstellung davon, was die Chemikalien am Meeresboden anrichten.

In meiner Vorstellung hat Putin mit Blick auf die Zukunft schlicht den ersten Schritt unternommen. Dass sich alle Staaten irgendwann einig werden, hat er verworfen und geht von einer Zeit mit vermehrten Kriegen aus. Hierfür hat er eine erste Duftmarke gesetzt. Das bösartige Schachspiel ist eröffnet und er hat seine Eröffnungsvariante gewählt. Nochmals zur Haltung! Alle werden auf dem Brett zu Spielfiguren. Die “alten weißen Männer”, bedacht auf eine Kontinuität und Bewahrung des Ist – Zustands, die konsequenten Protestler, welche nicht fassen können, wie Teile der Menschen unterwegs sind, die Protestler, welche keine Abstriche machen wollen, die rein biologische Masse der Arbeitsdrohnen, die von einem Jahr ins nächste lebt, die Ideologen, welche sich an alten Ideen festhalten … da kommen einige Spielsteine zusammen. Ich finde das Lebensgefühl, ein Spielstein zu sein, nicht sonderlich erquicklich. Aber könnte ich es ändern? Eher nicht!


In letzter Zeit dachte ich häufig an Sartre und den Existenzialismus. Ganz besonders im Zusammenhang mit dem in Deutschland von Putin ausgelösten Rückbesinnung auf den Militarismus. Frauen und Männer, die sich dagegen stellen, kassieren “Putin Versteher”, “Geh doch rüber” oder ähnliche Parolen. Ein Desaster für jeden, der an eine Weiterentwicklung glaubte. Krieg bedeutet töten! Militär ist die Sache mit dem Töten auf Befehl. Gleichsam sterben in einem Krieg nicht alle, sondern nur die, welche sich nicht freikaufen können oder charakterlich darauf ausgerichtet sind, für einen Staat oder eine Überzeugung das Leben zu opfern. Bei Sartre heißt es, dass jeder Soldat die freie Wahl hat, an einem Krieg teilzunehmen, zu desertieren oder Suizid zu begehen. Ein Mann wie Mahatma Gandhi hätte weder in der Ukraine, noch in Deutschland, eine Chance gehabt. Es gab eine Zeit in meinem Leben, in der ich bereit war, zu töten. Ich glaubte an das Prinzip der Nothilfe und Notwehr. Ein klares, konkretes Verhältnis. Ich konnte sehen, wer andere in ihrem Leben bedroht und wer das Opfer ist. In einem Krieg töte ich andere, die zumeist ebenfalls nur auf Befehl handeln und nehme noch einige vollkommen Unbeteiligte mit. Nur mal so, man kann einem Aggressor auch mit anderem Widerstand begegnen. Im 21. Jahrhundert sehen Kriegsszenarien anders aus, als im 20. Jahrhundert. Wenige haben den Karren erfolgreich in den Dreck gefahren und haben damit eine nahezu ausweglose Lage geschaffen. Ich, als einzelner Mensch darf mir nun die Frage stellen, ob ich bereit bin für deren Schlamassel zu töten. Putin ist kein singuläres Ereignis, sondern ein Produkt aus vielen Komponenten. Weltweit haben die Gesellschaften der industrialisierten Staaten ihre Entscheidung getroffen. Es gab eine Zeit der Warnungen. “Wenn ihr weiter diesen Weg beschreitet, kommt die Katastrophe, zu der auch Kriege mit ungewissem Ausgang für alles Lebende gehören.”
Die Schrift stand an der Wand. Dies ist ein wenig frustrierend für Mahner und sehr schade für die, welche damals noch nicht lebten. Alle anderen sollten stillschweigend und aufrichtig die Ernte ihres Handelns einbringen. Irgendwann ist halt Zahltag. Wer früher zu den Mahnern gehörte, kann sich mit Fug und Recht zurücklehnen und sagen: “Ihr wolltet es, dann macht mal, aber ohne mich!” Sich jungen protestierenden Leuten pöbelnd gegenüber zu positionieren, kann man machen, ist aber äußerst verwerflich. Eher wäre ein Schamgefühl angezeigt. Verzeihen werden sie den Alten nicht. Was noch bleibt, wäre eine Erklärung. “Schaut Euch in der eigenen Altersgruppe um. Wir hatten mit den gleichen Charakteren zu kämpfen. Ist so’n menschliches Ding und hat wenig mit dem Alter zu tun. Einige von uns haben es versucht, aber wir sind an Ignoranz, Machtgier, der Gier an sich gescheitert. Vor allem haben wir es nicht hinbekommen, diesen schädlichen Charakteren den Aufstieg nach oben zu verbauen. Und schaue ich mir in Deutschland die Mehrheit Eurer Generation an, seit ihr ebenfalls auf verlorenem Posten.” Wie gesagt: Ist eine Erklärung für das Zurückliegende, keine Rechtfertigung. Putin, Biden, Lukaschenko, u.a. werden bald nicht mehr sein. Doch sie werden lediglich gegen ähnlich aufgestellte Machtinhaber ausgetauscht werden. Die Gesellschaften haben zugelassen, dass die Zeit der Monarchien nicht mit einem neuen Ansatz überwunden wurde, sondern lediglich eine Modifizierung stattfand. An Stelle von Kaisern*innen, Königen*innen, Kardinälen, herrschen jetzt Millionäre – das Ergebnis ist identisch.

Ich stehe hierfür nicht zur Verfügung.