Persönliche Analyse des Rechtsrucks

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„Wir werden noch deutlicher Alternativen herausarbeiten, die es zur Politik der Regierung gibt. Deswegen werden die #Grünen unser Hauptgegner sein in dieser Bundesregierung. Die Grünen sind dafür verantwortlich, dass diese Polarisierung in der Energiepolitik entstanden ist.“ ™

Friedrich Merz, bei Twitter am 27. Juni 2023, als Reaktion auf die Wahl des AfD Kandidaten in Sonneberg

Irgendjemand sagte einmal: “Die Deutschen sind so lange Demokraten, wie es Ihnen gut geht!” Nun mag man meinen, dass es Deutschland im Verhältnis zu diversen anderen Regionen auf der Erde immer noch sehr gut geht, insofern alles gut ist. Aber sie sehen es nicht! Ich selbst wuchs mit einer weiteren Weisheit auf. “Nimmt man den Deutschen etwas weg, werden sie ungemütlich.” Es ist egal, auf wie viel sie sitzen und welche Privilegien ihnen zuteilwurden.

Derzeit wird die Partei der GRÜNEN seitens einiger Zeitgenossen und Zeitgenossinnen als Verbotspartei bezeichnet. Wieder einmal einer dieser propagandistischen Kampfbegriffe aus der Feder von PR-Agenturen, die sich in den Dienst der Konservativen stellen. Verbot! In Deutschland ein sehr wirkungsvoller Trigger. Es berührt die infantilen Persönlichkeitsanteile und aktiviert bei vielen zuverlässig das in ihnen verborgene trotzige Kind. Für mich ist das Richtungsweisend, womit einige politische Strömungen gedenken zu arbeiten.

Der Aufschwung der AfD wird seitens des Vorsitzenden der CDU, Friedrich Merz, den GRÜNEN angelastet. Daraus leitet er ab, dass die CDU künftig noch mehr, als bereits geschehen, gegen sie vorgehen muss. Seine Überlegung kann nur bedeuten, dass er von Wählern ausgeht, die mit ihrer Wahl gegen die aktuelle Politik der GRÜNEN protestieren wollten. Demnach ansonsten nicht auf die Idee kämen, den Kandidaten einer faschistischen Partei zu wählen. Liegt er damit richtig?

Ich behaupte seit einigen Jahren, dass Deutschland einen “Rechtsruck” erfährt. Als ich dies für mich erstmalig feststellte, befand ich mich noch im Dienst. In dieser Zeit sagte ein Dienststellenleiter, der lange Zeit mit Ermittlungen zu politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum betraut war, zu mir Worte, die ich seither nicht mehr vergaß: “Wir sind uns doch wohl beide einig, dass die Rechten lange nicht das Potenzial mit sich bringen, wie die Linksextremisten.” Dies sagte er etwa ein Jahr, bevor die damals noch falsch zugeordneten Straftaten der NSU bekannt wurden.

Neonazis, rechte Skinheads, neu-nationalsozialistische Kampfgruppen, Vereinigungen, 1 % Rocker aus dem rechten Spektrum nebst Hooligans, sind seit Jahrzehnten Eskalationen von in Deutschland kursierenden Lebenshaltungen, Anschauungen, Zielen. Sie sind das Extrem, wenn man erstmal “harmlos” erscheinende Aussagen bzw. weniger “harmlose” Sprüche ausgehend von ungefährlichen Personen konsequent bis zu Ende denkt. “Denen müsste man mal den Arsch versohlen und sie längere Zeit einsperren!”, ist zum Beispiel schnell daher gesagt. Es gibt Zeitgenossen/innen, die dies tatsächlich umsetzen.

In Deutschland existiert meiner Auffassung nach innerhalb des Diskurses bezüglich rechter Strömungen ein eklatantes und gleichsam gefährliches Problem. Die meisten verwenden ausschließlich die Ansprache “Nazi”. Dieser Bezeichnung kann sich jede/r Erz-Konservative oder jemand, der sich der Neuen Rechten zugewandt fühlt, leicht entziehen. Diese Leute sind keine Nationalsozialisten. Doch dies macht sie nicht weniger gefährlich für eine offene, progressive, moderne Gesellschaft, in der sich Individuen jenseits einer gelenkten Massengesellschaft entwickeln können. Hinzu kommt, dass diese Leute nicht sehen, nicht wahrhaben wollen, wem sie am Ende den Weg bereiten und sie dies nicht unter Kontrolle bekommen. Schlicht, weil sie bei sich selbst nicht erkennen, welche Niederungen im menschlichen Habitus sie aktivieren bzw. unterstützen. Historisch betrachtet, passierte dies in der Vergangenheit diversen Politikern/innen und Philosophen, welche am Ende nicht fassen konnten, welche Dynamik entstand. Hierfür ist für mich das beste Beispiel Martin Heidegger, der bereits 1933 der NSDAP beitrat.

Im weiteren Text bezeichne ich die AfD bewusst, als eine faschistische Partei. Sie noch der Neuen Rechten, auf die ich später eingehe, zuzuordnen, halte ich persönlich für falsch. Ebenso sind sie keine Nationalsozialisten. Vielleicht sind sie sogar etwas Neues, eine Mixtur, mit ähnlichen Eigenarten, aber dennoch neuen Aspekten. Für Faschismus entschied ich mich wegen des Werdegangs und Ansätzen des Begründers Mussolini. Seine Biografie war für die damalige Zeit neu.

Robert A. Paxton, schreibt hierzu in seinem Buch “Anatomie des Faschismus, Die politische Gefahr des Faschismus ist keineswegs überwunden. Auf einer ersten Stufe existiert er auch heute in allen größeren Demokratien.

… Der Faschismus dagegen (Anmerkung: auf andere *ismen bezogen) war eine neue Erfindung, die frisch für das Zeitalter der Massenpolitik geschaffen worden war. Er suchte speziell die Gefühle anzusprechen, und zwar durch den Einsatz ritueller, sorgfältig inszenierter Zeremonien und intensiv aufgeladener Rhetorik. Die Rolle, welche die Programme und Lehrmeinungen dabei spielten, ist bei näheren Hinsehen grundsätzlich verschieden von der bei Konservativismus, Liberalismus oder Sozialismus. Der Faschismus beruht eben nicht explizit auf einem elaborierten philosophischen System, sondern eher auf populären Gefühlen, Ansichten über “Herrenrassen”, deren ungerechtes Schicksal und ihre gerechtfertigte Prädominanz über minderwertige Völker. Er hat keinen intellektuellen Unterbau durch irgendeinen Systembegründer wie Marx oder irgendeine bedeutendere kritische Intelligenz wie Mill, Burke oder de Tocqueville.

Robert A. Paxton, “Anatomie des Faschismus, S.30, Einleitung, DVA München, 1.Auflage

Weiterhin weist Paxton in seinem Buch mehrfach darauf hin, dass der Faschismus nicht ausschließlich nach den Worten und Reden der Protagonisten zu beurteilen ist, sondern immer die tatsächlichen Handlungen, auch die im Verborgenen, zu berücksichtigen sind. Letztere aufzudecken ist die Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes der Länder, des Bundeskriminalamts, der Verfassungsschutzämter und des Bundesverfassungsschutzes. Um so gefährlicher ist es, wenn sich diese teilweise in den Händen der Neuen Rechten, der intellektuellen Vorstufe des Faschismus, befinden. Die Aussage des aktuellen Leiters des Verfassungsschutzes Thüringen Stephan Kramer, der über diesen Verdacht erhaben ist, sollte einige Leute nervös machen:

„Die AfD ist der parlamentarische Arm einer viel größeren Verschwörung, einer revolutionären Verschwörung, sie wollen die Regierung bezwingen, den Staat, und das ganze System, das in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet wurde“

Stephan Kramer, Interview, NDR INFO, 28.06.2023

Solche Worte vernahm und vernimmt man nie von einem Vertreter der Neuen Rechten, dem ehemaligen Leiter des Bundesverfassungsschutzes und Hans-Georg Maaßen und gegenwärtigen Vorstand der CDU internen Werteunion. Er trat zeitweilig, vermeintlich aus Protest gegen die Wahl des AfD – nahen, Autors, Max Otte aus der Werteunion aus. Aus meiner Sicht eine unpräzise Aussage. Trat er wegen der Nähe zur AfD aus oder ging es vielmehr um die Person an sich und Aussagen, die die Werteunion in den Fokus des Verfassungsschutzes gebracht hätte? Immerhin steht Maaßen im Verdacht, die AfD diesbezüglich beraten zu haben.

Sonneberg

In Sonneberg standen für die rund 50.000 Wahlberechtigten anfangs der 57-jährige ehemalige Landmaschinen u. Traktorenschlosser, Fahrlehrer u. Ex-Bürgermeister, Jürgen Köpper (CDU), eine 53-jährige ehemalige Bundespolizeibeamtin und Volljuristin, Frau Nancy Schwalbach (GRÜNE), die 41-jährige parteilose (aber von der SPD unterstützt) Anja Schönheit, ebenfalls durchaus qualifiziert und der 50-jährige Volljurist u. Mitglied in der als rechtsextrem eingestuften Thüringer AfD, Herr Robert Sesselmann. Also vier für ein höheres Verwaltungsamt qualifizierte Kandidaten. Wenn schon Protest, wäre die parteilose Kandidatin eine nachvollziehbare Option gewesen.

Gewählt wurde Robert Sesselmann. Auch wenn es weh tut, klickte ich mich durch einige Videos. Im Gegensatz zu einigen anderen Mitgliedern der AfD – Thüringen (siehe z.B. Höcke) ein leiser, ruhig, auftretender Mann, der im Landtag den einen oder anderen vernünftigen Beitrag zu Verwaltungsthemen beitrug. Im Wahlkampf äußerte er sich im Wesentlichen zu Themen, die mit seiner zukünftigen Funktion als Landrat nichts zu tun haben. Da verstieg er sich in die übliche AfD Hetze und irrationales Zeug. Mit anderen Worten, der Mann kann mit Sicherheit Verwaltung.
Was nichts an seiner Haltung zu anderen Themen ändert, weswegen er wohl auch in der AfD ist. 12 Jahre Nationalsozialismus zeigten, dass Faschisten und Verwaltungsleute, zumeist Technokraten, durchaus zusammen passen. Ich denke, in dem ich mir einige seiner Reden anschaute, habe ich der Mehrheit seiner Wähler einiges voraus. Die wählten ihn nicht, weil er sich dort profilierte, sondern wegen seiner sachfremden Wahlkampfreden. Und da ist kein Protest zu erkennen. Die stimmten ihm schlicht und ergreifend zu.

Wenn ich mehrere Optionen habe, muss es einen Grund geben, warum ich weder eine der beiden Frauen noch den männlichen Gegenkandidaten wähle oder mich ganz der Wahl enthalte. Nochmals: Für die Leitung einer Verwaltungsbehörde waren alle vier ausreichend qualifiziert. Parallel führte nachvollziehbar der Rest der AfD für ihn Wahlkampf. Seine Qualifikation wurde in Nebensätzen erwähnt, doch der Fokus lag darauf, wie wichtig das Signal ist. Auch das nährt den Verdacht, dass es nicht Protest ging, hingegen die Annahme einer Zustimmung deutlich näher liegt.

Mir stellt sich an der Stelle eine grundsätzliche Frage: Wird eine oder einer durch die Politik anderer Parteien zur Faschistin oder Faschisten? Oder sind diese Leute bereits zuvor mit faschistischen Charaktermerkmalen und Haltungen unterwegs? Womit sie keinesfalls mittels Kurskorrekturen überzeugt werden können, es sei denn, man bietet ihnen selbst eine faschistoide Politik an.

Psychologie des Faschismus

Ein zentrales Merkmal des faschistoiden Charakters ist die Lust am Treten nach unten und dem Buckeln nach oben, auch Radfahrerprinzip genannt.[1]Erich Fromm, Psychoanalyse des Faschismus Der Psychoanalytiker Erich Fromm geht noch einen Schritt weiter und stellt eine Analogie zum “Sadomasochismus” her. Der Masochist, welcher sich führen lässt und damit alle Verantwortung aufgibt, kombiniert mit dem Lustgewinn andere quälen zu können, wobei er wiederum den eigenen Status erhöht.

Nach allem, was ich von ehemaligen Kollegen mit einer DDR – Biografie erfuhr, war diese Eigenschaft nicht gerade hinderlich. Ich bin kein Freund der Erzählung, in der sich 1989 die gesamte Bevölkerung der DDR für eine friedliche “Revolution” entschied. Faktisch wirkten zu dieser Zeit viele Kräfte auf die DDR ein, ohne die Einsicht Gorbatschows hätte sich vieles anders entwickelt und diverse Hardliner, waren gar nicht glücklich darüber. Das Buckeln beherrschten viele sehr gut. Darüber hinaus lernte ich welche kennen, die dies taten und zusätzlich politische Gefangene misshandelten.
Und auch in der zuvor bestehenden BR Deutschland, hat sich diese Eigenart niemals wirklich verloren. Gerade in den Behörden war sie stets gegenwärtig. Mobber, von denen es in Behörden einige gibt, erfüllen alle Kriterien.

In beiden deutschen Teilstaaten bestand in der Gesellschaft eine feste Hierarchie. Jeweils eine, in der die individuelle Verantwortung nach oben abgegeben werden konnte, gleichzeitig mittels des Tretens nach unten, der eigene soziale Status eine Steigerung erfuhr.
Im Unterschied zur BR Deutschland wurden die meisten DDR-Bürger beinahe elterlich an die Hand genommen. Berufliches Fortkommen oder auch nicht, Wohnungszuteilung, Freizeitgestaltung, Studium, soziale Maßnahmen, der real existierende Sozialismus sprang zur Seite. Nach ’89 hatte dies für viele böse Folgen. Ich erinnere mich gut an Ermittlungsverfahren, in denen vornehmlich junge Leute, aus echter Not heraus Diebstähle begingen, weil sie keinerlei Vorstellungen hatten, wie, in welcher Form und wo, sie Hilfe bekamen.
Des Weiteren wurde nach ’89 versäumt, den “neuen” Bürgern der BR Deutschland die Verfassungsgrundlagen zu erläutern. Wenn schon die Lücken bei den alten Bundesbürgern beklagenswert waren, gab es bei ihnen keinerlei Wissen und bis heute setzt sich das im gesamten Deutschland fort. Ich mache den Leuten daraus keinerlei Vorwurf. Wer setzt sich schon nach der Arbeit hin und beschäftigt sich mit dem Grundgesetz, dem Aufbau des Staats oder mit den Gegebenheiten des Straf-, Bürgerlichen- oder Verwaltungsrechts? Verwerflich wird dies erst, wenn Frauen und Männer, die in der Politik aktiv sind, über wenig Kenntnisse verfügen.

Während die einen bereits vom Kapitalismus auf “Haben” und allem, was damit zusammenhängt, gepolt waren, kamen jetzt Ausgehungerte dazu. [2]Erich Fromm, Haben oder Sein: Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Taschenbuch – 1. Juli 2005Doch dieses Haben bezieht sich nicht ausschließlich auf sichtbare Güter, sondern letztlich auf nahezu alles. Die Leute reden nicht davon, dass sie sich ängstigen, sich sorgen oder fürchten.
Sie sprechen davon, dass Sie Ängste, Furcht, Sorgen, Verlustangst, Existenzangst, haben. Erst einmal klingt dies banal, doch wenn man länger darüber nachdenkt, merkt man, wie prägend dies ist. An dem, was ich habe, halte ich fest.
Die andere Formulierung, das Beibehalten des Verbs, beschreibt einen Prozess, der mit einem konkreten Anlass verbunden ist und irgendwann, mit dem Wegfall des Auslösers, endet. Der Faschismus setzt auf das traditionell bestehende, also dem Haben. Alles neu Hinzukommende, Philosophien, Lebenshaltungen, kulturelle Veränderungen durch Einwanderer, Ausländer mit längerem Aufenthalt, Asylanten, wird abgelehnt.
Wenn einem schon ein kompletter Staat abhandenkommt, will man wenigstens an den regionalen und vermeintlich typisch deutschen Gepflogenheiten festhalten. Doch auch die alten Bundesbürger, obwohl sie reisen konnten und internationalen Austausch pflegten, zeigen sich verängstigt. Es ist ja auch spätestens seit ’89 viel passiert und manch eine Region entwickelte sich bereits vor ’89 konsequent nie weiter. All dies bezieht sich nicht auf die ältere Generation, sondern die Jüngeren wuchsen ebenfalls damit auf. Mehr noch, die Jungen HABEN noch deutlich mehr Ängste, denn die Alten.
Sie bekamen eine Erziehung, in der es um das Bestehen innerhalb eines Konkurrenzkampfes geht. In der DDR hieß es, dass die “Intellektuellen” auch die richtig harte Arbeit kennenlernen müssen und ein wenig suspekt waren diese kritischen Intellektuellen immer, zumal sie zur Gefahr werden konnten.
Die ehemaligen DDR-Bürger fühlen sich gedemütigt und dies gaben sie an die Kinder weiter. Indessen fühlen sich die anderen nach dem zigsten Skandal, all den falschen Versprechungen, verraten und verkauft. Viele sind in der Bonner – Dorfrepublik geblieben, in der die Welt noch überschaubar war. Multinationale Konzerne, Globalisierung, Digitalisierung, die damit einhergehenden Aufgabenstellungen, Gefahren, die andere Staaten bereits vor Jahrzehnten erlebten, überfordern sie. [3]Umberto Ecco, 14 Merkmale des Urfaschismus

Ohne vorhandene Eigenschaften, kein Faschismus

Ich könnte noch einiges mehr anführen. Aber ich will es hier dabei belassen. Für mich steht fest, dass für die Zuwendung zum Faschismus, ebenso für das Denken der Neuen Rechten, Grundvoraussetzungen vorhanden sein müssen. Wie angeführt sind Appelle an die Emotionen innerhalb der modernen Massengesellschaften ein Kernpunkt des Faschismus.

  • Schwierigkeiten bei der Ausbildung einer eigenen tragfähigen Identität,
  • Probleme bei der Reflexion der eigenen Schwächen und des Arbeitens daran, vor allem im Hinblick auf die eigene Rolle, statt andere verantwortlich zu machen (Opferrolle),
  • tatsächliche oder angenommene Ohnmacht,
  • Fixierung auf sozialen Status durch Besitz,
  • das Bedürfnis andere zu schwächen und zu kontrollieren,
  • die Bereitschaft sich dennoch unterzuordnen,
  • die Ablehnung des Intellekts, als vermeintliche Schwäche, statt dessen favorisieren der körperlichen Leistungsfähigkeit,
  • die Annahme, die einzig wahre Ansicht zu besitzen, sich in einer stetigen Konkurrenz zu anderen zu befinden, die einem etwas wegnehmen wollen,
  • die Sehnsucht Teil von etwas Großen zu sein, was die eigene Unbedeutsamkeit wett macht.

Ganz gut zu beobachten ist das u.a. an Universitäten. Geringe Bildung ist nicht ursächlich für den Faschismus. Allerdings wird alles abgelehnt, was entweder nicht einem unmittelbar erkennbaren Zweck dient oder schlimmer noch, den Faschismus ablehnt. Naturwissenschaften fallen erst in Ungnade, wenn die wissenschaftlich gewonnen Erkenntnisse nicht ins Bild passen (siehe Klimaleugner). Lediglich eine bestimmte Sorte junger Männer lässt sich von Burschenschaften rekrutieren. Inwieweit die immer rechts sind, ist offen. Zumindest geben sie alles her, was faschistoid veranlagte Typen mögen.

Ebenso schwierig ist, wie bereits angeführt, die Abgrenzung zu der Neuen Rechten (künftig NR). Sie ist eine politische Strömung, die in den 50ern maßgeblich auf Armin Mohler[4]Armin Mohler war ein deutscher Historiker, Publizist und politischer Theoretiker. Er wurde am 12. April 1920 in Basel, Schweiz, geboren und verstarb am 4. Juli 2003 in München, Deutschland. … Continue readingzurückzuführen und entstanden ist. Sie vereint verschiedene rechtsextreme, nationalistische und konservative Ideen und Positionen. Die NR zeichnet sich durch eine intellektuelle Herangehensweise und eine Strategie der kulturellen Beeinflussung aus, um ihre Ideen in der Gesellschaft zu verbreiten.

Sie distanziert sich oft von offenkundig neonazistischen Positionen und versucht stattdessen, eine akzeptablere und weniger extremistische Fassade zu wahren. Sie bedient sich eines akademischen Vokabulars und versucht, ihre Positionen als Teil eines intellektuellen Diskurses darzustellen. Ein zentrales Ziel der Neuen Rechten ist es, Einfluss auf gesellschaftliche Bereiche wie Medien, Bildungseinrichtungen, Kunst und Kultur zu nehmen, um ihre Weltanschauung zu verbreiten und den politischen Diskurs nach rechts zu verschieben.

Die Neue Rechte in Deutschland vertritt oft nationalistische Ideen und betont die Wahrung der nationalen Identität, Kultur und Traditionen. Sie ist häufig euroskeptisch und lehnt die Europäische Union ab. Zudem zeigt sie oft eine Ablehnung von Multikulturalismus, Einwanderung und liberalen Werten wie Gendergleichheit und LGBT-Rechten.

Anzumerken ist, dass sie trotz ihres intellektuellen Auftretens und ihrer strategischen Taktiken weiterhin rechtsextreme und antidemokratische Elemente enthält. Ich denke nicht, dass ihr Kalkül ansatzweise eine Chance hat aufzugehen. Dem eigenen Verständnis nach befinden sie sich in der Tradition der Konservativen (z.B. Zentrum Partei) der Weimarer Republik und verweisen darauf, dass deren Mitglieder ebenfalls von den Nationalsozialisten verfolgt wurden.
Ich sehe es mittlerweile in der Form, dass oben als Überschrift Neo-Faschismus steht, und sich darunter neben dem von Mussolini eingeführten Faschismus, die Ausgestaltung nach Franco, der Nationalsozialismus und diverse moderne Interpretationen befinden.

Teile der UNION gehören eindeutig zur Neuen Rechten, während einige Mitglieder der AfD eine krude Mixtur, noch weiter in Richtung Ur-Faschismus, wenn nicht gar Nationalsozialismus, zusammenbrauen.

Unter der Führung von Friedrich Merz hat die Neue Rechte innerhalb der CDU, hauptsächlich organisiert in der Werteunion, erheblichen Aufwind bekommen. Was er da ankündigt, dürfte nicht dem Machtgewinn der CDU dienen. In vielerlei Bereichen sind die Grenzen zwischen AfD und CDU aufgehoben, sodass ein Gemenge entstanden ist. Nur, dass die CDU den Ruf weg hat, die der Neuen Rechten zuzuordnenden Mitglieder, allzu Stiefmütterlich behandelt zu haben.

Der Merz – Plan wird nur teilweise aufgehen

Merz und seine Seilschaft innerhalb der CDU könnten zu Gärtnern der AfD und der dahinter stehenden Kräfte werden. Nämlich dadurch, dass sie das “Beet”, den Nährboden düngen, aber statt der gewünschten Pflanzen jede Menge Beikräuter sprießen lassen. Oder um das Bild noch etwas zu erweitern: Sie benutzen einen Kompost, der aus den Abfällen des alten Faschismus und deutschen Nationalsozialismus besteht.

Hierbei ist auch die ungesunde Verknüpfung zwischen Kapitalismus und autoritären Systemen zu berücksichtigen. Klassische Unternehmen, Konzerne, Global Player, sind im Gegensatz zu beispielsweise Kooperativen, knallhart autoritär und hierarchisch strukturiert. Manche, wie z.B. Noam Chomsky, fürchten weniger politische Bewegungen, denn die Übernahme der Gesellschaften durch eben jene Wirtschaftsakteure. Wer mittels Bezahlung Propaganda initiieren kann, die Massengesellschaften steuern, braucht Wahlen nicht zu fürchten.

Ich wage es, mich für einen längeren Zeitraum festzulegen. Die sich weiter zuspitzende Klimakatastrophe mit all ihren Folgen wird ausgerechnet den Rechten, Konservativen, autoritär organisierten Wirtschaftsgrößen nutzen. Auswirkungen, wie Flüchtlingsbewegungen, Migration, Kriege um Wasser oder um für menschliches Leben geeignete Regionen, Unruhen, Aufstände, können sie in der deutschen Gesellschaft am ehesten bedienen. Gleichfalls ist die deutsche Bevölkerung noch weit davon entfernt, die auf sie zukommenden katastrophalen Veränderungen derart zu verinnerlichen, dass sie bereit wäre, ernsthaft notwendige Maßnahmen, wie sie z.B. seitens der Protestbewegungen oder auch den GRÜNEN gefordert werden, hinzunehmen. Ähnlich sieht es mit den Kriegsfolgen in der Ukraine aus. Wobei hier die noch völlig offen ist, was uns diesbezüglich erwartet. Ein Faktor, der völlig unberechenbar ist.

Ich verfolge aufmerksam im engeren und weiteren Bekanntenkreis die Entwicklung.

Ein kleiner Kreis, von dem ich nichts anderes erwartete, sieht z.B. die Proteste ähnlich wie ich. Im weiteren Kreis setzt immer mehr die Erosion ein. Es ist erschreckend, wie wirksam Propaganda sein kann. Überall sickern die “Spins” in die Gespräche und Kommentare ein. Kürzlich verfolgte ich bei Facebook Kommentare, in denen zum Beispiel der “Spin”, Greta Thunberg, sei ein missbrauchtes Kind, aufgegriffen wurde. U.a. geht dies auf ihr Asperger Syndrom zurück. Es ist zwecklos diesen Leuten rational entgegenzuhalten, dass gerade “Asperger” oftmals analytisch überlegen sind.

Gleichermaßen sieht es mit der Verschwörungserzählung aus, in der die Protestbewegung “Letzte Generation” eine “Kolonne” einiger Millionäre/Milliardäre wäre. Niemand leugnet die Geldzuwendungen. Zur Betrachtung stehen zwei Positionen. Fraglich ist, warum diese Leute bereit sind, zu fördern. Schaue ich auf die Entwicklung, verfüge über die notwendigen Mittel, kann aber aus verschiedenen Gründen nicht selbst handeln, schaue ich, wo ich mein Geld strategisch am ehesten unterbringen kann und dabei auch noch Steuern spare. Eine Informationsquelle hierfür ist influencewatch.org. Hier kann auch nachgelesen werden, wie der “Sponsor” der Letzten Generation “Climate and Clean Energy Equity Fund”, Untergruppe des “new-venture-fund“, bei dem Zuwendungen steuerlich abgesetzt werden können, funktioniert.

Dann muss ich mir die Empfänger anschauen. Ist Geld, der eigene Vorteil, ihr Motiv? Keinesfalls! Und Überraschung, selbst Frauen und Männer, die in der SPD maßgeblich eine Rolle spielen oder Gewerkschaftler springen auf die vermeintliche Verschwörung auf. Ehre, wem Ehre gebührt. Diejenigen, welche da im Hintergrund in den PR-Agenturen arbeiten, leisten ganze Arbeit. Auch wenn es teilweise die primitivsten Ansätze sind. “Die oder der kommt aus einem begüterten Elternhaus! Also sind das Heuchler!” Es funktioniert.
Die GRÜNEN und die SPD setzen auf Vernunft, Verstand und Werte. Nichts davon hat in der deutschen Bevölkerung eine Bedeutung, wenn es um Kraftfahrzeuge, Häuser, Urlaub, Fremde und finanzierbaren Konsum geht. Mittelfristig werden die autoritären Kräfte über Anpassungsmaßnahmen und diesbezügliche Versprechungen regieren, bis dies auch nicht mehr funktioniert.

Wer die Entwicklung stoppen will, muss öffentlich und umfangreich, gegen den Populismus, die allgegenwärtige Propaganda antreten, aufklären und darf sie nicht selbst anwenden. Und jenseits des Populismus, müsste in allen Bereichen “reiner Wein” eingeschenkt werden. Problem: Dies wäre das Ende der CDU/CSU, FDP, in der heutigen Ausgestaltung. Ergo, wird es nicht dazu kommen. Für mich ist die AfD der konsequente Part der “Konservativen”. Für Männer wie Höcke, denken diverse Mitglieder der CDU, vor allem die am rechten Rand, in die richtige Richtung, aber sind in seinen Augen “zu weich” es durchzuziehen. Ich befürchte, er wird eine Menge Zeitgenossen/innen finden, die ähnlich denken und sich deshalb der AfD zuwenden.

Quellen/Fußnoten

Quellen/Fußnoten
1 Erich Fromm, Psychoanalyse des Faschismus
2 Erich Fromm, Haben oder Sein: Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Taschenbuch – 1. Juli 2005
3 Umberto Ecco, 14 Merkmale des Urfaschismus
4 Armin Mohler war ein deutscher Historiker, Publizist und politischer Theoretiker. Er wurde am 12. April 1920 in Basel, Schweiz, geboren und verstarb am 4. Juli 2003 in München, Deutschland. Mohler war eine bedeutende Figur im intellektuellen Spektrum der sogenannten “Konservativen Revolution” und der NR in Deutschland. Er prägte maßgeblich die konservative Denkrichtung und war insbesondere in den 1950er und 1960er Jahren einflussreich. In seinen Werken beschäftigte sich Mohler mit verschiedenen politischen, kulturellen und ideologischen Strömungen.
Er analysierte vornehmlich die Ideen der Konservativen Revolution im Deutschland der Weimarer Republik, darunter Denker wie Ernst Jünger, Oswald Spengler (Anmerkung: Mit eben jenem anti-demokratischen Vordenker des Nationalsozialismus, aber Gegner der Rassenideologie, sympathisiert Max Otte) und Carl Schmitt.
Mohler betrachtete die Konservative Revolution als eine Antwort auf die kulturelle Krise und den Zusammenbruch der alten Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg. Mohler wurde auch für seine Kontakte zur rechtsextremen Szene in Deutschland kritisiert. Er sympathisierte zeitweise mit nationalsozialistischem Gedankengut, distanzierte sich jedoch später von diesem und wandte sich einer nationalkonservativen Position zu. Er vertrat kontroverse Ansichten und war eine äußerst umstrittene Figur. Seine Werke und Ideen werden oft im Zusammenhang mit der Entwicklung der Neuen Rechten und des intellektuellen Rechtsextremismus in Deutschland diskutiert.

Missbrauch der Polizei

girl skating on ice rink Lesedauer 9 Minuten

Vor wenigen Tagen tagte ein CDU Konvent und hierzu luden die konservativen Damen und Herren eine prominente Leistungssportlerin ein. Die fünffache Olympia-Siegerin im Eisschnelllauf, Frau Pechstein. Es war keine einfache Einladung. Sie sollte an diesem Tag eine Rede halten. Bereits an der Stelle kommt bei mir die erste Frage auf. Warum lädt man sich zu einer derartigen Veranstaltung eine Frau als Rednerin ein, deren fachliche Expertise auf den deutschen Leistungssport beschränkt ist? Vielmehr, als dass sie ziemlich schnell auf Kufen laufen kann und dabei vor einigen Jahren in Verdacht stand, mit unerlaubten Medikamenten ein wenig nachgeholfen zu haben, vernahm ich bisher nicht von ihr. Na gut, da war noch ein kleiner Skandal, weil sie angeblich irgendwie mit den Hells Angels in Kontakt stand. Solche Sachen können passieren. Geschenkt! Mittlerweile las ich, dass sie in Berlin für die CDU kandidierte.

„Meine sportlichen Erfolge und Titel habe ich nicht nur für mich erkämpft, sondern auch für Deutschland und meine Heimatstadt Berlin. Nicht immer waren die Bedingungen für Bestleistungen ideal, deshalb habe ich nicht selten Kritik geübt. Jetzt bietet sich mir die Chance, nicht nur zu kritisieren, sondern auch mitzugestalten. Diese Chance möchte ich nutzen“

Frau Pechstein, https://www.berliner-woche.de/treptow-koepenick/c-politik/claudia-pechstein-soll-fuer-die-cdu-antreten_a307395

OK, da ist jemand sauer, dass Leistungssport nicht entsprechend ihrer Vorstellung honoriert wird. Dazu später noch mehr.

Bis zu diesem Zeitpunkt wusste ich auch nicht, dass sie eine Polizistin im Mittleren Dienst der Bundespolizei ist. Warum sich Bundeswehr, Bundespolizei und die Polizeien der Länder vom Dienst freigestellte Sportler leisten, erschloss sich mir noch nie. In Berlin betreuten diese Kollegen die Sporthallen und wedelten in der Sauna mit dem Handtuch. Also, als es solch einen Luxus noch gab. Kamen die nach Jahren in den normalen Dienst zurück, benötigten sie erstmal lange Zeit für Lehrgänge und meistens wurden sie dennoch keine vollwertig einsetzbaren Beamten/innen. Sich mit Leibesübungen vor der Arbeit zu drücken, ist nicht die schlechteste Idee. OK, ich weiß, mir fehlt da irgendetwas. Es muss furchtbar wichtig sein, dass ein oder eine Deutsche schneller Fahren, Rennen, weiter Werfen oder Springen kann. Ansonsten wird man von den anderen Staaten gehänselt. Nationalstolz! Na ja, wenn man nichts anderes im Leben hat. Wie günstig, dass die Bundesrepublik die Talente der DDR, welche mit der Förderung die Überlegenheit des real existierenden Sozialismus zeigen wollte, bedienen kann. Aber warum ist es dann nicht in Ordnung, wenn sich Erdogan mit Özil fotografieren lässt? OK, ich lasse das lieber.

Jedenfalls sollte sie eine Rede halten. Nächste Frage, warum benötigt eine Partei bei in Vollstärke anwesender Polit-Prominenz eine Prominente aus dem Sport? Sollte man nicht eher einen Nobelpreisträger, einen berühmten Autor oder renommierten Wissenschaftler einladen? Oder, da es sich um die CDU handelt, einen kirchlichen Würdenträger? Ich streiche die letzte Überlegung. Nicht nur, dass die Katholiken derzeit in schwerer See unterwegs sind, hinzu kommen auch noch die Differenzen zwischen der Politik und der Kirche, weil letztere die Schöpfung bewahren will, während die Politiker/innen der CDU eher Dollar-Zeichen und die Machtübernahme in den Augen hat. Immerhin waren u.a. auch Tanja Gönner, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), Eva Maria Welskop-Deffaa, Präsidentin des Deutschen Caritasverbandes, Ralf Fücks, Bündnis 90/Die Grünen, anwesend. All diese Personalien passen zu einer Veranstaltung der CDU, bei der die Position ausgemacht werden soll.

Angeblich waren alle vollkommen überrascht, als Frau Pechstein in Uniform das Rednerpult betrat. Man wollte doch nur eine Rede einer harmlosen Leistungssportlerin hören. Ein paar nette Worte über Sport, Sportförderung, Leistung und Engagement, damit auch künftig Deutsche im internationalen Leistungssport mitmischen können. Wie hat sie das hinbekommen? Über den Hintereingang hinein und direkt ans Pult? Oder erst in Zivil hinein und dann heimlich umgezogen?

Die CDU dümpelt derzeit nach aktuellen Umfragen um die 30 % herum. Die faschistoide AfD, mit einer erklecklichen Zahl ehemaliger CDU Leute in den Reihen, widersteht der üblichen Übernahme des rechten Randes. Irgendwie ist es auch kompliziert. Oftmals weiß man als Zuhörer nicht so genau, wer sich gerade äußert. Kam das jetzt von der Werteunion, Merz, Spahn oder direkt von der AfD?
Nachdem, was ich derzeit in den Medien mitbekomme, hält die CDU derzeit die Propaganda-Maschine unter Volldampf. PR-Agenturen, der SPRINGER-Verlag, allen voran BILD und WELT (für diejenigen, welche nicht mit der BILD in der Hand gesehen werden wollen), aber auch die Neue Zürcher Zeitung (NZZ) und diverse Thinktanks fahren eine Kampagne nach der anderen. Dabei werden sie auch nicht müde, einen Spin nach dem anderen zu implementieren und parallel Diffamierungskampagnen zu initiieren. Die Folge sind Grenzverschiebungen, die normalerweise der AfD angelastet werden.
Immer frei nach dem Motto, erstmal überziehen, danach zurück Rudern, aber nicht bis zum Ausgangspunkt, sondern ein paar Zentimeter weiter im Rechtspopulismus. Was tut man nicht alles für die schiere politische Macht?

Als Helmuth Kohl diese Ära 1982 einleitete, in der es um die schiere Macht, statt der politischen Lösung von Aufgabenstellungen geht, einleitete, zitierte Herbert Wehner, SPD, aus Kurt Schumachers Rede 1947, Nürnberg:

Erstens: Demokratie beruht auf dem Prinzip der Gegenseitigkeit und Ehrlichkeit, zweitens: die Demokratie kann nur leben, wenn die Menschen den Willen zur Objektivität haben und Selbstständig sind, aber: drittens, die technokratische, oder nahezu kriegswissenschaftliche Handhabung der politischen Mittel, führt zum Gegenteil.

Kurt Schumacher, 1947, Nürnberg u. https://trollhausnote.art/2020/09/05/was-bilden-wir-uns-ein/


Mit dem Feuer unter dem Kessel kocht man die Suppe der Empörung und wenn die Machtverhältnisse wieder ihre deutsche Ordnung eingenommen haben, reguliert man halt die Hitze herunter. Vielleicht klappt das sogar. Doch das Risiko besteht nicht allein darin, dass die kochende Suppe der AfD dienlich ist, sondern auch die CDU verändert sich mit den verschobenen Grenzen.

Wie auch immer, zurück zu Frau Pechstein. Die ist stolz auf ihre Uniform. Sagt sie jedenfalls selbst. Allzu häufig hat sie die in den letzten Jahren nicht getragen. Persönlich kann ich sie nicht als Polizeibeamtin sehen. Aber irgendetwas muss sie falsch gemacht haben. In dem Alter und Förderung noch Hauptmeisterin?
Ihr Stolz, inklusive ihrer Haltung, die sie in ihrer Rede ausdrückte, passt zufällig bestens zu den Kampagnen der CDU. Ein schönes Bild, das dem Bürgertum, welches Deutschland von der ehemaligen SED, den Sozen und einer grünen “Verbotspartei” bedroht sieht, gefällt. Bundespolizei und Armee sind auf ihrer Seite. Eine schmucke uniformierte Polizistin auf dem Parteitag der GRÜNEN oder gar bei der Partei “Die LINKE”, wäre dann doch zu viel Irritation.
Solche Leute braucht Deutschland, sonst steht ganz schnell wieder der Russe vor der Tür. (Ironie *off) “Eine starke Frau in Uniform!”, sagt Herr Spahn. Dachte immer, der steht auf Männer. Na ja, die AfD hat Frau Weidel. Wenn ich es mir so beim Schreiben überlege, gab es aus der Ecke immer Vertreter und Vertreterinnen, die diesem Gedöns was abgewinnen konnten.

Und Frau Pechstein las ihre Rede brav ab. Zunächst harmlos, aber schon nach wenigen Sätzen wurde es spannend. Erstmal ein Bashing der jungen Generation, die nur vor dem Rechner sitzt und später die Krankenkassen plündern, statt kernig, sportlich, gesund, für das Wohl des Deutschen Volkes zu sorgen. Damit leitete sie dann über zur Kulturkritik, weil die jungen Spitzsportlerinnen lieber konsumieren, womit sie letztendlich der obersten konservativen Bürgerpflicht nachkommen, anstatt Leistung zu bringen.
Es folgte persönliches Bedauern. Sie zitierte den Altkanzler Kohl, der sagte: “Leistung muss sich wieder lohnen!” und verwies auf Länder, wo Olympiasieger bis zum Lebensende ausgesorgt haben. (In ihrem Fall freie Heilfürsorge, Beamtin auf Lebenszeit und eine Pension, zuzüglich der Werbeeinnahmen.)
Zwischen den Zeilen sagte sie: “Ich habe für mein Land gelitten und das deutsche Leistungsvermögen international gezeigt und ihr habt es mir lediglich mit 5 x 20.000 EUR gedankt.” Dazu würde ich gern mal Bundeswehrsoldaten mit Kampfeinsatz befragen.
Und dann kam der Schwenk zur Polizei. Selbstverständlich durfte nicht der Hinweis auf ein “schleppendes” Abschiebeverfahren fehlen. Kaum ausgesprochen kam der erste verräterische Fauxpas. Aus öffentlichen Nahverkehr wurde bei ihr öffentlich-rechtlicher Verkehr. Ein Versprecher oder einfach ein kleiner Rückkoppler, weil sie sich häufig über die bösen “Öffentlich-rechtlichen Medien” äußert? Könnte durchaus sein, denn es folgte die Forderung, dass man sich im politischen Diskurs doch lieber mit der Sicherheit, den Asylanten, beschäftigen solle, anstatt sich über Albernheiten, wie Gendersterne auseinanderzusetzen, deutsche Liederabende (Ich musste erstmal nachlesen, worum es geht. Heino hat mal wieder zugeschlagen und stieß auf Kritik) zu kritisieren und man solle doch das Zigeuner-Schnitzel in Ruhe lassen. Letzteres war dann wohl der Part: “Ui, Ui, die hat sich was getraut! Sie hat Zigeuner-Schnitzel gesagt.” Dies wirkt auf mich ein wenig pubertär, aber Propaganda muss einfach sein.
Wobei die Sache mit dem Nahverkehr, wo sich der deutsche Bürger unwohl fühlt, weil da viele fremd aussehende Leute mit in Bus, U-Bahn, sitzen, ausgereicht hätte.
Zum Finale ging es stotternd (Was völlig in Ordnung ist. Vor Publikum eine Rede zu halten, will gelrnt sein.) ins Kernzentrum der CDU: “Die Familie als Kernzelle der Gesellschaft.” Die Kinder wollen Mama und Papa. Ergo, nicht Mama&Mama, Papa&Papa.

Natürlich darf alles gesagt werden, was sie in der Rede unterbrachte. Nicht meins, stößt mich ab, ich hab eine Vorstellung davon, wie sie unterwegs ist – aber es ist ein freies Land. So wie es mir frei steht, ihre Worte zu interpretieren. Allerdings gibt es ein kleines Detail: die Uniform!

Die Uniform weist den oder die Trägerin als Amtsinhaber/in aus, die/der Amtshandlungen vornehmen darf und muss. Wäre ein Teilnehmer des Konvents hinterhältig gewesen, hätte er sie um eine Anzeigenaufnahme gebeten. In Berlin galt jahrelang die Regelung: Wer in Uniform herumspaziert, muss auch die Schusswaffe mitführen, da zu jeder Zeit eine Lage eintreten kann, in der ein/e Amtsinhaber/in eingreifen muss.
Wer sie trägt, muss sich im besonderen Maße benehmen. (Etwas veraltet! Es gilt noch, aber viele Jüngere halten sich nicht mehr daran.) Und unterliegt dem Neutralitätsgebot.

Der BdK (Bund Deutscher Kriminalbeamter) veröffentlichte hierzu am 03.03.2020:

Daraus ist kein Verbot politischer Betätigung abzuleiten. Natürlich dürfen und sollen Polizeibeamte für das Prinzip der freiheitlich demokratischen Grundordnung stehen. Auch die Meinungsfreiheit ist hiervon nicht berührt. Problematisch ist allerdings die Verquickung zwischen dienstlicher Tätigkeit eines Polizeibeamten (auch und gerade in Uniform) und politisch motivierter (medienwirksamer) einseitiger Stimmungsmache.
Der Dienstherr und die Bevölkerung müssen grundsätzlich auf die (auch politische) Neutralität der Beamten vertrauen können. Entsprechende Verhaltensweisen sind nicht mit den Grundsätzen des Berufsbeamtentums (Neutralitätspflicht und Mäßigungsgebot) zu vereinbaren. Einem politischen Ressentiment ist –unabhängig von Couleur– auf diese Art und Weise kein Vorschub zu leisten. Auch der „Deckmantel einer gewerkschaftlichen Verantwortung“ darf für solche Zwecke nicht herangezogen werden –ist er doch viel zu kurz.

https://www.bdk.de/der-bdk/was-wir-tun/aktuelles/maesigungsgebot-und-neutralitaetspflicht-gelten-fur-alle-polizeibeamt-innen-1

Dem ist bezüglich des Neutralitätsgebots nichts hinzuzufügen. Aus persönlicher Sicht möchte ich etwas Weiteres anmerken. Deutschland ist kein Polizeistaat! Politiker/innen lassen sich im Idealfall von unterschiedlichen Leuten verschiedener Couleur beraten und entwickeln auf dieser Basis Lösungen. Es gibt diesen alten Spruch: “Frage niemals Deinen Friseur, ob Du einen neuen Haarschnitt benötigst.” Befrage ich Polizisten zu Sicherheitsthemen, werde ich logischerweise Antworten aus der Perspektive Polizei bekommen. Aber es fehlen die soziologischen, politischen, Auswirkungen. Meiner Vorstellung nach sollten sich Politiker/innen bei den Themen Bundeswehr, Landesverteidigung, Polizei, Innere Sicherheit, auf einer Meta-Ebene befinden. Ansonsten geht es schnell in die falsche Richtung. Ja, ich weiß, dass das eine sehr ideale Vorstellung ist.
In anderen Ländern, in der die Polizei und das Militär deutlich mehr zu melden haben, sieht das anders aus. Ich erlebte dies in Thailand, Malaysia und in der Türkei. Da präsentieren sich zur Wahl stehende Kandidaten in Uniform. Auf die deutsche Vergangenheit will ich gar nicht näher eingehen.

Die CDU hat die nächste Grenze verschoben und Frau Pechstein hat sich inklusive Uniform vor den Karren spannen lassen. Aber natürlich hat sie sich ganz alleine für die Uniform und die Inszenierung entschieden. Ein aus Sicht der progressiven Kräfte gefährliches Spiel. Spricht die Bundespolizei keine Disziplinarstrafe aus, was mehr als unwahrscheinlich ist, da Frau Pechstein mit Sicherheit die DPolG hinter sich hat, immerhin der CDU Vorsitzende sein lobendes Sprüchlein (Zitat Merz: Brillante Rede) abließ und der Präsident des Bundespolizeipräsidiums Herr Dr. Romann nicht wirklich der CDU unfreundlich gesonnen ist, entsteht hier eine Freikarte für alle Polizisten/innen in der AfD. Was sollte sie hindern?

Quo vadis?

Auch wenn es sich so liest: Ich kritisiere dies alles nicht mehr. Ich beobachte und mache mir meinen Reim darauf, wo die Reise hingeht. Es reden alle von den Gefahren, die von Parteien ausgehen, die gar keinen Hehl daraus machen, dass sie in Grundzügen der faschistischen Idee folgen. Hat jemand auf dem Zettel, dass sich langsam und schleichend Ansätze, Ideen, Haltungen, Vorstellungen, die den faschistischen Grundideen entsprechen, mit anderen Anteilen, nämlich u.a. aus dem Neoliberalismus, in einer Volkspartei vermischen könnten und damit etwas Neues entsteht?
Die sagen mir alle zu oft “Deutsch”, Führungsrolle, Volk, Leistung, Sicherheit. Benutzen zu viele seltsame Worte, wie Asyl- oder Sozialtourismus, Vernachlässigen die menschlichen Aspekte, interessieren sich zu wenig für die grauslichen Schicksale vor den Toren Europas, geben sich zu sehr ihrer Hybris hin und favorisieren deutlich im Übermaß die Möglichkeiten der modernen Propaganda. Ich nehme mangels stichhaltiger Beweise hin, dass da eine Polizistin aus eigener Entscheidung heraus in Uniform stand. Wie ich auch hinnehme, dass es CDU Mitglieder gibt, die Leistungen kürzen wollen, wenn jemand nicht spurt. Oder eine Überwachung eingeleitet wird, die in den 80ern selbst CDU Hardliner nicht mitgemacht hätten.

An Umberto Ecco orientiert, der 14 Punkte des Faschismus auflistete, stelle ich mal folgende Punkte gegenüber:

  • Traditionenkult. Der Traditionalismus als Gegenbewegung zum Synkretismus (Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen, philosophischer Lehren) → „Es kann keinen Fortschritt der Erkenntnis geben, die Wahrheit ist ein für allemal verlautbart“.
    Wie soll ich den “Ritt” in Sachen Leitkultur, adaptiert von der CDU einordnen?
  • Irrationalismus: „Denken als Form der Kastration“. Kultur wird verdächtigt, sobald sie kritisch wird. Misstrauen gegenüber dem Intellekt.
    Was UNIONS-Mitglieder allein in den letzten 5 Jahren hierzu von sich gaben, spricht für sich.
  • Entstehen durch individuelle oder soziale Frustration: Der Appell an die frustrierte Mittelklasse in einer ökonomischen Krise oder bei politischer Demütigung.
    Kein Kommentar!
  • Nationalismus: Menschen, die sich der sozialen Identität beraubt fühlen, wird ein einziges Privileg zugesprochen: In demselben Land geboren zu sein. Die Wurzel der urfaschistischen Psychologie ist Verschwörung. Die Anhänger müssen sich belagert fühlen, am besten durch Fremde.
    Kein Kommentar
  • Demütigung vom Reichtum und der Macht der Fremden: Damals: „Juden sind reich und haben ein geheimes Netz gegenseitiger Unterstützung“. Heute „Flüchtlinge kriegen alles, haben iPhones und haben sich zur „Invasion“ verschworen“.
    Sozialtourismus?
  • Selektiver Populismus: Der individuelle Bürger wird durch den Volkskörper ersetzt. Das Nürnberger Reichstagsgelände wird zum Internetpopulismus.
    Zu den PR-Kampagnen der UNION ist alles gesagt.

Ich befürchte, die Ereignisse der letzten Jahre, Flüchtlinge, Kriege, Corona, Klima, hat einige aus der Deckung treten lassen. Weder will ich der UNION in Gänze faschistoides Gedankengut vorwerfen, zumal da noch die Neue Rechte wäre und eine bieder brave Basis, noch die arme Frau Pechstein, die schlicht Sportlerin ist, in irgendeine Ecke stellen. Sollte ich richtig liegen, werden da einige Sachen zusammengemixt und was dabei herauskommen kann, wissen die selbst nicht genau. Ich hoffe inständig auf Vernunft und eine Besinnung innerhalb der CDU.