BILD – neue Grenzziehungen?

Die verkommene Jugend Lesedauer 5 Minuten

Meiner Auffassung nach hat die BILD – Zeitung mit einer Reaktion auf den Tweet einer Mitarbeiterin (Beamtin)  einer Behörde, die mit dem Katastrophenschutz betraut ist, eine neue Dimension der Publikationen in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet.

Was ist passiert? Die Mitarbeiterin echauffierte sich bei Twitter über die übliche und immer wieder in der Kritik stehende Berichterstattung der BILD aus dem Katastrophengebiet und der dem Niveau entsprechenden Wortwahl. Hierbei vergriff sie sich im Ton. Nun, ich denke, dies könnte oder besser sollte ein “Riese” wie die BILD und das dahinter stehende Imperium SPRINGER – Verlag durchgehen lassen können. Wohlgemerkt griff sie nicht namentlich einen Redakteur oder Journalisten persönlich an, sondern beschränkte sich auf das, was man als Institution bezeichnen könnte. Da gab es in der jüngeren Vergangenheit, z.B. aus der Rapper und Rocker Szene ganz andere Aktionen, in der die menschliche Größe bzw. der gezeigte Gleichmut der unmittelbar und individuell betroffenen Redaktionsmitglieder der BILD und BZ bemerkenswert positiv ausfiel.

Für mich ist dies stets ein wichtiger Aspekt. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob ich mich dagegen stelle, was z.B. die BILD an sich darstellt und was sie in der Gesellschaft bedient, oder ich die konkrete Auseinandersetzung mit einer/m Mitarbeiter suche. In diesem Zusammenhang fand ich die bei Streaming Diensten veröffentlichte Reportage über die BILD Redaktion recht aufschlussreich. Dort offenbarten sich wahrlich sehr interessante Charaktere, mit denen eine persönliche Auseinandersetzung bestimmt spannend verliefe. Nun, jeder muss für sich alleine entscheiden, wie viel das eigene Gewissen wert ist oder ob so etwas überhaupt Platz in der eigenen Weltanschauung hat.

Im konkreten Fall reagierte die Redaktion (Wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet) zum einen kleinlich und bockig, zum anderen mit breiter Publikation der verfassten Tweets und dem dazugehörigen ACC – Bild, allerdings mit Schwärzung des Namens. Eine eher zu vernachlässigende Maßnahme, da jeder mit dem Bild und wenigen Klicks fündig wird. Und wie i.d.R. der seitens der BILD bediente Mob reagiert ist hinreichend bekannt. Die Intention ist klar erkenntlich: Der kleinen Beamtin zeigen wir mal, wo der Hammer hängt. Passend wird im Artikel süffisant auf das Mäßigungsgebot aus dem Beamtenrecht hingewiesen.

Mir fällt es immer schwer, die BILD als einen echten Bestandteil der Presse bzw. Journalismus zu sehen. Für mich geht es dort mehr um eine Dienstleistung. Der Hunger des Pöbels nach Blut, Empörung, Sperma, Tragödie, Leid der anderen, Mord, Glamour, Totschlag und Spektakel will gestillt werden. Mit Informationen über das lokale und überregionale Weltgeschehen, welche Bürgern die Möglichkeit gibt, die in der Demokratie geforderten Eigenschaften, informiert, mündig, verständig, zu entwickeln, hat dies nichts zu tun. Fairerweise muss ich aus meiner Position heraus zugestehen, dass dieses in den wenigsten deutschen Publikationen stattfindet, da es weniger um Hintergründe geht, sondern eher um ein Aktivieren der Neugierde, mit der Klicks provoziert werden, die sich dann in Geld verwandeln.

Aus diesem Grund scheint die Beamtin die Nerven verloren zu haben. Ihrer Anschauung nach, ist es verwerflich mit der Not und dem Elend der von der Katastrophe Betroffenen Geld zu verdienen. Dies finde ich nachvollziehbar oder wenigstens eine Position, die man akzeptieren kann. Im persönlichen Gespräch würde ich vermutlich fragen, wo sie die Grenzen zieht. Nichts anderes praktizieren aktuell die Spitzen einiger Parteien, denn politischer Machtgewinn geht mit erheblichen Geldzuwendungen einher.

Die Überschrift lautet: BILD – neue Grenzziehungen? Die angesprochenen Themen oder besser Niederungen des menschlichen Wesens auszuschlachten ist eins, kleine Leute, die derzeit alles geben, um die Krise zu managen, an den Pranger zu stellen, nachhaltig zu schädigen und persönlich anzugehen, ist nochmals eine andere Nummer. Die BILD Redaktion scheint sich, parallel zum propagandistisch nach US – amerikanischer Machart geführten Wahlkampf, den dort bereits länger bestehenden Plattformen anzupassen. In einer Dokumentation über die weltweit agierenden PR Agenturen fand ich eine Aussage besonders interessant. Russische Akteure schilderten, dass sie zeitweilig noch härter, brutaler und grenzenloser agierten, wie die amerikanischen Kollegen. Doch irgendwann kam es zu einer stillen Übereinkunft. Sie erkannten, dass irgendwo Grenzen gezogen werden müssen, weil sie sich sonst eines Tages selbst “zerlegen”.

Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, einhergehend mit der Digitalisierung, sind erschreckend und lassen bei fortschreitendem Verlauf nichts Gutes für die Zukunft annehmen. Die in den Auseinandersetzungen verwendete Sprache wird immer mehr auf Spin – Begriffe reduziert und verhindert so eine differenzierte Bearbeitung der Gesellschaftsthemen. Politische Informationen werden wie Burger von Fastfood Ketten unters Volk gebracht. Die Distanz, Analyse und Meta – Ebene des Journalismus muss mit viel Aufwand gesucht werden. Feindbilder, Polarisierungen, billigster Populismus, Desinformation, von PR Agenturen belieferter Journalismus, ist längst der Standard.

Die Folge ist, dass sich Teile der Bevölkerung immer mehr zu einem gelenkten Mob entwickeln. Und an dieser Stelle ist die BILD ganz vorn mit dabei. Die Eigenschaften, welche den Deutschen bereits mehrfach Probleme bereiteten, werden gezielt getriggert. Da braucht es nur noch die politischen Führer, die sich geschickt dieser erzeugten Atmosphäre bedienen. Die USA sind für uns, die Deutschen, eine Zeitmaschine. Aber die USA haben nochmals eine andere Geschichte und gesellschaftliche Regeln. Wohin sich bei uns ein Trump, Foxnews, Breitbart entwickeln könnten, möchte ich nicht erleben.

Vielleicht trügt mich meine Erinnerung. Die BILD hat sich schon immer damit hervorgetan, Existenzen zu vernichten, Menschen ihrer Würde zu berauben und Teile der Bevölkerung aufzuhetzen. Selbst die Entwicklung von Attentätern basierte auf der Hetze gegen Kritiker der herrschenden Verhältnisse. Aber nunmehr leben wir im digitalisierten Zeitalter und die Folgen sind nochmals weitreichender. Eins ist bei der BILD hilfreich – mit wenig Anstrengung des Intellekts kommt man ihr auf die Spur. Bei den anderen Publikationen, die sehr unterschwellig die seitens der PR Agenturen gewünschten Botschaften und Anschauungen implementieren, ist das schwieriger zu durchschauen.

Politisch betrachtet ist der konkrete Artikel eher kontraproduktiv zur Ausrichtung des SPRINGER Verlags, weil die Behörde der favorisierten Partei zuzurechnen ist. Es geht eher um das Bedienen von Ressentiments ggü. von Beamten und eine, wie bereits angeführt, bockig beleidigte Reaktion, die wahrscheinlich von einem Narzissten in der Redaktion ausgeht. Aber vielleicht denke ich nicht weit genug. Gambit! Das Opfern eines Bauern um das Schachspiel zu gewinnen. Immerhin erzeugt die BILD das Bild, die Vertretung des einfachen Zeitgenossen gegen die böse Staatsmacht, hier vertreten von einer alimentierten Beamtin, zu sein, um dann an anderer Stelle passenden Support für die klassischen Auftraggeber, aus der Union, Arbeitgeber – Lager und restlichen Konservativen, zu leisten.

Bezüglich früher und heute lasse ich mich gern vom Gegenteil überzeugen. In meinem Alter kennt man die Enthüllungen von Günter Wallraff und auch noch die Geschichte des Attentats auf Rudi Dutschke. Vielleicht bin ich sensibler geworden. Ich will auch nicht ausschließen, dass ich das Opfer der Social Media bin und mir die Spaltung der Gesellschaft, bzw. das Anwachsen des Milieus, welches sich früher auf Eckkneipen und billige Curry – Wurst – Buden mit dem örtlichen Trinkermilieu beschränkte, mehr auffällt. Mit Sicherheit ist da etwas dran. Früher stand man im Zeitungsladen und fragte sich, wer all die Magazine, BUNTE, Frau im Spiegel, Revue, St. Pauli Nachrichten, der Landser und die BILD kauft. Heute bekommen sie über die Kommentare unter Beiträgen auf den Plattformen ein Gesicht und das Ausmaß der geistigen Degeneration schockiert einen trotz diverser Jahre Arbeit auf der Straße.

Ich weiß es nicht. Möglicherweise konsterniert mich auch mehr der Umstand, dass Leute, die durchaus über ein gewisses geistiges Potenzial verfügen müssen, sich bei der BILD für diesen Job hergeben. Wahrscheinlich muss ich noch mehr lernen die bösartige Seite der Intelligenz zu akzeptieren. Das geht ein wenig in die Richtung einer Geschichte, die mir mal ein Bekannter erzählte. Er hatte ein Gespräch mit einer Botschaftsmitarbeiterin der Israelis. Die Frau fragte ihn, warum Deutschland so wenig gegen den mangelnden Bildungsstand unternähme, der ursächlich für rechtsradikale Tendenzen in Deutschland wäre. Er antwortete: “Weil sie und wir sehr schlechte Erfahrungen mit intelligenten Rechten gemacht haben?” Das passiert mir häufiger, dass ich unbewusst Intelligenz mit Empathie und Weisheit verbinde. Ich sollte es besser wissen. Gerade intelligente Menschen neigen zu Hybris, Verschlagenheit und fiesen Charakterzügen, während sich wahre Einfachheit und Gelassenheit oftmals durch Güte, Verständnis, Empathie und Aufrichtigkeit auszeichnet. Insofern will ich Pöbel auch nicht falsch verstanden wissen. Die Bezeichnung bezieht sich bei mir nicht auf die geistige Leistungsfähigkeit, sondern auf eine aus Leuten bestehende Meute, die ethisch fragliche Persönlichkeits – und Sozialisationsmerkmale aufweisen.

Ich halte es für keine gute Idee aus einer Redaktion heraus den Pöbel aufzustacheln. Wenn ich nicht bereit bin bei denen mitzumachen und nur an ihnen Geld verdienen will, habe ich wenig Garantieren, nicht eines Tages Opfer zu werden. Und wie gering die Nehmerqualitäten von Redaktionsmitgliedern der BILD sind, hat Julian Reichelt demonstriert, der recht weinerlich den Umgang mit seiner Person bemängelte. Ein altes Problem, das Milieu, welches ich um mich herum erzeuge, macht vor mir selbst nicht halt.

Sicherheit für den Chef … die Ohren

Lesedauer 9 Minuten

Immer  wieder gern höre ich den Podcast der beiden Reporter Axel Lier und Peter Rossberg. Für jemanden der an sicherheitspolitischen Fragen in Berlin interessiert ist, ein empfehlenswertes Format. Vorweg muss ich sagen, dass ich der BILD und B.Z. weiterhin voller Skepsis gegenüberstehe. Aber die beiden diskutieren oft mit viel Hintergrundwissen und sind nicht immer auf einer Linie. Das ist spannend und macht Spaß. Im aktuellen Beitrag luden sie sich ihren «Chef» Julian Reichelt in die Sendung ein.

Warum sie dies taten, erschloss sich mir nicht. Insgesamt wurde es ein fast einstündiger Ritt durch alle möglichen Themen. Organisierte Kriminalität in Verbindung mit den Clans, G20, journalistische Ethik, Ausrichtung der BILD, Sicherheitspolitik in Berlin, Fußball, Hooligans, Polizeigewalt, der tödliche Verkehrsunfall mit Beteiligung eines Polizisten, Grundrente und persönliche Statements.

Vor dem nachstehenden Text möchte ich eins klar und deutlich herausstellen. Manche teilten meine Beiträge zu den nachstehenden Themen mit dem Hinweis auf eine bei mir gezeigte Neutralität. Das mag gut gemeint sein, aber sie besteht nicht. Ich bin befangen! Allein der Umstand, dass ich mich selbst in der einen oder anderen Lage befand, verhindert dies. Wenn Journalisten in ihren Artikeln darauf hinweisen, dass man einem Polizisten bei über 90 Kilometern in der Stunde eine bedingte Tötungsabsicht unterstellen kann, fühle ich mich im Nachgang dessen Beschuldigt. Ich habe zigfach im Dienst über diesem Wert gelegen und ich stehe dazu. Heute würde ich es nicht mehr tun. Doch Entscheidungen sind an dem Kenntnisstand und der Situation vor dem Ereignis zu messen. Danach sind wir alle schlauer. Wer bei mir im BLOG Neutralität erwartet, wird enttäuscht werden. Abstand? Ja, den kann man von mir erwarten.


Suff – Cop – sie können es nicht lassen …

Ich blieb bei Minute 24:32 gekennzeichnet mit dem Begriff «Suff – Cop» hängen. Ich schrieb hierzu bereits etwas in meinem BLOG. Mein erster Gedanke war: Sie können es nicht lassen. Boulevardpresse hin oder her, es gibt für mich keinerlei Rechtfertigung für die Prägung dieses Schlagworts und die Herstellung einer Verbindung zu einem Menschen. Seitens Axel Lier wurde kritisch hinterfragt, inwiefern die hauptsächlich aus Polizeikreisen geäußerte Kritik am Umgang mit dem Thema gerechtfertigt sei.

Herr Reichelt offenbart bei diesem Thema einiges über seine Denkweise. Der betreffende Polizist habe sich in den Social Media in einer « … nicht gerade rechtsstaatlich anmutender Form präsentiert.» Hieraus leitet er die Zulässigkeit eines Verdachts bezüglich einer durch nichts belegten alkoholisierten Einsatzfahrt ab. Danach schwenkt er um.

Es gehe ihm weniger um die Person, denn mehr um die aufwendige und die raffinierte Vertuschung seitens der Polizei.

Die Fakten sehen wie folgt aus. Der Polizist postete diverse provokante Schwarz/Weiß Fotografien von sich und anderen. Unter anderen eins, bei dem er sich eine Waffe an den Kopf hält. Warum? Nun, dahinter steckte schlicht ein künstlerischer Anspruch, ausgerichtet auf eine spezielle Szene, die solche Fotografien mögen und damit ihrer Lebensart Ausdruck verleihen. Das Werk eines Künstlers völlig isoliert zu betrachten ist ein gewagtes Unterfangen. Das Motiv ist nicht einmal besonders originell. Es gibt diese Pose von vielen Berühmtheiten. Vom Regisseur Quentin Tarantino sogar als Poster.

Ich wollte ursprünglich als Titelbild für diesen Beitrag ein entsprechendes Bild nehmen. Leider kosten die zahlreichen Bilder eine Menge Geld – so viel dazu!

Menschen geben bei Aussagen immer eine Auskunft über sich selbst.

So wie es aussieht, besteht im Bewusstsein von Herrn Reichelt die Verknüpfung: Schräg aussehender Mann, tätowiert, ambitionierter Hobby Fotograf für die Metal – Szene, unverantwortliche Lebensweise, Alkohol, betrunkener Autofahrer. Auf keinen Fall darf so einer, Polizist sein. Bundesweit hätten damit diverse Fahndungsgruppen, SEK und MEK Einheiten ein Personalproblem. Denn dort sehen aus Gründen viele so aus.

Rechtsstaatlichkeit ist für Herrn Reichelt auf einem Foto erkennbar. Gut, wenn einer auf einer Demonstration den Hitler – Gruß zeigt, stimme ich ihm zu. Aber von sich ein Foto machen zu lassen, in dem man sich symbolisch eine Waffe an den Kopf hält, ist allgemein nicht verboten. Der Aufnahmeort könnte interessant werden, wenn es sich um eine in Deutschland verbotene Waffe handelt. Ist die Aufnahme beispielsweise in den USA entstanden, gäbe es nicht einmal bei einer hier verbotenen Waffe eine Beanstandung.

In seinen Ausführungen unterstellt er den ermittelnden Polizisten eine Vertuschungsabsicht, die er auch noch als raffiniert bezeichnet.

De facto wurde von den Verletzten am Ort des Geschehens keine Blutprobe nach forensischen Kriterien und Bedingungen genommen. Diese erfolgte erst im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung. Ab hier wird es undurchsichtig. Auf diversen Internetseiten wird darauf hingewiesen, was dabei alles schief gehen kann. Meiner Kenntnis nach, weiß bisher auch noch niemand, mit welcher Motivation der festgestellte Blutwert das Krankenhaus, entgegengesetzt der ärztlichen Schweigepflicht, verließ. Es gibt wenig öffentlich Bekanntes, woran sich ein konkreter Verdacht festmachen lassen könnte. Außer, dass man einem solchen Typen alles zu traut. Die BILD! Zeitung des nach Sensation heischenden kleinen Bürgers.

Herr Rossberg ging ebenfalls auf die aus der Berichterstattung hervorgegangene Kontroverse ein.

Dabei wies er auf die massive Kritik – u.a. von mir – an der Form der Darstellung hin. Ich vermeide bewusst das Wort Bericht. Spätestens mit der Verwendung des Begriffs «Suff – Cop» hat jeder Text nicht mehr diesen Anspruch verloren, und landet in der Schublade “Schmierfink”.

Er empfand die Kritik einiger, als Scheinheiligkeit, weil der Tod der jungen Frau in den Hintergrund geriet. Die Logik erschließt sich mir nicht. Es geht meiner Auffassung nach um mehrere scharf voneinander abzugrenzende Sachverhalte.

Da wäre die Fragestellung bezüglich der Sinnhaftigkeit von Einsatzfahrten mit überhöhter Geschwindigkeit (hierzu habe ich mich vom Saulus zum Paulus entwickelt!), der damit in Verbindung stehenden Risikobewertung und die sich anschließenden ethischen Betrachtungen.
Dann steht die Verfahrensweise an Unfallorten mit Beteiligung von Polizisten zur Diskussion. Das ist richtig und vollkommen zulässig. Und ganz am Ende kommt für mich die Frage: Wie weit die Boulevardpresse im Umgang mit einem Menschen gehen darf. Nicht rechtlich, sondern unter ethischen Gesichtspunkten. Rechtlich nahezu unendlich, wenn man sich nicht an den selbst gegebenen Pressekodex hält oder in Straftaten abgleitet.

Was hat zum Beispiel das Verhalten des Unfallfahrers bei einer dienstlichen Einsatzfahrt mit seinen Veröffentlichungen in den Social Media zu tun? Nüchtern gesehen: Gar nichts! Die Recherchen ergeben keinerlei Sinn, es sei denn, ich will den Mann in zweifacher Hinsicht diskreditieren, nämlich als Mensch und in seiner Funktion Polizist.

Herr Reichelt sagt dazu, dass die BILD eine Story an der Person entlang erzählt.

OK! Auch wenn es nicht meinem Geschmack entspricht, lasse ich mich darauf ein. Zur Person gehört für mich auch, dass da einer ist, der jahrzehntelang seinen Dienst bei der Polizei geleistet hat. Wo er das tat, wurde nicht berichtet. Ich weiß es mittlerweile, werde es aber nicht preisgeben. Für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein, brennt sich gerade bei Polizisten tief in die Seele.
Wurde hierzu etwas erwähnt? Nein! Gab es einen Bericht über die Gefahren und Risiken von Einsatzfahrten in einer Großstadt? Wurden hierzu die stets in Artikeln erwähnten «gut unterrichteten Quellen» befragt? Nein!
Ich unterhielt mich mit einem Journalisten. Seine ersten Worte waren: «Das er viel zu schnell war, steht völlig außer Frage!» OK! Mag sein! Besonders vor dem Hintergrund des Unfalls. Doch sonderlich ungewöhnlich war die Geschwindigkeit nicht. Die wird in der Stadt häufiger gefahren besonders von Zivileinheiten. Dem Erzählen nach, nicht mehr ganz so verrückt, wie ich es erlebte, aber es reicht.

Ja, dies kann kontrovers diskutiert werden. Da gibt es das Ereignis, wo der Polizist hinfährt, es besteht ein Risiko für einen oder mehrere Unbeteiligte/n, den Streifenpartner und sich selbst, und den Anspruch der bevölkerung, an die Polizei. Ich habe in meinem BLOG keinen Hehl daraus gemacht, dass ich beschlossen habe, die Fragen des Lebens buddhistisch anzugehen. Heute ergibt sich für mich ein Ursache – und Wirkungsprinzip. Wofür auch immer ich mich entscheide, es wird nicht ohne Wirkung bleiben. Wäre ich noch im Dienst, würde ich mich 2019 für eine langsame Anfahrt entscheiden. Was da am Ereignisort stattfindet ist nicht meine Saat und ich werde sie nicht zu meiner machen. Von 1992 – 2017 dachte ich darüber anders. Ich ersah aus meiner Mitgliedschaft in einem Mobilen Einsatzkommandos eine Pflicht, schneller, professioneller und risikofreudiger zu fahren, denn es eine “normale” Streifenwagenbesatzung” tun würde. Frei nach dem von einem ehemaligen Leiter des MEK Berlin formulierten Mottos: Wo MEK drauf steht … ist auch MEK drin!”

Scheinheiligkeit! Das trifft für mich auf Leute zu, die mit dem Finger auf andere zeigen und selbst nicht besser sind. Ich wünsche niemanden etwas Schlechtes, aber bekanntermaßen werden wir gerichtet, wie wir andere richten. (Das nennt sich christliche Leitkultur!)

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden.

Matthäus 7,1-5

Ein junger Mensch ist gestorben, für andere geht das Leben irgendwie weiter. Für mich gibt es da einen eklatanten Unterschied zwischen einem vorsätzlichen Töten und einem Unfall. Es würde für mich sogar einen Unterschied machen, ob jemanden einen Angehörigen von mir vorsätzlich tötet oder alles eine Folge eines Unfalls war. An einem Unfall kommt keiner vorbei. Jeden Tag sterben Menschen. Doch sie sind nicht mehr da.

Wie gehen wir mit den Überlebenden um?

Man muss einen Menschen nicht physisch töten, um ihn zu zerstören. Das geht auch anders. Nicht ohne Grund ist in vielen Kulturen der Suizid das Mittel der Wahl, um der Schande zu entgehen. Ist es das, was die an der Berichterstattung beteiligten Journalisten, besonders die Urheber von «Suff – Cop», erreichen wollen? Will die bürgerliche Gesellschaft dieses? Will ich das?

Wenn ich am Straßenrand stehe und ein Polizeiwagen mit Blaulicht an mir vorbeifährt, denke ich mir mittlerweile: «Wisst ihr, was ihr da tut?» Aus meinen zurückliegenden Zweifeln ist Gewissheit geworden. Das Risiko ist es nicht wert. Am Ende werden möglicherweise zwei Menschenleben zerstört. Das Fremde und das Eigene. Egal was am Einsatzort stattfindet, es befindet sich in der Verantwortung eines Täters. Am Ende bist Du, der Polizist, immer der Dumme. Bisweilen kommt es mir vor, als wenn der Umstand, dass eine Tat nicht verhindert wurde, schwerwiegender ist, denn die Tat selbst. Aber aus der Nummer kommt man psychologisch noch heraus. Da kann man sich als Betroffener an den Kopf fassen und sich sagen, dass manche Teile der Gesellschaft den Knall nicht gehört haben. Bei einem selbst verursachten tödlichen Unfall sieht das anders aus.

Kürzlich diskutierte ich das Thema mit einem ehemaligen Kollegen. Er sagte, was ich selbst jahrelang predigte. Wenn Du hier bist, musst Du das Risiko in Kauf nehmen. Sie machen Dich fertig, wenns schief geht. Aber darauf darfst Du nichts geben. Machst Du Dich davon abhängig, was bestimmte Teile der gesellschaft von Dir wollen, kannst Du gehen. OK … das war gestern und ein anderes Leben. Mir ist aber bewusst, dass Menschen mit der Sozialisation eines Journalisten nichts davon wissen können. Ich drücke es mal sehr polemisch aus … mit den bösen Jungs abhängen, macht einen noch nicht zum Bullen – dazu gehört mehr.

Die BILD wirkt der Radikalisierung der Bürger entgegen.

Ich blieb beim Zuhören noch bei einem weiteren Thema hängen. Herr Reichelt formulierte im Sendebeitrag eine steile These. Die Berichterstattung, wie sie seitens der BILD praktiziert wird, vermittelt den Bürgern das Gefühl nicht allein gelassen zu werden, weil es immerhin noch die Presse gibt, welche Missstände aufzeigt. Ei oder Huhn? Diese Frage schoss mir sofort durch den Kopf. Bei dem Ritt durch die Themen, fielen auch die Stichworte «Kotti», «Organisierte Kriminalität» und «Clans».

Die «Organisierte Kriminalität» besteht wahrlich aus weit mehr, denn nur aus den Clans. Ohne harte Zahlen benennen zu können, gehe ich persönlich davon aus, dass die nicht einmal die größten Umsätze machen. Aber sie sind sichtbar und laut, womit sie das viel zitierte subjektive Sicherheitsbedürfnis des Bürgers beeinträchtigen. Damit haben sie im Lauf der Jahre erst den russischen und vornehmlich aus Serbien stammenden Banden, später den Rumänen, Bulgaren und Vietnamesen, den Rang abgelaufen. Andere Gruppen, wie die Italiener oder andere Asiaten, hielten sich schon immer traditionell im Hintergrund. Hierüber wird selten im Boulevard berichtet. Der Fokus liegt beim für jedermann Sichtbaren. Ein Missstand? Ich denke schon.
Die Berichterstattung in Bezug auf terroristische Aktivitäten sind seitens der BILD/ B.Z. in der Regel auch nicht wirklich tiefgreifend, sondern eher hysterisch. Man könnte auch sagen, dass die Sicherheitsbehörden von der Boulevardpresse vor sich her getrieben werden. Immerhin geht es um Wähler und Macht. Beides möchte man ungern verlieren.

«Kotti» und der meistens damit in Verbindung genannte «Görli» sind ein Paradebeispiel für das Bedienen der kochenden Volksseele. Beide Gebiete stehen in einem engen Zusammenhang mit der Drogen – und Sozialpolitik. Es werden keine Lösungen dafür gesucht, sondern es wird in andere Stadtbereiche verdrängt. So lange, bis beides aus der Sicht des Bürgers verschwunden ist und sich endlich dort sammelt, wo es hingehört: In die Siedlungen am Stadtrand. Was in Paris und Marseille funktioniert hat, muss doch in Berlin auch möglich sein.

Alle die verzweifelt auf der Suche nach Alternativen sind, werden vom Springer Verlag hart angegangen. Berlin – West war einst die Hochburg des Heroin Konsums. Dies ist nicht mehr der Fall. Das liegt aber nicht an der Polizei oder gar der Politik, sondern an einer Veränderung der Drogenszene.

Es gehört zu den Eigenarten des Menschen, dass er sich erstens auf das bewegliche Sichtbare stürzt und vom Gesehenen auf das Allgemeine schließt. BILD/B.Z. sind moderne Moritaten – Sänger. Damit erfüllen sie eine alte gesellschaftliche Funktion. Vom Hause Springer aus, ging damit schon immer die Einflussnahme auf die Politik zur Unterstützung des unteren Bereichs des Bürgertums, einher. Die wollen in der U – Bahn nicht lesen, inwieweit die Immobilienbranche in die OK eingeflochten ist.

Sie wollen auch nichts von komplizierten Geldwäschegeschäften, der in Wilmersdorf und Charlottenburg ansässigen russischen Gruppen wissen. Ein italienischer Mafiosi hat schwarze schmalzige Haare, eine Lupara im Auto und spricht schlechtes Deutsch. Shisha Bars, dicke Autos, sich beknackt aufführende «libanesische Kurden (es sind keine!)», schwarze Männer, die Drogen an Kinder verkaufen, besoffene Polizisten und zottelbärtige Terroristen machen da einfach mehr her. Ebenso interessieren sie nicht taktische Geplänkel zwischen Innensenator Geisel und anderen Senatorinnen. Sie wollen sich darüber empören und die BILD liefert das passende Material. Hohe Bälle annehmen und flach abspielen ist nicht ihre Spielart.

Das soll auch alles sein – aber sich zum Bewahrer vor der Radikalisierung aufzuschwingen – halte ich für gewagt. Dies sollte man eher den investigativen Journalisten überlassen. Ab und wann holt man Herrn Schupelius von der Currywurstbude weg und der schreibt, was der Mann von der Straße denkt und gut ist. So sehr ich auch manch einen Artikel in der B.Z. bezüglich der kriminellen Vorgänge in Berlin schätze, Herr Reichelt hat mich erneut in Sachen SPRINGER ent/täuscht. Anders gesagt: Die Täuschung ist zu Gunsten einer klaren Sicht, entschwunden.

Herr Reichelt lieferte Dank guter Fragen noch einen kleinen Gaumenschmaus. Die beiden fragten ihn nach seiner Meinung zu Pyrotechnik in Fussballstadien. Bei der Antwort zierte und drehte er sich. Am Ende kam bei heraus: Die Stimmung ist schon geil … Ja, da war wieder das Spiel mit den bösen Jungs. Kaum war er fertig, warf er den Außenborder an und ging in den Rückwärtsgang. So habe ich diesen Typ Mensch immer kennengelernt.

Die Pflicht füreinander da zu sein …

Lesedauer 10 Minuten

Bevor ich auf die Ursachen eines Verhalten, welches als Corps – Geist, bezeichnet wird, eingehe, möchte ich aus meiner Perspektive ein paar Sachen zum Thema Pflichten loswerden:

Seit ich darauf achte, fällt mir in Unterhaltungen ein stets wiederkehrendes Denkmuster auf. Meine Gesprächspartner gehen davon aus, dass ich etwas tun müsste, und meistens nicht deshalb, weil sie das so festgelegt haben, sondern weil man es tut. Die gute alte rhetorische Antwort: «Wer ist man? Und ich muss gar nichts, außer meine Notdurft verrichten.», betrachte ich als durchgehend bekannt.

Aber keiner hält sich daran. Offensichtlich werde ich ungefragt in ein komplexes Pflichtsystem eingebunden. Nach deren Auffassung gehört es zum Beispiel zu meinen Pflichten auf meine Gesundheit zu achten, Drogen zu meiden, nicht übermäßig Alkohol zu mir zu nehmen, auf andere einzugehen, mir einen Lebenspartner zu suchen, Freundschaften zu pflegen. Ich soll alles dafür tun, dass ich lange lebe, und darf diesem Leben nicht ungefragt ein Ende setzen. Mir wird gesagt, dass ich Ordnung zu halten habe und meinem Leben eine Struktur geben muss. Kaum begann ich mit dem Schreiben, hieß es, ich dürfte nicht belehren, ich müsste offen bleiben und den Menschen Gedankenanregungen geben. Diese Auflistung ist nicht abschließend. Beim längeren Nachdenken würden mir vermutlich noch einige mehr einfallen.

Die Sache mit der Pflichterfüllung, kenne noch von wo ganz anders her. Aus diesem Grund bin ich da ausgesprochen sensibel.

OK! Was hat es mit diesen Pflichten auf sich?

Pflichten können freiwillig übernommen werden, sie können aus moralischen oder ethischen Gründen erwachsen oder per Gesetz bestimmt werden. Ich habe mal bei WIKIPEDIA nachgelesen. Dort steht zum Thema Pflichten, die sich aus ethischer Sicht ergeben:

«Die philosophische Lehre von den Pflichten heißt Deontologie (von altgriechisch το δέον ‚das Erforderliche, die Pflicht‘ und λόγος ‚Lehre‘, also ,Pflichtenlehre‘), ein Begriff, der um 1930 durch den britischen Philosophen C. D. Broad näher definiert und der teleologischen Ethik gegenübergestellt wurde. Das Grundprinzip der Deontologie ist die Berufung auf die Motivation für eine Handlung. Es folgt die Prüfung, ob Motivation und Handlung mit einem Wertmaßstab, den jeder vernünftige Mensch einsehen kann, vereinbar sind oder nicht. Das Begründungsverfahren lässt nur die Attribute „gut“ oder „schlecht“ zu.»


Seite „Pflicht“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Januar 2019, 03:04 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pflicht&oldid=184830043 (Abgerufen: 20. Februar 2019, 02:57 UTC)

Oha! Dachte ich beim Lesen spontan. Ich habe noch nie in meinem Leben einen durchgehend vernünftigen Menschen kennengelernt. Und was soll dieser Wertmaßstab sein?

Aber meine Gedanken schweiften noch weiter ab. Ich habe im Leben verschiedene Werte in unterschiedlichen Gruppen kennengelernt. Es stimmt, dass daraus Pflichten hervorgingen. Dazu gehörte zum Beispiel die absolute Offenheit und Ehrlichkeit innerhalb eines Einsatzteams. Gleichermaßen geziemte es sich nicht, dass Teammitglieder gegenseitig verpfeifen, und schon gar nicht nach «oben» gehen, bevor sie nicht untereinander gesprochen haben. Andere Pflichten ergaben sich aus der Notwendigkeit, mit Fehlern umzugehen. Sie kommen bei jedem vor. Wichtig ist, sie einzugestehen, damit er nicht wiederholt werden muss und Fehlerquellen künftig wenigstens minimiert werden können. Das kann nur funktionieren, wenn einem Menschen die Option gegeben wird, aus der Situation wieder heraus zu kommen.

Zeitweilig arbeitete ich einem Bereich, in dem es die Regel gab: Fehler passieren, sie kosten Dich eine Runde für alle und nachdem Du bezahlt hast, darf darüber nicht mehr gesprochen werden. Wenn einer bei einem Fehler übelste Repressalien, Verlust der Arbeit, oder die Vernichtung seines Ansehens zu befürchten hat, wird er nicht auf die Idee kommen, den Fehler einzugestehen.

Es bedarf also einer Fehlerkultur, die die Unvernunft und die Fehlbarkeit des Menschen berücksichtigt, die daraus resultierenden Fehler als menschlich erachtet, und damit ein Eingeständnis ermöglicht. Jeder, der in diesem Team arbeitet, muss sich zwingend dieser Kultur gegenüber verpflichtet sehen, sonst funktioniert sie nicht.

Zum Thema gehört auch Kritik an einem Verhalten. Zum Beispiel setzen sich Mitglieder eines Teams zusammen und bewerten rückblickend ihre Arbeit. Ist ein gewünschtes angestrebtes Ziel nicht erreicht worden, muss herausgefunden werden, wie es dazu kam. Meistens wurde eine Entscheidung getroffen, die sich im nach hinein, als ineffektiv oder nicht zielführend erwies. In der Regel wird dies kurz unter Fehler einsortiert.

Wird offen darüber gesprochen, kann ermittelt werden, ob der Entscheidungsprozess optimiert werden kann oder Maßnahmen notwendig sind. Dabei gilt die Grundregel: Eine Entscheidung muss immer nach dem Wissensstand vor und nicht danach bewertet werden.

Bei diesen Gesprächen muss darauf geachtet werden, dass die Kritik positiv und nicht mit ausgestreckten Zeigefinger geübt wird.

«Ich fand gut, wie sehr Du Dich engagiert hast. Hast Du einen Vorschlag, wie wir ein wenig den Druck herausnehmen können, damit Du nicht mehr in der Not bist, überschnell handeln zu müssen?»

So arbeiten Profis, die sich an Zielen orientieren. Sie wissen auch, dass Vergangenes unabänderlich ist und nur noch für eine Auswertung taugt.

Um all dies leisten zu können, muss untereinander Vertrauen bestehen. Jedes einzelne Teammitglied muss sich darauf verlassen können, dass gemeinsam akzeptierte Ziele existieren, jeder an einer Umsetzung interessiert ist und sich im Rahmen seiner Möglichkeit dafür einsetzt bzw. bereit ist, dafür Leistungen zu erbringen.
Bei Teams, die sich in Bereichen bewegen, in denen die Teammitglieder bei ihren Aufgaben in Lebensgefahr geraten können, besteht ein besonderes Vertrauensbedürfnis. Im Idealfall weiß ich bei meinen Teampartnern von ihrem privaten Gemütszustand, ihren Problemen, ihren Bedürfnissen, Krankheiten u.s.w. Arbeitnehmern aus anderen Arbeitsbereichen erscheint dies oftmals befremdlich, da ihnen dies zu weit in das Privatleben hineinreicht. Aus diesem Vertrauen bildet sich etwas, was allgemein Kameradschaft genannt wird.

Innerhalb dieser werden auch die zum Teil traumatischen Erlebnisse miteinander verarbeitet. Mal besser, mal schlechter. Jedes Team entwickelt dabei interne Strategien.

In seinen Grundanlagen hat der Mensch ein internes uraltes Gefahrenprogramm. Erkennt er eine Lebensgefahr, rennt er entweder weg oder versteckt sich vor dem Angreifer. Eine weitere Option ist das sich Totstellen. Fällt der Angreifer nicht darauf rein und der Atem des angreifenden Raubtieres ist riechbar, geht er entweder zum Angriff über oder sucht nach Fluchtoptionen.

Keine dieser Verhaltensweisen ist bei Soldaten, Feuerwehrleuten oder Polizisten wünschenswert. Von ihnen wird die genau entgegengesetzte Verhaltensweise erwartet. Das verändert die Persönlichkeit nachhaltig.

Kommt es dann noch zu einer realen unmittelbaren Lebensgefährdung für sich selbst oder einen anderen, wird es besonders arg. Hinzu kommen Situationen, in denen diesen Berufsgruppen über Jahrzehnte die Endlichkeit des Menschen, nämlich von einer Sekunde zur nächsten an einem unerwarteten Zeitpunkt und Ort, vor Augen geführt wird.

Folgen, sind eine von der gesellschaftlichen Norm abweichende Lebensweise, die Versetzung innerer Grenzverläufe, eine erhöhte Risikobereitschaft und Stresserkrankungen mit Grenzverläufen ist die Beurteilung von belastenden Situationen gemeint. Was für einen mit solchen Situationen nicht konfrontierten Menschen bereits als eine emotional belastende Situation eingestuft wird, erfährt bei diesen Berufsgruppen eine vollkommen andere Bewertung. Es muss sehr viel passieren, bis die sagen: «Stopp, das ist zuviel!» Parallel werden Ereignisse mittels Sprache, Banalisierung, Verniedlichung, Sarkasmus heruntergestuft.
«Schweine erkennen sich am Gang.» Einsatzbeamte, Soldaten und Feuerwehrleute erkennen sich schnell am Habitus und finden zusammen. Auch das entspricht dem menschlichen Verhalten. Gegenüber Menschen, die mit alledem nichts anfangen können, eher befremdet reagieren, wird ein gegenseitiger Schutz aufgebaut.

Im zurückliegenden Fall des Unfallfahrers Peter G. wurde sein Dank an die Solidarität kritisiert. Ich fragte mich, wie unmenschlich die Zeiten geworden sind. Niemand hat sich in die Lage versetzt. Du sitzt zu Hause und bist am Tod eines Menschen beteiligt gewesen. Allein … verdammt alleine. Und dann meldet sich vielleicht einer bei Dir: “Alter mach keinen Quatsch! Wir stehen zu Dir. Keiner von uns weiß, dass ihm das nicht auch passieren könnte!” Aber warum sollte jemand darüber nachdenken? Er ist ja nur ein abgefuckter Cop. Das dieses Denken verbreitet ist, weiß jeder in diesem Job. Auch dafür ist das Auffangnetz da.

Niemand hat Dir jemals beigebracht, wie Du damit umgehen sollst. Also gehst Du erstmal den Weg nach vorn. Über dreißig Jahre lang hast Du den Kopf hingehalten und eine Millisekunde mit furchtbaren Folgen macht alles kaputt. Es muss einen Sinn gehabt haben – aber wen außerhalb des Teams interessiert das schon?

Leute, die in ihrem Leben immer alles auf die sichere Karte gesetzt haben, mit Sicherheit nicht. Die haben maximal Dünnpfiff, weil Wähler abhanden kommen könnten.

Nicht zwingend traumatisch, aber ein auf die Persönlichkeit einwirkender Faktor ist der tägliche Umgang mit Menschen in besonderen Lebenslagen.

Mensch trifft auf Mensch. Kriminalbeamte und Schutzpolizisten erleben für den Unbedarften unglaubliche und schwer vorstellbare Verhaltensweisen.

Sei es, dass Eingesperrte durchdrehen und mit Fäkalien um sich werfen, Straftäter sich mit dem Vortäuschen eines epileptischen Anfalls einer Festnahme entziehen wollen, sich an die Geschlechtsteile fassen und plötzlich die Hand ins Gesicht eines Beamten halten, mittels Schreien und Selbstverletzung eine Misshandlung vortäuschen, widerlichste Straftaten ausgehend von einem anderen behaupten, um sich zu rächen, sich selbst anzünden, Rasierklingen verschlucken, mit Drogen gefüllte Kondome im Körper transportieren, Glasscherben und Cuttermesser Klingen in die Haare einflechten, oder aufgrund einer eigenen vorhergehenden Traumatisierung dissoziieren. Das ist nur kleine Auswahl an Erlebnissen aus meiner eigenen Biografie.

Ich kann verstehen, dass der gängig sozialisierte Mensch bei den Bildern, die heutzutage mit Smartphones aufgenommen werden, zu anderen Ergebnissen kommt, als tatsächlich stattgefunden haben. Doch vieles ist nicht so, wie es scheint und überrascht einen.

Zum Beispiel würde ich auch gern jeder Frau die Schilderung einer Vergewaltigung abnehmen, jede angezeigte Kindesmisshandlung durch einen Vater mit Emotionen begleiten, doch das ist mir nicht mehr möglich. Gleichfalls habe ich gelernt, das Video – Ausschnitte, die die Vorgeschichte nicht zeigen, im höchsten Maße manipulativ sind und zu diesem Zwecke gern eingesetzt werden. Glauben sie mir, man macht sich mit dieser skeptischen Haltung keine Freunde. Menschen wollen nämlich das glauben und sehen, was in ihre Vorstellungswelt passt, da sind Zweifler lästige Zeitgenossen. Sich nicht halbwegs auf das «Normale» verlassen zu können erzeugt zusätzlichen Stress.

Die Schilderungen zu glauben, ist ebenfalls eine sinnvolle Eigenschaft unseres Gehirns. Menschen sind im sozialen Gefüge auf ein gewisses Maß an Vertrauen angewiesen. Es bedarf einiger Arbeit an sich selbst, wenn dieses Vertrauen nicht mehr da ist.

Stress ist ein im Verhalten des Menschen, evolutionärer Zustand, der ursprünglich für Gefahrensituationen entwickelt wurde.

Die kürzeste Formel lautet: Stress macht doof! Das Großhirn verabschiedet sich und das «Zentrale Nervensystem» übernimmt zusammen mit dem Reptiliengehirn (Amygdala) die Kontrolle. Da hilft das beste Training nicht. Die Handlungsabläufe werden so schnell, dass das Großhirn nicht mehr zum Zuge kommt. Das Ergebnis sind Handlungen, die sich keiner erklären kann. Um so geringer die Pausen zwischen den stresserzeugenden Ereignissen sind, desto eingeschränkter wird das Denkvermögen des Betroffenen – die Wahrscheinlichkeit von Fehlleistungen steigt an.

Angehörige dieser Berufsgruppen wissen dies alles und gestehen sich gegenseitig in einem von ihnen selbst zu vertretenden Maße fehlerhafte Reaktionen zu. Ihnen ist bewusst, dass dies alles Teil des Berufs ist. Wer sich dem Beruf und seiner Bedeutung verpflichtet fühlt, muss diese Dinge zwingend in Kauf nehmen.

In unserer Gesellschaft haben wir keine Fehlerkultur, an die sich alle Mitglieder halten. Die Menschlichkeit wird negiert. Fehler, die zur Schädigung oder Tod eines Menschen führen, dürfen dem allgemeinen Tenor nach nicht passieren. Da ist es nicht verwunderlich, dass wenige sich in der Lage fühlen, Fehler einzuräumen. Gerade in den letzten Tagen haben wir dies in Berlin wieder erlebt. Auch eine Realität, die hingenommen werden muss. Verwunderlich ist es aber auch nicht, dass Menschen in diesem Beruf versuchen, sich vor dieser Ignoranz zu schützen.

Oftmals muss es nicht einmal ein gravierender Schaden an der Unversehrtheit sein, es reicht ein fehlerhaftes Verhalten in der Biografie und die öffentliche Ächtung erfolgt lebenslang. Aber gut, auch dies hat menschliche Züge. In Kenntnis dessen, haben sich die Religionen die Option einer Vergebung durch einen Gott ausgedacht. Wenn schon der doofe Mensch nicht dazu in der Lage ist, gibt es wenigstens posthum eine Vergebung. Manch einen beruhigt das.

Der Pöbel denkt nicht, vergibt und verzeiht nicht.

Oftmals muss es nicht einmal ein gravierender Schaden an der Unversehrtheit sein, es reicht ein fehlerhaftes Verhalten in der Biografie und die öffentliche Ächtung erfolgt lebenslang. Aber gut, auch dies hat menschliche Züge. In Kenntnis dessen, haben sich die Religionen die Option einer Vergebung durch einen Gott ausgedacht. Wenn schon der doofe Mensch nicht dazu in der Lage ist, gibt es wenigstens posthum eine Vergebung. Manch einen beruhigt das. Der Pöbel denkt nicht, vergibt und verzeiht nicht.

Das Abarbeiten an einer Institution, die in die Rechte der Menschen eingreift, was grundsätzlich niemand mag, ist ein Phänomen in einer Massengesellschaft und erfüllt eine Funktion. Die Polizei soll ein Idealbild erfüllen. Pflichterfüllung, Gesetzestreue, Professionalität, Charakterstärke, Verfassungstreue heißen die geforderten Eigenschaften. Denn so sieht der Deutsche Staat und Teile der Bevölkerung sich selbst gern. Man fühlt sich gleich besser, wenn die diesem Idealbild, welches man selbst meistens nicht einmal ansatzweise erfüllt, dem ebenfalls nicht gerecht werden. Andere Bevölkerungsgruppen finden diese Forderungen eher ablehnungswürdig und haben jeden Tag einen Kragen, weil das von ihnen staatlicherseits gefordert wird. Wie gut, wenn die Vertreter des Staats selbst beweisen, dass das nicht funktioniert. Dann sollen die gefälligst auch richtig auf den Sack bekommen.


Mit ihrem Handlungsauftrag gerät die Polizei quasi täglich zwischen die Fronten. Ist es verwunderlich, wenn sich ihre Mitglieder einkapseln und sich gegenseitig bei stehen, selbst wenn das auch mal schwierig werden kann. Ich weiß aus Gesprächen mit älteren gereiften Mitgliedern der autonomen Szene, dass die durchaus ein Verständnis für die Lebenssituation und Reaktionen der einzelnen Polizisten haben, denn gegen den Einzelnen geht es nicht. Es geht um das, was er symbolisiert und da kann auf den Einzelnen taktisch gesehen keine Rücksicht genommen werden. Beim seelisch verkrüppelten Bürger, der Opfer der gesellschaftlichen Fehlentwicklungen geworden ist, sieht es ein wenig anders aus. Über menschliches Verhalten denkt der nicht mehr nach. Der denkt ausschließlich innerhalb der Kategorien, die ihm in den Kopf gesetzt wurden.

Nahezu alle Artikel, die ich in den letzten Tagen zu polizeilichen Themen gelesen habe, bestanden aus Stereotypen, oberflächlicher Betrachtung, Bedienen der niederen Instinkte der Leserschaft, links, rechts und bürgerlich. Tendenziell erfolgt keine Analyse nach alter Art: These, Antithese, Synthese. Einerseits finde ich es richtig staatliches Handeln kritisch zu beäugen, andererseits erwarte ich eine Aufbereitung und Ausleuchtung aller Ecken.
Jeder der sich zum Thema äußerte, fand sich manipulativ passend zum bedienenden Leserkreis verkürzt wieder.

Sogar aus den eigenen Reihen der Polizei bzw. Innensenat erfolgt eine simple Bedienung der zukünftigen Wähler. Zum Beispiel wäre im Fall des derzeit in der Öffentlichkeit stehenden Peter G. eine Erwähnung seiner menschlich fürchterlichen Situation einer Fürsorgepflicht seitens des Dienstherren hilfreich gewesen. Auch die Wortwahl, die man von Leuten in dieser Position erwarten könnte, empfand ich persönlich seltsam. Natürlich kann man mit juristisch belegten Begriffen arbeiten. Doch niemand muss es tun.

Er hätte alternativ auch sagen können:

«Uns wurden Informationen übergeben, die derzeit geprüft werden. Ob sich daraus notwendig eine neue Betrachtung des Sachverhalts ergibt, wird eine eingehende Untersuchung ergeben. Bis wir näheres wissen, insbesondere bezüglich der Qualität der Informationen, gilt für uns die jedem in unserem Staat zustehende Unschuldsvermutung, der wir uns besonders aus unserer Fürsorgepflicht heraus, verpflichtet fühlen.»

Wer von «Corpsgeist» bei der Polizei spricht und diesen annimmt, kann sich im Falle eines echten Interesses nicht auf beschimpfen beschränken, sondern muss auch auf Spurensuche gehen und nach Faktoren für dieses vollkommen normale menschliche Verhalten suchen. Dann kann ein Verständnis entstehen und ein Gegenwirken versucht werden. Bisher war alles verstärkend.

Polizeipräsidenten/innen, Innensenatoren/innen kommen und gehen.
Die Polizisten/innen bleiben und machen sich ihren eigenen Reim darauf. Bereits bei AMRI kam mir die Idee einen Catering Service für Untersuchungsausschüsse aufzumachen, weil die stark in Mode kommen. Faszinierend, dass die Experten – ist das eigentlich ein geschützter Begriff – mehr Ahnung haben, als die versierten Ermittler bei der Polizei.Aber allgemein wird der Polizei diesbezüglich misstraut. Ich kenne einige Bürger, die trauen der Politik auch nicht über den Weg. Warum hat noch niemand in Erwägung gezogenen, einen Bürger – Ausschuss zu bilden, der die Arbeit des Untersuchungsausschusses untersucht? Ich meine das nicht einmal polemisch. Könnte interessant werden, wenn alle größeren OK – Verfahren demnächst von Untersuchungsausschüssen begleitet werden.


Jeder, der die Seite der Polizei beleuchtet, wird neuerdings sofort mit dem Vorwurf belegt, reflexartig die Polizei zu verteidigen bzw. ihr – wie es der 1. Vorsitzende der GRÜNEN Oliver von Dobrolowski formuliert – Unfehlbarkeit unterstellt. Gerade davon bin ich sehr weit entfernt. Selbstverständlich passieren Fehlleistungen. Diese sind abzugrenzen von klaren kriminellen Handlungen, deren Vorhandensein ebenfalls nicht bestreitbar sind. Je nach Schwere, kommt es hier sogar zu internen zusätzlichen Sanktionen.

Ich verwende mich gegen kollektive Beschuldigungen, Vorverurteilungen, gesellschaftliche Entmenschlichung ganzer Gruppen, egal aus wem sie sich zusammensetzen, den Verkauf der menschlichen Würde für Auflagenzahlen und die sich ausbreitende Abkehr vom Individuum und seiner Eigenschaft ein Mensch zu sein. Das passiert mit ausländischen Straftätern, völlig unbescholtenen Menschen, Polizisten und Politikern.

Ich lasse auch nicht die Opfer außer acht. Ohne eigenes Zutun wird mancher Opfer von Prozessen, die er selbst nicht zu verantworten hat. Doch ich weise darauf hin, dass das jederzeit auf uns alle zutrifft. Wir wollen es nur nicht wahr haben.

Ein hässliches Unkraut und der Boulevard

Lesedauer 5 Minuten

Die BILD Zeitung gehört zu den Blättern mit der größten Reichweite. Ein Teil des Konzepts der BILD ist es die einfach gestrickten Regionen des Gehirns zu bedienen. Das finde ich grundsätzlich in Ordnung. So sind die Menschen nun einmal, sie wollen unterhalten werden. Das ist das Konzept und ob man dazu beitragen will oder nicht, ist persönliche Geschmackssache. Die BILD ist aber zu einer Institution geworden. Der Erschaffer Axel Cäsar Springer wollte das auch so und hat sein Ziel erreicht. Ein Einfluss auf die öffentliche Diskussion ist nicht zu bestreiten. Auf den Begriff Meinung verzichte an dieser Stelle.

Unsere Zeit ist geprägt von bezahlten PR Strategen, die mittels gezielter und ausgeklügelten Kampagnen, das Geschehen und Denken in der Bevölkerung beeinflussen. Ein Mittel der Wahl ist die Findung markiger Begriffe oder Euphemismen. In den letzten Tagen nahm ich den Begriff «Suff – Cop» auf, aber in der öffentlichen Debatte schwirren deutlich mehr herum. Deutschland kommt mir in den zurückliegenden Jahren vor wie ein Schnellkochtopf mit dem ein paar Leute herum experimentieren. Irgendwie muss man das Ding doch zum explodieren bekommen lassen. Auch wenn die aktuellen Unternehmungen der BILD nicht neu sein, dieses Spiel begleitet sie seit Jahrzehnten. Ältere erinnern sich noch, dass dem SPRINGER Verlag einst das Attentat auf Rudi Dutschke zur Last gelegt wurde und es hieraufhin zu Straßenschlachten kam. Diverse andere Geschichten folgten und wurden sogar mal Gegenstand eines Bestsellers von Günter Wallraf.

Es scheint eine Frage zu sein, für welche Folgen meines Handelns ich mich verantwortlich fühle und welche ich von mir weisen kann. Die Geschichte vom Streichholz und dem Brandstifter. Bin ich verantwortlich für den Hausbrand, weil ich die Streichhölzer dafür lieferte? Journalisten, die bei Boulevard Blättern arbeiten scheint dies in weiten Bereichen vollkommen egal zu sein. Es geht nicht darum, eine Story zu bringen! Es ist eine Frage des «Wie», des «Warum», in welchen Rahmen, und der Benutzung der Wörter. Ich kann neutral und ruhig berichten oder aufpeitschend. Ein Problem der Zielrichtung und am Ende eventuell auch des Ethos.

Ruhiges, rationales, analytisches Betrachten und Aufbereiten der Geschichte verkauft sich nicht. Eine Zeitung will Umsatz machen. Habe ich keinen richtigen «Knaller», der allein mit seiner Benennung die Auflage steigert, muss ich mir halt einen erschaffen. Früher brüllten die Zeitungsjungen die Schlagzeilen in den Straßen. Und bevor es Zeitungen gab, zogen Moritatensänger mit ihren Bildern durch die Dörfer und erzählten in blumigen Worten von den Schrecken, die passiert sind. In den Spontizeiten der Achtziger sagten wir immer: «Retortenbaby gezeugt, BILD war im Reagenzglas dabei» oder wir waren uns einig darüber, dass aus der BILD Blut herauslaufen würde. Bemerkenswert ist, dass sich mittlerweile auch der Berliner Tagesspiegel und die TAZ nicht zu schade sind, in das Moritaten Geschäft mit einzusteigen. Es müssen schlechte Zeiten herrschen.

Übersehen werden darf nicht, dass eine Kundschaft bedient wird. Spränge niemand darauf an, würden sie es nicht tun. Kein Abhängiger – kein Dealer; keine Freier – keine Prostituierte; keine Strassenkäufer – keine illegalen Zigarettenhändler. Jeder Leser ist also mit im Boot.
Ebenfalls entspräche es einer gewissen Doppelmoral, wenn man sich beispielsweise über die Behandlung eines Polizisten mokieren würde und gleichzeitig die Berichterstattung bezüglich einer anderen Person vollkommen in Ordnung fände. Persönlich ist das nicht mein Anspruch. Ich kann es für mich weder bejahen, dass weiterhin die Sprache verroht, und das Niveau quasi täglich nach unten reguliert wird, oder eine derartige Behandlung von Menschen eine Legitimation erfährt. Ich kritisiere dies bezüglich eines jeden Menschen. Und ich sehe nochmals einen Unterschied, wo das geschieht. Bei einer einzelnen Person mag das unter Umständen hinnehmbar sein, weil es Probleme in der Persönlichkeit gibt. Bei Artikeln, die aus einer Redaktion hervorgehen und eine unweit größere Reichweite haben, damit auch weitreichende Folgen nach sich ziehen, ist das etwas anderes.

Von mehreren Seiten wurde in der Vergangenheit die AfD dafür angeprangert, dass sie mit der Wahl ihrer Worte, ehemals unsägliches in der Gesellschaft implementieren. Sie machen das nicht alleine. Ohne eine Presse, die diverse Worte aufgreift, um beim Pöbel anzukommen, hätten sie es schwerer. Seitens seriöser Journalisten wird auch immer wieder auf die manipulierten Verlautbarungen der Partei verwiesen. Doch wo genau besteht der Unterschied zum Boulevard? Ich erkenne keinen. Sie bedienen sich in einem gemeinsamen Werkzeugkasten. Hintergründe, Fragen, Zweifel und eine differenzierte Sprache sind hinderlich beim zweckgebundenen Bedienen der niederen Instinkte. Innerhalb weniger Minuten muss der malochende Leser vollgepumpt werden. Ein wenig was zum Aufgeilen, ein paar Promis zum Träumen und Abarbeiten, ein wenig das Gefühl: Du bist gut und die anderen sind böse, «Wir hier unten, die da oben.», ein paar Sündenböcke für alles Schlechte und ein Aufreger.

Mal trifft es den einfachen harmlosen Kerl, der sich nach Mallorca verzogen hat, der für alle «Sozialschmarotzer» herhalten muss, ein anderes mal einen psychisch Kranken, der zum Stellvertreter aller Muslime gemachht wird. BILD Kampagnen haben, wenn man Wallraf glauben darf, und ich tue das, einige Suizide nach sich gezogen. Selbst Schuld, sagt sich vermutlich der Boulevard Reporter. Unabhängig vom Glauben, ich halte das mehr als wahrscheinlich, zerstörte Existenzen sind niemals förderlich.

Mein Fazit: Das Gebaren der Presse, nicht nur des Ressort Boulevard, ist am festzustellenden Rechtsruck der Gesellschaft maßgeblich beteiligt. Niemand kann Ihnen diesbezüglich Vorschriften machen. Jedes Blatt, jeder Verlag und jeder Journalist muss sich damit selbst konfrontieren und seine eigene Rechnung aufmachen, inwieweit er damit leben kann. Meiner Auffassung nach, wurde in Deutschland zu oft das Prinzip befolgt: Ich habe nur dieses oder jenes Erlaubte getan, für alles Folgende bin ich nicht verantwortlich. In meinem Verständnis: Doch! Nämlich dann, wenn es nicht vollkommen von der Hand zu weisen ist und ich die Chance habe es zu erkennen. Und die besteht! Wenn ich bejahe, dass mein Handeln über meine Person und Existenz hinaus eine Bedeutung hat, komme ich nicht daran vorbei. Ich bin nicht der Überzeugung, dass ich mich mit dem Verweis, dass ich diesen oder jenen Artikel nicht geschrieben habe, aus der Verantwortung stehlen kann.

Das ist ein wenig, wie mit der Polizei. Dort leistet man Dienst für eine Gesellschaft, aber man ist auch gezwungen, die Vorgaben einer Regierung umzusetzen. Ich lasse mal dahin gestellt, inwiefern die heutzutage noch tatsächlich die Chance hat, Repräsentant des Wählers zu sein oder vielmehr eine ausführende Institution der Großen in der Wirtschaft geworden ist. Sehe ich das so, muss ich in den Spiegel sehen und mit mir selbst ins Reine kommen. Kann ich das noch mit meinem Gewissen vereinbaren oder gerate ich unter Umständen in massive innere Konflikte? Ist es an dem, sollte ich Gehen in Erwägung ziehen.

Vielleicht besteht das Ziel darin, die Lufthoheit über die Stammtische und die Herrschaft über die manipulierbare Masse der rechten Bewegung, angeführt von der AfD, wieder abzunehmen. Das ist bisher immer schief gegangen. Zu betrachten sind nicht die Jahre ab Gründung der AfD, sondern ein viel längerer Zeitraum. Dieses Denken ist nicht vom Himmel gefallen, sondern was wir heute sehen, sind die ersten Blüten von einer Pflanze, die 1945 mal abgemäht wurde. Die Wurzel blieb in der Erde erhalten und wurde von vielen Gärtnern umsorgend gegossen. Die Wortwahl, die Darstellungsweise, die Attacken gegen alles, was linksseitig gedacht wird und die damit einhergehende Diffamierung, ist purer Dünger.

Dummdreistes rechtes Gebaren wird sanktioniert. Ich ersehe sie als die wilden Triebe. Das Subtile, nicht sofort Erkennbare wird brav gehegt. Doch immer das, was man nicht sofort sieht, ist das Gefährliche.