Brief eines Linksversifften …

Lesedauer 7 Minuten

«Denn das ist Konservatismus: Das Nachdenken über die Erfahrung und die theoretische Ausformulierung des Empfindens, Macht zu haben, sie bedroht zu sehen und zu versuchen, sie zurückzugewinnen.»


Aus einem Essay des amerikanischen Politikwissenschaftlers Corey Robin Quelle: Spiegel, 14.1.2018

Sehr geehrte Damen und Herren von der konservativen Fraktion in Deutschland,

ich hoffe zunächst einmal, die richtige Anrede gewählt zu haben. Bewusst habe ich auf «Hallo», «Hi» oder Ähnliches verzichtet, damit sie sich nicht sofort brüskiert fühlen. Wahrscheinlich haben sie sich entweder in einer Partei, wie der CDU/CSU, der AfD oder vielleicht in der FDP organisiert, einige von Ihnen sind eventuell Mitglied in einer Burschenschaft. Manche mögen auch nur ein Kreuz an passender Stelle auf dem Wahlzettel hinterlassen.

Ich wende mich an Sie, weil ich vieles nicht verstehe, logisch nicht nachvollziehen kann oder schlicht zu simpel in meinem Denken bin. Sie fragen sich zu Recht, wer ich bin. Ehrlich gesagt, weiß ich das selbst nicht genau. Ich besitze die deutsche Staatsbürgerschaft, war verheiratet, habe einen Eid auf das Grundgesetz abgelegt, bin Vater von zwei Töchtern, war 33 Jahre im Staatsdienst und habe eine ganze Menge Steuern in meinem Leben bezahlt. Ich habe in den Achtzigern ein Abitur absolviert, studiert und einen akademischen Titel.

Die Geschichte meiner Familie ist meiner Meinung nach typisch deutsch. Meine Vorfahren kamen einst aus Osteuropa und landeten irgendwann in Berlin. Teile meiner Verwandtschaft, waren in der KPD, im engeren Umfeld betrachtete sich meine Familie immer sozialistisch. Durch meine Heirat erweiterte ich das Spektrum ein wenig. Da gab es dann auch ehemalige Mitglieder vom Bund Deutscher Mädel, Absolventen der Elite – Schule NaPoLa und diverse Konservative. Ich gebe zu, dass ich darüber nicht sonderlich glücklich war.

Mir wurde vermittelt, dass die alten Kommunisten in den Zwanziger Jahren im Wesentlichen gegen die nicht zu bestreitende Ausbeutung der Arbeiter waren und sich auch nicht in einer auf Krieg ausgerichteten Industrie verheizen lassen wollten. Im Gegensatz dazu fand das profitierende konservative Bürgertum, dies trotz eines christlichen Anspruchs vollkommen in Ordnung.

Ihre Vordenker konstruierten irgendwann einmal den sogenannten völkischen Anspruch. Entgegen dem uns bekannten Geschichtsverlauf wurde aus vielen unterschiedlichen Stämmen und zig Einwanderern aus allen Teil Mitteleuropas ein Deutsches Volk. Dem «Deutschen» wurden Wunschvorstellungen zugeordnet. Aus dem Menschen, der in einer Region lebt, wurde per Definition der «Deutsche».
Plötzlich sollten alle Menschen dieser Region einem künstlich gebildeten Ideal entsprechen. Das erscheint mir unlogisch und ziemlich willkürlich.

Anhänger ihrer Position berufen sich auf aus herausragende Leistungen dieses konstruierten «Deutschen». Wenn ich mir so die Menschheitsgeschichte ansehe, fällt mir zu herausragend die Bändigung des Feuers, die Erfindung des Rades, die Einführung von Zahlen, die griechischen Philosophen, das römische Staatssystem, die französische Revolution, die Entdeckung der Elektrizität und die Erfindung der Dampfmaschine ein.
Ich lasse mich gern von Ihnen korrigieren, aber nichts von alledem geht ursächlich auf einen «Deutschen» zurück. Woraus leiten Sie ihre Aussage ab? In diesem Zusammenhang verweisen sie auch gern auf die deutschen Denker. OK, in erster Linie ist ein Denker ein intelligenter Mensch. Unsere Wissenschaftler haben zuverlässig nachgewiesen, dass das wenig mit der Herkunft zu tun hat. Wenn überhaupt, dann etwas mit dem System und den Möglichkeiten, die einem Menschen geboten werden. Wie erklären Sie sich, dass nahezu alle dieser benannten großen «Denker» den Konservativen enttäuscht den Rücken zu wandten und sich schon zur Kaiser – Zeit in andere Regionen absetzten?
Später wurde es nicht besser. Mehrheitlich lehnten diese Denker Ihre Vorstellungen ab. Ich erinnere sie an Nietzsche, der sich in jungen Jahren enttäuscht von Wagner abwandte. Erst seine ungeliebte Schwester verfasste dann ein eigenes Pamphlet, welches sie Ihnen zu Liebe verfasste.
Konkret könnte ich anführen, dass nach Preußen entweder die Intelligenz abgebaut wurde. Hauptsächlich konzentrierten Sie sich auf die Wissenschaften, welche industriell ausgenutzt werden konnten. Geisteswissenschaften waren zu allen Zeiten verpönt, da sie im Wettstreit mit anderen Ländern nicht erkennbar benutzbar waren. Ist das Ihre Vorstellung von Intelligenz? Alles muss kommerziell in einem Wettstreit einen Sinn ergeben?

Was genau haben Sie eigentlich gegen Individuen und individuelles Verhalten? Bereitet Ihnen die Unkontrollierbarkeit Sorge? Ist es das? Wie weit reicht Ihr Sicherheitsbedürfnis? Diese entflohenen Denker sprachen viel darüber, dass mit der Geburt das Risiko zu sterben um 100 % steigt. Das Leben birgt Risiken, und mit aller Mühe werden Sie das nicht ändern. Wenn Sie sich nicht selbst einsperren wollen, kommen sie daran nicht vorbei. Und immer wenn Sie etwas gebannt haben, werden sie eine neue Bedrohung entdecken.

Sehen Sie das anders? Haben Sie in Erwägung gezogen, dass das auch sehr individuell sein kann? Neige ich dazu, ängstlich zu sein, kann ich auch eine Menge für die Absicherung alleine machen bzw. Orte meiden.

Was gefällt Ihnen nicht daran, einfach nur ein Mensch zu sein? Warum benötigen Sie eine Überhebung in dem Sie sich das deutsche Idealbild erschaffen. Es ist doch grundsätzlich angenehm, der den Planeten dominierenden Spezies anzugehören. Können Sie mir die Gründe für das Bedürfnis nach einem fixierten vorhandenen Unter – Ober – Hierarchiesystem erläutern? Oder ist das bei Ihnen einfach so? Der Instinkt kann es eigentlich nicht sein. Primaten organisieren sich an einer der Situation angepassten Struktur. Sie bilden Verbände, die sich in Gruppen situativ unterteilen und unbeständige Hierarchien aufbauen.

Worin besteht die Problematik im Umgang mit Frauen? Welche Probleme haben ihre weiblichen Vertreter? Wenn sie geschlechtsbezogenes Unterwerfungs – oder Dominanzverhalten bevorzugen, steht es Ihnen doch frei sich der BDSM Szene anzuschließen. Aber das müssen doch nicht gleich alle mitmachen.

Ich meine, wenn Eure Dorothee Bär auf «Submissive» steht, kann Sie das doch machen. Genug passende Burschen werden sich beim RCDS finden. Oder wenn Markus Söder mehr den «Dom» spielen will, kann auch niemand etwas dagegen haben. Aber bitte alles privat und nicht andere dazu verpflichten.

Was ich auch nicht verstehe, ist Ihre Sprache. Ich habe Sie zeitlebens als die «Schwarzen» oder die Konservativen bezeichnet. Warum sind Sie so unfreundlich mich als linksversifft zu titulieren? Ja nun, sie legen vermutlich beim Sexualakt ein Handtuch auf die Couch. Ich bin hingegen ein wenig unordentlich. Aber deshalb gleich versifft benutzen?

Ich kann doch nichts dafür, dass Sie, wie bei Jan Fleischauer zu sehen und zu hören, ein Problem mit dem Ablösungsprozess von den Eltern haben. Irgendwie haben wir das doch alle, aber man muss deshalb nicht gleich als trotziger Junge stellvertretend alle «Links» vermuteten Personen beschimpfen. Ich weiß auch nicht so recht, warum sie immer von der Generation der 68er sprechen. Wenn, dann müsste man von einer Bewegung und ihrer Anhänger sprechen. Es müsste doch in ihrem Sinne gewesen sein, dass die damals gegen übriggebliebenen Fragmente vom Nationalsozialismus rebellierten.

Der ist teilweise mit Ihrer Tradition verbunden, kann Ihnen aber nicht allen zum Vorwurf gemacht werden. Oder fanden Sie das unangebracht? Und was ich so gehört habe, war der Sex in den 50ern nicht der tollste, spätestens an der Stelle sollte man den 68ern Dankbarkeit zollen. Die Musik war auch nicht schlecht. Was ich vom «Rechtsrock» nicht gerade behaupten kann. Der ist ziemlich anstrengend. Speed – Metal gespielt und gesungen von zugedröhnten tibetanischen Yak. Volksmusik können Sie gern weiter hören. Ich weise Sie nur darauf hin, dass Kinderlieder und Volkslieder musikalisch nah beieinander liegen und Sie sie deshalb mögen.

Was finden Sie an Militär so geil? Die Kameradschaft? Es gibt von hart bis soft alle möglichen Sportvereine. Gehen sie doch da hin. Geht es Ihnen wirklich um die Vaterlandsliebe? Wissen Sie, ich bin als gelernter West – Berliner Veralberungen gewöhnt. Mir wurden als ziviler Polizist, lauter Sachen beigebracht damit ich zusammen mit einer hand voll alliierter Soldaten die Russen stoppe.Militärischer Schwachsinn. Die wären um dieses geringe Ärgernis einfach herum gelaufen. Mit Deutschland sieht es nicht anders aus. Vor dem Rhein ist heutzutage im Falle einer konventionellen Kriegsführung kein Frontverlauf zu erwarten.
Finden Sie schießen und schweres Gerät fahren toll? Machen Sie doch einen Baggerschein oder melden Sie sich im Schützenverein an. Mögen Sie Männern zuschauen, die aufeinander losgehen. Kaufen Sie sich eine Karte für eine MMA Veranstaltung oder ein Rugby – Spiel. Das lässt sich doch auch ohne Kriegsspiele regeln. Die Sache mit den großen Waffenarsenalen und Armeen geht doch immer irgendwann schief. Wissen Sie, ich habe viel Zeit mit solchen Leuten verbracht. Ich kann Imponiergehabe, Identitätsfindung und den ganzen Kram nachvollziehen, aber irgendwann ist doch jeder aus dem Alter heraus, oder? Oder?

Ein Letztes, was ich nicht verstehe, ist die Tatsache, dass sie an diesem Kapitalismus so vehement festhalten. Wie angesprochen wurde ich im alten West – Berlin groß. Da war es normal, dass ich mich in der Schule mit der Sowjetunion, dem Ost – Block und der DDR beschäftigte. Von Kommunismus war bei uns selten die Rede. Meistens wurde vom Stalinismus, dem sogenannten real existierenden Sozialismus, dem Maoismus und den Trotzkisten gesprochen. Kommunismus wurde uns unter philosophischer Betrachtung näher gebracht. Das ist nebenbei die Frankfurter Schule. Karl Marx als Philosophen zu sehen, der sich noch zu Lebzeiten fragte, was eigentlich ein Marxist sein soll. Ihre Vertreter sprechen gern vom Liberalismus bzw. dem Neoliberalismus. Die Worte suggerieren Freiheit. Hauptsächlich läuft es auf eine Freiheit für die hinaus, die etwas haben. Die anderen schauen in die leere Röhre. Die Wirtschaft, einer abstrakten Definition, setzen Sie mit einem lebenden Organismus gleich. Gut, warum nicht? Die Idee und Herangehensweise klingt ja erstmal interessant. Gier reguliert sich gegenseitig und organisiert sich. Aber zwei wesentliche Dinge wurden damals, wie wir heute wissen, übersehen. Erstens der Mensch und zweitens ein eintretender Mangel an Ressourcen. Immer wenn ein Mangel herrscht, kommt es zu einem Verteilungsproblem. Genau das haben wir. Sie bieten als Lösung an: Mit ein paar anderen zusammen klauben wir alles auf, was wir finden können und verwenden wir für uns. Meinen Sie, die anderen lassen sich das auf Dauer gefallen?

Innerhalb von Deutschland gehen Sie davon aus, wenn ich einzelnen genug Überfluss gebe, fließt auch ausreichend Rest für die Armen heraus. Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Irgendwie hat das bei den Päpsten und im Absolutismus auch nicht funktioniert. Die benannten Stalinisten, Trotzkisten, DDR Sozialisten, Maoisten, sind auch daran gescheitert, dass sich immer ein Trottel über die anderen erheben will, also am Menschen. Da wäre es doch mal an der Zeit über alle geschaffenen Grenzen hinweg darüber zu sprechen. Also über Veränderungen und nicht wie man das System verzweifelt aufrecht erhalten kann.

Sie stehen nicht auf Geisteswissenschaftler und innovative Künstler. Alles was abweicht, ist Ihnen suspekt. Das kann ich aus Ihrer Perspektive ein wenig verstehen, aber was haben sie gegen Naturwissenschaftler? Wissen Sie, die haben eine bestimmte Art zu denken.

Ob das, was bei den Forschungen heraus kommt, wirtschaftlich ist, sich in Geld umwandeln lässt oder man damit etwas kaputt machen kann, ist denen nicht wichtig. Die sind einfach nur neugierig. Wenn jemand nur noch für Geld forscht, verliert er seinen Anspruch Naturwissenschaftler zu sein. Diese Wissenschaftler sagen Ihnen nun schon geraume Zeit: Das haben wir heraus gefunden! Was sie daraus machen ist nicht unsere Aufgabe. Dummerweise passen die Aussagen auf den ersten Blick überhaupt nicht in den Plan «Big Money». Aber dürfen sie deshalb ignoriert werden? Was ist Ihr Plan bzw. Ihr Problem? Sie brechen sich doch keinen Zacken aus der Krone, wenn Sie auf Vernunft umschalten.

Manchmal frage ich mich, ob Sie nicht längst selbst von dem Monster eingesperrt wurden, welches Sie selbst geschaffen haben. Ich habe Sie auf einer philosophischen Ebene und nicht als Kapitalist angesprochen. Die «Größen» des Kapitalismus haben doch längst unsere Geschicke übernommen. Der Mensch und seine Bedürfnisse sind doch längst zu einem bewertbaren Wirtschaftsgut geworden. Das betrifft Sie, wie auch mich. Alles, unsere Zeugung, unsere Entwicklung im Mutterleib, der erste Schrei, Emotionen, Bedürfnisse, Krankheiten, Alter und der Tod ist Business. Selbst wenn wir uns gegenseitig Töten, ist es ein millionenschweres Geschäft.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir setzen gedanklich nochmals neu an und ziehen mal alle unsere «Denker», «Naturwissenschaftler» unter Ausschluss der «Verdiener» heran und hören denen mal aufmerksam zu und bewerten die Lage. Damit gäben wir der Vernunft eine Chance. Die Ergebnisse werten wir aus und stellen dann einen Forderungskatalog an die Großverdiener des bisherigen Systems. Wer von denen nicht mitmacht, bekommt den Hintern versohlt … so klassisch konservativ.

Ich mache Ihnen einen Vorschlag. Wir setzen gedanklich nochmals neu an und ziehen mal alle unsere «Denker», «Naturwissenschaftler» unter Ausschluss der «Verdiener» heran und hören denen mal aufmerksam zu und bewerten die Lage. Damit gäben wir der Vernunft eine Chance. Die Ergebnisse werten wir aus und stellen dann einen Forderungskatalog an die Großverdiener des bisherigen Systems. Wer von denen nicht mitmacht, bekommt den Hintern versohlt … so klassisch konservativ.

In tiefer dauerhafter Verbundenheit, denn es würde Sie nicht ohne mich und anders herum, mich nicht ohne Sie geben.

Mit freundlichen Grüßen

Ihr “Linksversiffter”

Mein ärgster Feind

Lesedauer 11 Minuten

Mein ärgster Feind ist lange tot. Doch er hat der Menschheit einen Schaden hinterlassen, der ihn in meinen Augen verabscheuungswürdig macht.
Er leitete eine so tiefgreifende Veränderung in der Geschichte ein, dass sie ganze Generationen unglücklich gemacht hat.

Sie denken vielleicht, ich würde an einen Typen wie Adolf Hitler denken oder an den Erfinder des Sprengstoffes.
Nein, ich hasse den ersten Menschen, der zum Jagen zu dämlich war. Den ersten Siedler der Menschheitsgeschichte. Er buddelte Samen in die Erde, wartete und erntete. Ich gebe zu, es könnte sich auch um eine Frau gehandelt haben. Darüber sollte ich beizeiten einmal etwas intensiver nachdenken. Ganz so unwahrscheinlich ist es nicht. Zumindest würde dann die Vertreibung aus dem Paradies als Metapher einen Sinn ergeben.

Adam lebte einfach unbekümmert vor sich hin. Eva hatte keine Lust mehr von einer Ecke in die nächste Ecke des Paradieses zu ziehen. Warum also nicht einen Baum auswählen, von dessen Früchten die beiden über mehrere Wochen an einer Stelle leben konnten? Ganz abwegig erscheint mir dies nicht.

Jedenfalls sind alle großen Kriege, Aufstieg und Niedergang großer Reiche und Kulturen, die erst durch ihre schwachsinnige Idee entstanden sind, auf diese blödsinnige Aktion zurückzuführen. Wären wir einfach Nomaden geblieben, dann wäre die Industrialisierung und die kaputte Leistungsgesellschaft niemals zu Stande gekommen.

Ich bin immer noch bei Eva. Ich glaube es war doch keine Frau. Die Bibel wurde ja bereits von den Siedlern geschrieben. Es erscheint mir doch logischer, dass es sich um einen Mann handelte.

Ich stelle mir diesen Typ in etwa so vor: Er ist gut organisiert. Kaum ist seine Jurte aufgestellt, beginnt er sie einzurichten. Alles muss seinen Platz haben. Im hinteren Teil richtet er sofort eine Nische ein, in der die Felle und Fußlappen lagern. Fein säuberlich nach Benutzer und Tierart sortiert. Die Waffen stehen in einer anderen Ecke. Die Jurte an sich hat er nach Sonnenstand und Gestirnen ausgerichtet, während die anderen sich wahllos auf der Lichtung niedergelassen haben. Vor seiner Jurte hat er grobes Fell ausgelegt, damit sich Gäste die Fußlappen abtreten können. In der Jurte hat er „Jurtenlappen“ bereit liegen.

Er zeichnet sich nicht durch besonderen Teamgeist aus. Durch seine etwas schlechteren körperlichen Fähigkeiten in der Jagd etwas behindert, zieht er es vor Beeren und Pilze zu sammeln. Hat er zu wenig Fleisch oder Fälle, versucht er sie gegen Basteleien oder gesammelte Früchte einzutauschen. Stets ersinnt er neue Möglichkeiten, sich das Leben zu vereinfachen. Die Zeit der langen Kälte, von der die Alten noch berichten, ist lange vorbei, ein Weiterziehen ist oftmals nur noch Folklore.

Die anderen Nomaden betrachten ihn als Sonderling. Sie gehen gemeinsam auf die Jagd, haben ihren Spaß miteinander und konzentrieren sich auf das Wesentliche: Jagen, Essen, Trinken, Jagdwaffen bauen, Begatten, Schlafen.

Irgendwann hat der Sonderling dann die Idee diese kleinen schwarzen Kerne von den Früchten einzubuddeln und das Unglück nimmt seinen Lauf.
Nur wegen diesem einen Menschen kann nun eine eigentlich lebensunfähige Sorte Mensch auf Kosten von normal entwickelten Menschen überleben.

Stellen wir uns doch einmal den großen Zusammenbruch vor. Keine Elektrizität, keine Metallherstellung, keine Raffinerie, keine Kunststoffproduktion, einfach die Welt ohne Errungenschaften unserer Zivilisation.
Die Dinge, die erst möglich wurden, weil durch den Sonderling die Menschheit sesshaft wurde.
Was würden sie dann tun, all die Direktoren, Manager, Sekretärinnen, Rechtsanwälte, Geisteswissenschaftler, Veganer, Bürokraten, Politiker?
All diese Menschen, die sich jeden Tag mit virtuellen Aspekten des Lebens auseinandersetzen. Wenn sie nicht sterben wollen, müssen sie sich an diejenigen wenden, die nicht den Kontakt zum richtigen Leben verloren haben.
Es wäre die Stunde Null. Wenn die Bauern auch nur einen Funken Verstand in dieser Situation haben, werden sie sich gut überlegen, ob sie erneut die Schreiberlinge hochkommen lassen. Die Bürokraten, die sie in 100 Jahren erneut dazu zwingen würden, Massentierhaltung zu betreiben, Milch in den Abguss zu schütten oder die Ernte zu verbrennen.
Würde sich ein Bauer mit der flachen Hand vor den Kopf klatschen? „Lasst uns einfach wieder Umherziehen, Spaß haben, Jagen, Waffen basteln und Begatten.“

Selbst wenn ein im Fitnessstudio künstlich fit gehaltener Manager es vollbringen würde ein Kaninchen zur Strecke zu bringen, stände er vor schwerwiegenden Problemen.
Wie soll er das Vieh aufschneiden ohne innere Organe zu verletzen, die das Fleisch ungenießbar machen? Anderen das Fell über die Ohren zu ziehen, ist nämlich nur in seinem Bereich eine unblutige Affäre.

Es schlüge die Stunde der Naturvölker, der Jäger, der Arbeiter unter Tage. Niemand würde mehr etwas mit virtuellen Zahlen ohne Gegenwert anfangen können. Die Weisheit, das Geld an sich keinen Nährwert hat, wäre plötzlich Realität.(*FN* Ich hab mal bei einer Wette einen Geldschein mit Senf gegessen. Geld schmeckt nicht!*FN*)
Alle unsere Instinkte und körperlichen Reaktionen hätten wieder einen Sinn. Unsere Körper bekämen keine widersprüchlichen Informationen mehr.

Heute pumpt Stress, verursacht von den Nachkommen dieses Steinzeit Nerds, Adrenalin durch unsere Adern. Ein Hormon, welches zur Verteidigung des Jägers in ganz realen Situationen erfunden wurde. Für den Jäger! Der Sonderling braucht kein Adrenalin.
Wir können weder in der Fußgängerzone einen Speer werfen, noch ganz schnell vor der vollkommen zu Recht wütenden angestochenen Wildsau wegrennen.
Letzteres muss ich einschränken. Ich wohne am Berliner Stadtrand, da kann es notwendig sein, vor einer Wildsau wegzurennen.

Die Nachkommen meines Feindes zwingen uns auf dem Stuhl sitzen zu bleiben. Wir kochen vor uns hin und würden am liebsten tun, was uns das Hormon befiehlt, nämlich dem Angreifer vor uns eins auf die Fresse geben.
Das Gehirn wird immer weniger versorgt, unsere Extremitäten sind voll einsatzbereit, alles in uns ist auf Kampf eingestellt.
Aber der Abkömmling des Jurten(*FN* Beim Schreiben fällt mir auf, dass bei der Bezeichnung Jurte auch das Wort Jurist enthalten ist. Ich halte es nicht für unmöglich, dass es da eine etymologische Verbindung gibt.*FN*) Neurotikers besitzt die Macht. Die institutionelle Macht, die von Generation zu Generation an immer dieselben Charaktere weiter gereicht werden. Ein sich selbst generierender Kreis von Menschen.
Der Machtzirkel, welcher von Generation zu Generation dafür sorgt, dass der Umgang mit Geld mehr Geld erschafft und den Menschen, welche produzieren immer weniger zum Leben lässt.

Sie können mit dem erschaffenen Geld Menschen bezahlen, die viele andere Sachen deutlich besser können, als sie selbst.
Die Ohnmacht diesem zum echten Leben unfähigen Machtanbeter nicht wenigstens eine Ohrfeige geben zu können, treibt uns in die merkwürdigsten Krankheiten. Was können diese Machtanbeter und Nachfahren dieses Steinzeitmenschen denn schon?
Im Prinzip nichts, außer das sie das System verstehen, welches sie sich selbst erschaffen haben. Sie können nicht ohne die anderen, aber die anderen könnten sehr wohl ohne sie.

Sie wissen das und sind auf der Hut. Doch dieses System ist krank und unnatürlich. Es wird sich übergeben, kübelweise wird sich das Erbrochene über den Globus ergießen. Das erste Würgen ist bereits zu spüren. Tausende Menschen machen sich auf den Weg.
Sie durchbrechen das System, klettern über Zäune, überqueren ganze Meere. Sie halten sich nicht mehr an die Spielregeln, sie wollen nicht mehr mit ihrer Existenz Menschen unterstützen, die nur dieses eine können. Dort wo sie ankommen, haben es viele noch nicht begriffen, dass sie gemeinsam in der Misere stecken.
Noch funktionieren die Abwehrmechanismen des Systems. Die Tabletten gegen die Übelkeit. Manche sind uralt. Religionen, die hierarchisch aufgebaut sind, erfunden von den ersten Siedlern. Sie erfanden die Schuld, den Sündenfall, die Moral, das Paradies und die Hölle.

Wer sich an die Regeln hält, dem winkt die Glückseligkeit in einer unsicheren fernen Zukunft. Wer die Regeln bricht, der landet in einem furchtbaren Irgendwo.

An dieser Stelle stellt sich mir die Frage aus der Werbung: „Wer hat es erfunden?“(*FN* Die Schweizer Bergvölker mögen sehr urtümlich wirken, aber da sind sie raus.*FN*)

Die Nomaden hatten einen Erklärungsbedarf für die Geschehnisse ihrer Umwelt, deshalb beteten sie Naturgeister an. Die Nachfahren des Samenzüchters erkannten das Potential der Götter für ihre Zwecke.
Eines Tages war auch das Einbringen von Samen in die Erde zu anstrengend, gefolgt von den Mühen der Ernte. Hinzu kommt noch die Gefahr einer Missernte und den unangenehmen Folgen hiervon.

Die große Stunde der Priester brach an. Sie folgten einfach dem Prinzip: Wer zu schwach ist für sich selbst zu sorgen, braucht Mittel, die geeignet sind, andere Menschen davon zu überzeugen für sich zu arbeiten.
Egal wer auch immer die Idee hatte, es war ein Geniestreich. „Es gibt Mächte über uns. Diese Mächte bestimmen über den Samen, den Regen und das Wachstum. Ich kann mit den Mächten sprechen, ihr könnt es nicht, also unterstützt mich und es wird euch gut gehen.“, sprach der Priester.

Warum auch immer die Menschen dem zustimmten, es funktionierte. Fortan gab es Menschen, die von anderen Menschen versorgt wurden, obwohl sie selbst nur heiße Luft produzierten.
Aber dieses System ließ sich noch verfeinern. Eine Gottheit ist viel effizienter als mehrere Gottheiten.
Noch besser ist es, wenn man selbst die Gottheit ist. Für einige Zeit funktionierte das ganz gut, aber ein paar Spielverderber gab es schon immer. Die erschufen sich einfach einen eigenen Gott! Sozusagen einen Mitbewerber am Markt.
Perfekt ist es immer, wenn man als Religionsstifter von den Fehlern anderer lernen kann.
Die monotheistischen Buchreligionen sind die Ideen von machtgeilen Genies. Der Geniestreich besteht in der Aufstellung der Behauptung, dass etwas existiert, von dem das Gegenteil nicht bewiesen werden kann.(*FN* An dieser Stelle der Hinweis an alle Homöopathen. Ihr habt es nicht erfunden, die Religionsstifter waren schneller als Samuel Hahnemann.*FN*) Kein Nomade wäre fähig gewesen sich dieses auszudenken.
Eine absolute Meisterleistung in der Geschichte der Gehirnverrenkungen. Nicht der einzige Streich, aber für mich der beeindruckendste. Beim Christen- und Judentum ist der Erfinder nicht unmittelbar feststellbar. Erst die Machtmenschen Mohammed und Jesus treten namentlich in Erscheinung.

Es interessiert mich schon lange nicht mehr, wie andere Menschen die Geschichte beurteilen. Soll doch jeder Blasphemie brüllen, so laut wie er will.
Ich war sehr lange Kriminalbeamter. Bei der Kriminalpolizei gibt es ein paar Ermittlungsgrundsätze. Einer davon lautet: Es ist immer ratsam sich an einem sogenannten lebensnahen Sachverhalt zu orientieren. Außerdem ist bei mehreren Optionen, die der Erfahrung nach Wahrscheinlichste, Apriori zu verfolgen. Wer sich bei Ermittlungen an diese Grundsätze hält, liegt sehr häufig richtig.

Genau diese wende ich an, wenn ich über Religionen nachdenke. Da wäre zunächst das junge charismatische Sektenmitglied Jesus. Irgendwie ist es ihm gelungen sich innerhalb der Sekte zu behaupten. Ich persönlich glaube nicht, dass er selbst die Verschleierung seiner Identität, mit Hilfe der Behauptung, sein Vater wäre Gott, benötigte.
Die Geschichten über seine Mutter und seinen Vater dienten später eher anderen, vermutlich den gleichen Menschen, die ihn als hageren langhaarigen Europäer darstellten.

Ich habe einen überzeugenden Fernsehbericht gesehen. Da wurde gezeigt, wie Archäologen 2000 Jahre alte Gräber in der Nähe von Nazareth aushuben. Mittels der Genetik konnten sie sich ein Bild davon machen, wie die Leute damals dort aussahen. Ziemlich dunkle Haut, in etwa 150 cm klein, krauses schwarzes Haar, halt frühe Araber.
Jesus war, sollte er wirklich existiert haben, ein junger Mann, der nach damaligen Gepflogenheiten einige Verpflichtungen seiner Familie gegenüber hatte. Diesen kam er offensichtlich nicht nach, sondern er zog es vor sich einer Sekte anzuschließen.

Jene Sekte wird nicht viel anders gewesen sein, als Sekten, die wir heute kennen. Der gemeinsame Außenfeind schafft innere Einigkeit. Dieser Feind war nicht sonderlich schwer zu finden.
Hätte es damals einen Verfassungsschutz, eine Kriminalpolizei und ein Mobiles Einsatzkommando gegeben, wäre diese Sekte sicherlich sehr schnell in ihren Focus gelandet. Spätestens nach der Störung des Kirchenfriedens wären die Sicherheitskräfte alarmiert gewesen.

Aber Jesus von Nazareth gehörte offensichtlich nicht zu den Genies in der langen Kette von Nachfahren des ersten steinzeitlichen Nerds, sonst wäre er vermutlich nicht an einem römischen Kreuz gelandet. Seine Nachfolger waren da schon besser. Letztlich ist es eine Kriminalgeschichte. Eine Ordnungsmacht, Ermittler, Denunzianten, Verrat Verstoß gegen das Seuchengesetz, Störung der Totenruhe, alles vorhanden.

Seinen Jüngern mag man noch zugestehen, dass sie eine halbwegs brauchbare Ideologie für ihren Freiheitskampf benötigten.
Aber spätestens den nachfolgenden Kaisern und Kirchenfürsten sei dafür gratuliert, dass sie aus der Ideologie einer Freiheitsbewegung eine perfekte Strategie zur Unterdrückung erschufen, die sich weltweit über mehrere tausend Jahre bewährt hat.

Diese Ideologie musste für die wirtschaftlichen Interessen der Tempelritter herhalten, sie war das Alibi für einen Genozid an den südamerikanischen Ureinwohnern, später nochmals beim Kolonialismus und stets bei der Entsorgung unliebsamer Ehefrauen. Diese Ideologie war auch immer die beste Strategie, ganze Volksmassen zu kontrollieren. Schuld, Moral, Sühne, Absolution, sind heute noch Mittel, mit denen Menschen gesteuert werden.

Ein junger Schafhirte namens Mohammed, aus einem Nomadenstamm stammend,hat die Genialität dieser Strategie ca. 600 Jahre nach Jesus erkannt.

Ich finde es interessant, dass mit seiner Person wieder einmal ein Nomade in Erscheinung trat.
Das Leben kam ihm in jungen Jahren entgegen, in dem er das Glück hatte eine vermögende zweifache Witwe zu heiraten.
Damals huldigten die arabischen Stämme noch drei Göttinnen, die sich für Machtbestrebungen gar nicht eigneten.
Brauchten sie aber auch nicht. Es gab Nomadenstämme mit Familienoberhäuptern, die die Belange regelten. Ich gehe für mich selbst an dieser Stelle wieder auf die Suche nach dem lebensnahen Sachverhalt.

Frage: Ich bin jung und habe eine Witwe geheiratet, die Handel betreibt. An den Familienoberhäuptern werde ich nicht vorbeikommen. Guter Rat ist teuer.
Da höre ich von diesen beiden anderen Religionen. Christentum und Judentum. Beide Religionen sind nahezu perfekt dazu geeignet, eine Machtstruktur aufzubauen. Was kann ich tun?

Antwort: Ich beschäftige mich eingehend mit diesen und behaupte schlicht: „Ich bin ein neuer Prophet dieser Religionen und drücke ihnen als Prophet meinen Stempel auf.“
Dies stellt einen nahezu einmaligen Schachzug in der Menschheitsgeschichte dar. Da wundert es mich nicht, dass Mohammed auch als äußerst geschickter militärischer Stratege bekannt wurde.

Alle anderen Anführer von Nomaden und Jägern vor ihm scheiterten schlicht an der Tatsache, dass sie sich weiterhin wie Nomaden und Jäger benahmen.
Ob es nun die Hunnen oder die Tataren waren, sie mussten an den Nachkommen meines Erzfeindes scheitern.
Sie folgten einem charismatischen Anführer, der sich auch nicht zu schade war, selbst in die Schlacht zu ziehen.
Ihr Konzept: „Kämpfen um so viel Gewinn wie möglich mitzunehmen, dies aber ohne Plan für danach zu haben.“
Ich weiß dies klingt ein wenig nach der Vorgehensweise eines W. Georghe Bush im Golfkrieg und in Afghanistan, aber in der heutigen Zeit werden Kriege mehr zur Ablenkung von den Zielen geführt. Die unmittelbare Gewinnmaximierung durch Plündern steht nicht mehr im Vordergrund. Der Gewinn gelangt durch die Besetzung in die Kasse, – sorry, UNO Mandat.
Und wenn schon ein Gewinn zu erwarten ist, also nicht für die Volkswirtschaft, sondern für die multinationalen Konzerne, handelt es sich um Rohstoffe und Wasser. Meiner Auffassung nach ist der Rest nur Propaganda und Ruhigstellung des Volkes. Mohammeds Plan hatte letztlich nur einen Schönheitsfehler. Er betrieb keine Nachsorge über seinen Tod hinaus. Möglicherweise war es ihm auch egal oder er vertraute auf die Eigendynamik seiner erschaffenen Religion. Genug Beispiele hatte er bei den anderen Religionen. Befragen können wir ihn dazu nicht mehr.

Nahezu jeder Verteidiger des Konzepts „Siedler“,inclusive ihrer mächtigen Führungsclique, kommt irgendwann auf die Religion zurück. Selbst Hitler benutzte sie. Es gibt einige Sätze, die ich mir aus „Mein Kampf“ von Adolf Hitler gemerkt habe. Den folgenden habe ich mir eingeprägt, weil er so treffend einen Teil der Verlogenheit des Nationalsozialismus beweist.

Er schrieb: „So glaube ich heute, im Sinne des allmächtigen Schöpfers zu handeln: Indem ich mich des Juden erwehre, kämpfe ich für das Werk des Herrn.”
Aber die Religionen sind ja auch nur eine Tablette gegen die Übelkeit der Systemopfer.
Propaganda, Desinformation, soziale Zuwendungen und der Anstrich als humanitäres System, sind ebenso sehr wirksame Medikamente. Keine vernünftige Regierung führt einen Krieg, den sie auch als solches benennt.
Offiziell werden Kriege euphemistisch als Konflikte mit internationaler Beteiligung definiert.
Gemeint ist damit: Die haben etwas, was wir brauchen. Öl, Buntmetalle, geostrategische Voraussetzungen oder Wasser.
Gesagt wird: „Wir wollen den Menschen dort humanitär helfen.“ Als Nebeneffekt können wir auch noch ein paar Waffen verkaufen oder die Herstellung neuer Waffen rechtfertigen.
Das ganze Waffengeschäft würde ja am Ende gar keinen Sinn ergeben, wenn nicht auch ein Verbrauch stattfinden würde. Raketen müssen halt auch mal abgeschossen werden, da sie sonst ewig herum liegen.
Wer reibt sich die Hände? Richtig! Die Nachfahren meines Erzfeindes. Die wenigen verbliebenen umherziehenden Nomadenvölker haben nichts davon. Im Gegenteil, sie befinden sich auf der absoluten Verliererseite.

Die Nachkommen meines Feindes hat es geschafft, seine Nachteile in der Sippe zu seinem Vorteil zu machen. Als Jäger wurde er noch nach seiner Beute beurteilt. Nur die Jagdgemeinschaft konnte von Erfolg gekrönt sein.
Jedoch war er nun als Siedler, schon nach dem ersten Ernteüberschuss siegreich. Kurze Zeit später konnte er auch andere überzeugen, das ewige Umherziehen aufzugeben. Von der ersten Ansiedlung bis zur modernen Gesellschaft ist es auf die gesamte Menschheitsgeschichte gerechnet nur ein Katzensprung.
Aber was für ein Sprung! Er erschuf vollkommen neue Kriterien für das Auf – und Absteigen in einer Hierarchie.
Er ist dafür verantwortlich, dass wir heute nicht mehr danach fragen, was der einzelne Mensch leisten kann. Der Mensch ist aufgegangen in einer Maschinerie, zu einem Zahnrad degradiert worden, welches bei Abnutzungserscheinungen, durch ein Ersatzteil ausgetauscht werden kann.
Die fehlende eigene Bestätigung wird durch eine Unterhaltungsindustrie ersetzt. Brot und Spiele für das Volk. Jede einfache Mutter hat hundertmal als Zahnrad mehr geleistet als irgendeine Popsängerin. Moderne Gladiatoren rennen in Fußballstadien einem Ball hinterher. Alles für die Ablenkung vom eigenen Elend der Selbsterkenntnis: Ich bin nur ein Zahnrad.

Doch die Popsängerin scheffelt das Geld, und die Mutter muss bis zu ihrem Ende um ihre Existenz kämpfen. Der Bergarbeiter schuftet sich den Körper rund, während ein Politiker nach kurzer Zeit hohe Geldbeträge für seinen Rücktritt kassiert, damit er nicht weiteren Schaden anrichtet.

All diese Dinge passieren dem Nomaden und Jäger nicht. Er muss jeden in seiner Sippe schätzen und muss jeden Tag seine Rolle behaupten. Die anderen Jäger wissen, was sie an ihm haben.

Ich denke, viele von uns sind heute noch in ihrer Seele Jäger und Nomaden. Sie konzentrieren sich auf das unmittelbar Wichtige.
Im entscheidenden Augenblick müssen sie eine Entscheidung treffen, die die ganze Sippe betrifft. Sie können nicht mal eben kurz davor jemanden anrufen, der ihnen die Entscheidung abnimmt. „Hallo hier ist Urgha, ich sehe jetzt den Hirsch. Soll ich jetzt schießen oder nicht?“ „Urgha, bitte warten Sie! Wir holen eine Entscheidung in der Zentrale ein.“ Eine Stunde später: „Urgha? Die Zentrale hat den Schuss bewilligt!“ Es ist klar, wie diese Jagd endet.

Sie werden danach bewertet, was sie wirklich für das unmittelbare Leben leisten können. Vom Entwurf eines Formulars oder dem richtigen Ausfüllen eines Antrags wird die Sippe nicht satt.
Wissen und Weisheit kann dem Überleben indirekt dienen.
Doch das Konzept des Sammlers ist heute absolut perfektioniert. Viele Führungskräfte werden deshalb befördert, weil sie schlicht die Fähigkeit haben, eine Sprosse nach der anderen zu erklimmen. Setze ich das um auf einen Jäger, wird daraus: Ich schicke einen Mann aus meiner Jagdgemeinschaft auf einen Baum, weil er ein guter Kletterer ist und ich davon ausgehe, dass von dort oben das Wild gut erlegt werden kann.
Leider habe ich mich für den zukünftigen Siedler entschieden, der absolut keinen blassen Schimmer davon hat, wie er von dort oben mit Pfeil und Bogen einen Hirsch erlegen kann. Aber immerhin kann er von dort aus bequem die anderen Jäger dirigieren.

Beim nächsten Mal muss er nicht einmal mehr auf den Baum Klettern. Er bezahlt einen anderen Kletterer.

Ich selbst habe mir die Angewohnheit zugelegt, reiche Sammler immer zu fragen, ob sie noch etwas anderes können, als Geld zu verdienen, also aus meiner Perspektive einen Baum zu erklimmen. Meistens kommt da nicht viel zur Antwort.