Eine kleine Globukalypse Geschichte

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Ich kannte mal einen Typen, der war mit einer Homöopathin verheiratet. Beide waren bei der Geburt des ersten Kindes jung und unbedarft. Ich brachte ihn damals ins Krankenhaus. Wie alle jungen Väter war er stolz wie Bolle. Damals gab es von den üblichen verdächtigen Firmen Werbegeschenke. Windeln, Baby Creme, Puder, eine Wickeltasche, eine komplette Erstausstattung. Wirklich punkten konnte er mit dieser nicht. Fertigwindeln waren tabu. Nicht wegen der Umwelt, sondern wegen der möglichen Schadstoffe. Die Creme und das Puder ebenso.
Beide Produkte enthielten Zink. Angeblich ein Teufelszeug, welches für allerlei Zivilisationskrankheiten verantwortlich ist. So erklärte er es mir jedenfalls abends in der Kneipe. Seine Schwiegermutter, ebenfalls praktizierende klassische Homöopathin, hatte die Führung übernommen. Impfungen kamen ebenfalls nicht in Frage. Resigniert begann der arme Kerl den ganzen Kram zu lesen, der zu Hause herum stand. Was blieb ihm anderes übrig? Er hatte Erstaunliches zu berichten. Jenner, der Erfinder der Pockenimpfung sollte den Büchern nach, seine eigene Entdeckung in Frage gestellt haben. Die Pocken hatten sich im Übrigen mehr oder weniger von alleine ausgerottet. Auch die Schluckimpfung sollte gefährlich sein,weil der Impfstoff Verunreinigungen aufwies, den niemand über den Weg trauen konnte. Möglicherweise bestände ein direkter Zusammenhang zwischen dem plötzlichen Kindstod und diesem Teufelszeug. Wenn nicht damit, dann auf jeden Fall mit Autismus, ADHS und nachweisbaren Gehirnveränderungen. Ich fand das alle ein wenig merkwürdig, sah aber die Not, sich gegen eine überzeugte Frau zu stellen. So viel ich weiß, hatte er sogar beruflich Kontakt zu den Gerichtsmedizinern Prokopp und Schneider. Die sagten ihm, dass er sich wegen des Kindstod keine Sorgen machen müsse, jedenfalls nicht wegen der Impfungen.
Immer wenn sich die Kinder, irgendwann waren es zwei, verletzten oder sich eine Infektionskrankheit einfingen, brach in der Familie eine mittelschwere Panik aus und ein Homöopathischer Zirkel trat zusammen, der sich des Problems annahm. Immer wenn ich ihn traf, hörte ich von neuen Geschichten, die ich niemals zuvor erfuhr. Mir war zum Beispiel nie bewusst gewesen, dass Kinder, welche eine konventionelle Geburt erfuhren, im Leben durchsetzungsfähiger sind, als mit dem Kaiserschnitt geholte. Zuvor wusste ich auch nichts von Komplexmitteln oder die psychische Wirkung der Homöopathischen Mittel. Richtig zur Anwendung gebracht, konnten damit sogar Traumata nach sexuellen Übergriffen, Depressionen und allgemeine posttraumatische Belastungsstörungen behandelt werden. Die Schwiegermutter beriet sogar suizidgefährdete, die sich in ihre Obhut gaben. Erstaunt ließ ich mir erklären, dass ein Kerl namens Bach auf einer Wiese Blüten bewunderte und sie auf Basis ihres Aussehens Krankheiten zuordnete. Bis dahin dachte ich, dass diese Bach Blüten wenigstens etwas mit einem echten Bach zu tun hätten.
Ich hatte mir auch keine Vorstellung davon gemacht, wie teuer dieser ganze Kram ist. Seine Frau fuhr für mehrere tausend Euro ins Ausland und nahm an Seminaren bei Gurus der Lehre teil. Für die Repertorisierungssoftware und die notwendigen teuren Laptops gingen nochmals einige tausend drauf. Mir kam damals der Verdacht, dass hinter diesem Kram eine ganze Industrie steckt, die an alledem Unsummen verdient. Die Jahre verstrichen und ich schaute mir die Entwicklung mit Sorge an.

Nach und nach kam mir der Verdacht, dass die Homöopathie alle Merkmale einer zerstörerischen Esoterik Sekte hat, die labile Persönlichkeiten in einen Sog hineinzieht. Die Anhänger sind vernünftigen Argumenten eben so wenig zugänglich wie z.B. Scientologen. Es gibt unantastbare Gurus, verschwurbelte dicke Bücher, Rückgriffe auf andere ältere sektenähnliche Gruppen, wie die Anhänger von Rudolf Steiner und den damit in Verbindung stehenden kruden Theorien, weiße Magie, Steinkunde, Schamanismus usw.. Eine in sich geschlossene Welt, in der mit einer der Urängste des Menschen, den Krankheiten, die Köpfe manipuliert werden. Abtrünnige werden auf das Übelste angegangen, mit Prozessen überzogen und die Gläubigen sind stets bemüht mit missionarischen Eifer ins öffentliche Leben, die Behörden und die Politik vorzustoßen.

Wir verloren uns eine Weile aus den Augen. Dann trafen wir uns wieder. Er hatte die Nerven verloren und sich scheiden lassen. Er wollte mit der Sekte, zu dieser Auffassung war er mittlerweile selbst gekommen, nichts mehr zu tun haben. Die Homöopathie und die Esoterik hatte nahezu vollständig von seiner Frau Besitz ergriffen. Wütend bestellte er sich einen Whisky und warf sich dazu den Inhalt mehrerer Globuli Flaschen ein. Dazu sagte er: «Das war Arsen, Opium, Tollkirsche, Quecksilber und die Erreger von Tuberkulose, Syphilis. Ich glaube, jetzt werde ich dann wohl verrecken.» Nein, er ist nicht verreckt. Meiner Kenntnis nach, erfreut er sich bester Gesundheit. Fragt man ihn nach der Homöopathie, sieht er sie als etwas Gefährliches an. Es ist eben nicht das harmlose Schlucken von Zuckerkügelchen. Dahinter liegt eine komplette Weltanschauung, die einen Gotteskomplex inne hat. Die Homöopathen glauben, dass jede Krankheit mit dem richtigen Mittel und geeigneter Potenzierung geheilt werden kann – es muss nur gefunden werden. Kann der Kranke nicht geheilt werden, bestehen zwei Optionen. Entweder der Behandler findet es nicht oder es wurde noch nicht passend katalogisiert. Jeder kann sich ausmalen, welche Wirkungen diese Einstellung auf todkranke Krebspatienten und den Behandler hat. Viel besser sieht es nicht bei depressiven oder gar suizidalen Persönlichkeiten aus. Den Kindern ist nichts passiert und zwischenzeitlich haben sie alle Impfungen erhalten. Aber was wäre gewesen, wenn …? Dieser Kelch ist an ihm vorbei gegangen.

Diese kleine Geschichte reißt das Thema nur kurz an. Aber ich denke, sie vermittelt ein wenig, worum es geht. Beobachten Sie mal Homöopathen, wenn sie und ihr Weltbild angezweifelt wird. Ich verspreche Ihnen, dass eine katholische Nonne, der gegenüber sie die Existenz Gottes leugnen, ein entspanntes Wesen ist. Jeder, der sich der Homöopathie verschließt ist ein dummer Wissenschaftsgläubiger, der nichts verstanden hat, denn es gibt Dinge zwischen Himmel und Erde …