„Wir werden noch deutlicher Alternativen herausarbeiten, die es zur Politik der Regierung gibt. Deswegen werden die #Grünen unser Hauptgegner sein in dieser Bundesregierung. Die Grünen sind dafür verantwortlich, dass diese Polarisierung in der Energiepolitik entstanden ist.“ ™
Friedrich Merz, bei Twitter am 27. Juni 2023, als Reaktion auf die Wahl des AfD Kandidaten in Sonneberg
Irgendjemand sagte einmal: “Die Deutschen sind so lange Demokraten, wie es Ihnen gut geht!” Nun mag man meinen, dass es Deutschland im Verhältnis zu diversen anderen Regionen auf der Erde immer noch sehr gut geht, insofern alles gut ist. Aber sie sehen es nicht! Ich selbst wuchs mit einer weiteren Weisheit auf. “Nimmt man den Deutschen etwas weg, werden sie ungemütlich.” Es ist egal, auf wie viel sie sitzen und welche Privilegien ihnen zuteilwurden.
Derzeit wird die Partei der GRÜNEN seitens einiger Zeitgenossen und Zeitgenossinnen als Verbotspartei bezeichnet. Wieder einmal einer dieser propagandistischen Kampfbegriffe aus der Feder von PR-Agenturen, die sich in den Dienst der Konservativen stellen. Verbot! In Deutschland ein sehr wirkungsvoller Trigger. Es berührt die infantilen Persönlichkeitsanteile und aktiviert bei vielen zuverlässig das in ihnen verborgene trotzige Kind. Für mich ist das Richtungsweisend, womit einige politische Strömungen gedenken zu arbeiten.
Der Aufschwung der AfD wird seitens des Vorsitzenden der CDU, Friedrich Merz, den GRÜNEN angelastet. Daraus leitet er ab, dass die CDU künftig noch mehr, als bereits geschehen, gegen sie vorgehen muss. Seine Überlegung kann nur bedeuten, dass er von Wählern ausgeht, die mit ihrer Wahl gegen die aktuelle Politik der GRÜNEN protestieren wollten. Demnach ansonsten nicht auf die Idee kämen, den Kandidaten einer faschistischen Partei zu wählen. Liegt er damit richtig?
Ich behaupte seit einigen Jahren, dass Deutschland einen “Rechtsruck” erfährt. Als ich dies für mich erstmalig feststellte, befand ich mich noch im Dienst. In dieser Zeit sagte ein Dienststellenleiter, der lange Zeit mit Ermittlungen zu politisch motivierten Straftaten aus dem rechten Spektrum betraut war, zu mir Worte, die ich seither nicht mehr vergaß: “Wir sind uns doch wohl beide einig, dass die Rechten lange nicht das Potenzial mit sich bringen, wie die Linksextremisten.” Dies sagte er etwa ein Jahr, bevor die damals noch falsch zugeordneten Straftaten der NSU bekannt wurden.
Neonazis, rechte Skinheads, neu-nationalsozialistische Kampfgruppen, Vereinigungen, 1 % Rocker aus dem rechten Spektrum nebst Hooligans, sind seit Jahrzehnten Eskalationen von in Deutschland kursierenden Lebenshaltungen, Anschauungen, Zielen. Sie sind das Extrem, wenn man erstmal “harmlos” erscheinende Aussagen bzw. weniger “harmlose” Sprüche ausgehend von ungefährlichen Personen konsequent bis zu Ende denkt. “Denen müsste man mal den Arsch versohlen und sie längere Zeit einsperren!”, ist zum Beispiel schnell daher gesagt. Es gibt Zeitgenossen/innen, die dies tatsächlich umsetzen.
In Deutschland existiert meiner Auffassung nach innerhalb des Diskurses bezüglich rechter Strömungen ein eklatantes und gleichsam gefährliches Problem. Die meisten verwenden ausschließlich die Ansprache “Nazi”. Dieser Bezeichnung kann sich jede/r Erz-Konservative oder jemand, der sich der Neuen Rechten zugewandt fühlt, leicht entziehen. Diese Leute sind keine Nationalsozialisten. Doch dies macht sie nicht weniger gefährlich für eine offene, progressive, moderne Gesellschaft, in der sich Individuen jenseits einer gelenkten Massengesellschaft entwickeln können. Hinzu kommt, dass diese Leute nicht sehen, nicht wahrhaben wollen, wem sie am Ende den Weg bereiten und sie dies nicht unter Kontrolle bekommen. Schlicht, weil sie bei sich selbst nicht erkennen, welche Niederungen im menschlichen Habitus sie aktivieren bzw. unterstützen. Historisch betrachtet, passierte dies in der Vergangenheit diversen Politikern/innen und Philosophen, welche am Ende nicht fassen konnten, welche Dynamik entstand. Hierfür ist für mich das beste Beispiel Martin Heidegger, der bereits 1933 der NSDAP beitrat.
Im weiteren Text bezeichne ich die AfD bewusst, als eine faschistische Partei. Sie noch der Neuen Rechten, auf die ich später eingehe, zuzuordnen, halte ich persönlich für falsch. Ebenso sind sie keine Nationalsozialisten. Vielleicht sind sie sogar etwas Neues, eine Mixtur, mit ähnlichen Eigenarten, aber dennoch neuen Aspekten. Für Faschismus entschied ich mich wegen des Werdegangs und Ansätzen des Begründers Mussolini. Seine Biografie war für die damalige Zeit neu.
Robert A. Paxton, schreibt hierzu in seinem Buch “Anatomie des Faschismus, Die politische Gefahr des Faschismus ist keineswegs überwunden. Auf einer ersten Stufe existiert er auch heute in allen größeren Demokratien.“
… Der Faschismus dagegen (Anmerkung: auf andere *ismen bezogen) war eine neue Erfindung, die frisch für das Zeitalter der Massenpolitik geschaffen worden war. Er suchte speziell die Gefühle anzusprechen, und zwar durch den Einsatz ritueller, sorgfältig inszenierter Zeremonien und intensiv aufgeladener Rhetorik. Die Rolle, welche die Programme und Lehrmeinungen dabei spielten, ist bei näheren Hinsehen grundsätzlich verschieden von der bei Konservativismus, Liberalismus oder Sozialismus. Der Faschismus beruht eben nicht explizit auf einem elaborierten philosophischen System, sondern eher auf populären Gefühlen, Ansichten über “Herrenrassen”, deren ungerechtes Schicksal und ihre gerechtfertigte Prädominanz über minderwertige Völker. Er hat keinen intellektuellen Unterbau durch irgendeinen Systembegründer wie Marx oder irgendeine bedeutendere kritische Intelligenz wie Mill, Burke oder de Tocqueville.
Robert A. Paxton, “Anatomie des Faschismus, S.30, Einleitung, DVA München, 1.Auflage
Weiterhin weist Paxton in seinem Buch mehrfach darauf hin, dass der Faschismus nicht ausschließlich nach den Worten und Reden der Protagonisten zu beurteilen ist, sondern immer die tatsächlichen Handlungen, auch die im Verborgenen, zu berücksichtigen sind. Letztere aufzudecken ist die Aufgabe des polizeilichen Staatsschutzes der Länder, des Bundeskriminalamts, der Verfassungsschutzämter und des Bundesverfassungsschutzes. Um so gefährlicher ist es, wenn sich diese teilweise in den Händen der Neuen Rechten, der intellektuellen Vorstufe des Faschismus, befinden. Die Aussage des aktuellen Leiters des Verfassungsschutzes Thüringen Stephan Kramer, der über diesen Verdacht erhaben ist, sollte einige Leute nervös machen:
„Die AfD ist der parlamentarische Arm einer viel größeren Verschwörung, einer revolutionären Verschwörung, sie wollen die Regierung bezwingen, den Staat, und das ganze System, das in der Bundesrepublik Deutschland eingerichtet wurde“
Stephan Kramer, Interview, NDR INFO, 28.06.2023
Solche Worte vernahm und vernimmt man nie von einem Vertreter der Neuen Rechten, dem ehemaligen Leiter des Bundesverfassungsschutzes und Hans-Georg Maaßen und gegenwärtigen Vorstand der CDU internen Werteunion. Er trat zeitweilig, vermeintlich aus Protest gegen die Wahl des AfD – nahen, Autors, Max Otte aus der Werteunion aus. Aus meiner Sicht eine unpräzise Aussage. Trat er wegen der Nähe zur AfD aus oder ging es vielmehr um die Person an sich und Aussagen, die die Werteunion in den Fokus des Verfassungsschutzes gebracht hätte? Immerhin steht Maaßen im Verdacht, die AfD diesbezüglich beraten zu haben.
Sonneberg
In Sonneberg standen für die rund 50.000 Wahlberechtigten anfangs der 57-jährige ehemalige Landmaschinen u. Traktorenschlosser, Fahrlehrer u. Ex-Bürgermeister, Jürgen Köpper (CDU), eine 53-jährige ehemalige Bundespolizeibeamtin und Volljuristin, Frau Nancy Schwalbach (GRÜNE), die 41-jährige parteilose (aber von der SPD unterstützt) Anja Schönheit, ebenfalls durchaus qualifiziert und der 50-jährige Volljurist u. Mitglied in der als rechtsextrem eingestuften Thüringer AfD, Herr Robert Sesselmann. Also vier für ein höheres Verwaltungsamt qualifizierte Kandidaten. Wenn schon Protest, wäre die parteilose Kandidatin eine nachvollziehbare Option gewesen.
Gewählt wurde Robert Sesselmann. Auch wenn es weh tut, klickte ich mich durch einige Videos. Im Gegensatz zu einigen anderen Mitgliedern der AfD – Thüringen (siehe z.B. Höcke) ein leiser, ruhig, auftretender Mann, der im Landtag den einen oder anderen vernünftigen Beitrag zu Verwaltungsthemen beitrug. Im Wahlkampf äußerte er sich im Wesentlichen zu Themen, die mit seiner zukünftigen Funktion als Landrat nichts zu tun haben. Da verstieg er sich in die übliche AfD Hetze und irrationales Zeug. Mit anderen Worten, der Mann kann mit Sicherheit Verwaltung. Was nichts an seiner Haltung zu anderen Themen ändert, weswegen er wohl auch in der AfD ist. 12 Jahre Nationalsozialismus zeigten, dass Faschisten und Verwaltungsleute, zumeist Technokraten, durchaus zusammen passen. Ich denke, in dem ich mir einige seiner Reden anschaute, habe ich der Mehrheit seiner Wähler einiges voraus. Die wählten ihn nicht, weil er sich dort profilierte, sondern wegen seiner sachfremden Wahlkampfreden. Und da ist kein Protest zu erkennen. Die stimmten ihm schlicht und ergreifend zu.
Wenn ich mehrere Optionen habe, muss es einen Grund geben, warum ich weder eine der beiden Frauen noch den männlichen Gegenkandidaten wähle oder mich ganz der Wahl enthalte. Nochmals: Für die Leitung einer Verwaltungsbehörde waren alle vier ausreichend qualifiziert. Parallel führte nachvollziehbar der Rest der AfD für ihn Wahlkampf. Seine Qualifikation wurde in Nebensätzen erwähnt, doch der Fokus lag darauf, wie wichtig das Signal ist. Auch das nährt den Verdacht, dass es nicht Protest ging, hingegen die Annahme einer Zustimmung deutlich näher liegt.
Mir stellt sich an der Stelle eine grundsätzliche Frage: Wird eine oder einer durch die Politik anderer Parteien zur Faschistin oder Faschisten? Oder sind diese Leute bereits zuvor mit faschistischen Charaktermerkmalen und Haltungen unterwegs? Womit sie keinesfalls mittels Kurskorrekturen überzeugt werden können, es sei denn, man bietet ihnen selbst eine faschistoide Politik an.
Psychologie des Faschismus
Ein zentrales Merkmal des faschistoiden Charakters ist die Lust am Treten nach unten und dem Buckeln nach oben, auch Radfahrerprinzip genannt.[1]Erich Fromm, Psychoanalyse des Faschismus Der Psychoanalytiker Erich Fromm geht noch einen Schritt weiter und stellt eine Analogie zum “Sadomasochismus” her. Der Masochist, welcher sich führen lässt und damit alle Verantwortung aufgibt, kombiniert mit dem Lustgewinn andere quälen zu können, wobei er wiederum den eigenen Status erhöht.
Nach allem, was ich von ehemaligen Kollegen mit einer DDR – Biografie erfuhr, war diese Eigenschaft nicht gerade hinderlich. Ich bin kein Freund der Erzählung, in der sich 1989 die gesamte Bevölkerung der DDR für eine friedliche “Revolution” entschied. Faktisch wirkten zu dieser Zeit viele Kräfte auf die DDR ein, ohne die Einsicht Gorbatschows hätte sich vieles anders entwickelt und diverse Hardliner, waren gar nicht glücklich darüber. Das Buckeln beherrschten viele sehr gut. Darüber hinaus lernte ich welche kennen, die dies taten und zusätzlich politische Gefangene misshandelten. Und auch in der zuvor bestehenden BR Deutschland, hat sich diese Eigenart niemals wirklich verloren. Gerade in den Behörden war sie stets gegenwärtig. Mobber, von denen es in Behörden einige gibt, erfüllen alle Kriterien.
In beiden deutschen Teilstaaten bestand in der Gesellschaft eine feste Hierarchie. Jeweils eine, in der die individuelle Verantwortung nach oben abgegeben werden konnte, gleichzeitig mittels des Tretens nach unten, der eigene soziale Status eine Steigerung erfuhr. Im Unterschied zur BR Deutschland wurden die meisten DDR-Bürger beinahe elterlich an die Hand genommen. Berufliches Fortkommen oder auch nicht, Wohnungszuteilung, Freizeitgestaltung, Studium, soziale Maßnahmen, der real existierende Sozialismus sprang zur Seite. Nach ’89 hatte dies für viele böse Folgen. Ich erinnere mich gut an Ermittlungsverfahren, in denen vornehmlich junge Leute, aus echter Not heraus Diebstähle begingen, weil sie keinerlei Vorstellungen hatten, wie, in welcher Form und wo, sie Hilfe bekamen. Des Weiteren wurde nach ’89 versäumt, den “neuen” Bürgern der BR Deutschland die Verfassungsgrundlagen zu erläutern. Wenn schon die Lücken bei den alten Bundesbürgern beklagenswert waren, gab es bei ihnen keinerlei Wissen und bis heute setzt sich das im gesamten Deutschland fort. Ich mache den Leuten daraus keinerlei Vorwurf. Wer setzt sich schon nach der Arbeit hin und beschäftigt sich mit dem Grundgesetz, dem Aufbau des Staats oder mit den Gegebenheiten des Straf-, Bürgerlichen- oder Verwaltungsrechts? Verwerflich wird dies erst, wenn Frauen und Männer, die in der Politik aktiv sind, über wenig Kenntnisse verfügen.
Während die einen bereits vom Kapitalismus auf “Haben” und allem, was damit zusammenhängt, gepolt waren, kamen jetzt Ausgehungerte dazu. [2]Erich Fromm, Haben oder Sein: Die seelischen Grundlagen einer neuen Gesellschaft, Taschenbuch – 1. Juli 2005Doch dieses Haben bezieht sich nicht ausschließlich auf sichtbare Güter, sondern letztlich auf nahezu alles. Die Leute reden nicht davon, dass sie sich ängstigen, sich sorgen oder fürchten. Sie sprechen davon, dass Sie Ängste, Furcht, Sorgen, Verlustangst, Existenzangst, haben. Erst einmal klingt dies banal, doch wenn man länger darüber nachdenkt, merkt man, wie prägend dies ist. An dem, was ich habe, halte ich fest. Die andere Formulierung, das Beibehalten des Verbs, beschreibt einen Prozess, der mit einem konkreten Anlass verbunden ist und irgendwann, mit dem Wegfall des Auslösers, endet. Der Faschismus setzt auf das traditionell bestehende, also dem Haben. Alles neu Hinzukommende, Philosophien, Lebenshaltungen, kulturelle Veränderungen durch Einwanderer, Ausländer mit längerem Aufenthalt, Asylanten, wird abgelehnt. Wenn einem schon ein kompletter Staat abhandenkommt, will man wenigstens an den regionalen und vermeintlich typisch deutschen Gepflogenheiten festhalten. Doch auch die alten Bundesbürger, obwohl sie reisen konnten und internationalen Austausch pflegten, zeigen sich verängstigt. Es ist ja auch spätestens seit ’89 viel passiert und manch eine Region entwickelte sich bereits vor ’89 konsequent nie weiter. All dies bezieht sich nicht auf die ältere Generation, sondern die Jüngeren wuchsen ebenfalls damit auf. Mehr noch, die Jungen HABEN noch deutlich mehr Ängste, denn die Alten. Sie bekamen eine Erziehung, in der es um das Bestehen innerhalb eines Konkurrenzkampfes geht. In der DDR hieß es, dass die “Intellektuellen” auch die richtig harte Arbeit kennenlernen müssen und ein wenig suspekt waren diese kritischen Intellektuellen immer, zumal sie zur Gefahr werden konnten. Die ehemaligen DDR-Bürger fühlen sich gedemütigt und dies gaben sie an die Kinder weiter. Indessen fühlen sich die anderen nach dem zigsten Skandal, all den falschen Versprechungen, verraten und verkauft. Viele sind in der Bonner – Dorfrepublik geblieben, in der die Welt noch überschaubar war. Multinationale Konzerne, Globalisierung, Digitalisierung, die damit einhergehenden Aufgabenstellungen, Gefahren, die andere Staaten bereits vor Jahrzehnten erlebten, überfordern sie. [3]Umberto Ecco, 14 Merkmale des Urfaschismus
Ohne vorhandene Eigenschaften, kein Faschismus
Ich könnte noch einiges mehr anführen. Aber ich will es hier dabei belassen. Für mich steht fest, dass für die Zuwendung zum Faschismus, ebenso für das Denken der Neuen Rechten, Grundvoraussetzungen vorhanden sein müssen. Wie angeführt sind Appelle an die Emotionen innerhalb der modernen Massengesellschaften ein Kernpunkt des Faschismus.
Schwierigkeiten bei der Ausbildung einer eigenen tragfähigen Identität,
Probleme bei der Reflexion der eigenen Schwächen und des Arbeitens daran, vor allem im Hinblick auf die eigene Rolle, statt andere verantwortlich zu machen (Opferrolle),
tatsächliche oder angenommene Ohnmacht,
Fixierung auf sozialen Status durch Besitz,
das Bedürfnis andere zu schwächen und zu kontrollieren,
die Bereitschaft sich dennoch unterzuordnen,
die Ablehnung des Intellekts, als vermeintliche Schwäche, statt dessen favorisieren der körperlichen Leistungsfähigkeit,
die Annahme, die einzig wahre Ansicht zu besitzen, sich in einer stetigen Konkurrenz zu anderen zu befinden, die einem etwas wegnehmen wollen,
die Sehnsucht Teil von etwas Großen zu sein, was die eigene Unbedeutsamkeit wett macht.
Ganz gut zu beobachten ist das u.a. an Universitäten. Geringe Bildung ist nicht ursächlich für den Faschismus. Allerdings wird alles abgelehnt, was entweder nicht einem unmittelbar erkennbaren Zweck dient oder schlimmer noch, den Faschismus ablehnt. Naturwissenschaften fallen erst in Ungnade, wenn die wissenschaftlich gewonnen Erkenntnisse nicht ins Bild passen (siehe Klimaleugner). Lediglich eine bestimmte Sorte junger Männer lässt sich von Burschenschaften rekrutieren. Inwieweit die immer rechts sind, ist offen. Zumindest geben sie alles her, was faschistoid veranlagte Typen mögen.
Ebenso schwierig ist, wie bereits angeführt, die Abgrenzung zu der Neuen Rechten (künftig NR). Sie ist eine politische Strömung, die in den 50ern maßgeblich auf Armin Mohler[4]Armin Mohler war ein deutscher Historiker, Publizist und politischer Theoretiker. Er wurde am 12. April 1920 in Basel, Schweiz, geboren und verstarb am 4. Juli 2003 in München, Deutschland. … Continue readingzurückzuführen und entstanden ist. Sie vereint verschiedene rechtsextreme, nationalistische und konservative Ideen und Positionen. Die NR zeichnet sich durch eine intellektuelle Herangehensweise und eine Strategie der kulturellen Beeinflussung aus, um ihre Ideen in der Gesellschaft zu verbreiten.
Sie distanziert sich oft von offenkundig neonazistischen Positionen und versucht stattdessen, eine akzeptablere und weniger extremistische Fassade zu wahren. Sie bedient sich eines akademischen Vokabulars und versucht, ihre Positionen als Teil eines intellektuellen Diskurses darzustellen. Ein zentrales Ziel der Neuen Rechten ist es, Einfluss auf gesellschaftliche Bereiche wie Medien, Bildungseinrichtungen, Kunst und Kultur zu nehmen, um ihre Weltanschauung zu verbreiten und den politischen Diskurs nach rechts zu verschieben.
Die Neue Rechte in Deutschland vertritt oft nationalistische Ideen und betont die Wahrung der nationalen Identität, Kultur und Traditionen. Sie ist häufig euroskeptisch und lehnt die Europäische Union ab. Zudem zeigt sie oft eine Ablehnung von Multikulturalismus, Einwanderung und liberalen Werten wie Gendergleichheit und LGBT-Rechten.
Anzumerken ist, dass sie trotz ihres intellektuellen Auftretens und ihrer strategischen Taktiken weiterhin rechtsextreme und antidemokratische Elemente enthält. Ich denke nicht, dass ihr Kalkül ansatzweise eine Chance hat aufzugehen. Dem eigenen Verständnis nach befinden sie sich in der Tradition der Konservativen (z.B. Zentrum Partei) der Weimarer Republik und verweisen darauf, dass deren Mitglieder ebenfalls von den Nationalsozialisten verfolgt wurden. Ich sehe es mittlerweile in der Form, dass oben als Überschrift Neo-Faschismus steht, und sich darunter neben dem von Mussolini eingeführten Faschismus, die Ausgestaltung nach Franco, der Nationalsozialismus und diverse moderne Interpretationen befinden.
Teile der UNION gehören eindeutig zur Neuen Rechten, während einige Mitglieder der AfD eine krude Mixtur, noch weiter in Richtung Ur-Faschismus, wenn nicht gar Nationalsozialismus, zusammenbrauen.
Unter der Führung von Friedrich Merz hat die Neue Rechte innerhalb der CDU, hauptsächlich organisiert in der Werteunion, erheblichen Aufwind bekommen. Was er da ankündigt, dürfte nicht dem Machtgewinn der CDU dienen. In vielerlei Bereichen sind die Grenzen zwischen AfD und CDU aufgehoben, sodass ein Gemenge entstanden ist. Nur, dass die CDU den Ruf weg hat, die der Neuen Rechten zuzuordnenden Mitglieder, allzu Stiefmütterlich behandelt zu haben.
Der Merz – Plan wird nur teilweise aufgehen
Merz und seine Seilschaft innerhalb der CDU könnten zu Gärtnern der AfD und der dahinter stehenden Kräfte werden. Nämlich dadurch, dass sie das “Beet”, den Nährboden düngen, aber statt der gewünschten Pflanzen jede Menge Beikräuter sprießen lassen. Oder um das Bild noch etwas zu erweitern: Sie benutzen einen Kompost, der aus den Abfällen des alten Faschismus und deutschen Nationalsozialismus besteht.
Hierbei ist auch die ungesunde Verknüpfung zwischen Kapitalismus und autoritären Systemen zu berücksichtigen. Klassische Unternehmen, Konzerne, Global Player, sind im Gegensatz zu beispielsweise Kooperativen, knallhart autoritär und hierarchisch strukturiert. Manche, wie z.B. Noam Chomsky, fürchten weniger politische Bewegungen, denn die Übernahme der Gesellschaften durch eben jene Wirtschaftsakteure. Wer mittels Bezahlung Propaganda initiieren kann, die Massengesellschaften steuern, braucht Wahlen nicht zu fürchten.
Ich wage es, mich für einen längeren Zeitraum festzulegen. Die sich weiter zuspitzende Klimakatastrophe mit all ihren Folgen wird ausgerechnet den Rechten, Konservativen, autoritär organisierten Wirtschaftsgrößen nutzen. Auswirkungen, wie Flüchtlingsbewegungen, Migration, Kriege um Wasser oder um für menschliches Leben geeignete Regionen, Unruhen, Aufstände, können sie in der deutschen Gesellschaft am ehesten bedienen. Gleichfalls ist die deutsche Bevölkerung noch weit davon entfernt, die auf sie zukommenden katastrophalen Veränderungen derart zu verinnerlichen, dass sie bereit wäre, ernsthaft notwendige Maßnahmen, wie sie z.B. seitens der Protestbewegungen oder auch den GRÜNEN gefordert werden, hinzunehmen. Ähnlich sieht es mit den Kriegsfolgen in der Ukraine aus. Wobei hier die noch völlig offen ist, was uns diesbezüglich erwartet. Ein Faktor, der völlig unberechenbar ist.
Ich verfolge aufmerksam im engeren und weiteren Bekanntenkreis die Entwicklung.
Ein kleiner Kreis, von dem ich nichts anderes erwartete, sieht z.B. die Proteste ähnlich wie ich. Im weiteren Kreis setzt immer mehr die Erosion ein. Es ist erschreckend, wie wirksam Propaganda sein kann. Überall sickern die “Spins” in die Gespräche und Kommentare ein. Kürzlich verfolgte ich bei Facebook Kommentare, in denen zum Beispiel der “Spin”, Greta Thunberg, sei ein missbrauchtes Kind, aufgegriffen wurde. U.a. geht dies auf ihr Asperger Syndrom zurück. Es ist zwecklos diesen Leuten rational entgegenzuhalten, dass gerade “Asperger” oftmals analytisch überlegen sind.
Gleichermaßen sieht es mit der Verschwörungserzählung aus, in der die Protestbewegung “Letzte Generation” eine “Kolonne” einiger Millionäre/Milliardäre wäre. Niemand leugnet die Geldzuwendungen. Zur Betrachtung stehen zwei Positionen. Fraglich ist, warum diese Leute bereit sind, zu fördern. Schaue ich auf die Entwicklung, verfüge über die notwendigen Mittel, kann aber aus verschiedenen Gründen nicht selbst handeln, schaue ich, wo ich mein Geld strategisch am ehesten unterbringen kann und dabei auch noch Steuern spare. Eine Informationsquelle hierfür ist influencewatch.org. Hier kann auch nachgelesen werden, wie der “Sponsor” der Letzten Generation “Climate and Clean Energy Equity Fund”, Untergruppe des “new-venture-fund“, bei dem Zuwendungen steuerlich abgesetzt werden können, funktioniert.
Dann muss ich mir die Empfänger anschauen. Ist Geld, der eigene Vorteil, ihr Motiv? Keinesfalls! Und Überraschung, selbst Frauen und Männer, die in der SPD maßgeblich eine Rolle spielen oder Gewerkschaftler springen auf die vermeintliche Verschwörung auf. Ehre, wem Ehre gebührt. Diejenigen, welche da im Hintergrund in den PR-Agenturen arbeiten, leisten ganze Arbeit. Auch wenn es teilweise die primitivsten Ansätze sind. “Die oder der kommt aus einem begüterten Elternhaus! Also sind das Heuchler!” Es funktioniert. Die GRÜNEN und die SPD setzen auf Vernunft, Verstand und Werte. Nichts davon hat in der deutschen Bevölkerung eine Bedeutung, wenn es um Kraftfahrzeuge, Häuser, Urlaub, Fremde und finanzierbaren Konsum geht. Mittelfristig werden die autoritären Kräfte über Anpassungsmaßnahmen und diesbezügliche Versprechungen regieren, bis dies auch nicht mehr funktioniert.
Wer die Entwicklung stoppen will, muss öffentlich und umfangreich, gegen den Populismus, die allgegenwärtige Propaganda antreten, aufklären und darf sie nicht selbst anwenden. Und jenseits des Populismus, müsste in allen Bereichen “reiner Wein” eingeschenkt werden.Problem: Dies wäre das Ende der CDU/CSU, FDP, in der heutigen Ausgestaltung. Ergo, wird es nicht dazu kommen.Für mich ist die AfD der konsequente Part der “Konservativen”. Für Männer wie Höcke, denken diverse Mitglieder der CDU, vor allem die am rechten Rand, in die richtige Richtung, aber sind in seinen Augen “zu weich” es durchzuziehen. Ich befürchte, er wird eine Menge Zeitgenossen/innen finden, die ähnlich denken und sich deshalb der AfD zuwenden.
Armin Mohler war ein deutscher Historiker, Publizist und politischer Theoretiker. Er wurde am 12. April 1920 in Basel, Schweiz, geboren und verstarb am 4. Juli 2003 in München, Deutschland. Mohler war eine bedeutende Figur im intellektuellen Spektrum der sogenannten “Konservativen Revolution” und der NR in Deutschland. Er prägte maßgeblich die konservative Denkrichtung und war insbesondere in den 1950er und 1960er Jahren einflussreich. In seinen Werken beschäftigte sich Mohler mit verschiedenen politischen, kulturellen und ideologischen Strömungen. Er analysierte vornehmlich die Ideen der Konservativen Revolution im Deutschland der Weimarer Republik, darunter Denker wie Ernst Jünger, Oswald Spengler (Anmerkung: Mit eben jenem anti-demokratischen Vordenker des Nationalsozialismus, aber Gegner der Rassenideologie, sympathisiert Max Otte) und Carl Schmitt. Mohler betrachtete die Konservative Revolution als eine Antwort auf die kulturelle Krise und den Zusammenbruch der alten Ordnung nach dem Ersten Weltkrieg. Mohler wurde auch für seine Kontakte zur rechtsextremen Szene in Deutschland kritisiert. Er sympathisierte zeitweise mit nationalsozialistischem Gedankengut, distanzierte sich jedoch später von diesem und wandte sich einer nationalkonservativen Position zu. Er vertrat kontroverse Ansichten und war eine äußerst umstrittene Figur. Seine Werke und Ideen werden oft im Zusammenhang mit der Entwicklung der Neuen Rechten und des intellektuellen Rechtsextremismus in Deutschland diskutiert.
Zitat: “Ausgerechnet in der Corona-Krise, in der viele Menschen auf vieles verzichten müssen, philosophiert SPD-Chefin Esken über mehr Lebensqualität durch Verzicht. Und das auch noch im Superwahljahr. In der SPD rumort es nun gehörig.”
Das harmlose Substantiv “Verzicht” wirkt auf Konservative und Jünger der Religion des Marktes, wie Weihwasser auf den Teufel oder Knoblauch auf Vampire. Doch was bedeutet es, wenn jemand verzichtet? In der Regel gibt es etwas, was ich bekommen könnte, aber es mir aus einem Grund heraus nicht nehme. Vielleicht bin ich gesättigt, und würde mich bei noch mehr Essen übergeben. Oder ich spüre, dass ich betrunken bin und will mir nicht noch mehr Alkohol zumuten. Es läuft immer darauf hinaus, dass ich etwas tun könnte, aber es bewusst unterlasse. Als Mensch habe ich ein breites Spektrum an Handlungsoptionen. Wenn ich es darauf reduziere, würde es bedeuten, dass ich jeden Tag auf einen Suizid verzichte oder darauf jemanden ums Leben zu bringen. Verzicht wird seitens der angesprochenen Personengruppe negativ konnotiert. Es geht um Konsum, Freizeitgestaltung, Besitz, Statussymbole und einiges andere in dieser Richtung. Das war nicht immer so. Im Christentum waren wenigstens den Texten nach, Maßhalten, Zurückhaltung, Genügsamkeit, eher Tugenden, während die Völlerei, die Gier, Maßlosigkeit, Übermaß, zu den Sünden gehörten. Bei den Benediktinern/innen, Jesuiten, Franziskaner/innen und zahlreichen anderen Ordensgemeinschaften kann hierzu jeder im Bedarfsfall nachfragen. Wer nicht Fragen will, kann alternativ in der Bibel unter den Stichworten, Sintflut, Babylon oder Sodom und Gomorrha, nachlesen. Verzichten die überzeugten Christen oder sind andere Worte passender? Und wenn Christen, die meisten Konservativen rechnen sich zu ihnen, haltlos konsumieren, sind sie dann gar keine oder wenigstens Sünder? Nebenbei habe ich dies bei der Katholischen Kirche noch nie verstanden.
Bei Texten und Kritik folgt auf Verzicht in der Regel ein Hinweis auf Verbote. Die Aufforderung zum Verzicht geht bei dieser Logik immer mit einem Verbot einher, ansonsten würde niemand freiwillig von der Möglichkeit zu Handeln Abstand nehmen. Wenn ein Mensch nicht handelt, wird dies auch unterlassen genannt. Vielleicht, weil die Gefahr besteht, sich selbst oder andere zu gefährden. Oder es gibt schlicht keinerlei Motiv für eine Handlung. Warum sollte ich beispielsweise etwas kaufen, was ich überhaupt nicht benötige? Die Antwort ist bekannt. Es geht nicht um die Notwendigkeit, sondern das Bedürfnis danach. Zum überwiegenden Teil um Bedürfnisse, die in einem geschickt erzeugt werden. Jeder/jedem steht es innerhalb von gewissen Grenzen frei, die Bedürfnisse, auch wenn sie durch Manipulationen entstanden, zu befriedigen. Wie sehen diese Grenzen aus? Immer, wenn ich andere mit meiner Bedürfnisbefriedigung schädige, wird es kritisch. Es gibt Ausnahmefälle. Ich denke dabei an im Mangel vorhandenes Existenzielles, um das ich mit anderen kämpfen muss. Wenn bei drei Personen das Wasser nur für zwei zum Überleben reicht, wird es unangenehm und ethisch sehr theoretisch, während es praktisch in der Regel handfest zur Sache geht. Doch wenn man nicht gerade das Pech hat, in einem Flüchtlingscamp festzusitzen, betrifft dies die wenigsten Mitteleuropäer und nahezu niemals Konservative. Dies liegt in der Natur der Sache. Müssten sie sich solche Sorgen machen, würden sie innovativ werden und schleunigst Änderungen anstreben.
Bleibt also die unmittelbare oder mittelbare Schädigung anderer Menschen, und ich denke die Erweiterung ist zulässig, anderer Lebewesen, da das komplexe Lebenssystem der Erde von allen abhängig ist. Man kann diese Einschränkung auch als logische Bedingung für die Freiheit sehen. Alles ist erlaubt, solange ich keinen objektiv vermeidbaren Schaden anrichte, sollte ich es dennoch tun, muss ich damit leben, dass mich die Geschädigten zur Verantwortung ziehen. Demnach ist das Unterlassen einer möglichen Handlung eine an den Lebensprinzipien orientierte Unterordnung. Ich bin kein buddhistischer Mönch oder Jesuit, insofern bin ich selbst häufig genug einer, der nicht ganz ohne Schädigungen auskommt, zumal dies in meiner Umgebung irre schwer ist. Vieles ist vollkommen unnütz. Ich rauche, trinke Kaffee, für den andere ausgebeutet werden, benutze ein Smartphone, an dem viel Unmenschliches hinten dran hängt, u.s.w. Aber wenn ich darauf hingewiesen werde, zucke ich unangenehm berührt zusammen und weiß, dass ich lieber die Klappe halten sollte, statt eine Gegenrede zu führen. Oftmals bin ich für Verbote dankbar und ersehe sie als Hilfestellung. Wenn zum Beispiel von Heute auf Morgen die Herstellung und der Verkauf von Plastiktüten verboten wäre, würde ich dies begrüßen.
Bei mir kommt Verzicht gedanklich mit Übermaß bzw. Luxus, Vergnügen, daher. Ich könnte, benötige es aber nicht, also lasse ich es, zumeist mit positiven Folgen. Dazu gehören ab – und zu der Verzicht auf Zucker, Salz, Tabak, Alkohol oder auf eine Busfahrt, zugunsten eines Spaziergangs. Wenn etwas offensichtlich und ohne jede Frage schädlich für andere ist, dann kann von einem Verzicht nicht mehr die Rede sein. Dann handle ich unvernünftig, wenn ich es gedanklich ableiten kann oder unverständig, wenn ich es sogar unmittelbar sehe. Wie gesagt, ich bin keinesfalls ständig mit Sinn und Verstand unterwegs.
Wenn Konservative oder ihre Untergruppe, die Neoliberalen, zähnefletschend das Wort Verzicht benutzen, wollen sie aufwiegeln. “Da will Euch jemand etwas wegnehmen oder untersagen!” Der springende Punkt ist dabei, dass mir niemand etwas wegnehmen oder untersagen kann, was mir ohnehin nicht zusteht. Mit ungebremsten Konsum, der Beteiligung an der unverantwortlichen Zerstörung der Lebensgrundlagen, füge ich mir selbst und anderen einen objektiv sichtbaren Schaden zu. Welche Instanz sollte mir dieses zugestehen? “Es ist Dein Recht, zum eigenen Nutzen andere zu schädigen!” Hierauf könnte ich dann verzichten. Wir machen es in allen nur erdenklichen Formen, soviel steht fest. Doch ich finde, es klänge merkwürdig, wenn ein Außenminister sagte, wir könnten zwar einfach mal militärisch intervenieren, aber verzichten darauf. Was wir tun, ist das Ableiten von Rechten aus vorhergehenden Handlungen. Doch was genau hat uns die Flora und Fauna der Arktis getan? Oder all die Lebewesen in den Meeren? Was ist mit den Insulanern, bei denen demnächst Land unter ist? Fällt jemanden etwas ein? Ich bin gespannt.
Aus mir unerklärlichen Gründen heraus sind Konservative und Neoliberale von der Existenz dieser Rechte überzeugt, sonst würden sie das Unterlassen des Schädigens nicht als einen Verzicht bezeichnen können. Wie würde es klingen, wenn ich sagte: “Ich habe das Recht und die Möglichkeit, den Garten meines Nachbarn mit “”Roundup” in einen kontaminierten Buddelkasten umzuwandeln, aber weil ich ein Netter bin, verzichte ich darauf.” Nein, ich habe dies gefälligst aus mannigfaltigen Gründen zu unterlassen. Bisher bin ich noch nicht auf die Idee gekommen, mich darüber zu beschweren. Es war auch noch nicht notwendig, dass jemand sagte: “Verzichten Sie bitte darauf!”
Menschliches Handeln basiert immer auf einem Motiv. Was umtreibt die Macher und Autoren der konservativen bis rechts-konservativen Plattformen? Eine Auseinandersetzung mit ihrem Selbstverständnis, mögliche Hintergründe und der Vorgehensweise.
Eine politische Debatte oder Diskussion ist ohne eine Sortierung in eine beschriftete Schublade kaum noch möglich. Dabei muss in keiner das sein, was außen auf einem Etikett steht und bisweilen sind die Aufschriften kryptisch. Eine weitere Eigenart ist der Umstand, dass sich manch eine/r klar erkennbar positioniert und keinerlei Fragen offen lässt, wofür sie/er politisch steht. Wenn jemand von sich behauptet ein überzeugter Kommunist zu sein, glaube ich das zunächst einmal. Besteht dann noch eine Mitgliedschaft in der DKP oder im Spartakus Bund, bestehen kaum noch Zweifel. Dies gilt genauso für Anarchisten. Faschisten sind etwas heikel, weil sie sich positionieren könnten, aber es sich selten trauen. Wobei ich denke, eine Mitgliedschaft in der NPD kann man durchaus gelten lassen. Bei vielen anderen wird es unscharf. Konservativ, reaktionär, rechts – konservativ, sozialistisch, links, ökologisch, kapitalismuskritisch, sind Strömungen und eher Sammelsurien, denn sie eine klare Position beschreiben. Und wie im im anfassbaren Leben, landen Dinge, die man nicht so recht klar zuordnen kann, in verkramten Schubläden. Bei Diskussionen oder Debatten kommt es dann gewollt oder ungewollt zu Missverständnissen. Seit Jahrzehnten steckt bei der Verwendung von Schubladen, meistens ein propagandistisches, Kalkül dahinter. Habe ich es mit einer/m zu tun, die unangenehm auf die für jeden sichtbaren Anzeichen eines Klimawandels oder die Zerstörung der Umwelt hinweist, ist es praktisch die Schublade links aufzuziehen und alles Gesagte mit dem durchscheinenden Lack einer vermeintlichen Sympathie für Kommunismus oder Sozialismus zu versehen. Menschen, die die Gewinner des Kapitalismus, vornehmlich des Neoliberalismus sind, mögen keine Kommunisten. Noch größer ist die Antipathie bei ehemaligen DDR – Bürgern, denen vom ZK der SED ihr Treiben als Sozialismus verkauft wurde. Auf der anderen Seite wird wild mit den Etiketten Rassismus, Nazi, rechtsradikal, rechtsextrem, geklebt.
Woran erkennt man Faschismus?
Der italienische Schriftsteller, Kolumnist, Philosoph, Medienwissenschaftler Umberto ECO hat sich intensiv mit dem Faschismus auseinandergesetzt:
„Faschismus wurde zu einem „Allzweckbegriff“, weil man aus faschistischen Regimen Merkmale eliminieren kann und es trotzdem noch als faschistisch erkennbar sein wird.“ schrieb Umberto Eco 1995. „Nehmen Sie den Imperialismus vom Faschismus und Sie haben noch Franco und Salazar. Nehmen Sie den Kolonialismus weg und sie haben noch den Balkanfaschismus der Ustascha. Fügen Sie dem italienischen Faschismus einen radikalen Antikapitalismus hinzu, (der Mussolini nie fasziniert hat) und Sie haben Ezra Pound. Addieren Sie einen Kult der keltischen Mythologie und die Gral-Mystik (völlig fremd dem offiziellen Faschismus) und Sie haben einen der angesehensten faschistischen Gurus, Julius Evola.“ Viele Namen sagen uns heute kaum noch was. Sie sind im Kontext von Umberto Ecos Zeit zu sehen. In der Konsequenz können sich faschistische Regime deutlich unterscheiden.
1. Traditionenkult. Der Traditionalismus als Gegenbewegung zum Synkretismus (Vermischung verschiedener Religionen, Konfessionen, philosophischer Lehren) → „Es kann keinen Fortschritt der Erkenntnis geben, die Wahrheit ist ein für allemal verlautbart“. 2. Ablehnung der Moderne: Trotz Technikverehrung fußt die Ideologie auf Blut und Boden. Im Grunde werden die Aufklärung und die Werte von 1789 abgelehnt. 3. Irrationalismus: „Denken als Form der Kastration“. Kultur wird verdächtigt, sobald sie kritisch wird. Misstrauen gegenüber dem Intellekt. 4. Ablehnung der analytischen Kritik: Wenn die Wissenschaft mangelnde Übereinstimmung als nützlich ansieht, ist es für den Ur-Faschismus Verrat. 5. Ablehnung von Meinungsvielfalt und Pluralismus: Die natürliche Angst vor Unterschieden wird ausgebeutet und verschärft. Der erste Appell des Faschismus oder Vorfaschismus richtet sich gegen Eindringlinge. 6. Entstehen durch individuelle oder soziale Frustration: Der Appell an die frustrierte Mittelklasse in einer ökonomischen Krise oder bei politischer Demütigung. 7. Nationalismus: Menschen, die sich der sozialen Identität beraubt fühlen, wird ein einziges Privileg zugesprochen: In demselben Land geboren zu sein. Die Wurzel der urfaschistischen Psychologie ist Verschwörung. Die Anhänger müssen sich belagert fühlen, am besten durch Fremde. 8. Demütigung vom Reichtum und der Macht der Fremden: Damals: „Juden sind reich und haben ein geheimes Netz gegenseitiger Unterstützung“. Heute „Flüchtlinge kriegen alles, haben iPhones und haben sich zur „Invasion“ verschworen“. 9. „Das Leben ist nur um des Kampfes Willen da.“ „Pazifismus ist die Kollaboration mit dem Feind.“ 10 „Elitedenken“: Man gehört dem besten Volk, der besten Rasse an. Der Führer weiß, dass ihm die Macht nicht demokratisch übertragen werden kann, dass seine Kraft in der Schwäche der Masse wurzelt. Jeder Unterführer verachtet seine Untergebenen. Die Folge ist ein massenhaftes Elitebewusstsein. 11. Erziehung zum Heldentum: Ein Held ist in der Mythologie ein außergewöhnliches Wesen. Im Faschismus ist der Held die Norm. Das Heldentum hängt eng mit einem Todeskult zusammen. Der Held im Faschismus sucht ungeduldig den heroischen Tod als beste Belohnung und schickt in dieser Ungeduld gerne andere in diesen Tod. 12. Übertragung des Willens zur Macht und des Heldentums auf die Sexualität: Das ist der Ursprung der Frauenverachtung und der Intoleranz gegenüber ungewöhnlichen Sexualpraktiken (von Keuschheit bis Homosexualität) und die Neigung zur „phallischen Ersatzübung“, dem Spiel mit der Waffe. 13. Selektiver Populismus: Der individuelle Bürger wird durch den Volkskörper ersetzt. Das Nürnberger Reichstagsgelände wird zum Internetpopulismus. 14. Urfaschismus spricht „Neusprache“: Ein verarmtes Vokabular mit Framing und Deutungshoheit. Von „Lügenpresse“ bis „Umvolkung“ werden Begriffe neu etabliert.
Ich finde, als jemand, der in Deutschland, Italien, S sollte nach dem Lesen dieser 14 Punkte eine Pause eingelegt werden, die für einen Blick in einen imaginären Spiegel ausreicht. Der deutsche Faschismus, ist das Ergebnis eines Prozesses, in dem Überzeugungen entstanden, die in die Sozialisation eingebaut wurden und 1945 nicht urplötzlich verschwanden. Ganz im Gegenteil, einzelne Aspekte sind in der Erziehung immer noch anzutreffen, während gar nicht bewusst wird, dass das aus dem Komposthaufen des alten Faschismus genährt wurde. Ich gebe zu, zweimal habe ich auch geschluckt.
Nachrichten als Mittel der Manipulation
Nachrichten können, selbst wenn sie lediglich das Tatsächliche wiedergeben und vollständig sind, einen manipulativen Charakter haben. Welche Nachrichten erlangten mich und warum haben sie mich interessiert, während sich andere meiner Wahrnehmung entzogen? Draußen passieren jeden Tag unzählige Geschichten, von denen ich ein Bruchteil erfahre. Ich benötige Filter, damit ich nicht überflutet werde. Eben genau jene können zum Problem werden, nämlich, wenn ich die Geschichten zur Bestätigung dessen benutze, was ich mir zusammengereimt habe. Hinzu kommt die Überlegung, welche für mich wirklich relevant sind. Vieles betrifft mich objektiv nicht, anders formuliert, sie gehen mich häufig gar nichts an. Es gibt mannigfaltige psychologische Abhandlungen darüber, warum uns Geschichten interessieren, mit denen wir nichts zu tun haben. Dazu gehört die Berichterstattung über sogenannte Prominente, Unglücke, Verbrechen, eben alles womit die Boulevardpresse ihr Geld verdient.
Oftmals antworte ich auf an mich gerichtete Fragen: “Wozu oder wofür benötigst Du diese Information? Welchen Mehrwert hat sie für Dich und was willst Du damit anstellen?” Eine kleine persönliche Abwandlung dessen, was Sokrates seinen Schülern vermittelte. Ich stelle sie auch aus der Ferne. Immer wenn sich jemand darüber empört, dass ihm etwas nicht erzählt wurde. Wobei es meistens nicht darum geht, was dem Einzelnen nicht berichtet wurde, sondern angeblich der Allgemeinheit vorenthalten wurde. Die, in Kenntnis des Empörenden, vollkommen andere Entscheidungen träfe. Allerdings räume ich ein, dass manchmal ein wenig Hintergrundwissen oder dem Prozedere hilfreich sein kann. Zum Beispiel leben Deutsche in einer durch und durch verwalteten Gesellschaft. Für das Verständnis diverser Vorgänge ist das Wissen, wie Verwaltung funktioniert und tickt, förderlich. Schubladen, Ordner, Etiketten, Bezeichnungen und vor allem sich daraus ergebende Zuständigkeiten, finanzielle und materielle Zuwendungen, sind in der Verwaltung täglich Brot.
Letztens sah ich einen Beitrag von Michel Friedman, den ich sehr schätze, in dem er sich aber diesmal verrannte. Er mokierte sich über die Einordnung von Straftaten, bei denen viel zu spät der Generalbundesanwalt eingeschaltet wurde. Alles eine Folge der Verwaltung. Ein engagierter Ermittler muss sich gut überlegen, was er auf seinen Ordner schreibt. Ist es der falsche Begriff, wird er je nach Zielsetzung, einen Vorgang nie wieder los oder das Ding wird einem weggenommen. Manchmal müssen Ermittlungen vor den falschen allzu neugierigen Augen versteckt werden. Ein Mittel ist es, ein niederschwelliges Etikett zu wählen, welches keine schlafenden Hunde weckt. Im Übrigen ist der Generalbundesanwalt niemand mit eigenen ihm speziell zugeteilten Superermittlern, sondern mehr eine Koordinierungsstelle. Aber dies nur am Rande. Bei allen größeren politischen Aktionen ist immer ein Verwaltungsfaktor dabei, bei dem der Wissende grob die Anzahl der Beteiligten, die notwendigen Schritte und vor allem die zu nehmenden Hürden einschätzen kann. Der Vorteil ist dabei: Wenn eine echte Sauerei abläuft, sind so viele beteiligt, dass es irgendwann eine undichte Stelle gibt. Man muss nur lange genug warten.
Im Zeitalter der Digitalisierung gibt es kaum noch echte Geheimnisse. Mit ein wenig Talent zur Recherche und Zeit bekommt der Interessierte nach und nach fast alles heraus. Für fast alles gibt es mehrere Quellen, die ich gegeneinander laufen lassen kann, auf diese Art einen gemeinsamen Inhalt ermittle und am Ende ziemlich gut über das reale Geschehen Bescheid weiß. Große Anteile des Geschehens sind zu einer Datenbank geworden, die jeder mit Suchparametern abfragen kann. Und die gewählten Parameter sagen eine Menge über mich aus: Sie verraten meine Interessen und weisen auf den Verwendungszweck hin.
Das Geschehen als Datenbank – Suchparameter: Nationalität
Einige Zeitgenossen ergötzen sich gern an Raub, Mord, Totschlag. Irgendwo hat eine/r auf dem deutschen Staatsgebiet einen anderen Menschen ums Leben gebracht. Gut! Menschen töten Menschen, das ist recht banal und kommt auf diesem Planeten minütlich vor. Wenn ich weder das Opfer, noch den/die Täter/in kenne, nicht einmal mit jemanden aus dem weiten Lebensumfeld bekannt bin, ist dies jetzt erst einmal nicht spannend. Gut, wenn es sich um einen Krieg handelt, vor allem wenn deutsche Soldaten beteiligt sind, könnte dies ein gewisses Interesse auslösen. Einigen reichen die einfach erlangbaren Information nicht aus. Wo ist das genau passiert? Was weiß man über den, die, Täter/in? Deutsche/r? Aus dem Ausland? Welches Land? Religion? Welche Gründe gab oder gibt es für den Aufenthalt? Mit dieser Ausprägung der Neugier unterscheiden sie sich schon mal von anderen Menschen. Manche nennen sich Journalisten, andere Politiker und wieder andere verstehen sich als Aufklärer.
Ein Teil legt einen besonderen Wert auf die eigene Nationalität des Täters/ der Täterin/ der Täter oder Eltern, Großeltern. Wobei ihnen dies oftmals schwer beantwortet werden kann. Staatsrechtlich und im normalen Sprachgebrauch ist Deutscher, wer die deutsche Staatsbürgerschaft besitzt. Alle anderen Interpretationen sind seit der Beendigung der Regierungszeit der NSDAP nicht mehr üblich. Vor 1945 wäre die Antwort einfacher gewesen. Ab September 1935, mit Verabschiedung der Nürnberger Gesetze, hätte auf eine Abweichung von “deutschblütig” oder “artverwandt” hingewiesen können. (siehe Umberto Eco) Mittlerweile behelfen sich einige mit einer Entlehnung aus der Soziologie und verwenden den Begriff “Migrationshintergrund”. In der breiten Masse bezieht sich er sich nicht auf eine tatsächliche Migration in das völkerrechtliche deutsche Staatsgebiet. Den Verwendern des Begriffs geht es ebenfalls nicht um die ursprüngliche Forschung nach den besonderen Problemen, die kulturelle Veränderungen, Ausgrenzung, Fremdeln, usw. mit sich bringen. Mitteleuropäer (quasi das alte “artverwandt”) werden ausgeklammert und nur Personen, die selbst oder deren Eltern, Großeltern, außerhalb Mitteleuropas geboren wurden, erfahren die Zusatzbezeichnung “Migrationshintergrund”. In der Ideologie der Nationalsozialisten gab es noch die germanischen Völker, zu denen die Slawen nicht gehörten. Passend dazu wird bei Tätern, Täterinnen, aus dieser Ecke Europas auch gern der Migrationshintergrund erwähnt. Aber ich habe selten bis niemals von einem französischen, belgischen, niederländischen oder britischen Migrationshintergrund gehört oder gelesen.
Wie auch immer, das Ganze entspricht wie erwähnt einer Datenbankabfrage, bei der Daten mittels einer vom Verwendungszweck abhängigen Suche abgefragt werden. Jetzt spiele ich dies einmal durch. Es passiert ein Totschlag, das Opfer ist eine deutsche Staatsbürgerin und der Täter ist meinetwegen ein syrischer Staatsbürger, der vor dem Kriegsgeschehen in seinem Land geflüchtet ist. Die spezielle Gruppe der Neugierigen findet dies nicht nur erwähnenswert, sondern gleichsam empörend.
Im § 212 Abs. 1 – Totschlag –StGB steht: Wer einen Menschen tötet, ohne Mörder zu sein, wird als Totschläger mit Freiheitsstrafe nicht unter fünf Jahren bestraft.
Also im Gesetzestext, nicht einmal in der Vorgängerversion, dem Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871, ist die Herkunft in irgendeiner Art relevant. Ist es jetzt irgendwie anders zu bewerten, wenn ein deutscher Staatsbürger, mit in Deutschland geborenen Eltern und Großeltern, eine deutsche Staatsbürgerin erschlägt und müsste bei der auch nochmals nachgehakt werden, ob wiederum ihre Eltern und Großeltern in Deutschland (BR Deutschland, DDR wäre auch noch offen) geboren wurden? Macht es für das Opfer einen Unterschied, von wem es getötet wurde? Oder ist die Empörung ein bestätigender Ausruf? “Wusste ich es doch!” Was? Das die Fähigkeit des “Homo sapiens sapiens” zu Töten vom Längen – und Breitengrad des Geburtsorts abhängt? Oder ist es weniger verwerflich in seinem vom Schicksal abhängigen Geburtsland ums Leben zu bringen? Wenn schon, dann wenigstens im eigenen Land? Wie sieht es dann aus, wenn der Täter ein “Bio – Deutscher” (auch eine nette Umschiffung des Begriffs – deutschblütig – ) ist? Sollte der vielleicht härter bestraft werden, weil es undeutsch ist, andere umzubringen?
Wie wollen rechts – konservative Plattformen Nachrichten gestaltet haben?
Vielleicht kann die Betrachtung eines konkreten “Neugierigen” Aufschluss geben. Am 22. Februar 2021 veröffentlichte der Journalist Boris Reitschuster auf seiner Seite reitschuster.de den Gastbeitrag eines Dr. Manfred Schwarz (auch Autor auf der Plattform: Tichys Einblicke), in dem sich dieser kritisch zur medialen Berichterstattung über ein Tötungsdelikt in Lüneburg äußert. Sein Missfallen richtet sich auf den Umstand, dass für seinen Geschmack zu wenig persönliche Informationen über den Täter und den Tathergang publiziert wurden. Anders: Seine angelegten Suchparameter wurden nicht ausreichend berücksichtigt. Er schreibt am Anfang:
“In der Psychiatrischen Klinik Lüneburg hat ein Insasse zwei Menschen brutal umgebracht, eine Pflegerin wurde schwer verletzt, zwei weitere Personen leicht. Der mutmaßlicheDoppelmörder konnte von mehreren Streifenwagen-Besatzungen der Polizei unter Einsatz von Pfefferspray festgenommen werden. Wieder einmal ist es interessant, dass zwar nahezu alle größeren Medien hierzulande über den Doppelmord berichteten – aber fast alle keine genauen persönlichen Hintergründe des Täters veröffentlicht haben. Um das vorweg zu nehmen, was Zeitungen, Radiosender und Fernsehanstalten verschweigen – von der Münchner „Abendzeitung“ und vom „NDR“ über das Hamburger Abendblatt“ und die „Süddeutsche Zeitung“ („SZ“) bis zum „Spiegel“ und zur „Zeit“: Der Tatverdächtige ist ein Syrer, der offiziell als „Schutzsuchender“ – also als „Flüchtling“ – gilt. Der „Geflüchtete“ ist hierzulande bereits mehrmals schwer straffällig geworden, wurde aber rechtswidrig von den zuständigen Behörden weiterhin in Deutschland „geduldet“.”
Nun, ob es ein Mord ist, wird vor Gericht zu klären sein, immerhin scheint bereits sicher zu sein, dass es keine Gefährliche Körperverletzung mit Todesfolge war. Ob die Duldung rechtswidrig ist, kann aus der Ferne schlecht beurteilt werden. Aber es scheint dem Verfasser wichtig zu sein, dass der Täter ein Syrer ist. Warum, ist hier noch nicht erkennbar. In einem weiteren Absatz schreibt er:
„Gewalteinwirkung auf den Hals“? Das ist oft die beschönigende Umschreibung dafür, dass einem Menschen die Kehle durchgeschnitten wurde. Die „Abendzeitung“ berichtete vernebelnd: „Was der Auslöser für die Gewaltattacke auf der Station war, blieb zunächst unklar.“ Damit ist der Fall für die Mainstream-Medien erledigt. Wie hätte wohl die Welt des linken Medien-Mainstreams reagiert, wenn ein „Bio-Deutscher“ mehrere Flüchtlinge in der Psychiatrie umgebracht hätte?
Alle regionalen Zeitungen, hierunter das Eichsfelder Tageblatt und die Hannoversche Allgemeine Zeit wissen da ein wenig mehr. Das erste Opfer wurde erdrosselt oder erwürgt, näheres wird eine Obduktion ergeben. Opfer Nummer zwei erlitt eine schwere Kopfverletzung, die am Ende wahrscheinlich zum Tode führte, wobei auch dies seitens der Gerichtsmedizin zu klären sein wird. Doch ich notiere an dieser Stelle, dass Herr Dr. Schwarz auf einen linken Mainstream verweist. Was das genau ist, weiß ich nicht. Kommunistischer/Sozialistischer Mainstream? Auf jeden Fall scheint er der Auffassung zu sein, dass bei einem mutmaßlichen Totschlag, ausgegangen von einem deutschen Staatsbürger, mit deutschen Eltern und Großeltern, welcher sich zum Tatzeitpunkt als Patient in einer psychiatrischen Einrichtung befand, zwei syrische Patienten tötete, eine andere Reaktion stattgefunden hätte. Was auch immer dieser linke Medienmainstream sein soll, und wer alles dazu gehört, dazu schweigt er, scheint auf jeden Fall für ihn irgendwie bedrohlich zu sein. Mir erscheint niemand sonderlich analytisch veranlagt zu sein, wenn bei einem Vorfall in einer psychiatrischen Einrichtung als Top – Information die Nationalität eine Rolle spielt. Ich würde als Erstes an Krankheiten, Impulsdurchbrüche bei Traumatisierungen oder manische Depressionen denken.
Abschließend heißt es bei Herrn Dr. Schwarz:
„Bild“ hat in ihrer Print-Zeitung geschrieben, dass es gegen den festgenommenen Tatverdächtigen bereits „Verfahren wegen Körperverletzung und Bedrohung“ gegeben hat. Eine etwas verniedlichende Umschreibung dafür, dass der Verdächtige offenbar schon mehrfach als brutaler Schläger aufgefallen ist – und vermutlich Mitbürger wiederholt in Angst und Schrecken versetzt hat. Anders formuliert: Menschen sind Opfer eines Kriminellen geworden, der längst hätte abgeschoben werden müssen. Aber wie viele Medien in Deutschland würden sich heute noch trauen, diese bitteren Wahrheiten auszusprechen?
Wahrheit ist ein großes Wort. Aber ich bin mal nicht kleinlich und interpretiere sie als das dialektische Gegenteil von Falschaussage oder wenigstens einer in Teilen falschen Behauptung. Doch selbst das ist hier nicht ganz einfach. Er schreibt von Hörensagen, bzw. einer nicht gerade seriösen Quelle, die sich selbst auf Verfahren zurückzieht und wohlweislich nichts von einer Verurteilung erwähnt. Basierend darauf vermutet er etwas, nämlich den brutalen Schläger, um dann am Ende aus allem zusammen einen vermeintlichen Fakt zu basteln: Täter war ein aus Syrien stammender Krimineller, der längst (vor Monaten? Jahren? Tagen?) in ein Kriegsgebiet hätte abgeschoben werden müssen. Dabei stellt sich die Frage, ob es dort nicht auch zu einem Totschlag an anderen Menschen gekommen wäre. Bislang habe ich nichts von einer psychiatrischen Behandlungsmethode mit der Bezeichnung Abschiebung gehört. Oder ist der Totschlag eines Syrers in seinem eigenen Land anders zu bewerten? Seltsamerweise weist Hr. Dr. Schwarz selbst darauf hin, dass Menschen – nicht explizit Deutsche – Opfer wurden. Hat er da im letzten Moment die Kurve bekommen?
OK, meinem persönlichen Eindruck nach, geht es weniger um Neugierde, Interesse, sondern um Abschiebung und Herstellen einer Konnotation. Jemand, hier konkret Dr. Schwarz, hört etwas von einem Tötungsdelikt, fragt die Datenbank mit der Suchparametern – Ausländer, Migration, Flüchtling – ab, sieht sich in seiner Vorurteilsstruktur bestätigt und legt los. Und jeder, der die Struktur nicht bedient, getraut sich nicht bittere Wahrheiten auszusprechen. Welche eigentlich? Wäre der Mann bereits abgeschoben gewesen, lebten zwei in Deutschland geborene Patienten, mit deutschen Eltern und Großeltern noch, und wenn überhaupt, wären zwei Syrer gestorben? Ich überlasse jedem selbst, den Text, die Tendenz und den Subtext mit den 14 Punkten von Umberto Eco (ein Intellektueller und somit vermutlich aus Sicht einiger Zeitgenossen ein Linker) abzugleichen.
Doch in welche Schublade sortiere ich nun Herrn Dr. Schwarz? Und mit welcher Motivation bietet ihm der Journalist Reitschuster das Forum seiner Seite an? Diese hat er immerhin unter das Credo “Kritischer Journalismus. Ohne “Haltung”. Ohne Belehrung. Ohne Ideologie.” gestellt. Dafür hat der Gastautor, eine Menge Ideologie, z.B. die Annahme der Existenz einer vorherrschenden, linken gesellschaftspolitischen, kulturellen Ausrichtung der deutschen Medienlandschaft, hineingepackt. Aber, wie jeder andere, der seine Seite zur Verfügung stellt, macht Boris Reitschuster klar, dass es sich nicht unbedingt um seine Meinung handeln muss und er seinen Lesern ein breites Spektrum anbieten möchte. Zu Herrn Dr. Schwarz findet sich unter dem Artikel seine Kurzdarstellung.
Dr. Manfred Schwarz (Politologe): Zivillehrer an der Hamburger Landespolizeischule, dann etliche Jahre Berufsschullehrer und Dozent in der staatlichen Lehrerfortbildung (Bereich: Politik); jeweils acht Jahre Medienreferent in der Hamburger Senatsverwaltung und (nebenamtlich) Vizepräsident des nationalen Radsportverbandes BDR (verantwortlich für die bundesweite Medienarbeit / Herausgeber einer Internet-Radsportzeitung). CDU-Mitglied, sechs Jahre Mitglied des Hamburger CDU-Landesvorstands. Heute Autor für verschiedene Internetportale mit den Schwerpunkt-Themen Politik und Medien.
Er selbst hat sich demnach per Parteimitgliedschaft ein Etikett verpasst. Christlich und Konservativ! Ich habe bei vielen Mitgliedern der CDU den Verdacht, dass die eine besondere Ausgabe der Bibel im Regal zu stehen haben. Gut, ich bin raus, weil ich zwar getauft und konfirmiert bin, aber im Laufe des Lebens mit Überzeugung für eine andere Anschauung eintrete. Das Weltgeschehen ist komplex und beruht auf Wechselwirkungen. Der Syrer wurde nicht als einer geboren, der eines Tages ausrastet. Es ist nicht möglich jeden einzelnen Faktor aufzuschlüsseln, der zu diesem Tag führte. Wo will man da anfangen? Warum ist Syrien der Staat geworden, der er jetzt ist? Was führte zum Krieg? Was zur Machtübernahme eines Assad – Clans? In welcher Art Familie wuchs er auf? Geriet er in Kampfhandlungen? Was geschah auf der Flucht mit ihm? Für mich, als Anhänger der buddhistischen Philosophie gibt es grundsätzliche Ursachen, die alles und jeden betreffen. Das im Menschen vorhandene Ur – Programm der Gier, die ein Festhalten und Verteidigen des Erlangten, den gerechtfertigten oder auch ungerechtfertigten Neid anderer erweckt und oftmals dazu führt, dass jemand zu wenig zum Leben hat, weil eine/r sich zu viel vom Kuchen abgeschnitten hat. Natürlich gestehe auch Hr. Dr. Schwarz zu, dass er das Endergebnis einer ganzen Kette von Ereignissen ist. Dies gilt ebenso bei mir und jedem Lebewesen auf der Erde.
Vielleicht ist das mit der Schublade gar keine gute Idee?
Ich hatte beim Lesen der Seiten auf reitschuster.de beinahe schon den Aufkleber rechts – konservativ in der Hand. Alternativ vielleicht “narrow – minded”, “reaktionär” oder “Nationalisten”. Auch wenn Hr. Reitschuster selbst eine Biografie beschreibt, die einst mit der SPD startete und er an einer Stelle erwähnt, dass ihm ein “Höcke” unheimlich ist. Politische Ausrichtungen sind immer mit Psychologie verbunden. Beispielsweise sind Rassismus, die instinktive Angst vor Fremden, Verlustängste, der Wunsch nach Bewahrung des bisher Gewohnten, tief im Menschen verwurzelt. Es gibt Richtungen, in denen dem Menschen der freie Wille abgesprochen wird. Meiner Meinung nach gilt dies für die ersten Sekunden. Danach kann das Großhirn seine Arbeit machen. Der Haken dabei ist der Umstand, dass auch der Wille, dieses einzusetzen und sich eine Praxis zuzulegen, die eine effiziente Nutzung ermöglicht, von irgendwo her kommen muss. Womit wieder die Diskussion aufkommt: Ist der Mensch ein determiniertes Wesen oder nicht?
Wir haben eine Opfer – Kultur. Externalisiert man das Geschehen, womit es nicht mehr zwingend mit dem ureigenen Verhalten im Zusammenhang steht, wird vieles subjektiv leichter. Opfer bekommen Zuwendungen und die sind dem Menschen wichtig. Andererseits kann ich mich auch dem Opfer zuwenden und mich damit besser fühlen. Weiterhin gäbe es noch die Option, sich selbst für alle Opfer verantwortlich zu fühlen, was zu einer Selbstkasteiung führt. Christen können dies gut. Entsprechen sie nicht ihrem religiösen Idealbild des Menschen, sind sie schuldig und sind nach dem Ende des diesseitigen Lebens auf einen milden Richtspruch angewiesen. Aufmerksamkeit ist in unserer Zeit, in denen Massengesellschaften, überwiegend das Bild prägen, das A und O. Wenn ich mir nicht alleine das Bewusstsein einer selbstverständlichen Individualität verschaffen kann, muss ich mir etwas einfallen lassen. Der Trick, eine Mehrheit für fehlgeleitet zu halten und mich selbst einem exklusiven Club der durchschauenden Kritiker zu halten, ist naheliegend. Gleiches gilt für die Manipulation einer Gefolgschaft, die mir das wohlige Gefühl vermacht, der herausragende Anführer zu sein. Mich dabei als Opfer zu stilisieren, ist Mittel zum Zweck.
Opfer – Kult
Gibt es ein Opfer, existiert auch eine Täterin oder ein Täter. Im Fall der überwiegenden Beiträge auf der Seite, sind es entweder die Regierung oder eine Verschwörung von etwas, was die Verfasser als “links” titulieren. Zu diesem “links” gehören u.a. Naturwissenschaftler und Leute, die diesen Wissenschaftlern glauben, nämlich alle die von einem menschlichen Faktor bei der Erwärmung des globalen Klimas sprechen. Links sind auch diejenigen, welche Covid-19 für eine ernsthafte Bedrohung des Gesundheitssystems halten und deshalb eindämmende Maßnahmen für notwendig erachten. Gleichsam ersehen sie die Theorien des (Neo)liberalismus, mit dem dazugehörenden Godfather Friedrich von Hayek, als die letzte aller Wahrheiten. Über den kann man viel sagen oder es lieber sein lassen. Auf jeden Fall passen die vorgenannten Ablehnungen gut zu ihm. Was ich wiederum nicht verstehe, ob die an irgendeine göttliche Rettung glauben oder schulterzuckend in den Abgrund fahren wollen, weil es ohnehin nicht abwendbar ist. Doch das Bild Abgrund ist nicht ganz passend. Bei ihm wäre bis zur Kante eine entspannte Fahrt garantiert. Wir nähern uns vielmehr einem großen Feuer und es wird immer unangenehmer, je näher wir ihm kommen. Reiche haben einen Schutzanzug, während Ärmere Meter für Meter auf der Strecke bleiben. Hier ist ein springender Punkt. Augenscheinlich treten auf der Seite Frauen und Männer auf, denen es gut geht und darauf bedacht sind, dass sich dieser Status Quo nicht ändert. Eins weiß ich, Hayek war mit Sicherheit kein Buddhist. Er akzeptierte die Wechselwirkung, doch er betrachtete die Gier als regulierenden Faktor und nicht als Wurzel des Übels.
Bei mehreren der von Eco gelisteten Kriterien vollziehen sie Punktlandungen. Alles, was mit fremd, Naturwissenschaft und ihre Vorgehensweise sich nach und nach an die Realität “heranzuirren”, dem Neuen aus verschmelzenden Kulturen zu tun hat, ist ihnen suspekt, wenn es sie nicht geradezu anwidert. Eigentlich ist das bei Akademikern aus Mitteleuropa seltsam. Wären nicht irgendwann Römer, Germanen, Goten, Sachen, Franken, Normannen, Wandalen und Vorderasiaten. Kulturell und religiös miteinander verschmolzen, gäbe es uns nicht. Ohne dem auf Naturwissenschaften basierenden technischen Vorsprung hätte es niemals eine Kolonialisierung in der erlebten Form und damit den Aufstieg Mitteleuropas gegeben. Bei meiner Lebenshaltung kann ich die Ablehnung einer ungebremsten technischen und digitalen Entwicklung nachvollziehen, aber bei denen eher nicht.
Die Autoren
Vornehmlich treffen auf der Seite Leute zusammen, die nicht nur von nationalen Grenzen überzeugt sind, sondern Menschen immer in der Kombination mit ihrer Nationalität sehen. Ich bleibe bei meiner schon häufiger gestellten Frage: “Welche Auskunft gebe ich einem Außerirdischen über meine Herkunft? Berlin? Deutschland? Nordhalbkugel oder Erde?” Deshalb das Etikett “narrow – minded”. Wenn ich beim Betrachten eines Ölbilds mit der Nasenspitze die Leinwand berühre, kann ich wenig über das Motiv sagen. Ich muss schon einige Meter Abstand nehmen. Selbst wenn ich es knallhart angehe, komme ich mit deren Einstellung nicht weiter. Wenn in der kommenden Zeit Küstenregionen unbewohnbar werden, ganze Zonen der Erde zu lebensfeindlichen Gebieten verkommen, sind Kriege, nie dagewesene Fluchtbewegungen und Massensterben programmiert. Da sollte man rechtzeitig beginnen, sich auf das unvermeidlich kommende vorzubereiten. Und Grenzen, die keine Tötungsmaschinerie besitzen, werden die Menschen nicht stoppen. Wer das der nächsten Generation nicht zumuten will, zu denen gehöre ich, muss schleunigst handeln. Womit ich mir vermutlich den Aufkleber “links” locker verdient habe. Die da schreiben sind keine Dummen. Aber wie gedenken sie den zweiten Schritt zu machen? Ihr wollt nicht aufhören das Klima zu verändern? OK! Covid-19? Wir alle müssen sterben, daran kommt keiner vorbei. Aber aktuell können wir noch versuchen einige zu retten. Ihr nehmt eine Überschwemmung der Krankenhäuser und eine steigende Anzahl von Sterbenden hin. Gut! Ist eine Haltung! Dann sei aber die Frage erlaubt, wie wir mit den zu erwartenden Unruhen umgehen? Habt ihr dafür eine Lösung oder einen passenden Einsatzauftrag? Akademiker! Wer von Euch stellt sich mit der Knarre in der Hand an die Grenze? Keine Schublade! Ich bin von früher her Leute gewohnt, die tolle Sachen wollen, aber nicht bereit sind, sich mit den Folgen auseinanderzusetzen. Schaut Euch die Kommentatoren unter Euren Texten an. Das sammelt sich ein Mob, dem der Hass aus den Ohren kommt. Mit denen müsst ihr ein Handling betreiben. Ich setze die Kenntnis des “Zauberlehrlings” voraus.
Warum diese intensive Auseinandersetzung?
Sie ist im gewissen Sinne eine Anerkennung. Was ich gelesen habe, ist gut gemacht und hervorragend geeignet, die etwas niederen Instinkte herauszulocken. Wie gesagt, ich bezweifle stark, dass sie den Mob, der geweckt wird, kontrolliert bekommen. Das Problem liegt nicht in der freien Meinungsäußerung. Die ist allumfassend und ohne jegliche Beschränkung zu jeder Zeit zuzulassen! Allein schon aus dem Grund, weil wir für das Kennenlernen eines Menschen auf seine Worte angewiesen sind. Verbote ändern nicht, was im Kopf vorgeht! Entscheidend sind jene, die zustimmend lesen oder zuhören. Ich wohne in der Nähe einer psychiatrischen Einrichtung. Wenn hier eine/r die Straße entlang geht und dabei Zeugs vor sich hin brabbelt, interessiert dies niemand. Wir erleben immer mehr das Phänomen, dass die Leute auch noch den seltsamsten Aussagen interessiert zuhören und schlimmsten Falls Glauben schenken (Chemtrails, Echsenmenschen, Flat – Earth, QAnon). Manchmal sind sie nicht seltsam, sondern abseits dessen, was dem allgemeinen Konsens nach unter ethisch vertretbar zu verstehen ist (Flüchtlinge, Mittelmeer). In anderen Fällen sind es wilde Konstruktionen, die nichts anderes als fadenscheinige Begründungen für ein weiter andauerndes sattes, aber für folgende Generationen schädliches Leben sind (Klima, Zerstörung der Lebensgrundlagen). Bei allen müssten sich die meisten Menschen an die Stirn Tippen und die/denjenigen mit einem, wie wir in Berlin sagen: “Der hat doch nen Ding an der Bommel!”, stehen lassen. Da stellen sich einige Fragen! Was ist im Bildungssystem schiefgelaufen? Oder, bei den extrem abstrusen Geschichten: Wie ist es zu diesen Persönlichkeitsstörungen gekommen?
Herr Reitschuster geht bei der Manipulation sehr geschickt und subtil vor. Ehre, dem die Ehre gebührt! Ich hab mir mal ein Beispiel etwas genauer angesehen. Im Oktober 2020 nahm er sich eine Umfrage der ARD vor.
„Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat es vergangene Woche einen Brand gegeben. Deutschland hat sich bereit erklärt, Flüchtlinge aus dem Lager aufzunehmen. Wie sehen Sie das? Sollte Deutschland Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager auf jeden Fall aufnehmen? Sollte Deutschland nur dann Flüchtlinge aus Moria aufnehmen, wenn sich die EU-Staaten auf eine europaweite Verteilung der Flüchtlinge einigen? Oder sollte Deutschland grundsätzlich keine Flüchtlinge aus dem Lager Moria aufnehmen?“
Quelle:ARD – Deutschlandtrend Sept. 2020 u. reitschuster.de
Fragetext: Im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos hat es vor drei Wochen einen Brand gegeben. Laut Angaben griechischer Behörden soll eine Gruppe von sechs minderjährigen Flüchtlingen, deren Asylanträge abgelehnt wurden, den Brand selbst gelegt haben. Wie sehen Sie das? Sollte Deutschland Flüchtlinge aus dem abgebrannten Lager auf jeden Fall aufnehmen? Sollte Deutschland nur dann Flüchtlinge aus Moria aufnehmen, wenn sich die EU-Staaten auf eine europaweite Verteilung einigen? Oder sollte Deutschland keine Flüchtlinge aus dem Lager Moria aufnehmen und stattdessen vor Ort helfen? Oder sollte Deutschland grundsätzlich keine Flüchtlinge aufnehmen und auch nicht vor Ort helfen?
Wo er die Angabe herhat, dass es sechs minderjährige Flüchtlinge waren, erschließt sich mir nicht, erst recht nicht die Angelegenheit mit den abgelehnten Asylanträgen. Bei der Berichterstattung schwanken die Angaben zwischen 4 – 6 Festgenommenen unter denen sich vermutlich 2 Minderjährige befanden. Der Appell ist nicht zu überlesen! “Abgelehnt – also keine echten Flüchtlinge – u. die sind alle selbst Schuld!” Der zweite Appell: “Warum immer wir Deutsche, wenn schon, dann auf alle EU – Länder.” Bei der Fragestellung stimmen nur noch 43 % der Befragten zu und 44 % dagegen. Was beweist das jetzt?
Im September des letzten Jahres befanden sich im Lager 13.000 Menschen, die dort ohne fließendes Wasser, in Zelten mit offenen Feuerstellen kampierten. Frauen, Männer, Kleinkinder, Säuglinge, Heranwachsende. Darüber hinaus zu diesem Zeitpunkt bereits seit einem halben Jahr im Corona – Lockdown. Gemäß Flüchtlingshelfern brachte der Umgang mit 35 an Covid-19 Infizierten das Fass zum Überlaufen. Von meiner Seite her: Hut ab an die Bewohner, dass es nicht viel früher zu einem Vorfall dieser Art kam. Und wie soll 13.000 Menschen vor Ort geholfen werden? Und bis jetzt sind es ja wohl die Griechen, die nach Europa hineinrufen sollten.
Aber 44 % bekomme ich offenbar mit einem “Selbst Schuld! Dann müsst ihr halt noch mehr leiden!” Diese “kaltschnäuzige” Einstellung wundert mich jetzt in Deutschland nicht ernsthaft. Irgendwie erinnert mich das auch ein wenig an Strafaktionen gegenüber Partisanen und später dem Vietcong. Bestrafung von 12.994 für die Rebellion von 6 ist kein schlechter Schnitt. Gut, dies hat mir Hr. Reitschuster aufgezeigt. Danke!
Ihm zeigt es etwas anderes:
Zitat: Das Ergebnis der von mir bestellten INSA-Umfrage zeigt, wie unterschiedlich Umfrageergebnisse ausfallen, je nachdem, wie die Frage formuliert wird. Hier bietet sich leider ein breiter Spielraum für kaum bemerkbare und nachweisbare Manipulationen. Und da wir Menschen einem starken Konformitätsdruck unterliegen, wird so Stimmung erzeugt: Je größer die vermeintliche Mehrheit, umso größer der Drang, sich ihr anzuschließen. Wenn 87 Prozent für die Aufnahme der Moria-Flüchtlinge sind, fällt es vielen deutlich schwerer, eine abweichende Meinung zu haben, als bei 43 Prozent. Und damit, wenn auch knapp, einer Minderheit.
Jean Ziegler: „Die Schande Europas – Von Flüchtlingen und Menschenrechten“ , 144 Seiten, 16 Euro, Bertelsmann Foto: Bertelsmann
Tja, für mich machen das bei 2084 (gem. Seite u. detaillierter Umfragedarstellung) Befragten, aufgerundete 917 eiskalte Typen, die mir einen kleinen Teil meiner Fragen dazu beantworten, wie manches in der Zeit 1933 – 1945 funktionieren konnte. Insofern ein ziemlich interessantes psychologisches Experiment, was Hr. Reitschuster präsentiert. Konformitätsdruck kann man auch als Mitläufertum bezeichnen. Den gibt es auch bei einem Lynchmord, wo am Ende keiner aus dem Mob dabei gewesen sein will. Vielleicht hätte man den Befragten die Bilder, des weltweit vernetzten linken Medien-Mainstreams, wie bei der Buchbesprechung zum Buch des “Linken” /Ironie *off*, Jean Ziegler, bei den Aachner Nachrichten, zeigen sollen? Bilder können recht wirksam sein. Wie sagte doch Alexander Gauland: “Es kann zu Bildern kommen, die schwer auszuhalten sind.”
Im Allgemeinen ist dies eine militärische Einstellung. Die meisten Minen sollen nicht töten, sondern verstümmeln und damit Entsetzen erzeugen. Im Gegenzuge sind allzu schreckliche Bilder den zu Hause vor dem Fernseher sitzenden Coach – Potatoes vorzuenthalten. Die Militärs haben das geschickt in den Griff bekommen. Viele Zuschauer sind die Sequenzen in Video – Spielen gewohnt. Also werden Aufnahmen von Drohnen präsentiert, die den Spielsequenzen gleichen. Schon ist alles nicht mehr so schlimm. Ich zolle heute noch dem im letzten Jahr verstorbenen Norbert Blüm für seine Übernachtung (2016) im Flüchtlingslager Idomeni Respekt. Und seine Worte waren eindeutig.
Bleibt offen, wer, wen, wie manipuliert. Nehmen wir mal an, ich würde mich als Kämpfer für die Freiheit darstellen und das dem einen oder anderen einfachen Gemüt auch plausibel machen, wiese diese Kandidaten auf die Manipulationsmöglichkeiten über Fragestellungen hin und brächte quasi wie in einem Trojanischen Pferd meine eigene Manipulationsabsicht in der vermeintlich skandalösen Aufdeckung unter, hätte dies ein respektables Format. Und nehmen wir mal zusätzlich an, ich hätte mir lange Jahre von gewieften russischen Spezialisten für Desinformation und Propaganda einiges abgucken können, dann wüsste ich rein theoretisch sehr genau, was ich da tue. Oder? Dann müsste einer, der mir auf die Finger schaut, herausbekommen, wozu ich andere manipulieren will.
Die Religion des Marktes und die neuen selbsternannten Hohepriester
Voller Stolz verkündet Hr. Reitschuster, dass er seine Seite im Dezember 2019 freischaltete und im Januar (2021?) 3,1 MillionenBesucher (darunter Ich ;-)) mit 10 Millionen Klicks hatte. Das nenne ich doch mal Aufmerksamkeit! Nach der Nennung der Zahlen benennt er seine Feinde. Zu denen gehört u.a. der Leiter des Tagesschau.de-Onlineportals faktenfinderPatrick Gensing. Daneben aber auch noch die Süddeutsche Zeitung und einige andere. Es folgt ein Hilferuf! Jeder der ihm spendet, unterstützt die Mission “gebühren – gepolsterte” “Haltungs – journalisten” (Anmerkung: Punkt 14, auf der Liste von Eco?) zu ärgern.
Gott ist tot, es lebe der Markt – die Missionare des neuen Kults
Mit “gebühren – gepolstert” ist wohl der öffentlich – rechtliche Rundfunk und die GEZ gemeint. Wie die Gegenmodelle aussehen, kann sich jeder bei Leuten wie Rupert Murdoch, Andrew Breitbart (jung verstorben), Stephen Bannon, Robert Mercer, anschauen. Allesamt Menschen, die wie ehemals Ford, Rockefeller und Co., rechtzeitig erkannten, wie Geld zu generieren ist und wozu es eingesetzt werden kann. Ihr Anspruch hat es etwas von einem “Gott – Komplex“. In ihrer Vorstellung ist die Erde und alles was darauf stattfindet gestaltbar. Das System “Geld” ermöglicht ihnen so etwas wie einen Olymp, in dem sie sich als neue Götter fühlen. Der gedankliche Vorgang ist nicht neu, von dem wurden bereits römische Kaiser und griechische Könige wie Agamemnon beseelt. Zur Erinnerung: Der wurde bestraft und musste im Totenreich lernen, wie sinnlos alles war. Wenn es Leute gibt, die an einer neuen Weltordnung gemäß ihrer Vorstellungen arbeiten, dann sind es die oben Genannten. Götter sind bekanntlich darauf angewiesen, dass man sie dazu macht und an sie glaubt. Das Göttliche ist im Verständnis des menschlichen Großhirns die Instanz über ihm. Ihrer Auffassung nach hat sich das gewandelt. Über allem steht bei ihnen der Markt. Wie in jedem Kult gibt es Priester, Hohepriester, zeremonielle Handlungen, geheimes spirituelles Wissen, Ketzer, angebetete Heilige, Kultobjekte, Tempel, Insignien, spirituelle Versammlungen und überzeugte Missionare, die ihr Heil, ihren Halt und moralischen Kompass im Kult finden und andere überzeugen wollen. Die Zeiten in denen Missionare von der Kirche in fremde Länder entsandt werden, sind vorbei. Dafür gibt es ein Internet, mit online – Plattformen, Foren, Social Media und einer schier endlosen Menge an Manipulationsmöglichkeiten, die jeder Kult benötigt. Für mich stehen die amerikanische Alt-Right Bewegung, die mit ihr offen assoziierten Plattformen, Milliardäre, die mitteleuropäischen Pendants, in einem direkten Zusammenhang. Der Markt ist alles, einige verstehen dies, u. andere minderwertige Unwürdige, meistens jene, welche sich in den 14 Punkten nicht wiederfinden, eben nicht. Und machen wir uns nichts vor, die jetzt schon eintretenden Ereignisse und das in den nächsten Jahrzehnten, zu erwartende Szenario, stellt für sie eine Bedrohung dar. Die Christen waren auch nicht gerade begeistert, als sie einsehen mussten, dass sich die Erde um die Sonne bewegt.
Meiner Meinung nach sind reitschuster.de, PI-News, Die Achse des Guten, Tichys Einblick, Compact, Kopp Verlag e. K./Kopp Online, u.a., die deutschen Plattformen für Missionare/Priester des oben beschriebenen Kults, mit der die Gefolgschaft versorgt und vermehrt werden sollen. Mit einer gewissen Häme stelle ich fest, dass die Damen und Herren bei ihren Aktivitäten einen eklatanten taktischen Schwachpunkt übersehen. Ich habe ein tiefes Vertrauen in anarchistisch denkende Hacker, die ihnen jederzeit einen Stich ins Herz der Strategie – digital gestützte Missionierung – verpassen können. Der “Cyber Krieg” tobt bereits, aber er hat sich bisher nicht über kleinere provokative Scharmützel hinweg entwickelt.
Was ist echte Freiheit?
Mindestens einen Punkt gibt es noch zu klären. Auf all den Seiten wird der Leser mit dem Wort Freiheit bombardiert. Die kann es nur in Verbindung mit verantwortlichen Denken und Handeln geben. Verantwortung ist unteilbar und schon gar nicht zu Externalisieren. Bei uns halten sich staatliche Institutionen weitestgehend aus dem Verbot einer Meinungsäußerung (Zensur) heraus. Ausnahmen, wie die Strafbarkeit von Volksverhetzungen, Leugnen des Holocaust, nationalsozialistische Grußformeln pp. bestätigen die Regel. Von zivilen Instanzen ausgehender Gegenwind, Beschimpfungen, Kritik, Ausgrenzung von Veranstaltungen, sind keine Beschränkungen der Meinungsfreiheit. Hierzu braucht es eine/n, die/der die Meinung sagt oder schreibt und einen Gegenpart. Letzterer kann nichts für die Befindlichkeiten, wenn der Kritisierte damit nicht umgehen kann. Logischerweise ist auch die Gegenreaktion von der Meinungsfreiheit gedeckt. Mich amüsieren Leute, die mir mit Worten, wie: “Wie können Sie diese Frechheit besitzen?”, oder: “Mit welchem Recht erlauben Sie sich die Schamlosigkeit?”, begegnen. Scham? Frech? Über die Kindheit bin ich fünfzig Jahre hinweg. Versetze ich mich in die Lage dieser über mich Empörten, kann ich die Reaktion verstehen. Immerhin wähnen sie sich in einer höher stehenden autoritären Position. In Deutschland schickt es sich nicht, hiergegen zu rebellieren.
Das Thema Freiheit ist weitläufig. Verantwortung bedeutet, dass ich bei meinem Handeln darauf achte, weitestgehend alles zu unterlassen, was Schaden anrichtet. Tue ich dies nicht, und man kann mir vorwerfen, dass ich leichtfertig handelte, muss ich mich verantworten. Leicht gesagt! Bei wem? Den rechts – Konservativen passen die aktuellen Beschränkungen zur Eindämmung der Pandemie nicht in den Kram. Der unmittelbare Nachweis, wer denn genau aufgrund ihrer auf Unvernunft gestorben ist, wird sich nicht erbringen lassen. Wie will ich eine unmittelbare Kausalität zwischen deren “Immer weiter so!” und der Zerstörung der Lebensgrundlagen herstellen, vor allem, wenn sie bereits unter der Erde liegen? Die Jungen könnten auf die Barrikaden gehen: “Nun ist aber mal gut, es geht nicht mehr um Euer kümmerliches Restleben, sondern um unser!” Greta Thunberg hat es getan. Prompt pöbelten die alten Frauen und Männer der hier angesprochenen Gruppe herum, dass man in ihre Freiheiten eingreifen wolle. Ja! Weil Ihr nicht verantwortlich mit Verstand und Vernunft handelt und damit die Freiheit verwirkt habt. Woran liegt’s? An der Gier, die beides ausschaltet. Mein Vater sagte stets zu mir: “Junge, wenn die Piepe steht, versagt der Verstand!” Eine Wahrheit, die die Menschheit vermutlich seit der Höhle begleitet. Ach ja, und sie rückten alles um Thunberg/Neubauer in eine religiöse Ecke, um irgendwie das lästige Naturwissenschaftliche zu umgehen.
Jemanden die Freiheit zu ermöglichen, bedeutet längst nicht, dass sie oder er sie nutzt, lebt oder überhaupt dazu in der Lage dazu ist. In Malaysia erlebte ich eine Geschichte mit einer kranken Katze. Bis sie krank wurde, streunte sie nach Belieben in der Gegend herum. Doch die Tierärztin sagte, dass das Tier über drei Wochen hinweg dreimal täglich ein Medikament bekommen müsse. Es half nichts. Sie musste in einen Käfig gesperrt werden. In der ersten Woche, versuchte sie jedes Mal wegzulaufen. In der zweiten fügte sie sich in ihr Schicksal und krabbelte nach der Einnahme in den Käfig zurück. Alles alles vorbei war, blieb sie, obwohl die Tür offen stand, volle zwei Tage im Käfig. Sie benötigte weitere vier Tage, um sich einige Meter vom Käfig zu entfernen. Richtig streunend sah ich sie bis zur Abreise vier Monate später nicht mehr. Domestizierte Tiere haben niemals das Leben in Freiheit kennengelernt. Mehr noch, die meisten wären in Freiheit überfordert und würden schnell gefressen werden. Käfige gibt es in vielerlei Gestalt und die meisten befinden sich im Kopf. Die Tür steht offen, aber herausgehen ist nicht jedermanns Sache.
Die rechts – konservativen verkaufen sich selbst als Streiter für die Freiheit. Ich will ihn nicht unterstellen, dass sie sich dabei auf den Standpunkt eines Goebbels stellen, der dem Zentrum höhnisch sinngemäß entgegenschleuderte: “Nur weil sie uns die Redefreiheit gaben, heißt dies noch lange nicht, dass wir den Fehler machen, ihnen diese auch einzuräumen!” Taktisch gesehen, hatte er recht. Wenn man etwas überwunden hat, sollte schleunigst alles verboten werden, was man selbst anwendete, da sonst die Gefahr besteht, mit eben jenen Mitteln als nächster abgesetzt zu werden. Ich denke, die meisten sind schlicht im eigenen Gedankenkäfig gefangen. Wer in einem Raum ohne Fenster steht, kann nicht hinaussehen und wer drinnen bleibt, kann sich nicht das Haus ansehen, in dem sich der Raum befindet.
Seitens der Freien gilt es zu verhindern, dass sie von Innen heraus die Leute von draußen hineinlocken. Sind sie erstmal drinnen, wird es schwer sie herauszuholen.
Nationales deutsches Denken? Spielt dies überhaupt noch eine Rolle?
Als Deutscher sollte man nicht den Blick auf die Realität verlieren. Manch eine/r mag sich immer noch für den Nabel der Welt halten. Mittlerweile hat das die Niedlichkeit eines sich wütend aufpumpenden Hamster. Noch verfügen wir über eine starke Volkswirtschaft, doch dies wird sich geben. Um so weniger wir uns dank diverser Strömungen international öffnen und Neuankömmlinge als echte Mitbürger behandeln, desto mehr werden wir schwächeln. Der “Übermensch” wurde längst von anderen gekapert. Der Zenit ist überschritten und nun gehts halt abwärts. Chinesen und Inder bestaunen Deutsche, als Indigene einer untergehenden Welt. Europäische Kolonialisten ließen sich früher mit Ur – Einwohnern in Baströckchen fotografieren, Inder und Chinesen lassen sich mit Frauen in Dirndln und Männern mit Lederhosen ablichten, die dabei stolz einen Bierseidel hochhalten. Ein letzter Funken Hoffnung besteht darin, dass sich die Jungen zusammenraufen und endlich die Hinterlassenschaften des 20. Jahrhunderts überwinden. Meiner Auffassung nach erleben wir eine Zeitenwende. Und immer gab es in solchen Zeiten Frauen und Männer die sich am längst Vergangenen abarbeiteten. Die Epoche der klassischen Nationalstaaten, der USA, die sich als Weltpolizei versteht, Konzerne die im 20. Jahrhundert das Konzept einer neuen Kolonialisation betrieben, sind vorbei. Niemand kann voraussehen, wie es am Ende aussieht. Fest steht: “Anders!” Murdoch ist ein 90 – jähriger alter reicher Bock, Bannon geht auf die 70 zu, Mercer ist 74, Tichy ist 66, Jochen Kopp (55), ist einen Monat jünger als ich, und hat gerade mal 11 Jahre Polizeidienst abgerissen. Auf der anderen Seite stehen Persönlichkeiten, wie eine Luisa Neubauer, die im Alter meiner jüngsten Tochter ist oder eine frisch 18 Jahre junge Thunberg. Ihnen zur Seite stehen eine Menge engagierte Leute um die 30 – Jahre. Und Herrn Reitschuster kann ich mit 5 Jahren Abstand sagen, dass sich mit dem 50. Lebensjahr einiges ändert. Irgendwo hab ich mal von der Weisheit der Dakota Indianer gelesen: “Wenn man auf einem toten Pferd sitzt, sollte man absteigen!” Wer erfahren will, wie ein wacher Geist im hohen Alter funktioniert, muss sich mit Größen wie einem 93 – jährigen Noam Chomsky beschäftigen.
Act now to prevent an environmental catastrophe/ Handeln Sie jetzt, um eine Umweltkatastrophe zu verhindern
100 academics, authors, politicians and campaigners from across the world call for action to address climate change
Internationale politische Organisationen und nationale Regierungen müssen die Klimaproblematik sofort in den Vordergrund rücken und dringend eine umfassende Politik zu ihrer Bewältigung entwerfen. Konventionell privilegierte Nationen müssen freiwillig umfassende Umweltschutzmaßnahmen in verarmten Nationen finanzieren, um letztere für den Verzicht auf ein nicht nachhaltiges Wirtschaftswachstum zu entschädigen und eine Wiedergutmachung für den den Planeten plündernden Imperialismus der materiell privilegierten Nationen zu leisten.
Angesichts der Tatsache, dass extreme Wetterbedingungen bereits die Nahrungsmittelproduktion beeinträchtigen, fordern wir, dass die Regierungen jetzt handeln, um jegliches Hungerrisiko zu vermeiden, mit Notinvestitionen in agrarökologische, extremwetterresistente Nahrungsmittelproduktion. Wir fordern auch einen dringenden Gipfel zur Rettung der arktischen Eiskappe, um die wetterbedingte Beeinträchtigung unserer Ernten zu verlangsamen.
Wir rufen außerdem besorgte Weltbürger auf, sich zu erheben und sich gegen die gegenwärtige Selbstgefälligkeit in ihren jeweiligen Kontexten zu organisieren, einschließlich der Verteidigung der Rechte indigener Völker, der Dekolonisierung und der ausgleichenden Gerechtigkeit – und sich so der globalen Bewegung anzuschließen, die jetzt gegen das Aussterben rebelliert (z.B. Extinction Rebellion in Großbritannien).
Wir müssen kollektiv gewaltfrei tun, was immer nötig ist, um Politiker und Wirtschaftsführer davon zu überzeugen, ihre Selbstgefälligkeit und Verleugnung aufzugeben. Ihr “business as usual” ist nicht länger eine Option.
Die Weltbürger werden sich dieses Versagen unserer planetarischen Pflicht nicht länger gefallen lassen. Jeder von uns, besonders in der materiell privilegierten Welt, muss sich verpflichten, die Notwendigkeit zu akzeptieren, leichter zu leben, viel weniger zu konsumieren und nicht nur die Menschenrechte, sondern auch unsere Verantwortung für den Planeten zu wahren.
So, dies soll es erstmal gewesen sein. Ich persönlich finde nicht, dass mir Hetze (etwas worüber sich z.B. Hr. Reitschuster häufiger beklagt) vorgeworfen werden kann. Ich habe sie alle sauber im Textzusammenhang zitiert und sogar versucht, mich in deren Lage zu versetzen. Motiviert ist der Beitrag vom oben stehenden Aufruf, in dem es u.a. heißt ” … Wir rufen außerdem besorgte Weltbürger auf, sich zu erheben und sich gegen die gegenwärtige Selbstgefälligkeit in ihren jeweiligen Kontexten zu organisieren, …”
“Schau’n wa mal!” Ach ja … und wie üblich: “Weiter machen!”
Bernd Lucke, Gründungsmitglied der AfD wird an der Hamburger Universität von einigen Studenten an einer Vorlesung gehindert. Dazu kann jeder unterschiedlicher Meinung sein. Negativ kommentiert wird dies selbstverständlich von den konservativ ausgerichteten Medien. Damit von der Presse und Journalisten, die einen letzten Zugang zu den rechtsgerichteten Mitgliedern und Wählern der AfD haben. Der ehemalige Herausgeber der FAZ, Herr Dr. Müller – Vogg, schreibt zum Thema auf Twitter:
«Das haben die Achtundsechziger mit ihnen politisch nicht genehmen Professoren so gemacht – und die Nazis in der 1930er-Jahren mit Juden und Demokraten ebenfalls. Derselbe Terror – mit unterschiedlichen Parolen.» Tweet vom 17.10.2019
Mal ganz davon abgesehen, dass ich von einem hochkarätigen Journalisten eine Unterscheidung zwischen das gleiche und dasselbe erwartet hätte, befeuert er die seit längerer Zeit kursierende rechtsradikale Rhetorik.
Vollkommen unbekümmert werden Geschehnisse aus dem Dritten Reich und dem Vorabend dazu, mit aktuellen Ereignissen verglichen. Bei der Debatte über die Kennzeichnungspflicht twitterten einfach strukturierte Gemüter, dass dieses mit dem Tragen des Gelben Stern im Dritten Reich vergleichbar wäre. Vor dem Hintergrund, welche Ziele seitens der NSDAP verfolgt wurden, eine unentschuldbare Entgleisung. Eine, die durch die Gleichsetzung die Pogrome ins Lächerliche zieht. Dies folgt der Rhetorik, in der sich AfD Anhänger einer Verfolgung ausgesetzt sehen, die ebenfalls angeblich den Pogromen entsprechen würde. Mich wundert dabei stets, wie ruhig sich hierzu die jüdische Gemeinde verhält.
Es gäbe unzählige unverfängliche Möglichkeiten eines Vergleichs. Es ist verräterisch, wenn sich einer ausgerechnet in dieser Epoche bedient. Sympathisanten von Herrn Dr. Müller – Vogg, bemühen Franz – Josef Strauß, in dem sie auf sein Zitat aus dem Jahr 1979 «Ihr wäret die besten Schüler von Goebbels und Himmler gewesen!» verweisen. Die Propagandastrategien eines Goebbels einem anderen zu unterstellen, kann man noch akzeptieren. Der hatte sein Handwerk letztlich vom Amerikaner Edward Bernays gelernt. Bezichtigt wurden die aufgebrachten Leute, die gegen Strauß und seine Hetze demonstrierten. Mich erstaunt heute noch, warum sich Konservative ausgerechnet ihn zum Alibi machen, wenn sie sich zu weit nach rechts lehnen.
In den 30er Jahren lieferten sich die SA und die KPD Straßenschlachten mit Schusswaffen und Toten. Kam es nicht auf den Straßen zu Auseinandersetzungen, überfielen SA Kommandos Lokale, in den sich SPD oder KPD Anhänger versammelten. Tatsächlich herrschte Terror auf den Straßen. Jüdische Bürger, die nicht organisiert waren, wurden lange vor 1933 zu Hause zusammengeschlagen, ihnen wurde aufgelauert und überall erfuhren sie Diskriminierung.
Diese Situation setzt Herr Dr. Müller – Vogg mit dem vollkommen gewaltlosen Protest der Studenten in der Hamburger Universität gleich. Augenscheinlich versuchen aktuell die Konservativen im Schulterschluss mit den Rechtsradikalen, eine Hetzkampagne gegen alles von ihnen aus betrachtet politisch Linke, zu initiieren. Ich weiß nicht, ob die da im Hörsaal alle links ausgerichtet waren. Meiner Auffassung nach ist Lucke ein beleidigtes Kind der CDU, welches sich vom verbitterten Opa Gauland hinters Licht führen ließ. Ein Zauberlehrling, der lernen musste, welche Geister man mit der rechts – liberalen Formel in das auf den Boden gezeichnete Pentagramm ruft.
Das ist das Problem mit der von Alexander Dobrindt ausgerufenen «Konservativen Revolution». Am rechten Rand der CDU/CSU fehlt es an einer sauberen Trennschärfe zu den Rechten. Ein minimaler Stolperer und plötzlich landen sie im Nationalismus, Autoritätsdenken und dem Traum einer allgegenwärtigen CDU/CSU, deren Bundesvorstand eine Oligarchie errichtet. Dabei übersehen sie, dass es hierfür bereits Profis gibt, die für Nachwuchsspieler stets dankbar sind.
Es erscheint beinahe, als ob Journalisten wie Dr. Müller – Vogg und einige andere, vornehmlich aus dem Hause SPRINGER, immer noch den alten Hass auf die 68er im Geiste haben. Damit hätte der Tweet enden können, aber es musste noch eins oben drauf gesetzt werden, in dem der Vergleich mit der NSDAP und der SA eingebracht wurde. Bis zur «Rotfront Verrecke!» Propaganda, fehlen da nur noch Zentimeter. Sie spielen mit Geistern, die sie nicht unter Kontrolle haben. Das ist nicht nur gefährlich, sondern bedingter Vorsatz. Der Erfolg wird nicht unbedingt angestrebt, aber vom Täter billigend in Kauf genommen. Es ist bereits schwer genug, der offen auftretenden Neuen Rechten Bewegung, mit ihrem von der AfD gestellten parlamentarischen Arm, beizukommen. Der Rechtsruck bei einigen in der Gesellschaft fest etablierten Medienvertretern ist beängstigend. Die Fluchtbewegungen und die Klimakrise lockt sie nach und nach alle aus der Deckung heraus. Einerseits ist das erfreulich, weil sie dadurch sichtbar sind, andererseits flößt mir die Menge, der mit einer Autokratie bzw. Oligarchie sympathisierenden Personen, Angst ein.
Was die Hamburger Studenten machten, ist ein lupenreiner Protest, den der Bürger von Leuten, die an einer Universität studieren, erwarten darf. Keiner muss ihn mögen oder inhaltlich teilen, aber er gehört dazu. Eine Uni voller Opportunisten, hat die Bezeichnung nicht verdient. Genau dies gehörte zur 68er Bewegung. Die Ausbildungsstätten der zukünftigen geistigen Elite von den Altlasten eines falsches Verständnisses von Unis zu befreien. Universitätsabsolventen sollen die Zukunft besser gestalten und nicht den «Status Quo» aufrecht erhalten. Gleichfalls dürfen sie nicht zu einer Ausbildungs- oder Lehranstalt der Wirtschaft verkommen. Ebenso wenig zum verlängerten Arm des bürgerlichen Mainstream. Dafür gibt es Fachhochschulen oder Ausbildungsbetriebe. 23 Jahre nach dem Krieg waren viele Lehrstühle noch von denen besetzt, die sich mit dem NS Regime 1933 – 1945 arrangierten, während die kompetentere Riege im Exil blieb oder das Dritte Reich nicht überlebten. Und die ehemals zum NS Regime Loyalen zogen sich ihre Paladine heran.
Wer dies favorisiert, die 68er mit dem NS Regime vergleicht, und sich Universitäten in Form einer Kaderschmiede wünscht, oder sie wenigstens zu Ausbildungsstätten des Kapitals umfunktionieren will, hat nichts Gutes im Sinn.
Zur Person von Herrn Lucke ist meine Haltung recht simpel. Bei der Gründung der AfD suchte er sich in Gauland einen falschen Freund. Keiner kann sagen, ob er nicht immer noch in der AfD wäre, wenn Petry ihm damals nicht den Rang abgelaufen hätte. Er wollte von der Hinterbank der CDU ins Rampenlicht. Das ging voll in die Hose. Statt Einsicht, dass das Machtstreben ihn in die falsche Richtung austrägt, gründete er ALFA. Nun wird es einige Zeit benötigen, bis er aus dem Scherbenhaufen wieder herauskommt. Ein blaues Auge wird bleiben. So ist das halt mit der Machtgier. Bei jedem Entzug kommt es zu einem Kater danach. Den wird er aushalten müssen.
Lesedauer6MinutenDas Dach der Kathedrale Notre Dame brannte und der Pariser Feuerwehr gelang es, den Brand einzudämmen. Das Schlimmste konnte verhindert werden. So weit die nüchtern Fakten. Was passierte rund herum? Manch einer beschwerte sich, dass der Brand nicht dauerhaft im öffentlich – rechtlichen Fernsehen übertragen wurde. Mindestens ein «Brennpunkt», ich finde in diesem Zusammenhang ein etwas unpassender Begriff , wurde eingefordert.
Einen Tag später vermuteten die üblichen Verdächtigen eine Verschwörung im Hintergrund. Macrons Vasallen hätten den Brand gelegt, um von den aktuellen politischen Problemen abzulenken. Zu schnell habe die Polizei verkündet, dass es sich um keinen terroristischen Anschlag gehandelt habe. Mit Verlaub – Terroristen in schwindelnder Höhe? Als terroristischer Akt nebenbei vollkommen ungeeignet. Vor allem, wenn niemand von den Zielen erfährt. Ich frage mich auch ein wenig, was in den Köpfen der Leute los ist, dass sie bei jedem Anlass von hunderten Optionen, ausgerechnet die Terrorismus Karte ziehen.
Und warum sollte die Regierung eine Kathedrale anzünden? Da gäbe es wahrlich bessere und vor allem definitiv weniger komplizierte Ablenkungsmanöver. Ständig brennen Dachstühle bei Dacharbeiten ab. Neben Steckdosen, in denen ein Lichtbogen vor sich hin brutzelt, ein Klassiker. Nun hat es halt mal wieder ein altes Gemäuer erwischt. Gab es schon einige Male. Insofern nicht ungewöhnlich.
Menschen bleiben am Ende, was sie sind, Menschen.
Bewegte Bilder faszinieren sie, während Standbilder eher langweilig sind. Gaffen gehört zum Dasein dazu. Ob eine Kathedrale brennt oder auf der Autobahn ein schwerer Verkehrsunfall stattfand, ist dabei irrelevant. Fraglich ist für mich, ob jedes primitive Grundverhalten bedient und Gier befriedigt werden muss. Zumindest schadet es niemanden. Die Kathedrale interessiert es nicht und der Rest des Programmes bringt keinen Mehrwert. Warum nicht ein brennendes Gebäude zeigen? Das könnte Schule machen. Statt Informationen und Nachrichten, werden im Fernsehen Brände und Löscharbeiten gezeigt. Es dürfte sich dadurch wenig ändern.
Einige Spielverderber nörgelten, dass an anderen Ereignissen, von ertrinkenden Flüchtlingen, Opfern des Klimawandels bis zu Großbränden an fernen Orten der Welt, kaum einer Anteil nimmt (z.B. Brand 2.9.2018 Nationalmuseum Rio de Janeiro, Jokhang-Tempel, Lhasa, 18.2.2018 (1300 Jahre alt!) . Die Gescholtenen zeigten sich empört, dass doch mal eine Trauer möglich sein müsse, ohne das Ereignis in Relationen zu setzen. In der Regel wird hier bei den Kommentaren der Social Media Plattformen der Hashtag #Whataboutism verwendet. In der Langversion scheint dies bei vielen zu bedeuten: “Lass mich gefälligst in meiner Dekadenz – Blase mit Deiner Kritik in Ruhe!”
Gäbe es ein wenig mehr Vernunft, Menschlichkeit und vor allem Gerechtigkeit auf der Welt, könnte das durchaus funktionieren. Doch durch die bestehende Realität entsteht ein Kontrast, den mache beim Nachdenken nicht aushalten. Gleichermaßen schwierig zu verkraften ist das Geschehen an den Tagen danach.
Milliardäre griffen in die Tasche und zauberten 200 Millionen für die Reparatur des alten Gemäuers hervor. Weitere 500 Millionen sprudelten schnell aus anderen Quellen. Festzustellen ist, dass es Leute mit übermäßigen Vermögen gibt, welches sie eher in etwas Totes, stand in Lebendiges investieren. Im gewissen Sinne eine vom neuen Geldadel ausgehende Renaissance eines absolutistischen Verhaltens. De facto ist die Kathedrale auf diesem Wege schon immer finanziert worden. Geld und tausende Menschenleben wurden für “großes” dem Einzelnen “Übergeordnetes ” geopfert. Immer gab es Kritiker, die kein Verständnis für dieses Verhalten der Menschen hatten. Am übelsten waren die zu Zeiten der Französischen Revolution unterwegs. Nach der Revolution wurde zeitweilig der christliche Glaube verboten und in Notre Dame wurde dem «Vernunft Kult» gehuldigt, bei dem mittig ein Hügel aufgeschüttet wurde, auf dem eine die Freiheit symbolisierende Schauspielerin rezitierte.
Die Epoche der Revolten ist vorbei. Die Menschen sind dick, rund und satt. Was kümmert es sie, wenn einer in der Wüste verreckt oder zu viel Salzwasser schluckt? Symbole wie Notre Dame, stehen in moderner Zeit neben anderen, für eine Legende, die in den vergangenen 10 Jahre eine Wiederbelebung erfuhr. Der philanthropische Mitteleuropäer, von einer alten Kultur geprägt, hilft der restlichen, meist hinter vorgehaltener Hand als barbarisch bezeichneten, Welt. Die Identität einiger Länder hat schon länger einen Knacks bekommen. Die einen sind kein Empire mehr, andere haben ein Reich verloren und die Grande Nation, musste nach und nach alle Kolonien abgeben. Insofern war es nicht verwunderlich, dass die Rechten von einem Symbol des untergehenden Abendlandes und der Kapitulation vor dem Islam sprachen. Da kann man glücklich und zufrieden darüber sein, dass Israel das Heilige Land unter Kontrolle hat, sonst riefen die wieder zu Kreuzzügen auf.
Ich finde dies insgesamt erklärlich und es wundert mich nicht, weil es dem entspricht, wie zur Zeit alles funktioniert. Sich darüber aufzuregen, zu schimpfen, oder bittere Kommentare zu schreiben, ist schlicht sinnlos. Jeder der gegen diese Verhaltensweisen antritt, sieht sich gleich mit mehreren übermächtigen Gegnern konfrontiert. Da wäre die, mittels Manipulation auf ein kollektives Denken ausgerichtete Masse. Diejenigen welche dafür sorgen, dass dies geschieht. Und die uralten Verhaltensmuster der Menschen, die erst den Bau, der an sich völlig irrationalen Prunkbauten ermöglichten.
Die aktuelle Rhetorik ist banal. Kritik darf per Postulat ausschließlich geäußert werden, wenn man selbst eine passende Lösung vorzuweisen hat. Wer also feststellt, dass ein Vehikel beim Verzicht auf Bremsen demnächst mit hundert Stundenkilometern gegen eine Wand fährt, darf dies nur feststellen, wenn er auch Herrscher über die Bremspedale ist. Klingt für mich nicht logisch – aber gut.
Das gab es schon im Altertum und hat sich bis heute erhalten. Ich will nicht ausschließen, dass die Großspenden wenige zum Nachdenken brachten. «Moment Mal! Wo haben die eigentlich die Kohle her?» Ein Spender, Bernard Arnault, verkündete: „Es ist bestürzend, dass man in Frankreich kritisiert wird, wenn man sich für das Gemeinwohl einsetzt“. Und hunderte Aktionäre applaudierten.
Ein wenig amüsiert mich dabei der Umstand, dass er mit seiner Luxus – Produktion für Dekadenz und Überflüssigkeit steht. Aus buddhistischer Sicht einer, der noch Äonen davon entfernt ist, auch nur ansatzweise etwas über den Lauf des Lebens verstanden zu haben. Doch es passt zusammen. Mich wundert schon länger, dass Buddhisten noch nicht als Kommunisten bezeichnet werden. Faszinierend bleibt es aber. Lehnin prägte das Denken: Wer nicht für uns, ist gegen uns. Lustig wie die Kapitalisten dies adaptiert haben. Wer nicht Kapitalist ist, muss Kommunist sein.
Ich gehe nebenbei davon aus, dass die Spender den Betrag steuerlich absetzen und damit unter dem Strich einen Gewinn erzielen. Das mit dem Gemeinwohl ist nachvollziehbar und findet sicherlich reichlich Anklang. Erst einmal dem eigenen Volke mit dem Geld helfen, statt es irgendwelchen Frauen, Männern und Kindern in den Rachen zu werfen, die keiner kennt. Ich hätte da wieder diese Frage. Wo kommt das Geld her? Für das Gemeinwohl, wie z.B. eine Reinvestition in die heimische Marktwirtschaft, war es offenbar nicht gedacht. Aber darüber nachzudenken wird sich auf eine Minderheit beschränken. Eine, die ohnehin am Nörgeln ist.
Das konservative Propagandablatt «WELT» fängt bereits an, die bösen LINKEN zu beschimpfen. Von den Nachdenkenden (Gutmenschen, Hetzer, Linksfaschisten, Intellektuelle, und was sich die Propagandisten sonst noch einfallen lassen) habe ich im letzten halben Jahr einige gesprochen. Traveller aus der Schweiz, Frankreich, Spanien, Italien, Holland, England, USA, Australien, Kanada und Deutschland stellen einheitlich eine sich immer deutlicher zeigende Übernahme der Gesellschaften durch das konservative Bürgertum, bei einer gleichzeitigen Resignation der «unteren» Schichten fest. Dazu passte das ganze «Rundherum» um das Ereignis Notre Dame. Vor allem das einfach strukturierte Denken. Den Liberalen würde ich gerne um die Ohren hauen: «Was habt ihr? Ist doch genau nach Eurem Geschmack. Da ist ein Markt entstanden und nach Euren Vorstellungen ist es das Beste, was Paris passieren konnte.»
Das ausgerechnet ein Friedrich Merz zur Gründung einer Bürgerinitiative zum Zweck der Spendensammlung aufrief, war dann aber doch Realsatire. Egal, wie man es dreht und wendet, Kathedralen stehen für den christlichen Glauben. Friedrich Merz ist nicht Matthäus der Zöllner, welcher mal eben sein Haus übergibt und dem Herrn folgt. Er arbeitet in einem Genre, in dem man weltweit an der jeder Krise Geld verdient. Siechende sind Langzeitpatienten, die Medikamente konsumieren, deshalb wird in Präparate investiert, die lindern, aber nicht heilen. Während jene, die nachhaltig gesunden lassen, nicht dem Investor empfohlen werden. Das ist keine Schnurre, sondern wurde in diesem Sinne vom Bruder im Geiste, Goldman & Sachs, in einer Broschüre formuliert. Kommt es zu Flüchtlingsströmen, powern die Investoren das Geld in Rüstungsfirmen, Lagerausstatter, Kamerahersteller pp.. Das ist alles legal, aber eben nichtchristlich. Den schnöden Mammon anbeten, ist in diesem Glauben nicht vorgesehen. Und ausgerechnet der fordert zum Spenden auf? Ach ja … da war ja etwas. Der Absolutismus! Dann passt es wieder. Merz & Co. haben ihre eigenen Götzen und Kathedralen, die stehen in Frankfurt/Main. Wenn er sein Gewissen erleichtern will, soll er es tun, aber warum er andere damit belästigt, erschließt sich mir nicht.
Beim Sinnieren fällt mir auf, dass russische Oligarchen, Diebe im Gesetz und Mafia Paten auch einen Hang dazu haben, der Kirche großzügige Spenden zu kommen zu lassen. Ich glaube das verschafft eine gewisse Reputation. In der Grundstruktur sehe ich ohnehin Parallelen. Kriminelle handeln oft mit dem Antrieb, ohne Aufwand und unter Vermeidung körperlicher Arbeit, möglichst große Summen Geld zu verdienen oder Statussymbole zu erlangen. Illegal wird dieses Verhalten erst durch die verwendeten Mittel. Kriminellen fehlt häufig aus unterschiedlichen Gründen der Zugang zu den legalen Mitteln, weshalb sie halt die anderen nehmen. Der Grat ist häufig sehr schmal.
Das ergibt alles keinen Sinn. Statt sich über die Pappnasen aufzuregen und gegen das menschliche Verhalten anzukämpfen, ist es zweckdienlicher die wenigen zu unterstützen, die anders leben. Eins fand ich positiv. Die Dünnhäutigkeit der Bürger. Das lockt sie aus der Reserve und lässt sie sich zu erkennen geben. Sie lassen sich dazu Hinreißen ihr wahres Gesicht zu zeigen.
Eine nicht zu verachtende Zahl an «Spießern» und Engstirnigen versteckt sich hinter einer Maskerade der Parteizugehörigkeit bei den Linken und den Grünen. Das schätze ich an den aktuellen Debatten. Unzählige Leute präsentieren sich und zeigen ihr wahres Gesicht. Da weiß man doch wenigstens, woran man ist. Und man kann sich daran erfreuen, dass man selbst anders ist.
Um Notre Dame mache ich mir keinerlei Sorgen. Das kriegen die recht schnell wieder hin. Im Gegensatz zum Leben, können tote Sachen, wie erwähnt, repariert werden. Und bis auf die Bastille, haben die Pariser immer alles wieder aufgebaut.
Zusätzlich noch ein kleiner kultureller Hinweis. Kathedralen wurden niemals in einem Baustil errichtet, sondern waren über hunderte Jahre hinweg Baustellen, in die sich jede Epoche einbrachte. Warum nicht auch das 21. Jahrhundert? Folgerichtig melden sich die ersten mit Modifikationsvorschlägen – warum auch nicht?
Aus meiner persönlichen spirituellen Weltanschauung ergibt sich, dass das Lebende vorrangig zu Gegenständen zu behandeln ist. Wenn es den Lebenden gut geht, kann man sich um den Rest kümmern. Ob im Kleinen oder im Großen, sich von Dingen besitzen zu lassen belastet das Leben. Doch ich muss einräumen, dass sich diese Weltsicht in den letzten 3000 Jahren nur bei einem geringen Teil der Menschen durch setzte.
«Denn das ist Konservatismus: Das Nachdenken über die Erfahrung und die theoretische Ausformulierung des Empfindens, Macht zu haben, sie bedroht zu sehen und zu versuchen, sie zurückzugewinnen.»
Aus einem Essay des amerikanischen Politikwissenschaftlers Corey Robin Quelle: Spiegel, 14.1.2018
«Die Geografie der CSU … ist eine Mitte Rechts-Volkspartei, ein Sammelbecken für Konservative, Liberale, Nationalkonservative, für Menschen, die auf dem demokratischen Boden unseres Landes stehen.»
Horst Seehofer, CSU
Sehr geehrte Damen und Herren von den Konservativen in Deutschland,
ich hoffe zunächst einmal, die richtige Anrede gewählt zu haben. Bewusst habe ich auf «Hallo», «Hi» oder Ähnliches verzichtet, damit sie sich nicht sofort brüskiert fühlen. Wahrscheinlich haben sie sich entweder in einer Partei, wie der CDU/CSU, SPD, der AfD oder vielleicht bei den GRÜNEN oder der FDP organisiert, einige von Ihnen sind eventuell Mitglied in einer Burschenschaft. Manche mögen auch nur ein Kreuz an passender Stelle auf dem Wahlzettel hinterlassen.
Ich räume ein, dass es sich bei Ihnen um einen ziemlich gemischten «Verein» handelt. Ich glaube am ehesten können wir uns vielleicht darauf einigen, dass Sie weder progressiv oder «Links» sind. Das ist jedenfalls die gängige Betrachtung. Ich persönlich glaube, es gibt Konservative auch bei den LINKEN, aber dies wird von den genannten Parteien vehement ausgeschlossen.
Ich wende mich an Sie, weil ich vieles nicht verstehe, logisch nicht nachvollziehen kann oder schlicht zu simpel im Denken bin.
Sie fragen sich zu Recht, wer ich bin. Ehrlich gesagt, weiß ich das selbst nicht genau. Ich besitze die deutsche Staatsbürgerschaft, war verheiratet, habe einen Eid auf das Grundgesetz abgelegt, bin Vater von zwei Töchtern, war 33 Jahre im Staatsdienst und habe eine ganze Menge Steuern in meinem Leben bezahlt. Ich habe in den Achtzigern ein Abitur absolviert, studiert und einen akademischen Titel. Das macht von außen her einen recht konservativen Eindruck.
Die Geschichte meiner Familie ist meiner Meinung nach typisch deutsch. Meine Vorfahren kamen einst aus Osteuropa und landeten irgendwann in Berlin. Teile meiner Verwandtschaft, waren in der KPD, im engeren Umfeld betrachtete sich meine Familie immer als sozialistisch orientiert. Durch meine Heirat erweiterte ich das Spektrum ein wenig. Da gab es dann auch ehemalige Mitglieder vom Bund Deutscher Mädel, Absolventen der Elite – Schule NaPoLa und diverse Konservative.
Ich gebe zu, dass ich darüber nicht sonderlich glücklich war.
Mir wurde vermittelt, dass die alten Kommunisten in der Weimarer Republik im Wesentlichen gegen die nicht zu bestreitende Ausbeutung der Arbeiter waren und sich auch nicht in einer auf Krieg ausgerichteten Industrie verheizen lassen wollten. Im Gegensatz dazu fand das profitierende konservative Bürgertum, dies trotz eines christlichen Anspruchs vollkommen in Ordnung.
Die Konservativen in der SPD ließen die Arbeiter, welche sich in der KPD organisiert hatten, am später als Blutmai bekanntgewordenen 1. Mai zusammenschießen. Mit der SPD und den Arbeitern war das schon immer ein kompliziertes Verhältnis.
Einige Ihrer Vordenker konstruierten irgendwann den sogenannten völkischen Anspruch. Entgegen dem uns bekannten Geschichtsverlauf wurde aus vielen unterschiedlichen Stämmen und zig Einwanderern aus allen Teil Mitteleuropas ein Deutsches Volk. Dem «Deutschen» wurden Wunschvorstellungen zugeordnet. Aus dem Menschen, der in einer Region lebt, wurde per Definition der «Deutsche». Plötzlich sollten alle Menschen dieser Region einem künstlich gebildeten Ideal entsprechen. Das erscheint mir unlogisch und ziemlich willkürlich. Ich muss Ihnen aber zu Gute halten, dass das damals dem Zeitgeist in Europa entsprach.
Anhänger ihrer Position berufen sich auf herausragende Leistungen dieses konstruierten «Deutschen». Wenn ich mir so die Menschheitsgeschichte ansehe, fällt mir zu herausragend die Bändigung des Feuers, die Erfindung des Rades, die Einführung von Zahlen, die griechischen Philosophen, das römische Staatssystem, die französische Revolution, die Entdeckung der Elektrizität und die Erfindung der Dampfmaschine ein.
Ich lasse mich gern von Ihnen korrigieren, aber nichts von alledem geht ursächlich auf einen «Deutschen» zurück. Inspiriert von den Franzosen hatten wir auch eine Revolution, die allerdings auch von Ihren Vordenkern zusammengeschossen wurden.
Woraus leiten Sie ihre Aussage ab? In diesem Zusammenhang verweisen Sie gern auf die deutschen Denker. OK, in erster Linie ist ein Denker ein intelligenter Mensch. Unsere Wissenschaftler haben zuverlässig nachgewiesen, dass das wenig mit der Herkunft zu tun hat. Wenn überhaupt, dann etwas mit dem System und den Möglichkeiten, die einem Menschen geboten werden. Wie erklären Sie sich, dass nahezu alle dieser benannten großen «Denker» den Konservativen enttäuscht den Rücken zu wandten und sich schon zur Kaiser – Zeit in andere Regionen absetzten? Korrigieren Sie mich, aber entspricht es nicht einer gewissen Logik, dass solche Leute eher «progressiv» sind?
Später wurde es nicht besser. Mehrheitlich lehnten diese Denker Ihre Vorstellungen ab. Ich erinnere sie an Nietzsche, der sich in jungen Jahren enttäuscht von Wagner abwandte. Erst seine ungeliebte Schwester verfasste dann ein eigenes Pamphlet, welches Sie Ihnen zu Munde verfasste. Konkret könnte ich anführen, dass nach Preußen die Intelligenz abgebaut wurde. Hauptsächlich konzentrierten Sie sich auf die Wissenschaften, welche industriell ausgenutzt werden konnten. Geisteswissenschaften waren verpönt, da sie im Wettstreit mit anderen Ländern nicht erkennbar benutzbar waren.
Ist das Ihre Vorstellung von Intelligenz? Alles muss kommerziell in einem Wettstreit einen Sinn ergeben? Manches wurde von der konservativen Seite schlicht nicht verstanden. Zum Beispiel die moderne abstrakte Kunst, der Dadaismus und der Jazz.
Was genau haben Sie eigentlich gegen Individuen und individuelles Verhalten? Bereitet Ihnen die Unkontrollierbarkeit Sorge? Ist es das? Wie weit reicht Ihr Sicherheitsbedürfnis?
Diese entflohenen Denker sprachen viel darüber, dass mit der Geburt das Risiko zu sterben um 100 % steigt. Das Leben birgt Risiken, und mit aller Mühe werden Sie das nicht ändern. Wenn Sie sich nicht selbst einsperren wollen, kommen sie daran nicht vorbei. Und immer wenn Sie etwas gebannt haben, werden sie eine neue Bedrohung entdecken. Sehen Sie das anders? Haben Sie in Erwägung gezogen, dass das auch sehr individuell sein kann? Neige ich dazu, ängstlich zu sein, kann ich auch eine Menge für die Absicherung alleine machen bzw. Orte meiden.
Was gefällt Ihnen nicht daran, einfach nur ein Mensch zu sein. Warum benötigen Sie eine Überhebung in dem Sie sich das deutsche Idealbild erschaffen. Es ist doch grundsätzlich angenehm, der den Planeten dominierenden Spezies anzugehören. Können Sie mir die Gründe für das Bedürfnis nach einem fixierten vorhandenen Unter – Ober – Hierarchiesystem erläutern? Oder ist das bei Ihnen einfach so? Der Instinkt kann es eigentlich nicht sein. Primaten organisieren sich an einer der Situation angepassten Struktur. Sie bilden Verbände, die sich in Gruppen situativ unterteilen und unbeständige Hierarchien aufbauen.
Worin besteht die Problematik im Umgang mit Frauen? Welche Probleme haben ihre weiblichen Vertreter?
Wenn sie geschlechtsbezogenes Unterwerfungs – oder Dominanzverhalten bevorzugen, steht es Ihnen doch frei sich der BDSM Szene anzuschließen. Aber das müssen doch nicht gleich alle mitmachen. Ich meine, wenn Eure Dorothee Bär auf «Submissive» steht, kann Sie das doch machen. Genug passende Burschen werden sich beim RCDS finden. Oder wenn Markus Söder mehr den «Dom» spielen will, kann auch niemand etwas dagegen haben. Aber bitte alles privat und nicht andere dazu verpflichten.
Sie stehen dafür, die Verhältnisse zu bewahren und Änderungen nur zähneknirschend zuzulassen. Wenn dies bedeuten würde, nicht überstürzt zu Handeln, könnte ich mich damit anfreunden. Doch allzu zögerlich ist auch nicht förderlich. Sie sprechen ständig von Werten und Leitkultur. Wenn ich die Menschheitsgeschichte als einen Prozess betrachte, in dem alles aufeinander aufbaut, müssten theoretisch Fehler erkennbar sein, und neue Ideen zur Umgehung dieser Fehler ausprobiert werden. Wenn sich herausstellt, dass die Idee ungeeignet war, muss eine weitere her. Ich weiß, dass das eine sehr idealistische Betrachtung ist.
In der Realität blicken wir auf eine Aneinanderreihung von Machtstrukturen und stets verfeinerten Taktiken, die unermessliche Gier des Menschen zu befriedigen. Gut, dies haben wir uns jetzt 3000 Jahre lang angesehen. Selbst der größte Ignorant dürfte die Gier und die schädigenden Auswirkungen erkannt haben. Ich verstehe in diesem Zusammenhang nicht, dass sie an diesem Kapitalismus so vehement festhalten. Wie angesprochen wurde ich im alten West – Berlin groß. Da war es normal, dass ich mich in der Schule mit der Sowjetunion, dem Ost – Block und der DDR beschäftigte.
Von Kommunismus war bei uns selten die Rede. Meistens wurde vom Stalinismus, dem sogenannten real existierenden Sozialismus, dem Maoismus und den Trotzkisten gesprochen. Kommunismus wurde uns unter philosophischer Betrachtung näher gebracht.
Das ist nebenbei die Frankfurter Schule. Karl Marx als Philosophen zu sehen, der sich noch zu Lebzeiten fragte, was eigentlich ein Marxist sein soll. An seiner Stelle wäre ich auch verwundert gewesen. Da rechnet man einen beobachteten Prozess hoch und prognostiziert ein furchtbares Ende, schreibt dazu noch, dass dieser Prozess erst beendet sein muss, damit etwas Neues – Unbekanntes – entstehen kann und dann kommen Leute daher, die alles besser wissen wollen und meinen Namen benutzen. Die Beobachtung dieser Systeme zeigten, dass er in seinen Grundgedanken nicht falsch lag. Die bauten einfach nur ein neues Machtsystem auf, in dem sich andere die Taschen vollstopften. Ich finde als Leidtragender, kann es einem ziemlich egal sein, ob oben «schwarze» oder «rote» gierige Bonzen sitzen. Wenn Sie sich die Persönlichkeiten eines Ulbricht oder eines Honeckers ansehen, müssten Sie eigentlich zustimmen, dass die stock konservativ waren.
Ihre Vertreter sprechen gern vom Liberalismus bzw. dem Neoliberalismus. Die Worte suggerieren Freiheit. Hauptsächlich läuft es auf eine Freiheit für die hinaus, die viel besitzen.
Die anderen schauen in die leere Röhre. Die Wirtschaft, einer abstrakten Definition, setzen Sie mit einem lebenden Organismus gleich. Gut, warum nicht? Die Idee und Herangehensweise klingt ja erstmal interessant. Gier reguliert sich gegenseitig und organisiert sich. Aber zwei wesentliche Dinge wurden damals, wie wir heute wissen, übersehen. Erstens der Mensch und zweitens ein eintretender Mangel an Ressourcen. Immer wenn ein Mangel herrscht, kommt es zu einem Verteilungsproblem. Genau das haben wir. Sie bieten als Lösung an: Mit ein paar anderen zusammen klauben wir alles auf, was wir finden können und verwenden wir für uns. Meinen Sie, die anderen lassen sich das auf Dauer gefallen?
Sie sprechen von einer Leistungsgesellschaft. Diese Idee geht auf die Französische Revolution zurück. Im Gegensatz zum Geburtsvorteil im Absolutismus, sollte jeder Mensch mit Leistung einen Aufstieg schaffen können. Haben wir das heute? Wird Lebensleistung gewürdigt? Was ist diese Leistung überhaupt? Können Sie mir erläutern, was ein menschliches Wesen leisten muss, damit es eine fünfhundertfache höhere Entlohnung als ein Handwerker bekommt. Was können diese Manager? Aus Wasser Wein machen? Werden Dinge zu Gold, wenn sie von ihnen angefasst werden? Steuern wir nicht vielmehr gestützt von PR Kampagnen auf eine Situation zu, in der wir dystopische Verhältnisse im Sinne eines Orwells oder Huxley erleben? Mit bezahlten Manipulationsstrategien werden Massen auf ihre künftige Rolle in den niederen Regionen vorbereitet. Wenn ich vor der Wahl meine Bestrebungen bereits auf diesem Wege im Kopf implementiert habe, muss ich den Ausgang nicht mehr fürchten.
Innerhalb von Deutschland gehen Sie davon aus, wenn ich einzelnen genug Überfluss gebe, fließt auch ausreichend Rest für die Armen heraus. Ich glaube nicht, dass das funktioniert. Irgendwie hat das bei den Päpsten und im Absolutismus auch nicht funktioniert. Die benannten Stalinisten, Trotzkisten, DDR Sozialisten, Maoisten, sind auch daran gescheitert, dass sich immer ein Trottel über die anderen erheben will, also am Menschen. Da wäre es doch mal an der Zeit, über alle geschaffenen Grenzen hinweg, darüber zu sprechen. Also über Veränderungen und nicht wie man das System verzweifelt aufrecht erhalten kann.
Was ich auch nicht verstehe, ist Ihre Sprache.
Ich habe Sie zeitlebens als die «Schwarzen» oder die Konservativen bezeichnet. Warum sind Sie so unfreundlich mich als linksversifft zu titulieren? Ja nun, sie legen vermutlich beim Sexualakt ein Handtuch auf die Couch. Ich bin hingegen ein wenig unordentlich. Aber deshalb gleich versifft benutzen? Ich kann doch nichts dafür, dass Sie, wie bei Jan Fleischauer zu sehen und zu hören, ein Problem mit dem Ablösungsprozess von den Eltern haben. Irgendwie haben wir das doch alle, aber man muss deshalb nicht gleich als trotziger Junge stellvertretend alle «Links» vermuteten Personen beschimpfen. Ich weiß auch nicht so recht, warum sie immer von der Generation der 68er sprechen. Wenn, dann müsste man von einer Bewegung und ihrer Anhänger sprechen. Es müsste doch in ihrem Sinne gewesen sein, dass die damals gegen übrig gebliebenen Fragmente vom Nationalsozialismus rebellierten. Der ist teilweise mit Ihrer Tradition verbunden, kann Ihnen aber nicht allen zum Vorwurf gemacht werden.
Oder fanden Sie den Kampf gegen das über gebliebene nationalsozialistische Gedankengut an den Unis unangebracht? Mir kommt das häufig so vor. Meiner Meinung nach irren Sie sich gewaltig, wenn Sie den Gründungstag der NSDAP zum Beginn des Nationalsozialismus machen. Die Idee, dass jeglicher menschlicher Aspekt zum Wohl der Deutschen Nation ausgerichtet wird, wurde deutlich früher geboren.
Haben Sie sich jemals mit Hannah Arendt und ihren Ausführungen zur Banalität des Bösen auseinandergesetzt? Die 68er haben es getan. Gehorsam, Disziplin und Unterordnung in eine Hierarchie sind die Grundpfeiler des Nationalsozialismus und später der Regimes im Ostblock gewesen. Genau genommen haben uns diese Tugenden immer in Schwierigkeiten gebracht. Versuchen Sie mal, mit Hippies einen Krieg zu führen. Und was ich so gehört habe, war der Sex in den 50ern nicht der tollste, spätestens an der Stelle sollte man den 68ern Dankbarkeit zollen. Die Musik war auch nicht schlecht. Was ich vom «Rechtsrock» nicht gerade behaupten kann. Der ist ziemlich anstrengend. Speed – Metal gespielt und gesungen von zugedröhnten tibetanischen Yak. Volksmusik können Sie gern weiter hören. Ich weise Sie nur darauf hin, dass Kinderlieder und Volkslieder musikalisch nah beieinander liegen und Sie sie deshalb mögen.
Was finden Sie an Militär so geil? Die Kameradschaft? Es gibt von hart bis soft alle möglichen Sportvereine. Gehen sie doch da hin. Geht es Ihnen wirklich um die Vaterlandsliebe?
Wissen Sie, ich bin als gelernter West – Berliner Veralberungen gewöhnt. Mir wurden als ziviler Polizist, lauter Sachen beigebracht damit ich zusammen mit einer handvoll alliierter Soldaten die Russen stoppe. Militärischer Schwachsinn. Die wären um dieses geringe Ärgernis einfach herum gelaufen. Mit Deutschland sieht es nicht anders aus. Vor dem Rhein ist heutzutage im Falle einer konventionellen Kriegsführung kein Frontverlauf zu erwarten. Finden Sie schießen und schweres Gerät fahren toll? Machen Sie doch einen Baggerschein oder melden Sie sich im Schützenverein an. Mögen Sie Männern zuschauen, die aufeinander losgehen. Kaufen Sie sich eine Karte für eine MMA Veranstaltung oder ein Rugby – Spiel. Das lässt sich doch auch ohne Kriegsspiele regeln. Die Sache mit den großen Waffenarsenalen und Armeen geht doch immer irgendwann schief. Wissen Sie, ich habe viel Zeit mit solchen Leuten verbracht. Ich kann Imponiergehabe, Identitätsfindung und den ganzen Kram nachvollziehen, aber irgendwann ist doch jeder aus dem Alter heraus, oder? Oder?
Sie stehen nicht auf Geisteswissenschaftler und innovative Künstler. Alles was abweicht, ist Ihnen suspekt. Das kann ich aus der Perspektive ein wenig verstehen, aber was haben sie gegen Naturwissenschaftler?
Wissen Sie, die haben eine bestimmte Art zu denken. Ob das, was bei den Forschungen heraus kommt, wirtschaftlich ist, sich in Geld umwandeln lässt oder man damit etwas kaputt machen kann, ist denen nicht wichtig. Die sind einfach nur neugierig. Wenn jemand nur noch für Geld forscht, verliert er seinen Anspruch, Naturwissenschaftler zu sein. Das ist wie mit Künstlern, die für Geld schaffen. Kunst verkommt zur Befriedigung von Gelüsten, anstatt den Geist anzuregen. Diese Wissenschaftler sagen Ihnen nun schon geraume Zeit: «Das haben wir heraus gefunden! Was sie daraus machen ist nicht unsere Aufgabe.» Dummerweise passen die Aussagen auf den ersten Blick überhaupt nicht in den Plan «Big Money». Aber dürfen sie deshalb ignoriert werden? Was ist Ihr Plan bzw. Ihr Problem? Sie brechen sich doch keinen Zacken aus der Krone, wenn Sie auf Vernunft umschalten.
Manchmal frage ich mich, ob Sie nicht längst selbst von dem Monster eingesperrt wurden, welches Sie selbst geschaffen haben. Ich habe Sie auf einer philosophischen Ebene und nicht als Kapitalist angesprochen. Die «Größen» des Kapitalismus haben doch längst unsere Geschicke übernommen. Der Mensch und seine Bedürfnisse sind zu einem bewertbaren Wirtschaftsgut geworden. Jenes beschrieb Marx dezidiert. Das betrifft Sie, wie auch mich. Alles, unsere Zeugung, unsere Entwicklung im Mutterleib, der erste Schrei, Emotionen, Bedürfnisse, Krankheiten, Alter und der Tod ist Business. Selbst wenn wir uns gegenseitig Töten, ist es ein millionenschweres Geschäft.
Geschichte, meine Damen und Herren! Bereitet es Ihnen keine Sorge, dass wir dieses schon mal am Vorabend der «Übernahme» erlebten? Auch damals hatte die Wirtschaft übernommen und lenkte die Geschicke mit Finanzierungen. Nicht alle verloren im II. Weltkrieg. Wie bewerten Sie die Tatsache, dass eine Vielzahl von Texten mit kleineren Änderungen auf heute anwendbar sind? Macht es Sie nicht nervös, dass ein Höcke mit den Mitteln eines Goebbels, die der nicht einmal selbst erfunden hat, immer noch eine Menschenmenge aufputschen kann?
Vernunft wäre, wenn maximal zwei betrunkene Säufer stehenblieben, weil es Freibier gibt. Mir sagt das: Die Krankheit ist lange noch nicht überstanden.
Konservative sind für mich selbstredend keine Faschisten, aber die Grundpersönlichkeit Gedankenmuster und Handlungsroutinen machen Sie zu Straßenarbeitern einer Autobahn, auf dem diese dann zum Ziel fahren können.
Ihre Hauptargumente sind die wirtschaftliche Leistungskraft, Aufschwung, Wachstumsraten und alles, was damit im Zusammenhang steht. Dafür sind Sie bereit alles zu tun. Ausgerechnet wir, die mal abgesehen von unserer Rolle im II. Weltkrieg, sehen mussten, was Bomben anrichten, sind wieder Großexporteure. Heute noch müssen Straßen gesperrt, werden um Überreste aus dem Boden zu holen. Nord – und Ostsee sind damit verseucht und wir steuern auf eine Katastrophe zu. Wir wollten uns nach dem II. Weltkrieg auf die Verteidigung unseres Landes beschränken. Dem meiner ketzerischen Meinung nach überbewerteten Konservativen Konrad Adenauer haben wird den Startschuss zu verdanken, dass sich Deutsche Soldaten an fremden Konflikten beteiligen. Militär hat weltweit etwas Eigenes in sich. Ist es wirklich förderlich, wenn wir sechzehnjährigen zumeist Jungen, die Grundvoraussetzungen einer Diktatur: Gehorsamkeit, Unterordnung, Disziplin vermitteln? Sollten wir Ihnen nicht erst einmal Demokratie näher bringen? Sie werden nicht bestreiten können, das Militär und Demokratie zwei grundverschiedene Dinge sind. Übrigens schicken Diktaturen Jugendliche gern in Zeltlager, Camps oder zu Ertüchtigungen, damit sie schon in jungen Jahren lernen, wie sie sich einzufinden haben.
Ich bin kein Pazifist! Ich lehne Gewalt nicht ab. Die Anwendung ist spätestens bei einem unmittelbaren Angriff legitim. Aber Kriege können nicht gewonnen werden, erst recht nicht mehr beim aktuellen Stand der Technik. Bis auf die Rüstungsgiganten, verlieren bei jedem Krieg, mittlerweile weltweit alle. Auch diese Position von Ihnen erscheint mir unlogisch und nicht zu Ende gedacht.
Einer ihrer Vertreter, Herr Dobrindt, fordert eine «Konservative Revolution».
Der Mann hat Abitur, absolvierte ein Studium und leistete seltsamerweise Zivildienst. Ihm ist also zu unterstellen, dass ihm der Begriff und seine bisherige Verwendung, im Zusammenhang mit dem Verhalten ihrer Position in der Weimarer Republik bekannt ist. Entweder hatte er einen geistigen Aussetzer oder … ich weiß auch nicht. Doch aus mir nicht nachvollziehbaren Gründen reichen Sie diesen studierten Soziologen nicht in die hinterste Reihe durch.
Viele von Ihnen bezeichnen sich als Patrioten. Wohlgemerkt nicht als Verfassungspatrioten. Das deutsche Pendant dazu ist die Vaterlandsliebe. Dazu habe ich Ihnen schon einige Fragen gestellt. Der Grat zwischen Patriotismus und Chauvinismus ist bei einfachen Gemütern schmal. Die Verbundenheit zur vermeintlich einheitlichen Kultur, der dominierenden Religion und der Geschichte des Landes, schlägt blitzschnell in die Überhebung gegenüber anderen Ländern um.
Sie stürzen sich auf das Wort Heimat. Wenn Sie mit 100 Leuten sprechen, werden Sie 100 Erklärungen für den Begriff bekommen. Heimat hat etwas mit Sehnsucht zu tun. Eine idealisierte Wunschvorstellung. Wenn Sie ein Heimat – Ministerium einrichten, bedeutet dies: Ein Ministerium für die Wunschvorstellungen der Konservativen, wie Deutschland aussehen soll. Korrekt gesagt: Sie haben das Innenministerium, mit Bau und Heimat ergänzt.
Dabei sind Ihnen aber Fehler unterlaufen. Zum Minister machten Sie den Mann, der die Worte prägte: «Der Islam gehört nicht zu Deutschland!» Ich habe mir die Webseite des Ministeriums angesehen. Dort steht unter dem Strich: Die deutsche Gesellschaft ist offen und die Religionsgemeinschaften bereichern sich gegenseitig. Es ist auch zu lesen:
«Die gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Bedeutung der christlichen Kirchen wird von der Bundesregierung anerkannt. Sie legt deshalb Wert auf die Einbindung kirchlicher Vertreter bei zahlreichen politischen Fragen, in denen es vor allem um ethische und soziale Themen geht (z.B. Gentechnik oder Asyl- und Ausländerpolitik)»
Website, BMI, Februar 2019
Da frage ich als Atheist, wie sie die Aufforderung zum Unterlassen einer Hilfeleistung im Mittelmeer mit den christlichen Vorstellungen in Einklang bekommen? Die Aktivitäten im Gen – Bereich von BASF und SCHERING muten auch nicht christlich an. Genauso wenig das Vorgehen gegen indigene Völker unter Schirmherrschaft deutscher Konzerne. Haben Sie noch ein paar alte Mitglieder der DEK (Deutsche evangelische Kirche im III. Reich) oder Katholiken, die sich am 2.3.1933 mit der Zusicherung der Anerkennung der katholischen kulturpolitischen Vorstellungen kaufen ließen, aufgetrieben?
Sehr geehrte Konservative, sie sind im hohen Maße unlogisch und von der Ausrichtung her, gänzlich ungeeignet Lösungen für die kommenden Zeiten zu finden. Sie fantasieren ständig von einem «Links – Diktat» welches in Deutschland stattgefunden hat. Wenn dem so wäre, hätten wir mehr progressive Politiker in den oberen Stellen, die die alten deutschen Krankheiten nachhaltig heilen würden und international auf die Suche nach innovativen Lösungen gingen. Statt dessen treffen Sie sich unter Ausschluss der Öffentlichkeit in Machtzirkeln.
„Die Fiktion, dass der Staat zu unserem Schutz existiere, ist tausendmal widerlegt worden. Aber solange es dem Menschen an Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein mangelt, wird der Staat gedeihen; seine Existenz gründet sich auf die Angst und Unsicherheit seiner einzelnen Bürger.“
Henry Miller
Mit freundlichen Grüßen … ein versiffter Linker. Sie haben mich selbst erschaffen, denn nur durch Ihre Handlungen war es mir möglich, den Unsinn zu erkennen. Ich selbst weiß nicht, ob ich ein Linker bin, aber da ich Sie alle zusammen für eine gefährliche Truppe halte, bin ich es wohl.
Letztens erinnerte ich mich an eine Bemerkung, die mir vor Jahren an den Kopf geknallt wurde. «Du bist so konservativ geworden!». Ich entgegnete, dass ich dieses für einen normalen Entwicklungsprozess bei einem Polizisten halte. Den Begriff «konservativ» oder gar «rechts- bzw. Wertekonservativ» nehmen nunmehr andere für sich in Anspruch. Diese Menschen vertreten aber Auffassungen und stellen Forderungen, die mit meinem Denken überhaupt nichts zu tun haben. Die ersten Kandidaten dieser Truppen nannten mich zwischenzeitlich «Linker Blockwart» u. «linksversifft», die Gutmenschenphase habe ich erfolgreich übersprungen.
Hieraus ergeben sich die Möglichkeiten: Entweder habe ich mich verändert, der Begriff «Konservativ» wird unterschiedlich interpretiert oder die anderen haben ein ganz neues Programm eröffnet.
Die Dienstbereiche, in denen ich mich bewegte, wurden in den zurückliegenden Jahrzehnten von den Radikalen «gehasst» und dieser Hass, war stets eine Motivation. Wenn die uns nicht leiden können, machen wir alles richtig. Letztlich sahen wir uns immer als eine Bastion der Aufrichtigkeit. Den meisten meiner Wegbegleiter war institutionelle Autorität egal, wichtiger war die menschliche und das Vermögen sich in einem Team einzufinden. Da ich zumeist in sogenannten Gefahrengemeinschaften arbeitete, wurde viel auf Werte geachtet. Aufrichtigkeit, Kameradschaft, Ehrlichkeit, Verlässlichkeit, Mut, Gelassenheit, Selbstkontrolle, Gespür für Gerechtigkeit und Fairness, waren stetige Wegbegleiter. Hinterhältigkeit, Übermaß, Egoismus, Lügen (dazu gehören auch sog. Halbwahrheiten, die sich aus dem Weglassen wichtiger Informationen ergeben), Unbeherrschtheit pp. wurden geächtet, da sie im Zweifel den Einsatzerfolg, das Team oder gar das Leben gefährdeten.
Privat legte ich stets Wert darauf, bestimmte sprachliche Entgleisungen zu unterlassen. Selbstverständlich bleiben bei diesem Lebensweg auch mal gute Umgangsformen auf der Strecke. Fäkalsprache, sexuelle Anspielungen und wohlmeinende Beleidigungen waren im Dienst mit Sicherheit an der Tagesordnung bzw. gelangten auch schon mal ins Privatleben. Zumeist wurde dieses im Umfeld nicht gern gehört, dafür ist das freundschaftliche und familiäre Regulativ notwendig. Doch bei allem «Gehenlassen» gab es gerade im politischen Bereich Grenzen. Ich wäre niemals auf die Idee gekommen, einen Kollegen als «linksversifft» zu bezeichnen. Selbst die Bezeichnung «Zecke» wurde bisweilen schon mit einem gewissen Respekt benutzt, so wie uns die andere Seite als «Bullen» bezeichnete. «Bullenschweine» war dann eine andere Qualität, aber die Sache mit dem Hass erwähnte ich bereits.
Meine Schulausbildung und gesellschaftliche Formung im Mittelstand der alten Bundesrepublik Deutschland verbot mir die bewusste Benutzung der vom Nationalsozialismus geprägten Sprache. Die Problematik, einer politisierten Sprache, war uns als West – Berliner, die im Kalten Krieg heranwuchsen stets bewusst. Wenn sich Franz – Joseph Strauß und Herbert Wehner ihre verbalen Schlagabtausche lieferten, wurde dies häufig mit einem «Ui, Ui, Ui …»,kommentiert.
Wobei ich zu Strauß heute noch ein zwiespältiges Verhältnis habe, der Mann war deutlich zu weit nach rechts gedriftet, während Wehner wenigstens zu seiner kommunistischen Vergangenheit stand. Aber niemand wären Worte wie «Lügenpresse», «Staatsfunk», «Volksverräter», «Blockwart», «Völkisch», «Barbarische Männerhorden», «versifft», «Politisches Kartell (Neue Schöpfung, aber in der Richtung eindeutig, klingt nicht viel anders, wenn Hitler und Goebbels gegen die bestehende Regierung wetterten. Oftmals ist es weniger die konkrete Begriffswahl, sondern die Taktik, die die beiden anwandten.)
Den Wunsch, die Abkehr von dieser Sprache beizubehalten, betrachte ich als einen konservativen Anspruch.
Wir haben in Deutschland vielfältige Erfahrungen damit, wenn von Propagandisten Religionen oder Fremde in eine Buhmann – Rolle gedrängt werden, und damit versuchen eigene Macht zu begründen. Dies ist nun wahrlich eine der banalsten Maßnahmen aus dem 1 x1 der Propaganda. Mal waren es die Juden, die Engländer und Franzosen, der Panslawismus, der Bolschewismus, die Gastarbeiter, wie beschrieben: Wir haben einiges erlebt. Jeder Deutsche, der halbwegs bei Verstand ist, sollte hellhörig werden, wenn dies passiert.
Sich dieser Propaganda entgegenzustellen, betrachte ich als eine Pflicht für jeden Deutschen und ersehe ich als konservativen Wert, der spätestens nach 1945 in den Wertekanon dieses Landes gehört.
Schon auf dem Schulhof war es üblich, bei entsprechender Eignung, schwächere Mitschüler gegen fehlgeleiteten Schläger zu verteidigen, und da wurde es auch mal ruppig. Später galt diese Regel auch auf der Straße. «Wenn Du Dich mit jemanden anlegen willst, dann mach es auf Augenhöhe mein Freund! Hier stehe ich und warte!» Dies ist die Ehre der wirklich starken Charaktere, sich an einem Schwächeren vergreifen kann jeder, ein fairer olympischer Kampf sieht anders aus. Es mag sein, dass viele von uns einen Western zu viel gesehen haben, aber es hat funktioniert – auch dies nenne ich konservativ.
Es gibt diesbezüglich nicht nur das vom Bürgertum in Anspruch genommene Konservativ, sondern auch die althergebrachten Regeln des Milieus. Ich weiß, dass es diese kaum noch gibt, doch diese verlorenen Werte zu respektieren, betrachte ich als konservativ. «Wenn die Bullen vor Dir stehen, ist vorbei!», im Gegenzuge respektiere ich dann auch die Aufgabe und mache keine unnötigen Faxen. Milieu unterschied sich auch einst von den «gewöhnlichen» Gewaltverbrechern, doch auch dieses ist hinfällig. Fahndungsaufrufe u. persönliches Angehen von Ermittlern war bis auf in wenigen Ausnahmefällen ein Regelverstoß.
Heute werden bereits Menschen, die nicht einmal repressiv agieren können, sondern lediglich ihre Meinung sagen, beidseitig von links und rechts verbal bedroht. Mir persönlich ist es egal, ich kann damit umgehen. Wer diese Drohungen ausspricht, ist in die Vorlage gegangen und muss sich nicht wundern, wenn er im unmittelbaren Kontakt die sekundäre Reaktion spontan bekommt – gelernt ist gelernt. Eine sehr konservative milieubedingte Verhaltensweise.
Ich sprach die Rolle der Schwächeren an. Es gab mal eine Zeit, da wurden Menschen in ziemlich schwierigen Verhältnissen in den sogenannten Notaufnahmelagern untergebracht. Geraten Menschen in solche Situationen, kommt es zu Spannungen, Übergriffen und Straftaten. Damals waren wir bereit, die dort passierenden Geschehnisse zu akzeptieren, denn es handelte sich ja um unsere Brüder und Schwestern aus der DDR. Ich musste herzhaft Lachen, als einer dieser selbst ernannten Fotojournalisten ein Bild ins Internet setzte, auf dem ein vollkommen vermüllter Platz zu sehen war. Der rechtschaffene Bürger, wollte mit dem Bild auf die «schrecklichen» Flüchtlinge hinweisen. Leider hatte er ein Foto des Lagers der DDR – Flüchtlinge in Ungarn erwischt. Klarer Fall von ganz dumm gelaufen.
Ich kann auch noch beitragen, dass die deutschen Zuhälter ziemlich blöd aus der Wäsche guckten, als die freigekauften DDR -Bürger das Rotlicht Milieu übernahmen. Sie sahen sich einer bisher nicht gewohnten Brutalität gegenüber. Jene setzte sich dann im Bereich der Hooligans fort, und bis heute sind die auch noch stolz darauf. Ebenso führten sich die Chapter der 1 % Rocker in den neuen Bundesländern auf. Aber solche Dinge geraten gern in Vergessenheit.
Den Menschen als Mensch zu begreifen und zu akzeptieren, betrachte ich als eine konservative Haltung. Der ideale Mensch ist nicht existent – daran scheiterte schon Kant. Aus diesem Grunde verstand ich mich immer als Polizist und nicht als Richter. Wenn es allzu menschlich wird, gilt es einzuschreiten und wieder geordnete Verhältnisse herzustellen. Warum und wieso es dazu gekommen ist, interessiert mich erst in der zweiten Reaktion – aber privat interessiert sie mich. Doch ich werde es tunlichst unterlassen, das Richtschwert kreisen zu lassen. Ich muss mir als gelernter «Westler» immer sagen lassen: «Du hast keine Ahnung, was aus Dir in der DDR geworden wäre.»
Dem stimme ich zu. Wer weiß, wie mein Werdegang in diesem System gewesen wäre. Doch dann verstehe ich eines nicht: Wie können dann alle wissen, wie sie sich verhalten würden, wenn sie aus einem Kriegsgebiet oder einem Schwellen- bzw. Dritte Welt Land kommen würden? Wie gesagt: Einschreiten! Aber nicht richten! Im Zuge dessen verstehe ich einen weiteren Punkt nicht. Mir wird immer berichtet, dass in der DDR vieles gar nicht schlecht war, sondern im Falle eines vorhandenen Anpassungsvermögen, sich sogar angenehm anfühlte. Letztlich musste niemand flüchten und sich erschießen lassen. Trotzdem machten sich viele auf den Weg und brachten damit ihre Kinder in Gefahr.
Wie kann ich dann kein Verständnis für Menschen aufbringen, die sich aus den Flüchtlingsländern auf den Weg in eine ungewisse Zukunft machen und darüber hinaus, auf diese Einprügeln?
Einige der Krakeeler kommen aus Familien, die sich damals dem Flüchtlingstross aus Ostpreußen und anderen bedrohten Gebieten anschlossen. Wie können die Nachkommen dieser Familie fordern, dass die Flüchtlinge gefälligst im eigenen Land die Waffe in die Hand nehmen sollen? Sind das die Nachkommen derer, die 1914 Weihnachten wieder zu Hause sein wollten? Oder dachten, die Russen werden sich nicht wehren können? Erinnern die sich noch an das Flüchtlingsschiff mit jüdischen Familien an Bord, die in Europa von einem Hafen zum nächsten geschickt wurden?
Alle reden neuerdings von einer Deutschen Leitkultur. Wenn ich schon diesen seltsamen Begriff bejahen würde, hätte ich da einige Ideen, was dazu gehören sollte:
• Als Deutscher bei Gräueltaten die Klappe aufzureißen, ist immer ein sehr schwieriges Unterfangen. Kein anderes Volk hat sich damit so hervorgetan, wie wir. Selbst der IS könnte von den Nazis noch einiges lernen. Die Konsequenz daraus kann nur sein, als Volk darüber zu sinnieren, wie kann es zu solchen Verhaltensweisen kommen? Doch über andere zu richten, ist uns für Generationen verwehrt. Erst, wenn wir das letzte Sprachungetüm ausgemerzt haben, welches die Entmenschlichung eines Individuums ermöglicht, alle Organisationsstrukturen beseitigt haben, die eine Wiederholung unmöglich machen, können wir anderen Ratschläge erteilen, wie sie es verhindern könnten, und wenn wir unseren Kindern etwas auf den Weg geben können, dann ist es die Weisheit, dass das Erheben über einen anderen und ihn zu richten – eine der schlechten Ideen ist. Dieses könnte Teil unserer Kultur werden.
Der Gedanke, dass es eine einheitliche Kultur gibt, und alles abweichende «entartet» ist, war ein Baustein der Deutschen Katastrophe. Im gleichen Atemzuge gab es in Deutschland schon in der Kaiserzeit ein Ressentiment gegen Intellektuelle, die sich mit der menschlichen Natur auseinandersetzten. Konsequent wurde über hunderte Jahre das «Denken» in Deutschland unterdrückt. Kant wurde zensiert, Heine starb im Exil, die komplette Deutsche Intelligenz verabschiedete sich im Dritten Reich oder wurde ins Lager gesteckt, was noch übrig blieb, suchte nach 1945 im Ausland nach einem neuen Leben. Die Geisteswissenschaften wurden ausgedünnt bzw. mit alten der Entnazifizierung gerade noch so von der Klinge gesprungenen Professoren repariert. Es gibt nicht die 68er Generation als ein Ganzes. Sie waren nur ein Teil der Studentenschaft, ebenso gab es genug Anhänger der anderen Richtung. Es könnte Teil dieser Deutschen Leitkultur sein, endlich mit dieser Tradition der Intelligenzunterdrückung zu brechen. Jedoch sehe ich in einem Land, welches immer noch in Schubladen des 19. Jahrhunderts denkt und Schubladen mit der Bezeichnung Links – und Rechts öffnet, diesbezüglich schwarz. Zumal humanistische Ideen und Wertvorstellungen neuerdings als «Gutmensch» diffamiert werden. Diese organisierte Verteidigung der pragmatisch orientierten Machtmenschen ist für mich keine Kultur, sondern eine zerstörende politische Tradition.
Teil einer Deutschen Leitkultur könnte auch die Umsetzung historischer Erfahrungen sein. Immerhin haben wir das Dritte Reich als historisch einmaliges Ereignis hinter uns. Später erlebten wir eine Teilung, zwei sich voneinander wegentwickelnde deutsche Gesellschaften und eine darauf folgende Kollision. Meiner Auffassung nach versuchte die alte bundesrepublikanische Gesellschaft anfangs die DDR – Gesellschaft zu dominieren, um dann im Verlauf der Jahre im Inneren grandios zu scheitern. Wirtschaftlich haben wir den Kapitalismus und gesellschaftlich sind wir in der DDR gelandet. Wobei die kapitalistischen Strategen schnell die Vorteile des über Propaganda und Werbung manövrierbaren DDR – Bürgers erkannte. Wer sich die «Neue Rechte» aufmerksam anschaut, wird schnell erkennen, wie viel Kapital sich dort versammelt. Ein historischer Schelm, wer dabei zurückdenkt und auf die «Weisen von Zion» stößt. Kein geringerer als der amerikanische Großindustrielle FORD finanzierte die Verbreitung des gefälschten Pamphlets und bedachte Adolf Hitler reichlich mit Geld. Die deutsche Industrie zog bekanntermaßen (also für die mit dem «alten konservativen Geschichtsunterricht» bedachten) nach. Dieses zu wissen und dagegen zu sein, könnte einer konservativen deutschen Leitkultur entsprechen.
In Deutschland konnten schon mehrfach «begrenzt befähigte» Personen in die Schaltzentralen der Macht vorstoßen. Dieses zu verhindern, könnte eine kulturelle Aufgabe sein. Stattdessen fördert das Bildungssystem, bis hinein in die Universitäten, anpassungsfähige Persönlichkeiten, die mittels Nachplappern und Obrigkeitskonformität Abschlüsse erhalten, mit denen sie dann durch die Instanzen wandern. Die zurückliegenden Plagiatsskandale wurden persönlich abgehandelt, kaum jemand fragte danach, welche Systematik dem zugrunde liegt. In Teilen arbeitet die AfD mit dem System erfolgreich. Mittelmäßige Wissenschaftler schließen sich zusammen und eröffnen Stiftungen bzw. Zusammenschlüsse, die dann dem Pöbel als wissenschaftlich seriöse Instanzen verkauft werden. Wie gut, dass die Strecke bis Harvard, Berkeley oder Yale so weit ist, da kann man wenigstens das Gelächter nicht hören. In letzter Zeit fangen sie auch noch an, uns in unserer Top – Domäne der Ingenieurskunst zu schlagen. Als Beispiel sei da nur das gescheiterte Bahn – Projekt in China genannt. Ein Deutschland, welches sich von Statussymbolen und Titeln abwendet und dafür die echte Lebensleistung favorisiert, hätte eine echte kulturelle Leistung vollbracht.
Die Bundesrepublik hatte gesellschaftlich und politisch 1945 ihre Anlaufschwierigkeiten, von der DDR mal ganz abgesehen. Nationalsozialisten tummelten sich in allen Bereichen. Ab den sechziger Jahren gab es eine echte Chance, die vertan wurde, spätestens 1989 kam es zum kompletten Versagen. Kurzfristig flammten innovative Wertediskussionen und Veränderungen auf. Selbst im Öffentlichen Dienst kam es zu kleineren richtungsweisenden Reformen, die «Gutsherrenmentalität» und das «Ober- schlägt Unter» Prinzip durchbrechen sollten. Mittlerweile geht es wieder in die andere Richtung, die Leute konnten damit einfach nicht umgehen, es fehlte der kulturelle Unterbau.
Es ist grotesk, wie Bürger auf der Straße «Wir sind das Volk» skandieren und dabei wie eine blökende Schafherde an den Lippen eines Führers hängen. Sie fühlen sich als eine Bewegung, die das «Oben» kritisieren, und installieren doch nur eine Truppe, die ihnen das Übermorgen verbieten wollen. Spätestens, wenn ein Typ mit einer Mikrofaserjacke neben mir steht, der einen Galgen mit einem symbolisch erhängten Politiker trägt, habe ich verstanden, in wessen Begleitung ich mich befinde. Und als den alten Werten der Republik verpflichteter Konservativer erahne ich, wo ich gelandet bin, wenn höhst richterlich, nicht eingeschritten wird.
Es waren die Konservativen der alten SPD, CDU und FDP, welche sich immer um eine staatsmännische Regulierung des Volkszornes bemühten. In Kenntnis der Deutschen Geschichte durfte alles geschehen, nur nicht das Volk aufstacheln. Parteimitglieder, die damit nicht konform gingen, wurden nach hinten durchgereicht. Bis zu dem Tage, als sie einfach eine neue Partei gründeten. Jetzt haben wir den Salat!
Es gäbe noch einiges mehr anzuführen, aber dies würde einen BLOG Beitrag sprengen. Im Ergebnis stelle ich für mich persönlich fest, dass alte «Wertekonservative» der Bundesrepublik Deutschland in ein altes deutsches Dilemma geraten.
Auch die SPD sträubte sich am Vorabend des Dritten Reiches gegen eine Zusammenarbeit mit den Kommunisten, da sie befürchtete vom Regen in die Traufe zu kommen. Heute wissen wir, schlimmer hätte es nicht kommen können. Das Zentrum vertraute damals, wie heute die CDU, auf ihre Fähigkeiten die Horden wieder einzufangen, auch diese Taktik scheiterte. Immer mal wieder lese ich Artikel von Soziologen und Politikwissenschaftlern, die die Prozesse herunterspielen. Sie weisen darauf hin, dass die wenigsten Prognosen, vor allem die negativen Untergangsszenarien nicht eingetroffen sind. Noch zwei Gedanken dazu! Welchen Zeitraum legen sie an? Einjährige oder wegen meiner vierjährige Prognosen, mögen zweifelhaft erscheinen, dies sehe ich ein. Doch wenn ich eine Billardkugel ohne Effet anstoße, kann ich dann nicht vorhersagen welche Wirkung zunächst eintreten wird? Stets wird auf die Unvorhersehbarkeiten hingewiesen. Selbstverständlich kann in der Eiffel ein Vulkan ausbrechen, und alles nimmt einen anderen Verlauf. Doch wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit? Ist es dann nicht ratsam auf Erfahrungswerte mit dem Deutschen Volk zurückzugreifen, vor allem dann, wenn es sich auf eine seltsame Leitkultur beruft? Und was hätten diese weisen Männer einem Rathenau geraten? Oder was hätten sie den vielen späteren Opfern gesagt? Sorry … da war dann wohl doch eine Prognose richtig? Mich macht auch immer nervös, dass es sich dabei um Akademiker handelt, deren Lebenserfahrung sich auf den Campus und ihr Einfamilienhaus beschränkt. Der Michel spielt aber auf der Straße. Ich habe in all den Jahren eine Menge Stereotype kennengelernt und man mag mich für arrogant und bescheuert halten, in der Führungsriege der AfD habe ich noch niemanden entdeckt, dem ich auf Basis dieser zugegebener Maßen nicht sicheren Methode, über den Weg getraut hätte. Der alten Riege, Genscher, Müntefering, Brandt, Schmidt, Wehner, Lafontaine und sogar einem Kohl habe ich über große Strecken vertraut oder wenigstens Respekt gezollt.
Lesedauer3MinutenTwitter gibt einem doch fast jeden Tag eine neue Anregung. Was veranlasst Leute dazu, ständig mit Zitaten um sich zu werfen, deren Kontext sie nicht kennen oder mal eben übergehen?
Konservative ziehen sich gern in Diskussionen auf das Zitat: „Wer mit 20 kein Kommunist ist, hat kein Herz. Wer mit 40 Kommunist ist, keinen Verstand.“ zurück. Letztmalig knallte mir das der Twitterer centurio@centurio555 in die Timeline.
Erste Frage: Wer hat es gesagt? Zweite Frage: Historischer Kontext und Zusammenhang. Schon bei der ersten Frage, wird es kompliziert. Die Zuordnungen Winston Churchill und Georges Clemenceau halten sich die Waage.
Clemenceau? Der 1841 geborene französische Politiker wurde 88 Jahre. Von 1906 bis 1909 und noch einmal von 1917 bis 1920 war er französischer Ministerpräsident. Er gehörte der «Parti républicain, radical et radical-socialiste» an, die sich damals als Volkspartei verstand. Radikal war sie deshalb, weil sie nichts mit der Monarchie zu tun haben wollte und sich mit der Französischen Revolution identifizierte. Am ehesten läßt sich seine Partei damals mit der SPD vergleichen. Alt und verbittert zog er sich zum Ende seines Lebens aus der Politik heraus.
Auch ein Churchill kämpfte seine gesamte Lebenszeit über mit Depressionen und Verbitterung. Da klingelt es ein wenig bei mir. Sozialismus ist nicht einfach. Die einfachen Antworten liegen auf der rechten Seite der Politik. Das utopische Element im Sozialismus kann dabei nicht übersehen werden. Als das Zitat entstand, hatte der Sozialismus auch noch ganz andere Problemstellungen als heute. Dann sollte es doch bitte auch als Produkt dieser Zeit verstanden werden und nicht im 21. Jahrhundert verzweifelt bemüht werden.
Die Zitierenden haben ohnehin meistens ein Problem mit der Differenzierung zwischen Sozialismus, Kommunismus und Anarchisten. Alles was nicht konservativ ist, muss sich da irgendwie in diesem Topf befinden. Ich räume aber ein, dass die andere Fraktion auch nicht glänzt. Da wird wild mit rechts, konservativ, rechtsradikal, rechtsextrem, nationalsozialistisch und faschistisch jongliert.
Ich habe die Frage nach der Motivation gestellt? Ich denke mal, sie können einfach nicht anders. Sonst hätte mich der geschätzte «Centurio» ja als «hirnlos» bezeichnen müssen. Hätte er ruhig machen können, ich bin da schmerzfrei. Es fehlt schlicht an den eigenen Argumenten. Nebenbei war der gute «Centurio» beleidigt, als ich ihn auf die Herkunft des Zitats hinwies.
Mich erinnert das an ein anderes gern verwendetes Zitat. «In einem gesundem Körper, steckt auch stets ein gesunder Geist.» Zunächst ist es in dieser Form falsch. Richtig heißt es, „ein gesunder Geist in einem gesunden Körper“ lat.: «Mens sana in corpore sano». Und dies ist auch noch eine böswillige Verkürzung. Die Redewendung ist ein verkürztes Zitat aus den Satiren des römischen Dichters Juvenal. Wörtlich heißt es in Satire 10, 356:
[…] orandum est ut sit mens sana in corpore sano. „Beten sollte man darum, dass ein gesunder Geist in einem gesunden Körper sei.“
(Quelle: Seite „Mens sana in corpore sano“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Januar 2017, 07:11 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Mens_sana_in_corpore_sano&oldid=161749764 (Abgerufen: 14. Mai 2017, 19:10 UTC)
Klar ausgedrückt: Juvenal gingen seine muskelösen eingeölten Mitbürger auf den Zünder und er fordert sie auf, weniger für einen gesunden Körper die Götter anzurufen, als für einen wachen Kopf! Welch ein Treppenwitz der Geschichte, dass ausgerechnet die stupiden Sportfanatiker sich dieses Zitat zueignen. Und schon bin ich gedanklich wieder beim Sozialismus und den Konservativen. Ich erahne, das etwas anderes gemeint war.
So ist das mit den Zitaten. Was will mir der Urheber sagen und was machen seine Gegner am Ende daraus? «Carpe Diem!» Wird fast nur von Menschen benutzt, die mir sagen wollen: «Alles was Du heute erledigen kannst, verschiebe nicht auf Morgen!» Was wollte mir der Rotwein trinkende römische Dichter tatsächlich sagen? «Pflücke den Tag!» Also ich soll jeden Tag genießen, achtsam leben und verstehen, dass es ein Morgen vielleicht nicht gibt.
Fazit: Immer schön vorsichtig mit den Zitaten umgehen!