13 Januar 2023

Lützerath – Update

Lesedauer 6 Minuten

WELT: Was machen wir mit schwer integrierbaren Jugendlichen aus biodeutschen Akademiker-Haushalten, die in Lützerath gerade zeigen, wie sehr sie den Rechtsstaat verachten?

Frédéric Schwilden, die Welt, interviewt Thomas Heilmann, Chef der Klima-Union

Ja, die Frage ist provokativ gemeint. Dennoch zeigt sie, wie die WELT, für mich das Propaganda-Blatt der CDU, ans Thema herangeht. Ich sehe mich nicht als schwer integrierbaren Jugendlichen und ich verachte auch nicht den Rechtsstaat. Letzterer Begriff kennzeichnet das Konzept, in dem jedes staatliche Handeln auf einem regulär zustande gekommenen Gesetz basieren muss. Alles andere wäre Willkür und unzulässig. Soviel erst einmal zu Legaldefinitionen.

Vor einigen Stunden ließ die NRW-Landtagsabgeordnete Antje Grothus die Bombe platzen. RWE besitzt gar nicht alle Grundstücke jenseits von Lützerath. Wenn es für den Konzern schlecht läuft, ist es nach einigen Metern vorbei mit dem Baggern. Und noch ein weiterer Skandal kündigt sich an. Auf dem umkämpften Gelände tauchten geländefähige Transporter des Konzerns auf, mit denen Festgenommene abtransportiert wurden. Bei Twitter antwortete hierzu der Account RWE Media Relations Team:

Verwaltungshilfe! Dieser Begriff ist Behörden vorbehalten und hat nichts mit einem Konzern zu tun. Ich finde dies sehr wohl spannend. Zeigt es doch, wie das Selbstbild der RWE Mitarbeiter aussieht. Fakt ist: Die Polizei nimmt die Logistik eines Interessenträgers in Anspruch. Sie kann im Notfall bei der Gefahrenabwehr einen Unbeteiligten in Anspruch nehmen. Doch im konkreten Fall handelt es sich um einen geplanten Einsatz, bei dem entweder die eigenen Ressourcen bereitgestellt werden oder benachbarte Behörden (z.B. Bundeswehr) um Amtshilfe zu bitten sind. Hierzu mal ein Beispiel. Mir wurde bei einem Falschgeldverfahren seitens des Secret Service ein unterstützender Geldbetrag zum Ankauf von “Blüten” angeboten, da sie auch an den Dollar-Noten interessiert waren. Die Berliner Polizeibehörde lehnte ab, weil sich hier die Möglichkeit einer unerlaubten Vorteilsannahme zeigte. Wenn gar nichts geht, kann passendes Material gekauft oder gemietet werden. Doch dann grundsätzlich über eine Ausschreibung, es sei denn, die zeitliche Dringlichkeit gebietet eine sofortige Entscheidung. Die ist keinesfalls gegeben.

Zu diesem Thema antwortete RWE:

Konjunktiv!? Nein, keinesfalls! Die Kosten müssen in Rechnung gestellt werden, sonst handelt es sich um einen eindeutigen Verstoß. Aber günstigerweise war an dem Thread auch ein investigativer Journalist beteiligt.

Thorbi M. scheint da andere profunde Rechtskenntnisse zu besitzen. Nun gut, der junge Mann, Thorben Meier, ist ein kleines Licht aus Steinheim und hat nicht sonderlich viel zu melden. Aber es ist immer wieder beeindruckend, mit welcher Chuzpe die Leute von der JU unterwegs sind. Früh übt sich. Eric Beres ist da schon eine andere Hausnummer. Mal schauen, was daraus wird.

Für mich stinkt das alles mächtig gen Himmel. Mir fehlt die Sach- und Fachkenntnis, inwiefern die vorhandene Braunkohle wirklich unabdingbar notwendig ist. Hierzu gibt es unterschiedliche Quellen. Richtig daran glauben kann ich nicht. Vor allem erscheint mir der Preis in jeder Hinsicht zu hoch. Robert Habeck kann bekanntlich reden wie ein Buch. Aber irgendwann gehen ihm auch die Optionen der Verwässerung dessen aus, was jeder sehen kann. Der ehemalige Ministerpräsident Laschet twitterte:

Das politische Parkett ist glatt und eloquent. Der Tweet ist ein ausgestreckter Mittelfinger in Richtung Habeck. Einer der auszog und es dem politischen Establishment zeigen wollte, um dann festzustellen, dass die Regeln andere festlegen. Oder wie ich es selbst in einem Tweet drastisch beschrieb: Die GRÜNEN in NRW benehmen sich teilweise gerade wie Nonnen, die nach dem Kontakt mit dem Teufel und seinen Versprechungen vom Glauben abfielen, und sich deshalb auf Rastplätzen in Wohnmobilen prostituieren.

Ich weiß immer nicht, was die alle immer mit dem Begriff “Ideologie” negatives verbinden. Wenn meine politische Haltung nicht beliebig sein soll, muss es für mich einige feste Grundsätze geben, bei denen ich keine Kompromisse eingehe. Politik ist kein Business. Jedenfalls nicht nach meinem Verständnis. Komme ich an einen Punkt, an dem ich merke, dass mir die Felle wegschwimmen und ich mich selbst verraten muss, ist es an der Zeit, die Reißleine zu ziehen. Ansonsten werde ich zum Werkzeug. Im konkreten Fall das der Konzerne. Aber ich bin Realist. Parteien sind zu Firmen verkommen, die Geschäfte in die Wege leiten und eine erhebliche Personaldecke, Zulieferer, finanzieren.

Schwer integrierbar? Beziehe ich die Frage auf mich, fordere ich eine Konkretisierung ein. Wo genau hinein soll ich mich integrieren? Ich wurde sozialisiert. Bei mir bedeutet dies, dass ich mit anderen Menschen gut und erfolgreich auskomme. Nicht mit allen, aber das ist auch nicht notwendig. Integriert wurde ich in ein nicht mehr existierendes gesellschaftliches Konzept. Wobei ich mir nicht sicher bin, ob es nicht schon damals eine Illusion war. Einige dienstliche Erfahrungen und Einblicke, geben dazu Anlass. Deshalb stutzte ich auch ein wenig bei den Aussagen der bereits erwähnten Antje Grothus. Zwischen den Zeilen sagte sie mehr. Seitens des Konzerns und der dazugehörenden Lobbyisten muss erheblicher Druck aufgebaut worden sein. Ich hab da so meine eigenen Vorstellungen. Aber eine alte Regel bei Ermittlungen im OK – Bereich besagt: Der kennt den, ist nicht strafbar. Vor Gericht zählen nur Fakten.

Bin ich integrationsfähig in das sich immer mehr abzeichnende Geschehen? Eher, nicht. Ich befürchte, dass eine neue Generation junger Polizisten und Polizistinnen verheizt wird. Die Auseinandersetzungen werden noch eine Weile andauern. Alles, was die da jetzt mitnehmen, speichert sich ab. Im Verlauf der Jahre wird es immer mehr. Es macht einen erheblichen Unterschied, ob man einem echten Straftäter gegenüber steht oder harmlose Mitbürger, die teilweise Mutter oder Vater sein könnten, aus einer Blockade entfernen soll. Es hallt über Jahre nach, wenn die einen als Büttel bezeichnen. Jetzt, Morgen, Übermorgen, merken die das noch nicht. Aber der Tag wird kommen. Ich sehe es auch kommen, dass die Lützerath räumen, mit erheblichem Aufwand verteidigen, nur damit RWE nach absehbarer Zeit feststellt: April, April, wir baggern doch nicht alles weg, war doch nicht so wichtig. Wichtig war uns die Durchsetzung, damit dies für die Zukunft geklärt ist. Und dann? Dafür all die Einsatzstunden, weg von der Freundin, Freund, Familie? Hierfür all die Diskussionen im Freundeskreis? All die Leute, die sich nach und nach von einem abwendeten? Wie lächerlich fühlt man sich nachträglich?

Nancy Faeser, die amtierende Innenministerin, verurteilte die von den Aktivisten ausgehende Gewalt gegen die eingesetzte Polizei. Oh, da hatte ich einen kräftigen Fluch auf den Lippen. Wer hat denn die Frauen und Männer ins Rennen geschickt? Allein die Art der Räumung ist bezeichnend. Wer erzeugt denn den zeitlichen Druck? Die Polizei könnte genauso gut ganz gemächlich räumen. All die Blockaden könnte man umstellen und warten, bis die aufgeben. Hunger, Durst, kalt, Pippi machen! Das kann dauern. Na, und? Beamte bekommen ihr Geld nicht nach Stunden, sondern monatlich im Voraus bezahlt. Das funktioniert natürlich nicht, wenn ich die Interessen meiner Kumpels vom Konzern, den Aktionären, vor Augen habe. In Lützerath finden alt bekannte Rituale statt. Da steht eine Menschenmenge und mehr oder weniger unmotiviert rennt eine Gruppe darauf zu und greift sich eine oder einen. Solange, bis die richtig sauer werden. Dann kommt die Stunde derjenigen, welche in ihrer inneren Entwicklung schon einen Schritt weiter sind. Bisher zeigten die sich kaum. Was in den Videos zu sehen war, ist für erfahrene Polizisten ein Kindergeburtstag. Was nicht bedeutet, dass die nicht noch kommen. Ich lieferte mir im Laufe meines Lebens einige Diskussionen. Da kommt immer ein Argument. Wer hat denn angefangen? Bei Autonomen ist die Frage leicht zu beantworten. In der Regel gehen die in die Vorlage. Das gehört zu ihrem Konzept. Die gehen so lange vorwärts, bis sie gestoppt werden. Aber bei Ereignissen, wie in Lützerath, kann dies nicht einfach beantwortet werden.

Die Gesellschaft formt die Menschen. Und man darf sich fragen, wohin sie derzeit die jungen engagierten Leute, größtenteils unsere Kinder, formt. Dort der Staat, gelenkt von der Wirtschaft und hier Du! Freunde Dich damit an. Ist dies die Sozialisierung, die der Gesellschaft vorschwebt? Bei einigen wird dies nicht funktionieren und ich schätze, es werden immer mehr – besonders aus den in der Ausgangsfrage geschmähten biodeutschen Akademiker-Haushalten. Jenseits der Volksschullehrervorstellungen aus den 50ern, die der Vorsitzende der CDU Friedrich Merz in Talk-Shows propagiert, lernten die zu Hause etwas anderes.
Es ist bedauerlich, dass sich die kritischen Teile meiner Generation zu wenig um Partei-Karrieren kümmerten. Womöglich auch, weil wir nicht die notwendigen Eigenschaften mitbrachten, um dort erfolgreich zu sein. Die hatte zur Folge, dass wir nun mit denen leben müssen, die die passenden Talente aufweisen. Doch möglicherweise sind unsere Kinder, die verzögerte Reaktion. Es tut mir nicht wirklich leid, dass sie die Ordnung der alten weißen Männer, Charaktere wie Merz, Dobrindt, Söder, Lindner, ablehnen und sich auch nicht von denen veralbern lassen, die sich beim Weg nach oben selbst verrieten. Hans-Georg Maaßen jammert bei Twitter herum, dass in Lützerath die gleichen Leute in Erscheinung treten, die dem Land mit Zuwanderung, anderen Umgang mit neuen Mitbürgern, Empathie für Flüchtlinge, Ablehnung der bisherigen Gesellschaft, ein neues Gesicht geben wollen. Gut, so! Schlimm genug, dass dieser die Konzepte der Neuen Rechten, à la Armin Mohler, vertretende Mann, den BfV leitete. Alles, was ihm zuwider ist, klingt für mich erstrebenswert. Er sollte sich auf sein Altenteil zurückziehen und sich Büchern von Ernst Jünger widmen oder mit seinen rechtspopulistischen Kumpels ein Bier trinken gehen. Seine Funktion in der Gemeinschaft der Neuen Rechten, Werteunion, beschränkte sich ohnehin auf Wasserträger-Aufgaben.

21 Oktober 2022

Die Klima – Aktivisten machen weiter

blue globe with plastic Lesedauer 6 Minuten

In dem Bericht (IPCC-Report) wird ausdrücklich festgestellt, dass ein schrittweiser Wandel keine praktikable Option ist. Er stellt fest, dass individuelle Verhaltensänderungen allein unbedeutend sind. Er stellt fest, dass Gerechtigkeit, Gleichheit und Umverteilung in der Klimapolitik von entscheidender Bedeutung sind.

https://scientistrebellion.com/we-leaked-the-upcoming-ipcc-report/

Nicht nur das sie weitermachen, sie bekommen auch noch Unterstützung. Als ich las, dass sich neben den jungen Aktivisten 50 Vertreter von Scientist Rebellion am Protest im Eingangsbereich des Bundesverkehrsministeriums in Berlin-Mitte beteiligten, war ich hocherfreut. Endlich! Der Berliner Tagesspiegel titelte hierzu: Aktivisten beschmieren Verkehrsministerium – Polizei ermittelt wegen Sachbeschädigung. Die symbolisch vergossene rote Substanz entpuppte sich als Rote – Beete – Saft (Huh!). Benjamin Jendro, Pressesprecher der Polizeigewerkschaft GdP – Berlin ließ verlauten: „Mit dem Bundesverkehrsministerium hat es am Dienstag bereits das zweite Bundesministerium im Wohlfühl – Biotop für Guerilla-Aktionen im Zeichen des Klimas getroffen und es ist eben auch kein Zufall, dass Menschen dafür extra nach Berlin kommen.“ [1]https://www.tagesspiegel.de/berlin/blockade-aktion-von-scientist-rebellion-klimaaktivisten-beschmieren-bundesverkehrsministerium-in-berlin-8764672.htmlWelche Gründe er dafür sieht, konkretisierte er anlässlich einer anderen Situation dem RBB mit den Worten “dass sich einzelne Menschen weiterhin täglich irgendwo hinkleben und massiv in den Alltag von Tausenden eingreifen, wenn der Rechtsstaat ihnen keine echten Grenzen aufzeigt”[2]https://www.rbb24.de/panorama/beitrag/2022/10/berlin-a100-klimakleber-blockade.html. Konkret wurmt ihm dabei augenscheinlich ein Urteil des Amtsgerichts Tiergarten, welches einen Blockierer wegen Nötigung zu einer Geldstrafe von 600 EUR verurteilte. Urteilschelte seitens der Polizei ist immer ein schwieriges Unterfangen. Es wird Gründe geben, warum wir in Deutschland Richter und Polizei auseinanderhalten. Früher war ich damit auch schnell bei der Hand. Aber mittlerweile bin ich davon überzeugt, dass das ganz gut so ist.

Zwei Annahmen stehen damit im Raum. Die Aktivisten und die rebellierenden, renommierten, Wissenschaftler (Die Mitglieder stammen von allen Kontinenten und außerdem sind nahezu alle namhaften Universitäten vertreten.) getrauen sich nicht in anderen Bundesländern aktiv zu werden und hohe Strafen, womöglich Haftstrafen, würden sie abhalten. Ich behaupte mal, dass sich irgendwo anzukleben, sich mit der Staatsgewalt anzulegen, von wütenden Bürgern drangsaliert zu werden und von Uniformierten unsachgemäß physiotherapeutische Behandlungen zu bekommen, kein Spaß ist. Man muss schon von einer Sache sehr überzeugt sein, um dies zu machen. Wer wissen will, wo sich weltweit noch andere Wohlfühl – Biotope befinden, kann dies auf der Seite von scientistrebellion.com nachlesen. Aber wie schrieb Saul D. Alinsky, der Godfather der amerikanischen Bürgerproteste? Es kann einem Aktivisten nichts Besseres passieren, als beim Eintreffen in der Stadt von der Polizei festgenommen zu werden. Mir scheint, dass da den Funktionären innerhalb der GdP ein wenig das Einfühlungsvermögen fehlt. Meiner Kenntnis nach ist Berlin immer noch der Sitz der Bundesregierung, somit der passende Platz für Proteste gegen das Gebaren bezüglich der Politik in Sachen Verminderung der schädlichen Eingriffe in unsere Lebensgrundlagen. Wo sonst? In Neuruppin? Cottbus oder Fallingbostel? Dass die GdP die Aktionen nicht toll findet und es auch nicht darf, ist nachvollziehbar. Aber die Wortwahl und Rhetorik ist arg bedenklich. Sie riecht ein wenig muffig nach 70er – Jahre, in denen die langhaarigen Gammler lieber einer ordentlichen Arbeit nachgehen sollten, als auf der Straße und mit Transparenten bewaffnet der Staatsmacht die Stirn zu bieten.

Auch die mühsam zusammengebastelte Rhetorik bezüglich der Verkehrsbehinderung wirkt auf mich nicht überzeugend. Mehr als der Rettungswagen, welcher angeblich satte 10 Minuten später eintrifft, kommt da nicht. Ich bin selbst oft genug mit Sonder – und Wegerechten durch die Stadt gefahren. Im Zweifel kommt der durch oder nimmt eine andere Strecke. Und ganz nebenbei braucht es beim Berliner Verkehr keine Aktivisten, damit ein behindernder Stau entsteht. Auf der Tatsache, dass in den letzten Jahren mittels Sparmaßnahmen die Anfahrtszeiten verlängert wurden, will ich gar nicht herumreiten. Nein, es geht um etwas anderes. Die Aktionen bringen die Ordnung durcheinander und das kann Ordnungshütern nicht gefallen. Die drögen Kommentare unter den Facebook – Beiträgen der GdP runden das Bild ab. Gern wird da auch mal etwas von Öko – Terroristen fabuliert. Terror ist immer noch die Sache mit Angst und Schrecken. Wenn ich das bereits mit einer Straßenblockade oder einer Aktion an einem Bundesministerium schaffe – dann gute Nacht! Ab und zu werden die Überstunden der Polizisten und Polizistinnen angeführt. Das Ablösen und Wegtragen von Demonstranten ist bezahlte Dienstzeit, die schlimmer ausgestaltet sein könnte. Die Nachwuchssorgen und fehlenden Dienstkräfte könnten eventuell an politischen Entscheidungen und mangelnder Attraktivität der Polizei liegen. Aber natürlich könnten auch die Aktivisten demnächst mal nachfragen, ob alles irgendwie in den Dienstplan passt. Ernsthaft, da fasse ich mir an den Kopf. Die Hütte brennt in mehreren Ecken und die sich noch nicht einnebeln ließen, sollen sich doch bitte ruhig verhalten, damit die Jungs und Mädels in Uniform auch mal wieder aus den Klamotten herauskommen? Hat irgendjemand mal diesen merkwürdig strukturierten Querdenkern gesagt, sie sollen nach Hause gehen, weil sie zu viele Überstunden produzieren? Und die hatten nur abgehalfterte wissenschaftliche Drittbänker, die an der Uni das Büro mit dem Kopierer im Raum bekommen, dabei.
Immer gern gelesen sind auch die Kandidaten, die auf die Versäumnisse bzw. Sünden anderer Länder hinweisen. Erstens gilt die deutsche Redewendung: Erst einmal an die eigene Nase fassen oder vor der eigenen Haustür kehren; zweitens ist das Fehlverhalten eines anderen keine Entschuldigung für eigene Missetaten. Sogar wenn ein Aktivist nach beendeten Protest in einen SUV einsteigt, sind die angemahnten Versäumnisse immer noch existent.

Nicht die Aktivisten oder die Wissenschaftler sind das Problem. Erschreckend ist, dass die breite Masse immer noch nicht den Knall gehört hat. Mit kreisrund offen stehenden Mündern bestaunen sie technische Innovationen, können nicht begreifen, mit welcher Präzision entfernte Himmelskörper bestimmt werden und kapitulieren in der Schule bereits auf dem Niveau der 10en – Klasse im Physikunterricht, aber wenn es ums Klima geht, haben alle Wahnvorstellungen. Und es geht nicht nur ums Klima. Hinzu kommen Artendiversität, Seuchen, weil der Mensch der Tierwelt immer weniger Platz lässt, Verseuchungen durch atomaren Müll, Emissionen und Plastikabfälle. Die Leute lassen sich jede noch so windige Rhetorik gefallen, wenn sie ihnen weiteren Wohlstand, Überfluss, Wachstum, verspricht. Alles, was dagegen spricht, kann nicht und darf nicht stimmen.

Noch vor einigen Jahren wurde die Politikverdrossenheit der Jugend kritisiert. Ich denke, damit war nicht wirklich die Politik gemeint. Erwartet wurde das Engagement zur Gestaltung von Strukturen, mit denen das Bruttosozialprodukt, das Wachstum und die stumpfe Akzeptanz der bestehenden Verhältnisse verbessert werden können. Es mag sein, dass die unter Umständen noch nicht die volle Tragweite ihrer Forderungen verstanden haben. Abstriche werden wir auf kurz oder lang alle erleben. Da mittlerweile von 4 Grad Steigerung die Rede ist, steht das volle Programm an. Würden wir uns weltweit alle beschränken, hätten wir wenigstens die Chance eine Zukunft für die Leute in 60 Jahren hinzubekommen. Dabei soll mir niemand etwas von anderen Ländern erzählen. Deutschland hat international an sehr vielen Stellen die Finger mit im Spiel. Mir wäre neu, dass eine Olympiade in China boykottiert wurde oder die Deutsche Nationalmannschaft nicht nach Qatar fliegt. Da hilft auch nicht, was ein Clown wie Uli Hoeneß von sich gibt, wenn er sich und den 1. FC Bayern quasi als göttliche Heilsbringer darstellt.

Ich selbst bin ein desillusionierter, fauler, fatalistisch eingestellter, alter Sack. Bei mir sind nach einer Demo zwei Tage Knochenpflege angesagt. Aber ich habe auch gesagt, dass ich mich nicht mehr aufrichtig und überzeugten Jüngeren, die es noch einmal herumreißen wollen, in den Weg stelle. Mir zeigen die Aktivisten, dass noch nicht alle abgestumpft und der Technokratie verfallen sind. Die Wissenschaftler*innen könnten genauso gut mit den Schultern zucken und sagen: “Unser Job war es, Euch zu sagen, wie es aussieht! Die Höhepunkte werden wir aufgrund des Lebensalters auch nicht mehr erleben. Also was soll’s?” Gut, dass es solche Leute noch gibt, die stattdessen einem Bundesministerium auf den Zünder gehen. Von meiner Gewerkschaft – Ja, ich bin seit 1987 Mitglied – bin ich enttäuscht. Nach all den Jahren mit Friedensbewegung, AKW – Protesten, Straßenschlachten, Blockaden, hätte ich mehr Weitsicht erwartet. Ein wenig frage ich mich auch, was in den Medien los ist. Allein, wenn die Frage kommt: Was kann man gegen die Aktivisten unternehmen? Schwillt bei mir der Kamm. Nein, wir reden nicht von einem lästigen Ausschlag. Auch nicht über Rechtsradikale, Schwerkriminelle, Terroristen. Es geht um Töchter und Söhne, die erkennen, dass sie in diesem Staat keine Lobby besitzen und Demokratien keineswegs immer die besten Entscheidungen treffen, sondern Geld, Macht, Demagogen, eine große Rolle spielen. Sie begleitend, um wütende Wissenschaftler, die jeden Tag vor Augen haben, was im geringsten Fall und innerhalb eines Worst-Case-Szenarios passieren wird. Aber klar, die kann man auch mal alle als erlebnisorientierte verstrahlte Spinner abtun, die Straftaten begehen. Nennt sich dann wahrscheinlich kostenneutrale Beteiligung an einer Diffamierungskampagne. Oder warum ist eigentlich keiner mal auf die Idee gekommen, statt die Polizeigewerkschaft eine/n, mehrere, Aktivisten zu interviewen?

In einem Kommentar bei Facebook schrieb ich, dass es Zeiten gibt, in denen die Legitimität von Handlungen erst in Zukunft entschieden wird. Man muss selbst wissen, für welche Seite man sich entscheidet. Im Hier und Jetzt kann keiner mit Sicherheit sagen, ob man später als Held, Opfer, Mitläufer oder Täter betrachtet wird. Aber wen interessiert schon eine Zukunft, die sie oder er nicht mehr selbst erlebt? Kollege, jetzt fallen die Überstunden an, nicht übermorgen. Na mal schauen, wie viele Überstunden manche noch erleben werden, weil die Aktivisten richtig liegen und man hätte auf sie hören sollen. Gleichfalls gönne ich auch allen die freundlichen Auseinandersetzungen mit dem Nachwuchs. “Mama, Papa, Opa, Oma, wie war das eigentlich mit Dir damals?” Ich kenne die Antwort heute schon: “Ach Kind, wir wussten es ja nicht besser. Das waren andere Zeiten.”

23 Juli 2021

BILD – neue Grenzziehungen?

Die verkommene Jugend

Lesedauer 5 Minuten

Meiner Auffassung nach hat die BILD – Zeitung mit einer Reaktion auf den Tweet einer Mitarbeiterin (Beamtin)  einer Behörde, die mit dem Katastrophenschutz betraut ist, eine neue Dimension der Publikationen in der Bundesrepublik Deutschland eröffnet.

Was ist passiert? Die Mitarbeiterin echauffierte sich bei Twitter über die übliche und immer wieder in der Kritik stehende Berichterstattung der BILD aus dem Katastrophengebiet und der dem Niveau entsprechenden Wortwahl. Hierbei vergriff sie sich im Ton. Nun, ich denke, dies könnte oder besser sollte ein “Riese” wie die BILD und das dahinter stehende Imperium SPRINGER – Verlag durchgehen lassen können. Wohlgemerkt griff sie nicht namentlich einen Redakteur oder Journalisten persönlich an, sondern beschränkte sich auf das, was man als Institution bezeichnen könnte. Da gab es in der jüngeren Vergangenheit, z.B. aus der Rapper und Rocker Szene ganz andere Aktionen, in der die menschliche Größe bzw. der gezeigte Gleichmut der unmittelbar und individuell betroffenen Redaktionsmitglieder der BILD und BZ bemerkenswert positiv ausfiel.

Für mich ist dies stets ein wichtiger Aspekt. Es macht sehr wohl einen Unterschied, ob ich mich dagegen stelle, was z.B. die BILD an sich darstellt und was sie in der Gesellschaft bedient, oder ich die konkrete Auseinandersetzung mit einer/m Mitarbeiter suche. In diesem Zusammenhang fand ich die bei Streaming Diensten veröffentlichte Reportage über die BILD Redaktion recht aufschlussreich. Dort offenbarten sich wahrlich sehr interessante Charaktere, mit denen eine persönliche Auseinandersetzung bestimmt spannend verliefe. Nun, jeder muss für sich alleine entscheiden, wie viel das eigene Gewissen wert ist oder ob so etwas überhaupt Platz in der eigenen Weltanschauung hat.

Im konkreten Fall reagierte die Redaktion (Wer auch immer dafür verantwortlich zeichnet) zum einen kleinlich und bockig, zum anderen mit breiter Publikation der verfassten Tweets und dem dazugehörigen ACC – Bild, allerdings mit Schwärzung des Namens. Eine eher zu vernachlässigende Maßnahme, da jeder mit dem Bild und wenigen Klicks fündig wird. Und wie i.d.R. der seitens der BILD bediente Mob reagiert ist hinreichend bekannt. Die Intention ist klar erkenntlich: Der kleinen Beamtin zeigen wir mal, wo der Hammer hängt. Passend wird im Artikel süffisant auf das Mäßigungsgebot aus dem Beamtenrecht hingewiesen.

Mir fällt es immer schwer, die BILD als einen echten Bestandteil der Presse bzw. Journalismus zu sehen. Für mich geht es dort mehr um eine Dienstleistung. Der Hunger des Pöbels nach Blut, Empörung, Sperma, Tragödie, Leid der anderen, Mord, Glamour, Totschlag und Spektakel will gestillt werden. Mit Informationen über das lokale und überregionale Weltgeschehen, welche Bürgern die Möglichkeit gibt, die in der Demokratie geforderten Eigenschaften, informiert, mündig, verständig, zu entwickeln, hat dies nichts zu tun. Fairerweise muss ich aus meiner Position heraus zugestehen, dass dieses in den wenigsten deutschen Publikationen stattfindet, da es weniger um Hintergründe geht, sondern eher um ein Aktivieren der Neugierde, mit der Klicks provoziert werden, die sich dann in Geld verwandeln.

Aus diesem Grund scheint die Beamtin die Nerven verloren zu haben. Ihrer Anschauung nach, ist es verwerflich mit der Not und dem Elend der von der Katastrophe Betroffenen Geld zu verdienen. Dies finde ich nachvollziehbar oder wenigstens eine Position, die man akzeptieren kann. Im persönlichen Gespräch würde ich vermutlich fragen, wo sie die Grenzen zieht. Nichts anderes praktizieren aktuell die Spitzen einiger Parteien, denn politischer Machtgewinn geht mit erheblichen Geldzuwendungen einher.

Die Überschrift lautet: BILD – neue Grenzziehungen? Die angesprochenen Themen oder besser Niederungen des menschlichen Wesens auszuschlachten ist eins, kleine Leute, die derzeit alles geben, um die Krise zu managen, an den Pranger zu stellen, nachhaltig zu schädigen und persönlich anzugehen, ist nochmals eine andere Nummer. Die BILD Redaktion scheint sich, parallel zum propagandistisch nach US – amerikanischer Machart geführten Wahlkampf, den dort bereits länger bestehenden Plattformen anzupassen. In einer Dokumentation über die weltweit agierenden PR Agenturen fand ich eine Aussage besonders interessant. Russische Akteure schilderten, dass sie zeitweilig noch härter, brutaler und grenzenloser agierten, wie die amerikanischen Kollegen. Doch irgendwann kam es zu einer stillen Übereinkunft. Sie erkannten, dass irgendwo Grenzen gezogen werden müssen, weil sie sich sonst eines Tages selbst “zerlegen”.

Die Entwicklungen der letzten Jahrzehnte, einhergehend mit der Digitalisierung, sind erschreckend und lassen bei fortschreitendem Verlauf nichts Gutes für die Zukunft annehmen. Die in den Auseinandersetzungen verwendete Sprache wird immer mehr auf Spin – Begriffe reduziert und verhindert so eine differenzierte Bearbeitung der Gesellschaftsthemen. Politische Informationen werden wie Burger von Fastfood Ketten unters Volk gebracht. Die Distanz, Analyse und Meta – Ebene des Journalismus muss mit viel Aufwand gesucht werden. Feindbilder, Polarisierungen, billigster Populismus, Desinformation, von PR Agenturen belieferter Journalismus, ist längst der Standard.

Die Folge ist, dass sich Teile der Bevölkerung immer mehr zu einem gelenkten Mob entwickeln. Und an dieser Stelle ist die BILD ganz vorn mit dabei. Die Eigenschaften, welche den Deutschen bereits mehrfach Probleme bereiteten, werden gezielt getriggert. Da braucht es nur noch die politischen Führer, die sich geschickt dieser erzeugten Atmosphäre bedienen. Die USA sind für uns, die Deutschen, eine Zeitmaschine. Aber die USA haben nochmals eine andere Geschichte und gesellschaftliche Regeln. Wohin sich bei uns ein Trump, Foxnews, Breitbart entwickeln könnten, möchte ich nicht erleben.

Vielleicht trügt mich meine Erinnerung. Die BILD hat sich schon immer damit hervorgetan, Existenzen zu vernichten, Menschen ihrer Würde zu berauben und Teile der Bevölkerung aufzuhetzen. Selbst die Entwicklung von Attentätern basierte auf der Hetze gegen Kritiker der herrschenden Verhältnisse. Aber nunmehr leben wir im digitalisierten Zeitalter und die Folgen sind nochmals weitreichender. Eins ist bei der BILD hilfreich – mit wenig Anstrengung des Intellekts kommt man ihr auf die Spur. Bei den anderen Publikationen, die sehr unterschwellig die seitens der PR Agenturen gewünschten Botschaften und Anschauungen implementieren, ist das schwieriger zu durchschauen.

Politisch betrachtet ist der konkrete Artikel eher kontraproduktiv zur Ausrichtung des SPRINGER Verlags, weil die Behörde der favorisierten Partei zuzurechnen ist. Es geht eher um das Bedienen von Ressentiments ggü. von Beamten und eine, wie bereits angeführt, bockig beleidigte Reaktion, die wahrscheinlich von einem Narzissten in der Redaktion ausgeht. Aber vielleicht denke ich nicht weit genug. Gambit! Das Opfern eines Bauern um das Schachspiel zu gewinnen. Immerhin erzeugt die BILD das Bild, die Vertretung des einfachen Zeitgenossen gegen die böse Staatsmacht, hier vertreten von einer alimentierten Beamtin, zu sein, um dann an anderer Stelle passenden Support für die klassischen Auftraggeber, aus der Union, Arbeitgeber – Lager und restlichen Konservativen, zu leisten.

Bezüglich früher und heute lasse ich mich gern vom Gegenteil überzeugen. In meinem Alter kennt man die Enthüllungen von Günter Wallraff und auch noch die Geschichte des Attentats auf Rudi Dutschke. Vielleicht bin ich sensibler geworden. Ich will auch nicht ausschließen, dass ich das Opfer der Social Media bin und mir die Spaltung der Gesellschaft, bzw. das Anwachsen des Milieus, welches sich früher auf Eckkneipen und billige Curry – Wurst – Buden mit dem örtlichen Trinkermilieu beschränkte, mehr auffällt. Mit Sicherheit ist da etwas dran. Früher stand man im Zeitungsladen und fragte sich, wer all die Magazine, BUNTE, Frau im Spiegel, Revue, St. Pauli Nachrichten, der Landser und die BILD kauft. Heute bekommen sie über die Kommentare unter Beiträgen auf den Plattformen ein Gesicht und das Ausmaß der geistigen Degeneration schockiert einen trotz diverser Jahre Arbeit auf der Straße.

Ich weiß es nicht. Möglicherweise konsterniert mich auch mehr der Umstand, dass Leute, die durchaus über ein gewisses geistiges Potenzial verfügen müssen, sich bei der BILD für diesen Job hergeben. Wahrscheinlich muss ich noch mehr lernen die bösartige Seite der Intelligenz zu akzeptieren. Das geht ein wenig in die Richtung einer Geschichte, die mir mal ein Bekannter erzählte. Er hatte ein Gespräch mit einer Botschaftsmitarbeiterin der Israelis. Die Frau fragte ihn, warum Deutschland so wenig gegen den mangelnden Bildungsstand unternähme, der ursächlich für rechtsradikale Tendenzen in Deutschland wäre. Er antwortete: “Weil sie und wir sehr schlechte Erfahrungen mit intelligenten Rechten gemacht haben?” Das passiert mir häufiger, dass ich unbewusst Intelligenz mit Empathie und Weisheit verbinde. Ich sollte es besser wissen. Gerade intelligente Menschen neigen zu Hybris, Verschlagenheit und fiesen Charakterzügen, während sich wahre Einfachheit und Gelassenheit oftmals durch Güte, Verständnis, Empathie und Aufrichtigkeit auszeichnet. Insofern will ich Pöbel auch nicht falsch verstanden wissen. Die Bezeichnung bezieht sich bei mir nicht auf die geistige Leistungsfähigkeit, sondern auf eine aus Leuten bestehende Meute, die ethisch fragliche Persönlichkeits – und Sozialisationsmerkmale aufweisen.

Ich halte es für keine gute Idee aus einer Redaktion heraus den Pöbel aufzustacheln. Wenn ich nicht bereit bin bei denen mitzumachen und nur an ihnen Geld verdienen will, habe ich wenig Garantieren, nicht eines Tages Opfer zu werden. Und wie gering die Nehmerqualitäten von Redaktionsmitgliedern der BILD sind, hat Julian Reichelt demonstriert, der recht weinerlich den Umgang mit seiner Person bemängelte. Ein altes Problem, das Milieu, welches ich um mich herum erzeuge, macht vor mir selbst nicht halt.

2 Dezember 2019

Empörung vs. Gesetz

Lesedauer 3 Minuten

Insbesondere rechtsradikale Gruppen loten den Rechtsstaat bis an die letzte Grenze aus. Hierbei werden sie von rechtsgerichteten Juristen beraten und die Szene trifft sich zu Seminaren. Dies sollte man wissen, wenn man sich mit dieser Szene auseinandersetzt.

Oftmals wissen die bei Demonstrationen sehr genau Bescheid, welche Optionen der Einsatzleiter hat. So kommen dann bisweilen nach Außen hin schwer verständliche Entscheidungen zustande. Beispielsweise skandierten sie früher “Ruhm und Ehre der Waffen SS”. Das ist verboten und führt zur Auflösung der Demonstration. Hingegen ist der Ruf: “Ruhm und Ehre der Wehrmacht” nicht verboten. Das mag einem nicht gefallen und es ist im höchsten Maße frustrierend, aber die Gesetzeslage ist nun einmal so.

Ständig lassen sie sich neue Sachen einfallen und der Gesetzgeber rennt alledem hinterher. Bei dem aktuell zur Diskussion stehenden Wandbild in Cottbus verhält es sich ähnlich. Weder ist der Krebs, entlehnt aus dem Wappen, ein katalogisiertes verfassungsfeindliches Symbol, noch ist der verwendete Schriftzug rechtlich relevant. Jeder weiß, was gemeint ist, doch darauf kommt es nicht an. Unter dem Strich ist die Wandbemalung eventuell eine Sachbeschädigung. Aber nur dann, wenn der Besitzer der Wand einen Strafantrag stellt.

Nunmehr scheint der Einsatzleiter die Beamten, welche vor dem Wandbild posierten, zur Übermalung des Bildes aufgefordert zu haben. Dies stellt zum einen eine dienstliche Weisung dar, zum anderen folgt daraus ein polizeiliches Handeln. Jenes stellt einen Verwaltungsakt dar. Es stellt sich allerdings die Frage, auf welcher Rechtsgrundlage. Ich kann maximal eine mögliche Gefahrenabwehr erkennen. Dazu müsste eine von dem Wandbild gegenwärtige Gefährdung für ein Rechtsgut ausgehen. Wie erwähnt, handelt es sich nicht um verfassungsfeindliche Symbole.

Die Gefahr könnte darin bestehen, dass sich dort eine Menschenmenge sammelt, die sich über das Bild empört. Davon stand nirgendwo etwas geschrieben. Wie auch immer die Gefahreneinschätzung des Einsatzleiters aussah, es bestand auf jeden Fall genug Zeit, den Besitzer der Mauer zu benachrichtigen oder eine Fachfirma herbeizuholen, die sach – und fachgerecht den Schriftzug entfernt. Polizeivollzugsbeamte als Maler ist ein eher ungewöhnliches Bild und auch nicht vorgesehen. Rein theoretisch gäbe es technische Einsatzgruppen, die in Notfällen bei entsprechenden Aufgaben, vorausgesetzt es besteht eine gegenwärtige Gefahr, bei der nicht zeitgerecht der eigentliche Verantwortliche herbeigeholt werden kann, die herangezogen werden könnten.

Gemäß der Presseberichterstattung hinterließen die Polizeibeamten, die laienhaft an der Wand Herumpinselten, ausgerechnet die Buchstaben, welche als einen Hinweis auf eine rechtsausgerichtete Gruppierung, hindeuten könnten. Ob nun nächtens erneut rechte Aktivisten an der Wand herumfummelten, weiß keiner genau. Wie auch immer, dienstlich können hierbei Verfehlungen eine Rolle spielen. Verstoß gegen dienstliche Anweisungen, Schädigung des Ansehens der Behörde, gehören dazu. Rein disziplinarrechtlich läuft das u.U. auf einen mündlichen Verweis hinaus. Alles wesentliche darüber, erfordert ein förmliches Klageverfahren, welches vermutlich scheitern würde.

Was bleibt? Eine Gruppe Polizisten, die mit einem Foto viel Staub aufgwirbelt haben. Nicht zuletzt deshalb, weil es in rechten Kreisen gehypt wurde. Dies ist den fotografierten Polizisten nicht vorzuwerfen, da sie darauf keinen Einfluss hatten. Ein Polizeiführer, der meiner Auffassung nach, äußerst unklug gehandelt hat. Ich vermute, dies geschah unter massiven politischen Druck. Was die Polizisten geritten hat, sich weder der Anweisung zu widersetzen, noch den Auftrag eventuell merkwürdig umzusetzen, kann ich nicht ermessen. Wie hätte ich gehandelt? Auf jeden Fall hätte ich einen Widerspruch formuliert und mir diesen unterschreiben lassen. Wäre ich zur Tat geschritten, hätte ich das Ergebnis in einzelnen Arbeitsschritten detailliert dokumentiert. Wer weiß? Vielleicht haben sie all das getan.

Mehrere Sachen finde ich bei der Story faszinierend. Da wäre diese immer wieder aufkommende exhibitionistische Ader, solche Bilder zu erstellen und sie dann auch noch in die Welt hinaus zu blasen. Dann ist da noch der Druck der Presse, welcher sich stets in einen politischen Druck verwandelt, der dann zu äußerst unüblichen Reaktionen in der Polizeiführung führt.

Mir liegt es fern, irgendwelche Cottbusser Polizeieinheiten zu verteidigen. Keine Ahnung, wie es bei denen intern zugeht. Aber eins ist klar, fundiertes rechtliches Handeln und eine empörte Presse bzw. Bevölkerung, kann nicht das Maß der Dinge sein. Doch genau darauf läuft es immer häufiger hinaus. Damit kann der Radikale wunderbar agieren. Dies ist ein klares Zeichen für eine Polizeiführung, die politisch den gerade installierten Machtinhabern zu arbeitet, damit der Innenminister oder Senator gut da steht. Das könnte in Hinblick auf steigende Werte der AfD bitterböse enden.

4 Juni 2019

Sicherheit für den Chef … die Ohren

Lesedauer 9 Minuten

Immer  wieder gern höre ich den Podcast der beiden Reporter Axel Lier und Peter Rossberg. Für jemanden der an sicherheitspolitischen Fragen in Berlin interessiert ist, ein empfehlenswertes Format. Vorweg muss ich sagen, dass ich der BILD und B.Z. weiterhin voller Skepsis gegenüberstehe. Aber die beiden diskutieren oft mit viel Hintergrundwissen und sind nicht immer auf einer Linie. Das ist spannend und macht Spaß. Im aktuellen Beitrag luden sie sich ihren «Chef» Julian Reichelt in die Sendung ein.

Warum sie dies taten, erschloss sich mir nicht. Insgesamt wurde es ein fast einstündiger Ritt durch alle möglichen Themen. Organisierte Kriminalität in Verbindung mit den Clans, G20, journalistische Ethik, Ausrichtung der BILD, Sicherheitspolitik in Berlin, Fußball, Hooligans, Polizeigewalt, der tödliche Verkehrsunfall mit Beteiligung eines Polizisten, Grundrente und persönliche Statements.

Vor dem nachstehenden Text möchte ich eins klar und deutlich herausstellen. Manche teilten meine Beiträge zu den nachstehenden Themen mit dem Hinweis auf eine bei mir gezeigte Neutralität. Das mag gut gemeint sein, aber sie besteht nicht. Ich bin befangen! Allein der Umstand, dass ich mich selbst in der einen oder anderen Lage befand, verhindert dies. Wenn Journalisten in ihren Artikeln darauf hinweisen, dass man einem Polizisten bei über 90 Kilometern in der Stunde eine bedingte Tötungsabsicht unterstellen kann, fühle ich mich im Nachgang dessen Beschuldigt. Ich habe zigfach im Dienst über diesem Wert gelegen und ich stehe dazu. Heute würde ich es nicht mehr tun. Doch Entscheidungen sind an dem Kenntnisstand und der Situation vor dem Ereignis zu messen. Danach sind wir alle schlauer. Wer bei mir im BLOG Neutralität erwartet, wird enttäuscht werden. Abstand? Ja, den kann man von mir erwarten.


Suff – Cop – sie können es nicht lassen …

Ich blieb bei Minute 24:32 gekennzeichnet mit dem Begriff «Suff – Cop» hängen. Ich schrieb hierzu bereits etwas in meinem BLOG. Mein erster Gedanke war: Sie können es nicht lassen. Boulevardpresse hin oder her, es gibt für mich keinerlei Rechtfertigung für die Prägung dieses Schlagworts und die Herstellung einer Verbindung zu einem Menschen. Seitens Axel Lier wurde kritisch hinterfragt, inwiefern die hauptsächlich aus Polizeikreisen geäußerte Kritik am Umgang mit dem Thema gerechtfertigt sei.

Herr Reichelt offenbart bei diesem Thema einiges über seine Denkweise. Der betreffende Polizist habe sich in den Social Media in einer « … nicht gerade rechtsstaatlich anmutender Form präsentiert.» Hieraus leitet er die Zulässigkeit eines Verdachts bezüglich einer durch nichts belegten alkoholisierten Einsatzfahrt ab. Danach schwenkt er um.

Es gehe ihm weniger um die Person, denn mehr um die aufwendige und die raffinierte Vertuschung seitens der Polizei.

Die Fakten sehen wie folgt aus. Der Polizist postete diverse provokante Schwarz/Weiß Fotografien von sich und anderen. Unter anderen eins, bei dem er sich eine Waffe an den Kopf hält. Warum? Nun, dahinter steckte schlicht ein künstlerischer Anspruch, ausgerichtet auf eine spezielle Szene, die solche Fotografien mögen und damit ihrer Lebensart Ausdruck verleihen. Das Werk eines Künstlers völlig isoliert zu betrachten ist ein gewagtes Unterfangen. Das Motiv ist nicht einmal besonders originell. Es gibt diese Pose von vielen Berühmtheiten. Vom Regisseur Quentin Tarantino sogar als Poster.

Ich wollte ursprünglich als Titelbild für diesen Beitrag ein entsprechendes Bild nehmen. Leider kosten die zahlreichen Bilder eine Menge Geld – so viel dazu!

Menschen geben bei Aussagen immer eine Auskunft über sich selbst.

So wie es aussieht, besteht im Bewusstsein von Herrn Reichelt die Verknüpfung: Schräg aussehender Mann, tätowiert, ambitionierter Hobby Fotograf für die Metal – Szene, unverantwortliche Lebensweise, Alkohol, betrunkener Autofahrer. Auf keinen Fall darf so einer, Polizist sein. Bundesweit hätten damit diverse Fahndungsgruppen, SEK und MEK Einheiten ein Personalproblem. Denn dort sehen aus Gründen viele so aus.

Rechtsstaatlichkeit ist für Herrn Reichelt auf einem Foto erkennbar. Gut, wenn einer auf einer Demonstration den Hitler – Gruß zeigt, stimme ich ihm zu. Aber von sich ein Foto machen zu lassen, in dem man sich symbolisch eine Waffe an den Kopf hält, ist allgemein nicht verboten. Der Aufnahmeort könnte interessant werden, wenn es sich um eine in Deutschland verbotene Waffe handelt. Ist die Aufnahme beispielsweise in den USA entstanden, gäbe es nicht einmal bei einer hier verbotenen Waffe eine Beanstandung.

In seinen Ausführungen unterstellt er den ermittelnden Polizisten eine Vertuschungsabsicht, die er auch noch als raffiniert bezeichnet.

De facto wurde von den Verletzten am Ort des Geschehens keine Blutprobe nach forensischen Kriterien und Bedingungen genommen. Diese erfolgte erst im Zusammenhang mit der medizinischen Behandlung. Ab hier wird es undurchsichtig. Auf diversen Internetseiten wird darauf hingewiesen, was dabei alles schief gehen kann. Meiner Kenntnis nach, weiß bisher auch noch niemand, mit welcher Motivation der festgestellte Blutwert das Krankenhaus, entgegengesetzt der ärztlichen Schweigepflicht, verließ. Es gibt wenig öffentlich Bekanntes, woran sich ein konkreter Verdacht festmachen lassen könnte. Außer, dass man einem solchen Typen alles zu traut. Die BILD! Zeitung des nach Sensation heischenden kleinen Bürgers.

Herr Rossberg ging ebenfalls auf die aus der Berichterstattung hervorgegangene Kontroverse ein.

Dabei wies er auf die massive Kritik – u.a. von mir – an der Form der Darstellung hin. Ich vermeide bewusst das Wort Bericht. Spätestens mit der Verwendung des Begriffs «Suff – Cop» hat jeder Text nicht mehr diesen Anspruch verloren, und landet in der Schublade “Schmierfink”.

Er empfand die Kritik einiger, als Scheinheiligkeit, weil der Tod der jungen Frau in den Hintergrund geriet. Die Logik erschließt sich mir nicht. Es geht meiner Auffassung nach um mehrere scharf voneinander abzugrenzende Sachverhalte.

Da wäre die Fragestellung bezüglich der Sinnhaftigkeit von Einsatzfahrten mit überhöhter Geschwindigkeit (hierzu habe ich mich vom Saulus zum Paulus entwickelt!), der damit in Verbindung stehenden Risikobewertung und die sich anschließenden ethischen Betrachtungen.
Dann steht die Verfahrensweise an Unfallorten mit Beteiligung von Polizisten zur Diskussion. Das ist richtig und vollkommen zulässig. Und ganz am Ende kommt für mich die Frage: Wie weit die Boulevardpresse im Umgang mit einem Menschen gehen darf. Nicht rechtlich, sondern unter ethischen Gesichtspunkten. Rechtlich nahezu unendlich, wenn man sich nicht an den selbst gegebenen Pressekodex hält oder in Straftaten abgleitet.

Was hat zum Beispiel das Verhalten des Unfallfahrers bei einer dienstlichen Einsatzfahrt mit seinen Veröffentlichungen in den Social Media zu tun? Nüchtern gesehen: Gar nichts! Die Recherchen ergeben keinerlei Sinn, es sei denn, ich will den Mann in zweifacher Hinsicht diskreditieren, nämlich als Mensch und in seiner Funktion Polizist.

Herr Reichelt sagt dazu, dass die BILD eine Story an der Person entlang erzählt.

OK! Auch wenn es nicht meinem Geschmack entspricht, lasse ich mich darauf ein. Zur Person gehört für mich auch, dass da einer ist, der jahrzehntelang seinen Dienst bei der Polizei geleistet hat. Wo er das tat, wurde nicht berichtet. Ich weiß es mittlerweile, werde es aber nicht preisgeben. Für den Tod eines Menschen verantwortlich zu sein, brennt sich gerade bei Polizisten tief in die Seele.
Wurde hierzu etwas erwähnt? Nein! Gab es einen Bericht über die Gefahren und Risiken von Einsatzfahrten in einer Großstadt? Wurden hierzu die stets in Artikeln erwähnten «gut unterrichteten Quellen» befragt? Nein!
Ich unterhielt mich mit einem Journalisten. Seine ersten Worte waren: «Das er viel zu schnell war, steht völlig außer Frage!» OK! Mag sein! Besonders vor dem Hintergrund des Unfalls. Doch sonderlich ungewöhnlich war die Geschwindigkeit nicht. Die wird in der Stadt häufiger gefahren besonders von Zivileinheiten. Dem Erzählen nach, nicht mehr ganz so verrückt, wie ich es erlebte, aber es reicht.

Ja, dies kann kontrovers diskutiert werden. Da gibt es das Ereignis, wo der Polizist hinfährt, es besteht ein Risiko für einen oder mehrere Unbeteiligte/n, den Streifenpartner und sich selbst, und den Anspruch der bevölkerung, an die Polizei. Ich habe in meinem BLOG keinen Hehl daraus gemacht, dass ich beschlossen habe, die Fragen des Lebens buddhistisch anzugehen. Heute ergibt sich für mich ein Ursache – und Wirkungsprinzip. Wofür auch immer ich mich entscheide, es wird nicht ohne Wirkung bleiben. Wäre ich noch im Dienst, würde ich mich 2019 für eine langsame Anfahrt entscheiden. Was da am Ereignisort stattfindet ist nicht meine Saat und ich werde sie nicht zu meiner machen. Von 1992 – 2017 dachte ich darüber anders. Ich ersah aus meiner Mitgliedschaft in einem Mobilen Einsatzkommandos eine Pflicht, schneller, professioneller und risikofreudiger zu fahren, denn es eine “normale” Streifenwagenbesatzung” tun würde. Frei nach dem von einem ehemaligen Leiter des MEK Berlin formulierten Mottos: Wo MEK drauf steht … ist auch MEK drin!”

Scheinheiligkeit! Das trifft für mich auf Leute zu, die mit dem Finger auf andere zeigen und selbst nicht besser sind. Ich wünsche niemanden etwas Schlechtes, aber bekanntermaßen werden wir gerichtet, wie wir andere richten. (Das nennt sich christliche Leitkultur!)

Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet! Denn mit welchem Gericht ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden, und mit welchem Maß ihr messt, wird euch gemessen werden.

Matthäus 7,1-5

Ein junger Mensch ist gestorben, für andere geht das Leben irgendwie weiter. Für mich gibt es da einen eklatanten Unterschied zwischen einem vorsätzlichen Töten und einem Unfall. Es würde für mich sogar einen Unterschied machen, ob jemanden einen Angehörigen von mir vorsätzlich tötet oder alles eine Folge eines Unfalls war. An einem Unfall kommt keiner vorbei. Jeden Tag sterben Menschen. Doch sie sind nicht mehr da.

Wie gehen wir mit den Überlebenden um?

Man muss einen Menschen nicht physisch töten, um ihn zu zerstören. Das geht auch anders. Nicht ohne Grund ist in vielen Kulturen der Suizid das Mittel der Wahl, um der Schande zu entgehen. Ist es das, was die an der Berichterstattung beteiligten Journalisten, besonders die Urheber von «Suff – Cop», erreichen wollen? Will die bürgerliche Gesellschaft dieses? Will ich das?

Wenn ich am Straßenrand stehe und ein Polizeiwagen mit Blaulicht an mir vorbeifährt, denke ich mir mittlerweile: «Wisst ihr, was ihr da tut?» Aus meinen zurückliegenden Zweifeln ist Gewissheit geworden. Das Risiko ist es nicht wert. Am Ende werden möglicherweise zwei Menschenleben zerstört. Das Fremde und das Eigene. Egal was am Einsatzort stattfindet, es befindet sich in der Verantwortung eines Täters. Am Ende bist Du, der Polizist, immer der Dumme. Bisweilen kommt es mir vor, als wenn der Umstand, dass eine Tat nicht verhindert wurde, schwerwiegender ist, denn die Tat selbst. Aber aus der Nummer kommt man psychologisch noch heraus. Da kann man sich als Betroffener an den Kopf fassen und sich sagen, dass manche Teile der Gesellschaft den Knall nicht gehört haben. Bei einem selbst verursachten tödlichen Unfall sieht das anders aus.

Kürzlich diskutierte ich das Thema mit einem ehemaligen Kollegen. Er sagte, was ich selbst jahrelang predigte. Wenn Du hier bist, musst Du das Risiko in Kauf nehmen. Sie machen Dich fertig, wenns schief geht. Aber darauf darfst Du nichts geben. Machst Du Dich davon abhängig, was bestimmte Teile der gesellschaft von Dir wollen, kannst Du gehen. OK … das war gestern und ein anderes Leben. Mir ist aber bewusst, dass Menschen mit der Sozialisation eines Journalisten nichts davon wissen können. Ich drücke es mal sehr polemisch aus … mit den bösen Jungs abhängen, macht einen noch nicht zum Bullen – dazu gehört mehr.

Die BILD wirkt der Radikalisierung der Bürger entgegen.

Ich blieb beim Zuhören noch bei einem weiteren Thema hängen. Herr Reichelt formulierte im Sendebeitrag eine steile These. Die Berichterstattung, wie sie seitens der BILD praktiziert wird, vermittelt den Bürgern das Gefühl nicht allein gelassen zu werden, weil es immerhin noch die Presse gibt, welche Missstände aufzeigt. Ei oder Huhn? Diese Frage schoss mir sofort durch den Kopf. Bei dem Ritt durch die Themen, fielen auch die Stichworte «Kotti», «Organisierte Kriminalität» und «Clans».

Die «Organisierte Kriminalität» besteht wahrlich aus weit mehr, denn nur aus den Clans. Ohne harte Zahlen benennen zu können, gehe ich persönlich davon aus, dass die nicht einmal die größten Umsätze machen. Aber sie sind sichtbar und laut, womit sie das viel zitierte subjektive Sicherheitsbedürfnis des Bürgers beeinträchtigen. Damit haben sie im Lauf der Jahre erst den russischen und vornehmlich aus Serbien stammenden Banden, später den Rumänen, Bulgaren und Vietnamesen, den Rang abgelaufen. Andere Gruppen, wie die Italiener oder andere Asiaten, hielten sich schon immer traditionell im Hintergrund. Hierüber wird selten im Boulevard berichtet. Der Fokus liegt beim für jedermann Sichtbaren. Ein Missstand? Ich denke schon.
Die Berichterstattung in Bezug auf terroristische Aktivitäten sind seitens der BILD/ B.Z. in der Regel auch nicht wirklich tiefgreifend, sondern eher hysterisch. Man könnte auch sagen, dass die Sicherheitsbehörden von der Boulevardpresse vor sich her getrieben werden. Immerhin geht es um Wähler und Macht. Beides möchte man ungern verlieren.

«Kotti» und der meistens damit in Verbindung genannte «Görli» sind ein Paradebeispiel für das Bedienen der kochenden Volksseele. Beide Gebiete stehen in einem engen Zusammenhang mit der Drogen – und Sozialpolitik. Es werden keine Lösungen dafür gesucht, sondern es wird in andere Stadtbereiche verdrängt. So lange, bis beides aus der Sicht des Bürgers verschwunden ist und sich endlich dort sammelt, wo es hingehört: In die Siedlungen am Stadtrand. Was in Paris und Marseille funktioniert hat, muss doch in Berlin auch möglich sein.

Alle die verzweifelt auf der Suche nach Alternativen sind, werden vom Springer Verlag hart angegangen. Berlin – West war einst die Hochburg des Heroin Konsums. Dies ist nicht mehr der Fall. Das liegt aber nicht an der Polizei oder gar der Politik, sondern an einer Veränderung der Drogenszene.

Es gehört zu den Eigenarten des Menschen, dass er sich erstens auf das bewegliche Sichtbare stürzt und vom Gesehenen auf das Allgemeine schließt. BILD/B.Z. sind moderne Moritaten – Sänger. Damit erfüllen sie eine alte gesellschaftliche Funktion. Vom Hause Springer aus, ging damit schon immer die Einflussnahme auf die Politik zur Unterstützung des unteren Bereichs des Bürgertums, einher. Die wollen in der U – Bahn nicht lesen, inwieweit die Immobilienbranche in die OK eingeflochten ist.

Sie wollen auch nichts von komplizierten Geldwäschegeschäften, der in Wilmersdorf und Charlottenburg ansässigen russischen Gruppen wissen. Ein italienischer Mafiosi hat schwarze schmalzige Haare, eine Lupara im Auto und spricht schlechtes Deutsch. Shisha Bars, dicke Autos, sich beknackt aufführende «libanesische Kurden (es sind keine!)», schwarze Männer, die Drogen an Kinder verkaufen, besoffene Polizisten und zottelbärtige Terroristen machen da einfach mehr her. Ebenso interessieren sie nicht taktische Geplänkel zwischen Innensenator Geisel und anderen Senatorinnen. Sie wollen sich darüber empören und die BILD liefert das passende Material. Hohe Bälle annehmen und flach abspielen ist nicht ihre Spielart.

Das soll auch alles sein – aber sich zum Bewahrer vor der Radikalisierung aufzuschwingen – halte ich für gewagt. Dies sollte man eher den investigativen Journalisten überlassen. Ab und wann holt man Herrn Schupelius von der Currywurstbude weg und der schreibt, was der Mann von der Straße denkt und gut ist. So sehr ich auch manch einen Artikel in der B.Z. bezüglich der kriminellen Vorgänge in Berlin schätze, Herr Reichelt hat mich erneut in Sachen SPRINGER ent/täuscht. Anders gesagt: Die Täuschung ist zu Gunsten einer klaren Sicht, entschwunden.

Herr Reichelt lieferte Dank guter Fragen noch einen kleinen Gaumenschmaus. Die beiden fragten ihn nach seiner Meinung zu Pyrotechnik in Fussballstadien. Bei der Antwort zierte und drehte er sich. Am Ende kam bei heraus: Die Stimmung ist schon geil … Ja, da war wieder das Spiel mit den bösen Jungs. Kaum war er fertig, warf er den Außenborder an und ging in den Rückwärtsgang. So habe ich diesen Typ Mensch immer kennengelernt.

24 März 2019

Artikel 13/17

Lesedauer 5 MinutenArtikel 13 oder neuerdings 17 ist für mich ein klassischer Fall der Vertrauensfrage. Meine Kenntnisse zur Thematik sind rudimentär. Man kann nicht alles wissen. Doch im Laufe der letzten Jahre bin ich immer wieder auf Internetseiten gestossen, denen ich aufgrund ihrer Berichterstattung und tiefgehenden Analysen schlicht glaube. Dazu gehört für mich, wenn es um Internetfragen geht, immer der Heise Verlag.Und die dort veröffentlichten Beiträge ließen bei mir einigen inneren Widerstand aufkommen.

Wenn Initiativen wie der Artikel 13/17 gestartet werden, meldet sich bei mir sofort die Frage, vor allem wenn die CDU involviert ist, wer verdient daran und wer ist die treibende Kraft im Hintergrund. Mein Vertrauen, dass bei der CDU irgendetwas passiert, was nicht der Wirtschaft und dort auch nur denen dient, die ohnehin schon satt sind, tendiert gegen Null.

OK, die großen Plattformen haben zwei Seiten. Auf der einen sind sie Teil des Systems und verdienen sich eine goldene Nase, auf der anderen Seite sind sie auch Teil des demokratischen Prozesses geworden. Viel Licht und auch viel Schatten. In erster Linie stieß mir auf, dass es sich doch letztlich um eine Spiegelfechterei handelt. Wer halbwegs versiert ist, umgeht alles und verschleiert seinen Standort oder nimmt Zugriff auf andere Server. Ergo wieder einmal eine Lösung, die ausschließlich die Masse der unbedarften Nutzer trifft. Da hat also jemand ein Interesse daran, nicht die Hoheit über die Massen zu verlieren. Wer könnte das sein? Die großen Verlagsgruppen springen einem da fast schon ins Gesicht.

Passend hierzu mischte sich der Axel Springer Verlag vertreten durch das Schlachtschiff BILD ins Geschehen ein. Seit mehr als dreissig Jahren verfahren die immer nach einem Muster. Protestler müssen von einer dunklen Seite – meistens den Kommunisten aus Russland – dieses Mal allerdings von Google gekauft worden sein. Der normale anständige Bürger protestiert nicht gegen eine Entscheidung der schwarzen bürgerlichen Volkspartei CDU. In der Rhetorik des Axel Springer Verlags waren auch die 68ziger, die Friedensbewegung, der Protest gegen die Atomkraft und Umweltschützer sämtlich eingekauft. Da war ich schon mit einem Bein auf der Straße.

Dann viel mir wieder ein, wie ich kürzlich auf dem Flughafen in Peking saß und versuchte Twitter, Facebook und Youtube aufzurufen. Zugegebenermaßen ein etwas naives Unterfangen. An diesem Tag fing ich mir eine Allergie gegen “Herumfummeln” von staatlicher Seite am Internet ein.

Da wäre dann noch die Seite der Urheber und Künstler. An dieser Stelle werde ich mal richtig böse und ketzerisch. Kunst ist zu großen Teilen eine Industrie geworden. Früher reichte es aus, wenn der Künstler starb, damit wenigstens sein Werk und Name bekannt wurde. Heute läuft es auf eine Prostitution hinaus. “Wem muss ich hier einen Blasen, damit meine Werke “vermarktet” werden?” Ich habe mal die Geschichte einer wirklich begabten jungen Frau mitverfolgt, die an einem Wettbewerb beim Giganten SONY teilnahm. Am Ende lief die Sache auf einen Vertrag hinaus, demnach sie für eine gewisse Zeit, nämlich in der sie vom Alter her erfolgreich hätte sein können, nirgendwo anders vorsingen konnte. Das Talent wurde de facto gegen kleines Geld vom Markt genommen, um andere, die bereits vermarktet wurden, zu schützen. Das Kunst – und Musikgeschäft ist schmutzig und dreckig, wie alle anderen auch. Die immer als Kleinkunst geschmähte, meistens von hervorragenden und beachtenswerten Künstlern gestaltete Gegenwartskultur, haben es schwer an der Kommerzmauer vorbeizukommen. Nicht wenige, die sich da auf die Seite der Initiatoren schlagen, haben längst ihre Seele verkauft. Abgesehen von denen, die sich vor den Karren spannen lassen.

Schaue ich mir die Printmedien und ihre Onlineportale an, kommt mir beim Lesen diverser Artikel, besonders wenn sie zu den Großen gehören, ebenfalls der Verdacht, dass auf “Zuruf” des Chefredakteurs im Sinne der Linie des Hauses etwas zusammengeschrieben wird. Mit Journalismus hat das nichts zu tun. Als ich das Buch über die Panama – Papers las, erschreckte mich, zu welchen nachrichtendienstlichen Mitteln investigative Journalisten, die ihr Handwerk noch ernst nehmen, heutzutage greifen müssen, damit ihre Story nicht vorher unter staatliche Sanktionen gerät.

Mir fiel auch wieder ein, welche Maßnahmen anläßlich einer Sendung des Satire – Magazins “die Anstalt” folgten, nachdem dort die Ballung der Medien in wenigen Händen angeprangert wurde. Nahezu prophetisch nahmen sie Fusion von DuMont und Madsack vorweg. Dies sind alles nur Teilaspekte für die gesamte Story, die sich im Hintergrund abspielt. Aus meiner Sicht wird es nahezu unmöglich, sich als Leser und Bürger noch halbwegs autonom eine Übersicht über politische Geschehnisse zu bilden. Nicht jeder hat die Zeit auf die Suche nach unabhängigen Medien zu gehen, sich mehrsprachig Artikel durchzulesen und zu analysieren. Aber es gibt z.B. Youtuber, die das tun. Verwenden sie dafür Artikel oder Medien in Sequenzen, die den “Großen” abgenommen wurden,um sie passend zu kommentieren oder bezüglich des Wahrheitsgehalts auseinander zu nehmen, könnte es künftig schwierig werden.

Vollmundig versuchten in den letzten Tagen die üblichen Verdächtigen, wie beispielsweise Herr Söder, Sedativa zu verteilen. Die kleinen Plattformen würde das nicht betreffen, und man würde in Deutschland eigene Regeln finden. Europa, Internet und nationale Regelungen – finde den Fehler. Ich glaube für CSU Politiker ist es bereits eine intellektuelle Leistung, wenn sie jenseits des eigenen egozentrischen Weltbildes die Landesgrenzen von Bayern in ihr Denken einbeziehen. Wenn es um Europa und globale Angelegenheiten geht, wird ihnen schlecht und sie brauchen eine Auszeit.

Kleine Plattformen bedeutet, dass sie sich kaum gegen die Rechtsanwälte der “Großen” wehren können. Immer wieder müssen wir erleben, wie mit von krimineller Energie gesteuerte sogenannte Abmahnrechtsanwälte ihr Unwesen treiben. Bösartig könnte man die Feststellung treffen, dass die übermäßig im deutschen Parlament repräsentierte Zunft der Juristen mal mit diesen zusammen im Hörsaal saßen. Aber ich bleibe bei den Juristen auf meiner Linie der individuellen Betrachtung. Ich kann mir aber gut vorstellen, dass mir einige durchaus zustimmen, dass da mit einigen beim Studium im Kopf ein wenig etwas durcheinander geht.

Trotzdem bleibe ich bei meiner Grundauffassung, dass Berufe, die Juristen, im Marketing geschulte Leute, Wirtschaftsfachleute und Journalisten erfordern, sich wie Polizisten, ab und wann mal die Frage nach dem eigenen ethischen Anspruch stellen müssen und im Zweifel gehen sollten. Ich habe im Leben einige kennengelernt, die mir aus diesen Sparten sagten: “Für diese Verbrecher gebe ich mich nicht mehr her.” So läuft das Spiel nun einmal – ist auf Dauer keine gute Antwort im Leben.

Nach reiflicher Überlegung, ohne die seitens der CDU/CSU in Aussicht gestellten 450 EUR Demonstrationsgeld zu bekommen, entschloss ich mich auf der Demo mitzulaufen. Alleine die erlebte Ignoranz seitens der “Politischen Klasse”, die sich nicht mehr aus ihren Lobbyisten Kaffees und Bars heraustrauen, um mal das Gespräch mit den Demonstranten zu suchen, sie statt dessen mit Tweets und Aussagen in Interviews zu diffamieren, ist Grund genug auf die Straße zu gehen. Das ist absolute Formatlosigkeit!

Es stimmt, was in letzter Zeit auf Twitter mehrfach zur Sprache kam. Einige wenige “besorgte Wutbürger” laufen blökend und skandierend durch die Straßen und die Reaktion des Establishments lautet: “Die Politik muss die Sorgen und Ängste der besorgten Bürger bei PEGIDA, (zur Erinnerung: Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes), ernst nehmen.” Tausende Schüler und hunderttausende, zumeist unter Vierzigjährige gehen mit intelligent und kreativ gemachten Schildern, die ihren Intellekt spiegeln, auf die Straße und die Herrschaften verstecken sich oder schicken die konservativen Propagandastrategen ins Rennen. Auf der anderen Seite werden Leute, die den Begriff Patriot nicht korrekt definieren können, einen poetischen Begriff aus dem Mittelalter verwenden und eine Religion offensichtlich für eine Infektionskrankheit halten, hofiert.

Ich sah auf der Demonstration einige, denen es nicht mehr nur um Artikel 13/17 ging. Es ging ihnen um eine abgekoppelte politische Klasse, die sich in Arroganz suhlt und sich hinter den weißen Mauern im Regierungsviertel versteckt. Ich hoffe nur, die als deinterressierte und dekadente Generation Z wird wach und wehrt sich.

 

 

 

 

 

 

20 Februar 2019

Die Pflicht füreinander da zu sein …

Lesedauer 10 Minuten

Bevor ich auf die Ursachen eines Verhalten, welches als Corps – Geist, bezeichnet wird, eingehe, möchte ich aus meiner Perspektive ein paar Sachen zum Thema Pflichten loswerden:

Seit ich darauf achte, fällt mir in Unterhaltungen ein stets wiederkehrendes Denkmuster auf. Meine Gesprächspartner gehen davon aus, dass ich etwas tun müsste, und meistens nicht deshalb, weil sie das so festgelegt haben, sondern weil man es tut. Die gute alte rhetorische Antwort: «Wer ist man? Und ich muss gar nichts, außer meine Notdurft verrichten.», betrachte ich als durchgehend bekannt.

Aber keiner hält sich daran. Offensichtlich werde ich ungefragt in ein komplexes Pflichtsystem eingebunden. Nach deren Auffassung gehört es zum Beispiel zu meinen Pflichten auf meine Gesundheit zu achten, Drogen zu meiden, nicht übermäßig Alkohol zu mir zu nehmen, auf andere einzugehen, mir einen Lebenspartner zu suchen, Freundschaften zu pflegen. Ich soll alles dafür tun, dass ich lange lebe, und darf diesem Leben nicht ungefragt ein Ende setzen. Mir wird gesagt, dass ich Ordnung zu halten habe und meinem Leben eine Struktur geben muss. Kaum begann ich mit dem Schreiben, hieß es, ich dürfte nicht belehren, ich müsste offen bleiben und den Menschen Gedankenanregungen geben. Diese Auflistung ist nicht abschließend. Beim längeren Nachdenken würden mir vermutlich noch einige mehr einfallen.

Die Sache mit der Pflichterfüllung, kenne noch von wo ganz anders her. Aus diesem Grund bin ich da ausgesprochen sensibel.

OK! Was hat es mit diesen Pflichten auf sich?

Pflichten können freiwillig übernommen werden, sie können aus moralischen oder ethischen Gründen erwachsen oder per Gesetz bestimmt werden. Ich habe mal bei WIKIPEDIA nachgelesen. Dort steht zum Thema Pflichten, die sich aus ethischer Sicht ergeben:

«Die philosophische Lehre von den Pflichten heißt Deontologie (von altgriechisch το δέον ‚das Erforderliche, die Pflicht‘ und λόγος ‚Lehre‘, also ,Pflichtenlehre‘), ein Begriff, der um 1930 durch den britischen Philosophen C. D. Broad näher definiert und der teleologischen Ethik gegenübergestellt wurde. Das Grundprinzip der Deontologie ist die Berufung auf die Motivation für eine Handlung. Es folgt die Prüfung, ob Motivation und Handlung mit einem Wertmaßstab, den jeder vernünftige Mensch einsehen kann, vereinbar sind oder nicht. Das Begründungsverfahren lässt nur die Attribute „gut“ oder „schlecht“ zu.»


Seite „Pflicht“. In: Wikipedia, Die freie Enzyklopädie. Bearbeitungsstand: 18. Januar 2019, 03:04 UTC. URL: https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Pflicht&oldid=184830043 (Abgerufen: 20. Februar 2019, 02:57 UTC)

Oha! Dachte ich beim Lesen spontan. Ich habe noch nie in meinem Leben einen durchgehend vernünftigen Menschen kennengelernt. Und was soll dieser Wertmaßstab sein?

Aber meine Gedanken schweiften noch weiter ab. Ich habe im Leben verschiedene Werte in unterschiedlichen Gruppen kennengelernt. Es stimmt, dass daraus Pflichten hervorgingen. Dazu gehörte zum Beispiel die absolute Offenheit und Ehrlichkeit innerhalb eines Einsatzteams. Gleichermaßen geziemte es sich nicht, dass Teammitglieder gegenseitig verpfeifen, und schon gar nicht nach «oben» gehen, bevor sie nicht untereinander gesprochen haben. Andere Pflichten ergaben sich aus der Notwendigkeit, mit Fehlern umzugehen. Sie kommen bei jedem vor. Wichtig ist, sie einzugestehen, damit er nicht wiederholt werden muss und Fehlerquellen künftig wenigstens minimiert werden können. Das kann nur funktionieren, wenn einem Menschen die Option gegeben wird, aus der Situation wieder heraus zu kommen.

Zeitweilig arbeitete ich einem Bereich, in dem es die Regel gab: Fehler passieren, sie kosten Dich eine Runde für alle und nachdem Du bezahlt hast, darf darüber nicht mehr gesprochen werden. Wenn einer bei einem Fehler übelste Repressalien, Verlust der Arbeit, oder die Vernichtung seines Ansehens zu befürchten hat, wird er nicht auf die Idee kommen, den Fehler einzugestehen.

Es bedarf also einer Fehlerkultur, die die Unvernunft und die Fehlbarkeit des Menschen berücksichtigt, die daraus resultierenden Fehler als menschlich erachtet, und damit ein Eingeständnis ermöglicht. Jeder, der in diesem Team arbeitet, muss sich zwingend dieser Kultur gegenüber verpflichtet sehen, sonst funktioniert sie nicht.

Zum Thema gehört auch Kritik an einem Verhalten. Zum Beispiel setzen sich Mitglieder eines Teams zusammen und bewerten rückblickend ihre Arbeit. Ist ein gewünschtes angestrebtes Ziel nicht erreicht worden, muss herausgefunden werden, wie es dazu kam. Meistens wurde eine Entscheidung getroffen, die sich im nach hinein, als ineffektiv oder nicht zielführend erwies. In der Regel wird dies kurz unter Fehler einsortiert.

Wird offen darüber gesprochen, kann ermittelt werden, ob der Entscheidungsprozess optimiert werden kann oder Maßnahmen notwendig sind. Dabei gilt die Grundregel: Eine Entscheidung muss immer nach dem Wissensstand vor und nicht danach bewertet werden.

Bei diesen Gesprächen muss darauf geachtet werden, dass die Kritik positiv und nicht mit ausgestreckten Zeigefinger geübt wird.

«Ich fand gut, wie sehr Du Dich engagiert hast. Hast Du einen Vorschlag, wie wir ein wenig den Druck herausnehmen können, damit Du nicht mehr in der Not bist, überschnell handeln zu müssen?»

So arbeiten Profis, die sich an Zielen orientieren. Sie wissen auch, dass Vergangenes unabänderlich ist und nur noch für eine Auswertung taugt.

Um all dies leisten zu können, muss untereinander Vertrauen bestehen. Jedes einzelne Teammitglied muss sich darauf verlassen können, dass gemeinsam akzeptierte Ziele existieren, jeder an einer Umsetzung interessiert ist und sich im Rahmen seiner Möglichkeit dafür einsetzt bzw. bereit ist, dafür Leistungen zu erbringen.
Bei Teams, die sich in Bereichen bewegen, in denen die Teammitglieder bei ihren Aufgaben in Lebensgefahr geraten können, besteht ein besonderes Vertrauensbedürfnis. Im Idealfall weiß ich bei meinen Teampartnern von ihrem privaten Gemütszustand, ihren Problemen, ihren Bedürfnissen, Krankheiten u.s.w. Arbeitnehmern aus anderen Arbeitsbereichen erscheint dies oftmals befremdlich, da ihnen dies zu weit in das Privatleben hineinreicht. Aus diesem Vertrauen bildet sich etwas, was allgemein Kameradschaft genannt wird.

Innerhalb dieser werden auch die zum Teil traumatischen Erlebnisse miteinander verarbeitet. Mal besser, mal schlechter. Jedes Team entwickelt dabei interne Strategien.

In seinen Grundanlagen hat der Mensch ein internes uraltes Gefahrenprogramm. Erkennt er eine Lebensgefahr, rennt er entweder weg oder versteckt sich vor dem Angreifer. Eine weitere Option ist das sich Totstellen. Fällt der Angreifer nicht darauf rein und der Atem des angreifenden Raubtieres ist riechbar, geht er entweder zum Angriff über oder sucht nach Fluchtoptionen.

Keine dieser Verhaltensweisen ist bei Soldaten, Feuerwehrleuten oder Polizisten wünschenswert. Von ihnen wird die genau entgegengesetzte Verhaltensweise erwartet. Das verändert die Persönlichkeit nachhaltig.

Kommt es dann noch zu einer realen unmittelbaren Lebensgefährdung für sich selbst oder einen anderen, wird es besonders arg. Hinzu kommen Situationen, in denen diesen Berufsgruppen über Jahrzehnte die Endlichkeit des Menschen, nämlich von einer Sekunde zur nächsten an einem unerwarteten Zeitpunkt und Ort, vor Augen geführt wird.

Folgen, sind eine von der gesellschaftlichen Norm abweichende Lebensweise, die Versetzung innerer Grenzverläufe, eine erhöhte Risikobereitschaft und Stresserkrankungen mit Grenzverläufen ist die Beurteilung von belastenden Situationen gemeint. Was für einen mit solchen Situationen nicht konfrontierten Menschen bereits als eine emotional belastende Situation eingestuft wird, erfährt bei diesen Berufsgruppen eine vollkommen andere Bewertung. Es muss sehr viel passieren, bis die sagen: «Stopp, das ist zuviel!» Parallel werden Ereignisse mittels Sprache, Banalisierung, Verniedlichung, Sarkasmus heruntergestuft.
«Schweine erkennen sich am Gang.» Einsatzbeamte, Soldaten und Feuerwehrleute erkennen sich schnell am Habitus und finden zusammen. Auch das entspricht dem menschlichen Verhalten. Gegenüber Menschen, die mit alledem nichts anfangen können, eher befremdet reagieren, wird ein gegenseitiger Schutz aufgebaut.

Im zurückliegenden Fall des Unfallfahrers Peter G. wurde sein Dank an die Solidarität kritisiert. Ich fragte mich, wie unmenschlich die Zeiten geworden sind. Niemand hat sich in die Lage versetzt. Du sitzt zu Hause und bist am Tod eines Menschen beteiligt gewesen. Allein … verdammt alleine. Und dann meldet sich vielleicht einer bei Dir: “Alter mach keinen Quatsch! Wir stehen zu Dir. Keiner von uns weiß, dass ihm das nicht auch passieren könnte!” Aber warum sollte jemand darüber nachdenken? Er ist ja nur ein abgefuckter Cop. Das dieses Denken verbreitet ist, weiß jeder in diesem Job. Auch dafür ist das Auffangnetz da.

Niemand hat Dir jemals beigebracht, wie Du damit umgehen sollst. Also gehst Du erstmal den Weg nach vorn. Über dreißig Jahre lang hast Du den Kopf hingehalten und eine Millisekunde mit furchtbaren Folgen macht alles kaputt. Es muss einen Sinn gehabt haben – aber wen außerhalb des Teams interessiert das schon?

Leute, die in ihrem Leben immer alles auf die sichere Karte gesetzt haben, mit Sicherheit nicht. Die haben maximal Dünnpfiff, weil Wähler abhanden kommen könnten.

Nicht zwingend traumatisch, aber ein auf die Persönlichkeit einwirkender Faktor ist der tägliche Umgang mit Menschen in besonderen Lebenslagen.

Mensch trifft auf Mensch. Kriminalbeamte und Schutzpolizisten erleben für den Unbedarften unglaubliche und schwer vorstellbare Verhaltensweisen.

Sei es, dass Eingesperrte durchdrehen und mit Fäkalien um sich werfen, Straftäter sich mit dem Vortäuschen eines epileptischen Anfalls einer Festnahme entziehen wollen, sich an die Geschlechtsteile fassen und plötzlich die Hand ins Gesicht eines Beamten halten, mittels Schreien und Selbstverletzung eine Misshandlung vortäuschen, widerlichste Straftaten ausgehend von einem anderen behaupten, um sich zu rächen, sich selbst anzünden, Rasierklingen verschlucken, mit Drogen gefüllte Kondome im Körper transportieren, Glasscherben und Cuttermesser Klingen in die Haare einflechten, oder aufgrund einer eigenen vorhergehenden Traumatisierung dissoziieren. Das ist nur kleine Auswahl an Erlebnissen aus meiner eigenen Biografie.

Ich kann verstehen, dass der gängig sozialisierte Mensch bei den Bildern, die heutzutage mit Smartphones aufgenommen werden, zu anderen Ergebnissen kommt, als tatsächlich stattgefunden haben. Doch vieles ist nicht so, wie es scheint und überrascht einen.

Zum Beispiel würde ich auch gern jeder Frau die Schilderung einer Vergewaltigung abnehmen, jede angezeigte Kindesmisshandlung durch einen Vater mit Emotionen begleiten, doch das ist mir nicht mehr möglich. Gleichfalls habe ich gelernt, das Video – Ausschnitte, die die Vorgeschichte nicht zeigen, im höchsten Maße manipulativ sind und zu diesem Zwecke gern eingesetzt werden. Glauben sie mir, man macht sich mit dieser skeptischen Haltung keine Freunde. Menschen wollen nämlich das glauben und sehen, was in ihre Vorstellungswelt passt, da sind Zweifler lästige Zeitgenossen. Sich nicht halbwegs auf das «Normale» verlassen zu können erzeugt zusätzlichen Stress.

Die Schilderungen zu glauben, ist ebenfalls eine sinnvolle Eigenschaft unseres Gehirns. Menschen sind im sozialen Gefüge auf ein gewisses Maß an Vertrauen angewiesen. Es bedarf einiger Arbeit an sich selbst, wenn dieses Vertrauen nicht mehr da ist.

Stress ist ein im Verhalten des Menschen, evolutionärer Zustand, der ursprünglich für Gefahrensituationen entwickelt wurde.

Die kürzeste Formel lautet: Stress macht doof! Das Großhirn verabschiedet sich und das «Zentrale Nervensystem» übernimmt zusammen mit dem Reptiliengehirn (Amygdala) die Kontrolle. Da hilft das beste Training nicht. Die Handlungsabläufe werden so schnell, dass das Großhirn nicht mehr zum Zuge kommt. Das Ergebnis sind Handlungen, die sich keiner erklären kann. Um so geringer die Pausen zwischen den stresserzeugenden Ereignissen sind, desto eingeschränkter wird das Denkvermögen des Betroffenen – die Wahrscheinlichkeit von Fehlleistungen steigt an.

Angehörige dieser Berufsgruppen wissen dies alles und gestehen sich gegenseitig in einem von ihnen selbst zu vertretenden Maße fehlerhafte Reaktionen zu. Ihnen ist bewusst, dass dies alles Teil des Berufs ist. Wer sich dem Beruf und seiner Bedeutung verpflichtet fühlt, muss diese Dinge zwingend in Kauf nehmen.

In unserer Gesellschaft haben wir keine Fehlerkultur, an die sich alle Mitglieder halten. Die Menschlichkeit wird negiert. Fehler, die zur Schädigung oder Tod eines Menschen führen, dürfen dem allgemeinen Tenor nach nicht passieren. Da ist es nicht verwunderlich, dass wenige sich in der Lage fühlen, Fehler einzuräumen. Gerade in den letzten Tagen haben wir dies in Berlin wieder erlebt. Auch eine Realität, die hingenommen werden muss. Verwunderlich ist es aber auch nicht, dass Menschen in diesem Beruf versuchen, sich vor dieser Ignoranz zu schützen.

Oftmals muss es nicht einmal ein gravierender Schaden an der Unversehrtheit sein, es reicht ein fehlerhaftes Verhalten in der Biografie und die öffentliche Ächtung erfolgt lebenslang. Aber gut, auch dies hat menschliche Züge. In Kenntnis dessen, haben sich die Religionen die Option einer Vergebung durch einen Gott ausgedacht. Wenn schon der doofe Mensch nicht dazu in der Lage ist, gibt es wenigstens posthum eine Vergebung. Manch einen beruhigt das.

Der Pöbel denkt nicht, vergibt und verzeiht nicht.

Oftmals muss es nicht einmal ein gravierender Schaden an der Unversehrtheit sein, es reicht ein fehlerhaftes Verhalten in der Biografie und die öffentliche Ächtung erfolgt lebenslang. Aber gut, auch dies hat menschliche Züge. In Kenntnis dessen, haben sich die Religionen die Option einer Vergebung durch einen Gott ausgedacht. Wenn schon der doofe Mensch nicht dazu in der Lage ist, gibt es wenigstens posthum eine Vergebung. Manch einen beruhigt das. Der Pöbel denkt nicht, vergibt und verzeiht nicht.

Das Abarbeiten an einer Institution, die in die Rechte der Menschen eingreift, was grundsätzlich niemand mag, ist ein Phänomen in einer Massengesellschaft und erfüllt eine Funktion. Die Polizei soll ein Idealbild erfüllen. Pflichterfüllung, Gesetzestreue, Professionalität, Charakterstärke, Verfassungstreue heißen die geforderten Eigenschaften. Denn so sieht der Deutsche Staat und Teile der Bevölkerung sich selbst gern. Man fühlt sich gleich besser, wenn die diesem Idealbild, welches man selbst meistens nicht einmal ansatzweise erfüllt, dem ebenfalls nicht gerecht werden. Andere Bevölkerungsgruppen finden diese Forderungen eher ablehnungswürdig und haben jeden Tag einen Kragen, weil das von ihnen staatlicherseits gefordert wird. Wie gut, wenn die Vertreter des Staats selbst beweisen, dass das nicht funktioniert. Dann sollen die gefälligst auch richtig auf den Sack bekommen.


Mit ihrem Handlungsauftrag gerät die Polizei quasi täglich zwischen die Fronten. Ist es verwunderlich, wenn sich ihre Mitglieder einkapseln und sich gegenseitig bei stehen, selbst wenn das auch mal schwierig werden kann. Ich weiß aus Gesprächen mit älteren gereiften Mitgliedern der autonomen Szene, dass die durchaus ein Verständnis für die Lebenssituation und Reaktionen der einzelnen Polizisten haben, denn gegen den Einzelnen geht es nicht. Es geht um das, was er symbolisiert und da kann auf den Einzelnen taktisch gesehen keine Rücksicht genommen werden. Beim seelisch verkrüppelten Bürger, der Opfer der gesellschaftlichen Fehlentwicklungen geworden ist, sieht es ein wenig anders aus. Über menschliches Verhalten denkt der nicht mehr nach. Der denkt ausschließlich innerhalb der Kategorien, die ihm in den Kopf gesetzt wurden.

Nahezu alle Artikel, die ich in den letzten Tagen zu polizeilichen Themen gelesen habe, bestanden aus Stereotypen, oberflächlicher Betrachtung, Bedienen der niederen Instinkte der Leserschaft, links, rechts und bürgerlich. Tendenziell erfolgt keine Analyse nach alter Art: These, Antithese, Synthese. Einerseits finde ich es richtig staatliches Handeln kritisch zu beäugen, andererseits erwarte ich eine Aufbereitung und Ausleuchtung aller Ecken.
Jeder der sich zum Thema äußerte, fand sich manipulativ passend zum bedienenden Leserkreis verkürzt wieder.

Sogar aus den eigenen Reihen der Polizei bzw. Innensenat erfolgt eine simple Bedienung der zukünftigen Wähler. Zum Beispiel wäre im Fall des derzeit in der Öffentlichkeit stehenden Peter G. eine Erwähnung seiner menschlich fürchterlichen Situation einer Fürsorgepflicht seitens des Dienstherren hilfreich gewesen. Auch die Wortwahl, die man von Leuten in dieser Position erwarten könnte, empfand ich persönlich seltsam. Natürlich kann man mit juristisch belegten Begriffen arbeiten. Doch niemand muss es tun.

Er hätte alternativ auch sagen können:

«Uns wurden Informationen übergeben, die derzeit geprüft werden. Ob sich daraus notwendig eine neue Betrachtung des Sachverhalts ergibt, wird eine eingehende Untersuchung ergeben. Bis wir näheres wissen, insbesondere bezüglich der Qualität der Informationen, gilt für uns die jedem in unserem Staat zustehende Unschuldsvermutung, der wir uns besonders aus unserer Fürsorgepflicht heraus, verpflichtet fühlen.»

Wer von «Corpsgeist» bei der Polizei spricht und diesen annimmt, kann sich im Falle eines echten Interesses nicht auf beschimpfen beschränken, sondern muss auch auf Spurensuche gehen und nach Faktoren für dieses vollkommen normale menschliche Verhalten suchen. Dann kann ein Verständnis entstehen und ein Gegenwirken versucht werden. Bisher war alles verstärkend.

Polizeipräsidenten/innen, Innensenatoren/innen kommen und gehen.
Die Polizisten/innen bleiben und machen sich ihren eigenen Reim darauf. Bereits bei AMRI kam mir die Idee einen Catering Service für Untersuchungsausschüsse aufzumachen, weil die stark in Mode kommen. Faszinierend, dass die Experten – ist das eigentlich ein geschützter Begriff – mehr Ahnung haben, als die versierten Ermittler bei der Polizei.Aber allgemein wird der Polizei diesbezüglich misstraut. Ich kenne einige Bürger, die trauen der Politik auch nicht über den Weg. Warum hat noch niemand in Erwägung gezogenen, einen Bürger – Ausschuss zu bilden, der die Arbeit des Untersuchungsausschusses untersucht? Ich meine das nicht einmal polemisch. Könnte interessant werden, wenn alle größeren OK – Verfahren demnächst von Untersuchungsausschüssen begleitet werden.


Jeder, der die Seite der Polizei beleuchtet, wird neuerdings sofort mit dem Vorwurf belegt, reflexartig die Polizei zu verteidigen bzw. ihr – wie es der 1. Vorsitzende der GRÜNEN Oliver von Dobrolowski formuliert – Unfehlbarkeit unterstellt. Gerade davon bin ich sehr weit entfernt. Selbstverständlich passieren Fehlleistungen. Diese sind abzugrenzen von klaren kriminellen Handlungen, deren Vorhandensein ebenfalls nicht bestreitbar sind. Je nach Schwere, kommt es hier sogar zu internen zusätzlichen Sanktionen.

Ich verwende mich gegen kollektive Beschuldigungen, Vorverurteilungen, gesellschaftliche Entmenschlichung ganzer Gruppen, egal aus wem sie sich zusammensetzen, den Verkauf der menschlichen Würde für Auflagenzahlen und die sich ausbreitende Abkehr vom Individuum und seiner Eigenschaft ein Mensch zu sein. Das passiert mit ausländischen Straftätern, völlig unbescholtenen Menschen, Polizisten und Politikern.

Ich lasse auch nicht die Opfer außer acht. Ohne eigenes Zutun wird mancher Opfer von Prozessen, die er selbst nicht zu verantworten hat. Doch ich weise darauf hin, dass das jederzeit auf uns alle zutrifft. Wir wollen es nur nicht wahr haben.

16 Februar 2019

Ein hässliches Unkraut und der Boulevard

Lesedauer 5 Minuten

Die BILD Zeitung gehört zu den Blättern mit der größten Reichweite. Ein Teil des Konzepts der BILD ist es die einfach gestrickten Regionen des Gehirns zu bedienen. Das finde ich grundsätzlich in Ordnung. So sind die Menschen nun einmal, sie wollen unterhalten werden. Das ist das Konzept und ob man dazu beitragen will oder nicht, ist persönliche Geschmackssache. Die BILD ist aber zu einer Institution geworden. Der Erschaffer Axel Cäsar Springer wollte das auch so und hat sein Ziel erreicht. Ein Einfluss auf die öffentliche Diskussion ist nicht zu bestreiten. Auf den Begriff Meinung verzichte an dieser Stelle.

Unsere Zeit ist geprägt von bezahlten PR Strategen, die mittels gezielter und ausgeklügelten Kampagnen, das Geschehen und Denken in der Bevölkerung beeinflussen. Ein Mittel der Wahl ist die Findung markiger Begriffe oder Euphemismen. In den letzten Tagen nahm ich den Begriff «Suff – Cop» auf, aber in der öffentlichen Debatte schwirren deutlich mehr herum. Deutschland kommt mir in den zurückliegenden Jahren vor wie ein Schnellkochtopf mit dem ein paar Leute herum experimentieren. Irgendwie muss man das Ding doch zum explodieren bekommen lassen. Auch wenn die aktuellen Unternehmungen der BILD nicht neu sein, dieses Spiel begleitet sie seit Jahrzehnten. Ältere erinnern sich noch, dass dem SPRINGER Verlag einst das Attentat auf Rudi Dutschke zur Last gelegt wurde und es hieraufhin zu Straßenschlachten kam. Diverse andere Geschichten folgten und wurden sogar mal Gegenstand eines Bestsellers von Günter Wallraf.

Es scheint eine Frage zu sein, für welche Folgen meines Handelns ich mich verantwortlich fühle und welche ich von mir weisen kann. Die Geschichte vom Streichholz und dem Brandstifter. Bin ich verantwortlich für den Hausbrand, weil ich die Streichhölzer dafür lieferte? Journalisten, die bei Boulevard Blättern arbeiten scheint dies in weiten Bereichen vollkommen egal zu sein. Es geht nicht darum, eine Story zu bringen! Es ist eine Frage des «Wie», des «Warum», in welchen Rahmen, und der Benutzung der Wörter. Ich kann neutral und ruhig berichten oder aufpeitschend. Ein Problem der Zielrichtung und am Ende eventuell auch des Ethos.

Ruhiges, rationales, analytisches Betrachten und Aufbereiten der Geschichte verkauft sich nicht. Eine Zeitung will Umsatz machen. Habe ich keinen richtigen «Knaller», der allein mit seiner Benennung die Auflage steigert, muss ich mir halt einen erschaffen. Früher brüllten die Zeitungsjungen die Schlagzeilen in den Straßen. Und bevor es Zeitungen gab, zogen Moritatensänger mit ihren Bildern durch die Dörfer und erzählten in blumigen Worten von den Schrecken, die passiert sind. In den Spontizeiten der Achtziger sagten wir immer: «Retortenbaby gezeugt, BILD war im Reagenzglas dabei» oder wir waren uns einig darüber, dass aus der BILD Blut herauslaufen würde. Bemerkenswert ist, dass sich mittlerweile auch der Berliner Tagesspiegel und die TAZ nicht zu schade sind, in das Moritaten Geschäft mit einzusteigen. Es müssen schlechte Zeiten herrschen.

Übersehen werden darf nicht, dass eine Kundschaft bedient wird. Spränge niemand darauf an, würden sie es nicht tun. Kein Abhängiger – kein Dealer; keine Freier – keine Prostituierte; keine Strassenkäufer – keine illegalen Zigarettenhändler. Jeder Leser ist also mit im Boot.
Ebenfalls entspräche es einer gewissen Doppelmoral, wenn man sich beispielsweise über die Behandlung eines Polizisten mokieren würde und gleichzeitig die Berichterstattung bezüglich einer anderen Person vollkommen in Ordnung fände. Persönlich ist das nicht mein Anspruch. Ich kann es für mich weder bejahen, dass weiterhin die Sprache verroht, und das Niveau quasi täglich nach unten reguliert wird, oder eine derartige Behandlung von Menschen eine Legitimation erfährt. Ich kritisiere dies bezüglich eines jeden Menschen. Und ich sehe nochmals einen Unterschied, wo das geschieht. Bei einer einzelnen Person mag das unter Umständen hinnehmbar sein, weil es Probleme in der Persönlichkeit gibt. Bei Artikeln, die aus einer Redaktion hervorgehen und eine unweit größere Reichweite haben, damit auch weitreichende Folgen nach sich ziehen, ist das etwas anderes.

Von mehreren Seiten wurde in der Vergangenheit die AfD dafür angeprangert, dass sie mit der Wahl ihrer Worte, ehemals unsägliches in der Gesellschaft implementieren. Sie machen das nicht alleine. Ohne eine Presse, die diverse Worte aufgreift, um beim Pöbel anzukommen, hätten sie es schwerer. Seitens seriöser Journalisten wird auch immer wieder auf die manipulierten Verlautbarungen der Partei verwiesen. Doch wo genau besteht der Unterschied zum Boulevard? Ich erkenne keinen. Sie bedienen sich in einem gemeinsamen Werkzeugkasten. Hintergründe, Fragen, Zweifel und eine differenzierte Sprache sind hinderlich beim zweckgebundenen Bedienen der niederen Instinkte. Innerhalb weniger Minuten muss der malochende Leser vollgepumpt werden. Ein wenig was zum Aufgeilen, ein paar Promis zum Träumen und Abarbeiten, ein wenig das Gefühl: Du bist gut und die anderen sind böse, «Wir hier unten, die da oben.», ein paar Sündenböcke für alles Schlechte und ein Aufreger.

Mal trifft es den einfachen harmlosen Kerl, der sich nach Mallorca verzogen hat, der für alle «Sozialschmarotzer» herhalten muss, ein anderes mal einen psychisch Kranken, der zum Stellvertreter aller Muslime gemachht wird. BILD Kampagnen haben, wenn man Wallraf glauben darf, und ich tue das, einige Suizide nach sich gezogen. Selbst Schuld, sagt sich vermutlich der Boulevard Reporter. Unabhängig vom Glauben, ich halte das mehr als wahrscheinlich, zerstörte Existenzen sind niemals förderlich.

Mein Fazit: Das Gebaren der Presse, nicht nur des Ressort Boulevard, ist am festzustellenden Rechtsruck der Gesellschaft maßgeblich beteiligt. Niemand kann Ihnen diesbezüglich Vorschriften machen. Jedes Blatt, jeder Verlag und jeder Journalist muss sich damit selbst konfrontieren und seine eigene Rechnung aufmachen, inwieweit er damit leben kann. Meiner Auffassung nach, wurde in Deutschland zu oft das Prinzip befolgt: Ich habe nur dieses oder jenes Erlaubte getan, für alles Folgende bin ich nicht verantwortlich. In meinem Verständnis: Doch! Nämlich dann, wenn es nicht vollkommen von der Hand zu weisen ist und ich die Chance habe es zu erkennen. Und die besteht! Wenn ich bejahe, dass mein Handeln über meine Person und Existenz hinaus eine Bedeutung hat, komme ich nicht daran vorbei. Ich bin nicht der Überzeugung, dass ich mich mit dem Verweis, dass ich diesen oder jenen Artikel nicht geschrieben habe, aus der Verantwortung stehlen kann.

Das ist ein wenig, wie mit der Polizei. Dort leistet man Dienst für eine Gesellschaft, aber man ist auch gezwungen, die Vorgaben einer Regierung umzusetzen. Ich lasse mal dahin gestellt, inwiefern die heutzutage noch tatsächlich die Chance hat, Repräsentant des Wählers zu sein oder vielmehr eine ausführende Institution der Großen in der Wirtschaft geworden ist. Sehe ich das so, muss ich in den Spiegel sehen und mit mir selbst ins Reine kommen. Kann ich das noch mit meinem Gewissen vereinbaren oder gerate ich unter Umständen in massive innere Konflikte? Ist es an dem, sollte ich Gehen in Erwägung ziehen.

Vielleicht besteht das Ziel darin, die Lufthoheit über die Stammtische und die Herrschaft über die manipulierbare Masse der rechten Bewegung, angeführt von der AfD, wieder abzunehmen. Das ist bisher immer schief gegangen. Zu betrachten sind nicht die Jahre ab Gründung der AfD, sondern ein viel längerer Zeitraum. Dieses Denken ist nicht vom Himmel gefallen, sondern was wir heute sehen, sind die ersten Blüten von einer Pflanze, die 1945 mal abgemäht wurde. Die Wurzel blieb in der Erde erhalten und wurde von vielen Gärtnern umsorgend gegossen. Die Wortwahl, die Darstellungsweise, die Attacken gegen alles, was linksseitig gedacht wird und die damit einhergehende Diffamierung, ist purer Dünger.

Dummdreistes rechtes Gebaren wird sanktioniert. Ich ersehe sie als die wilden Triebe. Das Subtile, nicht sofort Erkennbare wird brav gehegt. Doch immer das, was man nicht sofort sieht, ist das Gefährliche.

3 Mai 2018

1. Mai und die Sensationsgeilheit der Presse

Lesedauer 3 MinutenDer 1. Mai wurde in Berlin weitestgehend friedlich zelebriert. Sicherlich mag sich die Frage stellen, inwiefern das My Fest in Kreuzberg noch etwas mit dem Hintergrund zu tun hat. In den Wochen davor versuchte sich die AfD erneut an einer Propaganda, die aus alten Tagen stammt. Wobei die offensichtlich immer mehr dem Altersstarrsinn verfallende Frau Steinbach zwar gedanklich mit der Partei assoziiert ist, jedoch noch nicht Mitglied ist. Aber wie üblich twitterte sie ganz im Sinne der AfD, dass der Mai – Feiertag von den Nazis erfunden worden wäre, mit den echten Arbeitern habe dies alles nichts zu tun. Nun, 1929 war es immerhin die KPD, die zur Demonstration im Wedding aufrief, und von der anrückenden preußischen Polizei niedergeschossen wurde. Aber die geistigen Verwirrungen der AfD und Anhängern wie Frau Steinbach wundern mich nicht mehr.

Ich selbst ging nicht zum demonstrieren hin, sondern wollte die Gelegenheit nutzen SLIME noch einmal auf der Bühne zu sehen. Leider waren die Informationen zur Uhrzeit des Auftritts arg undurchsichtig, weshalb ich viel zu früh da war und mir dann doch das gesamte My Fest ansah. Den Görlitzer Park habe ich mir erspart. Ich gebe zu, die Veranstaltung habe ich nicht verstanden.

In Kreuzberg präsentierten sich an den legendären Plätzen der Krawalle das andere Deutschland. Eines, dass den Anhängern der AfD den Blutdruck hochschnellen lässt. Jung, bunt, durchmischt, schräg, schrill, aufgeschlossen und manchmal auch mit einer politischen Botschaft ausgestattet. Englisch, Französisch, Spanisch, Russisch, Polnisch und Arabisch war überall zu hören.

Obwohl reichlich Alkohol ausgeschenkt wurde, kam zu keinem Zeitpunkt eine aggressive Stimmung auf. Vollkommen deplatziert muteten Clan Anführer an, die plattfüßig und aufgeplustert über den Heinrichplatz watschelten. Ich bezweifle auch, dass die drei rumänischen Bettlerinnen ansatzweise wussten, wo man sie hingesetzt hatte.

Die an sich geschlossene Rote Harfe mutierte zur Techno Disko und der Elefant hatte die Rollläden unten. Einzig der Trinkteufel hielt die alte Fahne hoch. Da konnte einem schon ein wenig wehmütig ums Herz werden. Die Stimmung an der „Coretex Bühne“ faszinierte mich. Eine Ansammlung von Leuten, denen im Allgemeinen seitens der Bürger alles zugetraut wird, tanzte Pogo. Über Stunden hinweg blieb jeglicher Stress aus. Kleinere Rangeleien wurden untereinander sofort mit Unterstützung alter erfahrener Leute friedlich geregelt. Weit und breit zeigte sich keinerlei Polizei – exakt das funktionierte. An vielen Ecken musste ich feststellen, dass die Fans gemeinsam mit den Musikern gealtert sind.

Selbstverständlich spielte SLIME gegen 22:00 Uhr „Deutschland muss sterben, damit wir leben können“ und die Stimmung kochte im positiven Sinne. Viele in die Jahre gekommenen, oftmals sehr etabliert aussehende, alte Punkrocker sangen aus vollem Hals. Sie hätten auch singen können: „Nehmt das, Ihr rechtes Pack!“ Es ging niemals um diese eine Deutschland, sondern das Deutsche, welches uns die negativen Klischees in der internationalen Welt eingebracht hat.

Am 2. Mai zeigte sich dann dieses Deutschland wieder. Überall steht in der Presse: Wider den Befürchtungen, verlief der 1. Mai ohne Krawalle. Dank des tollen besonnenen Einsatzes der Polizei blieb alles ruhig. In einem Blatt stand: Der Einsatzleiter Wulff, einer der erfahrensten Polizisten Berlins regelte alles. Wer schreibt so etwas? Ja, der „Locke“ Wulff ist ein erfahrener Polizist, einer von sehr vielen. Himmel, braucht Deutschland immer einen Personenkult? Da waren noch deutlich erfahrenere Polizisten auf der Straße unterwegs.

Doch mich persönlich ärgert etwas anderes. Der Tagesspiegel ließ sich zum Beispiel dazu hinreissen, die Teilnehmer der Revolutionären Mai Demo quasi zu verspotten. Ätsch! Ist vorbei mit der Randale! Die Bürger haben sich den Kiez zurückgeholt. Wie lange ist der G20 her? Das war noch nie anders … sie lauern auf ihre Chance. Wenn nicht dieses Mal, dann ein anderes Mal. Muss man sie seitens der Presse auch noch reizen? Warum? Damit die Sensationsgeilheit befriedigt wird? Kann man nicht einfach sagen: Klasse! War friedlich, Dank, an alle Teilnehmer. Danke an Coretex und die Rykers, die ein über Stunden gehendes friedliches Punk – Konzert organisierten. Die vielen kleinen Dinge auf dem Kiez haben den Frieden aufrecht erhalten. Die Polizei hat sich im Wesentlichen aus dem Kiez herausgehalten. Die können es also weder auf dem Heinrichplatz, O – Platz, SO36 nicht gewesen sein. Amüsiert beobachtete ich einen alten abgehangenen grauhaarigen Veteran, der mit seinem Hund, der ihn mit Sicherheit schon gute 15 Jahre begleitet, ohne Leine in der Ohlauer Str. spazierte. Der Typ trug eine Thälmann Mütze, speckige Hosen und Latschen. Sein Alter schätzte ich auf etwas über 60 Jahre. Zwei Ordner wiesen ihn mit energischen Ton darauf hin, dass er den wahrlich alten krummbeinigen ergrauten Schäferhund anleinen müsse.

Er warf ihnen wortlos ein Blick zu, der sie unvermittelt als lächerliche Figuren dastehen ließ. Wirklich? Ist das Euer ernst? Auch Leute wie er, die lässig auf den einen oder anderen Jungen einwirkten, erzeugten auf dem Fest die Ruhe. Am Ende wurden aus zwei Ordnern erfahrene Polizisten. Man muss in diesem Job auch mal Fünfe gerade sein lassen.

Aber die Presse bekommt ausschließlich einen Gedankengang hin. Feindbild aufrecht erhalten und den Leuten unterstellen, dass sie gerne gewollt hätten, aber die Polizei hat es verhindert. Ich unterstelle den Extremisten deutlich mehr Grips. Kreuzberg mit dem anwesenden Publikum war einfach keine gute Gelegenheit. Und das ist dem Fest- und Demoteilnehmern zuzurechnen. Sonst wären sie in die Seitenstraßen ausgewichen und hätten die alte Kleingruppentaktik wieder aufleben lassen. Das deutsche Bürgertum war am 1. Mai mit Sicherheit nicht in Kreuzberg unterwegs.

22 Dezember 2017

Mimimi … Heult doch!

Lesedauer 10 Minuten

Es gehört zu meinem persönlichen Masochismus, dass ich mich nahezu jedem Gespräch oder Meinung stelle. Aus diesem Grunde verfolge ich breit gefächert die Social Media Dienste, Publikationsplattformen der linken Szene, Accounts der AfD, und auch einige Publikationen von Menschen, die weit entfernt von meiner Meinung stehen. Gleichermaßen unterhalte ich mich auch in der realen Welt, mit Menschen aller Couleur und besitze wenige Berührungsängste. Wir müssen miteinander sprechen, egal auf welcher Seite wir stehen. Vor vielen Jahren sagte mal ein alter Kommissar zu mir: «Der Tresen ist heiliger Boden! Verlassen wir das Lokal, sind wir alle wieder natürliche Feinde!»

mensch bleiben

Ich habe diesen Rat immer befolgt. So kam ich mit Zuhältern, Hooligans, Rockern, Rechten, Linken, Autonomen, Flüchtlingen, Prostituierten, Räubern, Mitgliedern von Osteuropäischen Banden und wen man sonst noch alles treffen kann, ins Gespräch. Häufig stellte ich fest, dass die Menschen seltsame Vorstellungen von der Polizei und Polizisten haben. Menschlich nachvollziehbar betrachten sich die Menschen immer nur selbst und ihre eigenen Erfahrungen mit der Polizei. Wobei ich sagen muss, dass meiner Erfahrung nach, die sogenannten «Schweren Jungs», der alten Schule, die fairste Betrachtung der «Bullerei» entwickeln. Ihnen leuchtet es ein, dass die «Bullen» bei verbotenen Treiben etwas unternehmen und unter Umständen auch nicht zimperlich sind.

“OK! Das System wehrt sich verständlicherweise und schickt die Polizei. Wird der Polizei ein Bürgerkrieg geliefert, reagiert sie auch entsprechend. Eigentlich ganz einfach …”

strasse

Bei den politischen Radikalen und Extremisten ärgert mich immer die Unfähigkeit über die eigene Person, hinweg zu blicken. In den zurückliegenden Tagen haben die Rechtspopulisten und die Mitglieder der sogenannten linksextremistischen Szene, einschließlich ihrer jeweiligen Sympathisanten wieder prägnante Beispiele abgegeben. In Hamburg fanden Krawalle statt. Ein großer Teil der Protestler, waren entweder friedlich oder leisteten einen harmlosen zivilen Widerstand. Einige beließen es nicht dabei und randalierten, plünderten und lieferten sich eine Schlacht mit der Polizei. Linksautonome vertreten nun einmal die Auffassung, dass das «Schweinesystem» auch mit Gewalt bekämpft werden muss und friedliche Blockaden nichts bringen. OK! Das System wehrt sich verständlicherweise und schickt die Polizei. Wird der Polizei ein Bürgerkrieg geliefert, reagiert sie auch entsprechend. Eigentlich ganz einfach …

Gleichermaßen kann ich als Teilnehmer des Protestes davon ausgehen, dass die «Bullen» an vielen Stellen bis auf das Blut gereizt wurden oder gar Verluste durch Verletzungen hinnehmen mussten. Selbstverständlich kommt es dann auch zu Ungerechtigkeiten oder unzulässigen Übergriffen. Das Spiel ist bei nahezu jedem Demo – Teilnehmer bekannt. Das soll nicht passieren, aber wer nicht gerade an Einhörner glaubt und die Erde für eine flache Scheibe hält, ist sich dieser Umstände bewusst. Fast jeder weiß auch, dass die gewaltbereiten Teilnehmer die Friedlichen benutzen, dies gehört zum Einmaleins des Straßenkampfes. Eigentlich könnte man das sportlich nehmen und es wegstecken, statt sich weinerlich und hysterisch zu gebaren. Und spätestens wenn am Horizont die «weißen Murmeln» zu tanzen anfangen, ist jedem klar, jetzt geht es rund. Dann kann ich nach Hause gehen oder bleiben. Entscheide ich mich für das Letztere, kann es auch zu einem blauen Auge kommen.

Wer dies nicht kapiert, sollte weiter PC Ballerspiele bemühen, da wehrt sich der Gegner nur virtuell und es kann weitergemacht werden. Die Straße ist das reale Leben. – Mami, Mami, der andere hat sich gewehrt, ist albern.

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Ebenso darf ich mich nicht über eine Fahndung wundern, wenn ich eine Straftat begangen habe. So läuft es nun einmal in einem Staat. Sich dann hinzustellen und plärrend nach rechts zu zeigen: «Nach denen wird aber nicht öffentlich gefahndet!», entspricht dem Verhalten von kleinen Kindern im Buddelkasten: «Der hat aber auch gehauen!» Keine Sorge! Nach und nach bekommt jeder seine Strafe. Ihr habt den Kampf aufgenommen, dann dürft ihr Euch nicht wundern, dass der andere sich wehrt. Wer dies nicht kapiert, sollte weiter PC Ballerspiele bemühen, da wehrt sich der Gegner nur virtuell und es kann weitergemacht werden. Die Straße ist das reale Leben.- Mami, Mami, der andere hat sich gewehrt, ist albern.

rechte

Auf der rechten Seite ein ähnliches Bild. Da werden die Truppen aufgehetzt, was das Zeug hält. Zweifelhafte Gestalten werden als Ordner eingesetzt oder zu Veranstaltungen eingeladen. Wer sich gerade nicht beobachtet fühlt, «klatscht» mal eben einen Andersdenkenden oder Aussehenden um. Wer auf diese Art durch das Leben läuft, darf sich ebenfalls nicht wundern, wenn es einem mit gleicher Münze heimgezahlt wird. Vorsätzlich und mit taktischen Kalkül wird die Bevölkerung aufgestachelt und gegeneinander ausgespielt, das kann auch ins eigene Auge gehen. Auch hier könnte ein gewisser Sportsgeist entwickelt werden, anstatt sich als weinerlicher Verein von Opferlämmern auszugeben. Ohnehin zieht dieser gegenseitig vorgenommene Vergleich links – u. rechts nicht. Linksextreme beschränken sich bei Gewalt gegen Personen im Regelfall auf ausgesuchte Personen und die Polizei. Bei Angriffen auf Sachen oder Gebäude bekennen sie sich in der Regel – was ja einen Sinn ergibt. Damit sind die Taten aber auch einfach zu klassifizieren. Bei den rechten Truppen reichen vier betrunkene Schläger, die einen Ausländer, Homosexuellen oder ein anderes Opfer irgendwo antreffen. Für die Ermittlungen ist es aber deutlich schwerer einen rechten Zusammenhang herzustellen. Genauso gut können es ein paar Vollidioten mit einem homophoben Problem oder einfach nur brutale Prolls gewesen sein.

jusos

Und alle Beteiligten könnten einsehen, dass es da eine dritte Position gibt, die darauf gar keinen Bock hat: Die Polizei! Zumal sie unter unfairen Voraussetzungen an der Nummer beteiligt wird. Es ist halt nicht das klassische «Mexican standoff». Es entspricht mehr der «Zwei Glorreiche Halunken» Konstellation. Zwei haben geladene Revolver und einer nicht, er weiß es nur nicht.

Die Polizei ist sich dessen bewusst, sie ist eingegrenzt durch Recht und Gesetz, und darf nicht ernst machen, während die anderen Parteien der Auffassung sind, dass sie in den Free – Fight übergehen können.

Dann ist allen auch noch gemeinsam, dass sie stets alles nur auf sich beziehen. Es mag nicht in die Köpfe hineingehen, aber die Polizei hat deutlich mehr Aufgaben, als sich um politische Extremisten zu kümmern. In diesem Zusammenhang regt mich diese schon jahrelang aufs Tablett gebrachte Kennzeichnungsdebatte auf. Die Kennzeichnung kommt doch ohnehin fast nur bei gewalttätigen Demonstrationen von links und rechts zum Tragen. Im Alltagsgeschäft ist das kein Thema. Wenn der Bürger eine Dienstnummer haben will, bekommt er sie, fertig. Es gibt aber nicht nur Demonstranten, die ein Interesse an den Personalien eines Polizisten haben. Die Vertreter der Organisierten Kriminalität, vorn weg die Rocker und Clans haben ebenfalls ein starkes Interesse daran, Polizisten auszuspähen und zu bedrohen. Daran könnten lautstark auftretende Politiker auch mal denken, wenn sie Forderungen aufstellen. Es ist schon anstrengend genug, sich mit Rechtsanwälten herumzuschlagen, die nichts anderes im Sinn haben, als Polizisten zu diskreditieren.

Diese Wirrköpfe aus der Rigaer, ich will sie nicht als links bezeichnen, denn dies wäre zuviel der Ehre, sind simplen Gemüts. Sie denken sich: «Wenn die «Bullen» nach uns fahnden, dann dürfen wir das auch.» Seit den Achtzigern habt ihr nicht verstanden, dass die Polizei für deutlich mehr da ist, als sich mit Euch die Zeit zu vertreiben.

Über diese Tatsache hinaus, ist Euer Verhalten schlicht ärgerlich, lästig und extrem kontraproduktiv. Was wollt ihr denn? Gegen die «Faschos» antreten und das System ändern? Kleiner Tipp: Das wird nur mit der Unterstützung der Bevölkerung funktionieren. Ich gebe Euch ein praktisches Beispiel dafür. Ihr hättet im Sommer, als die Rechten zum ehemaligen Hess – Gefängnis marschieren wollten, ohne die breite Masse der Spandauer gar nichts ausgerichtet. Weil aber alles friedlich blieb und keiner die Braunen auf der Straße sehen wollte, war die Unterstützung da. Denkt mal nach, vielleicht ist es sinnvoll, sich die Sympathien der restlichen Bürger zu erarbeiten. Ich habe volles Verständnis dafür, wenn man sich als junger Mensch darüber erregt, wenn ein Energiekonzern sinnlos ein Stück Wald kaputtmachen will. Deshalb wurde die Szene dort auch von den Anwohnern unterstützt. Mit Sicherheit wird es auch dort beidseitige Übergriffe gegeben haben. Und? Das man bei der Aktion ein paar Beulen kassiert ist vorher klar und gehört dazu. Im Zweifelsfall läuft es auf eine Gerichtsverhandlung hinaus, bei der man klar Stellung beziehen kann. «Euer Ehren, ich habe da auf dem Baum gesessen, weil ich das Vorgehen der Landesregierung eine Sauerei finde. Wenn Sie mich dafür verurteilen wollen – Bitte, sehr! Ich habe mich dagegen gestellt.» Das gilt auch für jeden Steinwurf. Da besteht für mich der Unterschied zwischen einfach nur kaputt machen wollen und einen geilen Randale – Abend zu haben, und einer echten politischen Haltung. «Ja! Hier stehe ich. Ich habe die Steine geworfen, weil ich gegen das System kämpfen will.» Wenn man sich dafür entscheidet, muss man auch dazu stehen.

Ich kann dieses: «Die Polizei trägt hierbei eine Mitschuld!», nicht mehr lesen oder hören. Schuld ist entweder moralisch oder gesetzlich begründet. Gesetzlich besteht sie dann, wenn ein Täter bei klaren Verstand und vorsätzlich gehandelt hat. Die Polizei hat aber weder den Vorsatz, dass eine Demonstration eskaliert, ein Terroranschlag passiert oder eine Straftat geschieht. Die Polizei mag Fehler begehen, falsche Entscheidungen treffen oder Lagen falsch einschätzen, doch sie ist nicht am Geschehen bzw. an der Straftat schuld. Die hat der Täter begangen und einzig seine Schuldfrage ist vor Gericht zu klären. Es ist zur Unsitte in unserer Gesellschaft geworden, die Verantwortung für etwas, anderen in die Schuhe zu schieben. Der Terrorist vom Breitscheidplatz heißt immer noch AMRI und nicht die Sicherheitsbehörden. Wer die aktuellen Kommentare liest, muss den Eindruck gewinnen, dass die Behörden den Anschlag initiiert haben. Genauso sieht es beim G20 – Gipfel aus. Die Bundesregierung und der Hamburger Senat haben mit Sicherheit die Demonstrationen und die Sitzblockaden provoziert. Aber wer einen Stein oder Molotow – Cocktails auf Menschen wirft, sich dabei nicht einmal sicher sein kann, wen er trifft, handelt auf eigene Rechnung. Sonst könnte jeder Totschläger behaupten: «Herr Richter, ich wurde provoziert, also ist der Tote selbst schuld.» Vor Gericht heißt das: «Der Beschuldigte zeigte keinerlei Einsicht!»

Jenseits der Elfenbeintürme hat die Polizei es immer mehr mit rücksichtslos agierenden kampfsporterfahrenen Tätern zu tun, die den lieben langen Tag nichts anderes tun, als zu trainieren.

In diese Überlegung passt auch die Diskussion um den Taser – Einsatz. Da ist einer, der setzt eine Ursache. Egal aus welchen Beweggründen, stellt er eine Gefahr dar. Wenn sich der Polizist ihm nähert, muss er sich auf eine körperliche Auseinandersetzung mit ungewissen Ausgang einlassen. Warum sollte er das tun? Der Täter hat gefälligst sein Handeln einzustellen, so einfach ist das. Gern wird von den Gegnern immer mit der potenziellen Herzkrankheit argumentiert. Die ist beim Nahkampf mit einem Polizisten ebenfalls gefährlich. Jenseits der Elfenbeintürme hat die Polizei es immer mehr mit rücksichtslos agierenden kampfsporterfahrenen Tätern zu tun, die den lieben langen Tag nichts anderes tun, als zu trainieren. Einige üben sogar Techniken, mit denen sie die Schutzkleidung der eingesetzten Beamten umgehen. Nochmals die Frage: Warum soll sich ein deutscher Polizist mit diesen Tätern herumschlagen?

festnahme

Praxisbezogen ist es ohnehin sinnvoller, mit dem Täter nicht in Kontakt zu kommen. Beidseitig ist das Verletzungsrisiko deutlich geringer, wenn der festnehmende Beamte den Betroffenen mittels Befehlen aus einem Fahrzeug heraus dirigiert, als wenn er an ihm physiotherapeutische Übungen vollzieht. Kommt dieser den Anweisungen nicht nach, muss etwas passieren. In anderen Ländern kommt es dann nicht selten zum Schusswaffengebrauch, dann doch wohl lieber der Taser.

Aber in einer Gesellschaft, die anteilig im Schlaraffenland mit Feen spielt, wird selbstverständlich erst einmal der schießwütige, chronisch schlecht gelaunte und gewalttätige Polizist vermutet. Diesen Menschen wünsche ich mir im Stillen eine Kneipenschlägerei oder die Festnahme eines Clanmitglieds im Kiez. Spätestens wenn die Menge der «Befreier» auf 10 Personen angewachsen ist, schreien sie nach Verteidigungsmitteln. Meiner Auffassung nach, sollten alle Entscheidungsträger, von Politik bis Justiz ein Jahr lang auf einem Schwerpunktabschnitt mitfahren. Ich glaube, einige würden danach anders argumentieren. In erster Linie ist nicht die Polizei brutaler geworden, sondern die

Vorgesetzter

Leute sind aggressiver. Manche sind nicht nur aggressiv, sondern sie leben nach dem Motto: «Schauen wir doch mal, wie weit ich gehen kann und wenn mich keiner bremst, mach ich halt weiter.» Wer sich damit nicht auskennt, muss sich nur einmal ein paar Videos einiger Möchtegern – Rapper anhören, oder sich eine Folge von 4 – Blocks ansehen. Das Landesbeamtengesetz verbietet mir leider, öffentlich die passenden Worte dafür zu finden.

In den Achtzigern, war die Sicherstellung einer Waffe ein herausragendes Ereignis und wurde seitens der Gerichte mit einem Jahr Strafe bedacht. Heute gehört das Mitführen einer Kanone zum guten Ton. Die Anzahl der Messerangriffe war überschaubar, mittlerweile greifen schon Jugendliche zum Messer. Das ist die Realität! Es ist auch Realität, das Ermittler und Ordnungsämter zwischen den Zeilen klar und deutlich von kriminellen Gruppierungen bedroht werden.

Keiner will sich mit Kriminellen, die sich soweit aus dem Fenster lehnen in den Cli

mafiosi

nch begeben. Ich erinnere an die Funkstreife, die in Berlin von Arabern angegriffen wurde, weil sie nach deren Auffassung zu langsam gefahren sind. Ein Taser wäre da hilfreich gewesen. Wenn der Angreifer in diesem Falle herzkrank ist, dann ist das, persönliches Pech. Für die Politik ein kleiner Hinweis: In Berlin müssen Polizisten bei der Überbringung einer Todesnachricht, weil sich die Sprösslinge mit einem gestohlenen Auto um einen Baum gewickelt haben, von einem Spezialeinsatzkommando begleitet werden! Und auch wenn es schon ein paar Tage her ist. Ein Mahmoud El – Zein, der vor laufenden Kameras die Berliner Polizei als “Kinder” bezeichnete, ist kein Einzelfall. Unvergessen ist auch die Ansage einiger Clan – Mitglieder beim Trauermarsch für einen erschossenen Polizisten: “Ihr seid die nächsten!” Das sind Typen, die beim Erkennen einer Chance, ohne große Vorwarnung auf Polizisten los gehen. Da kann ein Taser als Mittel zur Selbstverteidigung durchaus gute Dienste leisten.
Doch es sind nicht nur die, welche sich immer mehr hervortun. Im nachfolgenden Video kann man ein schönes Beispiel dafür sehen, wer sich sonst noch ins Spiel bringt:

Mir muss mal jemand erläutern, warum sich die Polizisten mit diesen Honks prügeln sollen und sich damit erheblichen Gefahren aussetzen. Immerhin haben sie schon die Waffen zur Hand. Mit einem Taser wäre die Lage sehr schnell entschärft gewesen. Im Gegenzuge möchte ich nicht wissen, was bei einer Schußabgabe passiert wäre.

Fazit:

Die «normalen» Bürger, inklusive der politisch Radikalen und Extremisten, sollten sich mal wieder mit dem Wort Verantwortung auseinandersetzen. In Berlin sagt man dazu: «Man kann eine ganze Menge Scheiße bauen, aber irgendwann muss man dafür auch mal gerade stehen.» Die Schwerkriminellen müssen in Deutschland wieder beigebracht bekommen, dass die deutsche Polizei keine «Kindergartentruppe» ist. Bei solchen Typen funktioniert keine

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Prävention, sondern nur Abschreckung.

Auf dem Berliner Wedding und in Neukölln haben die Kriminellen einen höllischen Respekt vor den Spezialeinheiten, weil sie ganz genau wissen, dass es dann für sie eng wird. Den gleichen Respekt müssen sie wieder allen eingesetzten Polizisten wieder aufbringen.

Ein alternder Zuhälter beklagte sich bei mir am Tresen: “Mensch, was sollen wir denn gegen diese neuen Typen machen. Die haben keine Skrupel, sind bis an die Zähne bewaffnet und brutal wie Sau. Da kannst Du nur noch mit der Knarre in der Hand antworten!” Er erkannte das schon vor knappen zwanzig Jahren, ich bin mal gespannt, wann diese Erkenntnis auch in der Politik ankommt.

Und bevor sich wieder irgendein Hansel aus dem AfD – Lager angesprochen fühlt: Mit Flüchtlingen und Islam hat dies überhaupt nichts zu tun. International sitzen bei den Banden die Fäuste, Knarren und Messer lockerer. Je größer Städte werden, die Globalisierung voran schreitet, desto heftiger wird das Problem. Und Merkel ist auch nicht schuld, ihr Pappnasen!