Transsibirische Bahn


Moskau (0 km, Moskauer Zeit)
Nischnij Nowgorod (442 km, Moskauer Zeit) an der Wolga
Perm (1436 km, Moskauer Zeit plus 2 Stunden) am Kama
Grenze zwischen Europa und Asien (1777 km), markiert durch einen weißen Obelisken
Jekaterinburg (1816 km, Moskauer Zeit plus 2 Stunden) im Ural
Tyumen (2138, Moskauer Zeit plus 2 Stunden) das erste russische Fort in Sibirien
Omsk (2712 km, Moskauer Zeit plus 3 Stunden) am Irtysch
Nowosibirsk (3335 km, Moskauer Zeit plus 3 Stunden) am Ob
Taiga (3565 km, Moskauer Zeit plus 4 Stunden) Abzweigung nach Tomsk
Krasnojarsk (4098 km, Moskauer Zeit plus 4 Stunden) am Jenissei
Abzweigung der BAM bei Taischet (4515 km)
Irkutsk (5185 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden) südlich vom Baikalsee
Ulan-Ude (5642 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden)
Abzweigung der Trans-Mongolischen Linie bei Zaudinsky (5655 km)
Nauschki (5902 km / 0 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden) Russischer Grenzort
Sükhbaatar (21 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden) Mongolischer Grenzort
Ulaanbaatar (404 km, Moskauer Zeit plus 5 Stunden) Hauptstadt der Mongolei
Das grüne stählerne Ungetüm im grauen Bahnhof flößte Respekt ein. Ein Zug der Superlative. Älteste Bahnlinie, längste und vermutlich auch die berühmteste: Die Transsibirische Eisenbahn. Eine nicht ganz korrekte Bezeichnung. Eigentlich besteht sie aus drei Linien. Die Hauptstrecke, die Transmongolische Bahn und die Baikal-Amur-Magistrale. Ich hatte mich für die Strecke in Richtung Mongolei entschieden.
Mit den kyrillischen Zeichen auf meiner Fahrkarte konnte ich nicht viel anfangen. Vor jedem einzelnen Wagen standen uniformierte Chinesen mit den im Ostblock üblichen Tellermützen. Auf der Karte konnte ich eine römische Ziffer erkennen, die offensichtlich dem Wagon entsprach. Fragend hielt ich meine Karte dem Schaffner entgegen. Der nickte und begleitete mich zu meinem Abteil.

Eins mit vier Schlafplätzen, einem Klapptisch, einem schmutzigen Teppich, einigen muffigen Decken und Kopfkissen. Das sollte für die kommenden fünf Tage meine Unterkunft sein. Ich rechnete mit weiteren Fahrgästen und verstaute meinen Rucksack im Stauraum einer der unteren Bänke. Reichsbahn! Ich erinnerte mich an eine Fahrt in meiner Jugend von Berlin nach Paris. In den alten Reichsbahnfernzügen herrschte exakt die gleiche Atmosphäre. Während ich auf die Abfahrt und neue Mitreisende wartete, probierte ich die Schalter für die Heizung, das Licht und den Lautsprecher aus. Ein Lichtschalter funktionierte. Der Rest hatte im Verlauf der letzten fünf Jahrzehnte seinen Geist aufgegeben.

Der Flur war in ein gelbes Licht getaucht, welches von den elfenbeinweißen Wänden zurückgeworfen wurde. Am Ende des Wagons entdeckte ich den berühmten Samowar, mit dem jeder Teil des Zugs ausgestattet ist. Er ist mit einem Kohleofen verbunden, über den die Wasserheizung geheizt wird. Ein Relikt aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Der Ofen wird regelmäßig von den Schaffnern mit Steinkohlestücken bestückt, die jedem Umweltschützer das Grauen über den Rücken laufen lässt. Am Samowar kann sich jeder Reisende rund um die Uhr mit fast kochenden Wasser versorgen.
Ich wartete vergebens auf weitere Reisende. Als der Zug den Bahnhof in Moskau verließ, hatte ich mein Abteil für mich alleine. Darüber war ich ein wenig traurig. Ich hatte extra das russische Kartenspiel Burak gelernt, um mit Russen ins Gespräch zu kommen. Aber ich wollte mich nicht wirklich beklagen. Außerdem rechnete ich für die nächsten Tage mit einer Änderung. Der Zug rollte pünktlich um Mitternacht aus dem Bahnhof heraus.
Im Zug gilt dauerhaft die Moskauer Zeit, während auf den Bahnhöfen die örtliche gilt. Eine etwas verwirrende Angelegenheit. Beispielsweise richtet sich das Personal des Speisewagens vernünftigerweise nach der Regionalzeit. Bei der Vorbereitung war ich durch die russischen Zollbestimmungen nicht durchgestiegen. Die Streitigkeiten zwischen Deutschland und Russland trieben mal wieder Blüten. Es begann bereits mit dem VISA. Noch eine Woche vor der Fahrt genügte der Abschluss eines Vertrags mit einem Reisebüro, um die Vorlage einer Verdienstbescheinigung vorzulegen. 48 Stunden vor meiner Abreise änderte sich dieses. Erst ärgerte ich mich darüber. Später erfuhr ich von Russen, was sie alles anstellen müssen, um nach Deutschland einzureisen. Russland hat sich einfach gesagt: Was diese überheblichen Deutschen können, schaffen wir schon lange.
In den Zollbestimmungen stand, dass auch die Einfuhr von Kaffeeprodukten und Instantsuppen untersagt war. Schweren Herzens packte ich mein Proviant aus dem Rucksack heraus. Nun hatte ich zwar jede Menge Wasser, aber nicht passendes dabei. Auf dem Bahnhof war alles schief gegangen, was schief gehen konnte. Irgendwie kam das Kartenlesegerät mit meiner Kreditkarte nicht klar. Ich hatte einen größeren Betrag Rubel dabei. Doch den wollte ich mir für die Fahrt und den Speisewagen aufheben. Wohl oder übel musste ich mich in den ersten Stunden bis zur Öffnung des Speisewagens in mein Schicksal fügen.