16 Dezember 2015

Wanderung -Skript-

Lesedauer 157 Minuten

 

Willst Du reisen, dann fahre mit dem Auto, willst Du etwas sehen, dann fahre Fahrrad, willst Du die Menschen und Dich selbst erleben, dann wandere.“ Zitat -Kralle-

Inhalt

Wir haben eine Idee 5

Die Schutzhütte, drei Hirten und wir 49

Das Buch der Bücher 83

Die Neuen 96

Typische Konversationen 112

Der Zinkleimverband – Zinc pâte bandage 191

Trennung 220

Post nach Albanien 232

Der Notabstieg – die Geschichte von Yves 249

Höher geht`s nicht 267

Am Ende … 281

Avi gnon 294

Mein persönliches Ende oder mein Anfang 321

  1. Wir haben eine Idee

Dies ist die Geschichte von zwei Männern, die sich dazu entschlossen, gemeinsam eine Wanderung durch die Pyrenäen zu unternehmen. Die am Ende feststellten, dass gerade ihre Unerfahrenheit sie sehr vieles gelehrt hat. Erst durch den Abstand zu der nun schon fünf Jahre zurück liegenden Wanderung zeigt sich mir der Symbolwert unserer Unternehmung.
Viele der folgenden aufgeschriebenen Erlebnisse und Gespräche, haben nicht unbedingt auf der tatsächlichen Wanderung stattgefunden. Dieses Buch ist auch geschrieben in Gedanken an den oder anderen Mitstreiter in der Vergangenheit, der auch vor hatte seine Gedanken über unsere gemeinsame Zeit in einem besonderen Leben auf einer besonderen Dienststelle zu Papier zu bringen, aber leider vorher die Erfahrung machen mussten, dass höhere Stellen vor lauter Angst die Skripte beschlagnahmen ließen.
So wie wir auf der Wanderung einen Rucksack dabei hatten, so habe ich die Wanderung selbst als Rucksack für den Transport einer Geschichte innerhalb einer Geschichte benutzt.

Alle Gespräche und Ereignisse hätten so oder ähnlich stattfinden können, sind aber in ihrer Zusammenstellung frei erfunden. Die Orte sind authentisch, jedoch sind die Grenzen der Fiktion frei zu bestimmen.

Geburtshelfer für das ursprüngliche Projekt „Wanderung durch die Pyrenäen“ waren einige Feierabendbiere in einer kleinen Berliner Kneipe, in der wir uns damals gerne nach dem Dienst trafen und Kalle. Wir, das waren die Mitglieder des Mobilen Einsatzkommando Berlin, eine der in Berlin vorhandenen Spezialeinheiten zur Terrorismus- und zur Bekämpfung der Schwerostkriminalität.

Eine Einheit die 1974 unter dem Eindruck der Aktivitäten der Roten Armeefraktion gegründet wurde. Zunächst erkannten die Sicherheitsbehörden, dass man zur Bekämpfung des Terrorismus spezialisierte Polizeieinheiten benötigen würde, die gegen schwer bewaffnete Terroristen bestehen könnten. Es hatte sich als unhaltbar erwiesen, dass Polizisten in Jogginghosen, Stahlhelmen und unzureichender Ausbildung versuchten den Geschehnissen im Olympia Dorf und auf dem Flughafen entgegen zu treten. Der Ausgang der Befreiungsaktion ist bekannt.

Neben der Tatsache, dass es sinnvoll erschien parallel zur GSG9 Zugriffseinheiten in den einzelnen Bundesländern zu erschaffen, zeigte sich, dass es notwendig war, spezialisierte Beamte einzusetzen, die dazu in der Lage waren, Terroristen bereits im Vorfeld einer Tat verdeckt zu beobachten. Später erweiterten sich die Aufgaben um die Bekämpfung der Organisierten Kriminalität und die Ermittlungen im Bereich der Schwerstkriminalität.

In den 90ziger Jahren des letzten Jahrtausends, ein furchtbarer Ausdruck, lag der Schwerpunkt tatsächlich ausschließlich in der Beobachtung der Täter und der von ihnen gebildeten Organisationen. Die Frauen und Männer des Mobilen Einsatzkommandos sahen nach so ziemlich allem aus, aber nicht nach Polizei. Im Regelfall gaben sie ihre Zugehörigkeit nicht einmal ihren Familien und schon gar nicht gegenüber ihrem Freundeskreis zu.

Einer, der quasi die ersten Stunden der Dienststelle in Berlin mitgemacht hatte, erzählte mir einmal von seinem ersten Tag in der Einheit. Er hatte sich beim Pförtner zum passenden Gebäude durchgefragt und sah sich dort ein wenig um. Nach kurzer Zeit ging er wieder zum Haupteingang zurück und fragte erneut nach dem Weg, da im ersten Haus, welches er seiner Auffassung nach fälschlicher Weise betreten hatte, eine Therapieeinrichtung für Drogenabhängige untergebracht wäre. Einer dieser „Drogenabhängigen“ holte ihn dann mitleidig am Haupteingang wieder ab, und erklärte ihm, dass er sehr wohl richtig gewesen wäre.

Der zunehmende Kampf um finanzielle Mittel innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und im Besonderen in den Bundesländern bedingte, dass auch das Mobile Einsatzkommando Berlin sich in der Notlage sah, seine Einsatzerfolge zu veröffentlichen, damit in den höheren desinformierten Hierarchien der Polizei finanzielle Zuwendungen gerechtfertigt werden konnten.