Texte
“Dann schreiben Sie doch mal!”, sagte der Mann, der sich um meine angeschlagene Psyche kümmerte. “Gute Idee!”, sagte eine Freundin aus der Schweiz. “Du hast bestimmt etwas zu erzählen!”, konstatierte eine Ex – Freundin.
Der Tag sollte kommen und ich klappte das Laptop auf. Erst waren es Kurzgeschichten aus meinem Leben als Kriminalbeamter, dann wurde es eine ganze Geschichte und eines Tages war das erste Buch fertig. Dann versuchte ich mein Glück bei einigen Verlagen. Ich machte mir keine Illusionen und war nicht überrascht, als ich die ersten Absagen bekam. Dafür gibt es derzeit keinen Markt. Ich muss das schreiben, alles andere würde bedeuten, dass mein Script mies war. OK, es war mies. Trotzdem wollte ich es veröffentlichen, also ging ich den Weg des “Self Publishing” bei BoD. Ohne Werbung und ohne Kampagne.
Die “Wanderung” erschien als Erstlingswerk. Eine kleine Rezension in der Gewerkschaftszeitung der GdP (Gewerkschaft der Polizei) und ein Artikel im Berliner Stadtmagazin TIP folgten.
Trölsch ist seit 30 Jahren bei der Kripo. Viel gelesen hat er immer. Henry Miller, Kerouac, Ginsberg, Böll, Brecht. Vor vier Jahren hat er sich im Internet das „Trollhaus“ zusammengezimmert. Darin wohnt seine Karikatur-Figur Emmes, ein launiger Berliner Kommissar und Kneipenphilosoph. Emmes hat sogar eine eigene Facebookseite. Trölschs erstes Buch ist aber kein Karikaturenband, sondern eine Erzählung. Von zwei Polizisten, die gemeinsam durch die Pyrenäen wandern, immer den GR10-Wanderweg entlang, und über Vergangenheit und Gegenwart im Dienst sinnieren. Und wie ihr Leben durch diesen Beruf geformt wurde, bis hin zur Zerstörung ihrer Ideale.
„Niemand ist schlimmer als ein desillusionierter Idealist“, sagt Trölsch.
Die Wanderung gab es wirklich. Ist schon ein paar Jahre her. Irgendwann, viel später, hatte er das Gefühl, das müsse alles mal niedergeschrieben werden. Er fuhr zu einer Freundin in die Schweiz, setzte sich mit dem Laptop an den Zugersee, schrieb einfach mal los. Das Manuskript schickte er an einige Verlage, manche antworteten nicht einmal. Eine Autoren-Brokerin aus der Schweiz wusste auch nicht weiter. Jetzt hat er seine Erzählung bei Book on Demand hochgeladen. Auf seiner Webseite schreibt er: „Also Leute, ich bin nicht sauer, wenn es sich jemand kauft.“
– Will er mit dem Schreiben reich werden?
„Nee!“, lacht Trölsch. „Ich hab das Buch bisher dreimal verkauft. An meine Freundin und zwei Freunde!“
Er guckt jetzt mal, wie die Eigenverlag-Methode so läuft. Ein zweites Buch ist schon in der Mache. Es soll „Das Interview“ heißen. „Ich will das alles forcieren, weiterentwickeln“.Trölsch hat sich vorgenommen, zwei Stunden pro Tag zu schreiben. Er freut sich drauf.
Die “Wanderung” verfolgte mich, aber mein Werk stellte mich nicht zufrieden. Als beamteter Autor, der sich im Buch auch mit seiner Realität als Polizist auseinandersetzt, gibt es schnell Schwierigkeiten. Was darf ich schreiben? Wo begebe ich mich in die Gefahr eines Geheimnisverrats? Stets ein heißes Pflaster. Unabhängig von den sprachlichen Fehlern im Buch “die Wanderung”, ging ich das Projekt nochmals an. Ich erinnerte mich an einen großen Namen. Henry Miller überarbeitete seine Bücher auch mehrfach. Warum nicht?
Ich ziehe mich ungern auf die Phrase “Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen” zurück, aber leider stimmt sie an der Stelle. Wer autobiografisch schreibt, läuft in Gefahr, eine therapeutische Nabelschau zu betreiben. Eines Tages sagte ich mir auch, dass es ziemlich uninteressant ist, was ich einst tat. Viel spannender ist, was ich mit meinem Background aus der Gegenwart mache. Gleichzeitig muss ich beim Schreiben stets an die Worte des Schriftstellers Bukowski denken. Seiner Auffassung nach sollten Leute, die ihre Texte anderen vorlesen, um von denen eine Art Absolution oder Beifall zu bekommen, das Schreiben zum Geldverdienen brauchen oder de facto nichts in sich haben, was nach außen dringen will, es von vornherein lassen. Die Sache mit dem Beifall habe ich mir abgewöhnt, fürs Geld mache ich es nicht und nach außen will so einiges. Das sind schon einmal gute Voraussetzungen.
Aktuell bewerte ich alle meine Buchprojekte nochmals neu. Es ist einfach viel Zeit ins Land gegangen, in der viel passiert ist. Deshalb werde ich mich hier in nächster Zeit auf die kurzen Geschichten konzentrieren, die sich zumeist unterwegs abspielten. Manche stammen auch noch aus der alten Zeit. Doch sie werden weniger und ich bemühe mich sie darauf zu fokussieren, was sie mich, insofern ich sie selbst erlebte, denken lassen.