Burnout

Lesedauer 3 Minuten

Burnout? Prozess? Zustand? Worum geht’s

white skeleton figurine on black laptop computer


Burnout! Das gibt es gar nicht. Wenn schon, dann sind das Depressionen.

Diese Worte oder ähnliche fallen immer mal wieder und wie man heute sagt: Sie sind toxisch! Immerhin gibt es auf Twitter unter den Hashtags #notjustsad, #facethedepression eine Bewegung, die sich des Themas annimmt und mit einigem aufräumt.

Prozess

Ein gesunder Mensch verfügt über einen ausbalancierten Energiehaushalt. Teile der vorhanden Energie werden
– für die Menschen um einen herum benötigt,
– weitere für die Arbeit,
– einen selbst,
– zur Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen.

Zusätzlich ist eine stetige Regeneration notwendig, damit die abfließende Energie wieder auffüllt werden kann. Egoismus ist in diesem Zusammenhang keine negative Egozentrik, sondern die absolut notwendige
– Anerkennung der eigenen Person,
– der legitimen Bedürfnisse und der Daseinsberechtigung, inklusive des damit verbundenen Rechts, die eigenen Belange höherwertiger zu betrachten, als die eines Anderen, einer Institution oder einer Gesellschaft.

Diverse, zumeist anerzogene oder durch Manipulation entstandene Verhaltensmuster, können diesen Energiehaushalt durcheinander bringen. Energie fließt ab und wird nicht wieder aufgefüllt. Fortwährend wird sie für andere Personen oder in eine Arbeit investiert, die nicht für einen Rückfluss geeignet ist. Es entsteht ein mangelnder Füllstand, welcher nicht mehr zur Bewältigung aller Aufgaben ausreicht. Doch anstatt das Wenige für die ureigensten Bedürfnisse zu nutzen, wird sie ebenfalls in den anderen Bereichen eingesetzt, bis das komplette System zusammenbricht.

Zustand

Früher bemerkte man beim Fahren eines Autos die von der Abnutzung der Bremsen verursachte Minderung der Bremskraft. Bis sie eines Tages völlig versagten und es zum Unfall kam. Burnout ist die Bezeichnung für den Unfall und den dadurch entstandenen Schaden. Gut, wenn er repariert werden kann und ein Lerneffekt eintritt: Künftig immer mal wieder an die Bremsen denken und sie im Zweifel einer Wartung unterziehen. Warum schreibe ich dies mit dieser Bestimmtheit? Nun, ich hatte diesen Unfall, die Reparatur und mein Lernprozess dauern bis heute an.
Ich bin mir des Umstands bewusst, dass Erfahrungen nicht weitergegeben können. Aber ich habe gesehen, wie es anderen half, wenn sie verstanden, was mit ihnen passiert ist. Die Prozesse, welche ins Burnout führen, sind teilweise bedingt durch das System, in das die meisten eingebunden sind.

Die Debatte, ob es sich jetzt um eine Depressionserkrankung oder etwas Eigenständiges handelt, inklusive der Verweis, dass es früher dies nicht gab, ist meiner Auffassung nach Teil der Problemfelder des Systems.

Es sind letztlich zusammenfassende Überschriften für Symptome, die den Verlust der Fähigkeit, ein erfülltes Leben zu führen bedingen. Leben wird ersetzt von Vegetieren, Funktionieren und Überleben. Ob dieses unter der Bezeichnung Tralalala, Burnout oder Depressionen läuft, ist dabei ziemlich egal. Aber was soll denn dann auf der Krankschreibung stehen? Der Patient muss etwas haben, sonst kann er gefälligst wieder arbeiten. Nicht arbeitsfähig reicht nicht, es muss eine anerkannte Begründung daher. Da schimmert bereits einiges durch.

Genesung

Es läuft am Ende auf eine große Inspektion des ICH, des Umfelds und wenn ich beim Bild des Fahrzeugs bleibe, auf eine Analyse der Fahrweise hinaus, damit künftige Unfälle vermieden werden können. Soweit ich es überblicke, ist der Zustand Burnout die letzte Ausfahrt vor dem Abgrund. Danach kommen nur noch Suizid, Herzattacken, Selbstmord auf Raten, mit Alkohol (Kokain, Speed, ICE, pp. sind Prozessbegleiter). Ein Verhaltenstrainer beschrieb mir ziemlich treffend den Zustand eines Vollrausches. „Du sabberst und lallst wie ein Baby, liegst irgendwo hilflos in der Gegend herum, im schlimmsten Fall hast Du die Hosen voll. Der unbewusste Wunsch, wie ein Kind mit allem nichts mehr zu tun zu haben, alles abgeben und einfach existieren.“
Alle Verhaltensmuster, inneren Programmabläufe, die Auslöser, Wertvorstellungen, Interpretation und Interaktion mit der Welt, usw. müssen auf den Tisch. Auch wenn es bedeutet, dass es schmerzlich wird und ein völlig neues Leben aufgebaut werden muss.
Oftmals höre ich: Das könnte ich mir nicht leisten. OK! Am Ende ist eine Frage der Bewertung. Will ich leben oder lediglich bis zum Tod funktionieren? In der Therapie von Süchtigen wird davon ausgegangen, dass eine ernsthafte Änderung erst nach der persönlichen Bankrotterklärung stattfindet. Ich denke, beim Burnout verhält es sich ähnlich und die Gefahr eines Rückfalls ist immens hoch. Ein weiteres Problem ist das Erkennen. Wie soll ich jemanden, der keine Kälte kennt, Wärme beschreiben? Wie mache ich jemanden den Unterschied zwischen Leben und Funktionieren begreiflich, der in seinem Umfeld von Kindesbeinen nie etwas anderes jenseits des Funktionierens kennenlernte bzw. dies als die einzig richtige Art und Weise für die Gestaltung des Zeitraums zwischen Geburt und Tod beigebracht bekam? In großen Teilen der Bevölkerung ist klar definiert, was richtig und was falsch ist. Von der „Leitkultur“ abweichende Charaktere, geraten schnell in die Rechtfertigung.

Texte zum Thema im Trollhaus

Ich möchte, dieses Thema im BLOG regelmäßig mit Neuem bedienen. Ich bin jetzt so weit. Hier möchte ich erstmal auf die bereits bestehenden Seiten und Beiträge verweisen.

Burnout Teil I ; Teil II ; Teil III

Eine grobe Zusammenfassung, die 2019 entstand.
Der Schwarze Hund

Notiz:
Winston Churchill taufte seine immer wiederkehrenden schweren Depressionen „Schwarzer Hund“. Mir gefällt dieses Bild und bediene mich dessen.

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