Korrekt oder Support der Dummheit?

green leafed tree beside body of water during daytime Lesedauer 2 Minuten

Kürzlich schaute ich mal wieder Ekel Alfred und bevor es losging wurde erst einmal auf schwarzen Untergrund mit weißer Schrift folgender Text eingeblendet: “Das folgende fiktionale Programm wird, als Bestandteil der Fernsehgeschichte, in seiner ursprünglichen Form gezeigt. Es enthält Passagen mit diskriminierender Sprache und Haltung“. Wie ich feststellen konnte, bekommen Zuschauer diesen Text auch bei Tatorten der WDR “Schimanski” – Reihe eingeblendet.

Beide haben etwas gemeinsam. Teilweise überzeichnet bisweilen aber auch bitter böse realistisch wird die Realität dargestellt und durch den Kakao gezogen. Da stellt sich mir die Frage, ob Leute, die damit nicht klar kommen, für den Alltag außerhalb ihrer eigenen vier Wände eine/n Betreuer*in benötigen, welche/r voran läuft und rechtzeitig warnt: “Jetzt bitte die Kopfhörer aufsetzen oder die Augen zu halten!” Was soll das? Diverse Zeitgenossen*innen leben ohnehin in einer fiktiven heilen Welt, verschließen die Augen vor der Wirklichkeit und basteln sich etwas zusammen, damit sie kein schlechtes Gewissen für ihren eigenen “Way of Life” bekommen.

Die Autoren von “Schimanski” machten sich damals einen “Spaß” daraus, die Kritiken nach Empörungen zu durchsuchen und beim nächsten Tatort exakt hier die Finger in die Wunde zu legen. Richtig so! Und “Schimmi” war alles, aber weder menschenfeindlich, misogyn, ausländerfeindlich, rechts oder antisemitisch. Nein, die Kunstfigur verkörperte das exakte Gegenteil. Doch immer wieder wurde sie damit konfrontiert und die Reaktionen fielen entsprechend aus. Alfred Tetzlaff verkörperte die Dummheit, die Banalität, das engstirnige, nur wenige Zentimeter weit reichende Denken, des deutschen Spießbürgertum und vieles hat an Aktualität nichts verloren. Wer diese Satire, die bitterböse Kritik, das Überzeichnete, nicht versteht, dem ist nicht mehr zu helfen.

Was geschieht künftig mit Büchern von Henry Miller, Charles Bukowski, William S. Burroughs, Allen Ginsbergh, Hubert Selby? Nur eine kleine Auswahl, die mir spontan einfällt. Das waren keine Satiriker, sondern harte Berichterstatter der Lebensrealität. Verschwinden sie in die Giftschränke der Bibliotheken und dürfen nur noch nach einem 10 Minütigen Vortrag seitens einer/s Therapeutin/en ausgeliehen werden? Was wird aus Heinz Sobota “Der Minusmann”? Bleibt da jemand beim Lesen neben mir sitzen und spricht mit mir über die einzelnen Kapitel? Oder muss ich zuvor unter Aufsicht Sekundärliteratur lesen?

Wie wollen diejenigen, welche solchen Unfug fordern, die bestehende Wirklichkeit ändern, wenn sie den Leuten nicht mehr vor die Nase gehalten wird und alle sich gegenseitig in die Tasche lügen? De facto existiert da draußen diese Rücksichtnahme, die geforderte Empathie, das erweiterte Denken, nicht. Und es ist eine der Aufgaben von Künstlern*innen, Autoren*innen, Darsteller*innen, über die Wirklichkeit zu berichten und sie denen vorzuhalten, die es sich bequem machen. Der Vorspann suggeriert, dass das Gezeigte aus ferner Vorzeit stammt und heute der Vergangenheit angehört. Bullshit! Der Ton ist rüder geworden, die sozialen und wirtschaftlichen Spannungen bedingen, dass es härter wird, die Sprache auf der Straße ist brutal, primitiv, reduziert. Ignorieren, Wegschauen, Wunschvorstellungen, änderten noch nie etwas und nützen ausschließlich den Leuten, die aus einer Machtposition heraus ihre Vorteile von der Illusion haben. Merken die alle nicht, wem sie in die Hände spielen? Vor allem jene, welche sich für intellektuell, aufgeklärt und furchtbar schlau halten? Es ist zum Heulen.

Kurze Gedanken #1

Lesedauer < 1 MinuteIntellektuelle in Wohlstandsgesellschaften und ihre Zöglinge, seien sie nun weiß, dunkelhäutig, männlich oder weiblich, glauben, die Welt und den Mensch verstanden zu haben. Sie reden von oben und unten, Rassismus, Diskriminierung und von Gut und Böse. Dabei ist das alles vollkommen egal. Wo auch immer Du Dich befindest, merken Menschen sehr schnell, ob Du weißt, was echtes Leben bedeutet, es sich anfasst, riecht, schmerzt, anfühlt. Ob Du Dir in Berlin auf einem U – Bahnhof mit ein paar Obdachlosen ein Bier teilst, in Bangkok in einer Bar sitzt, in Laos mit Wanderarbeitern in einer Hütte schläfst, in Myanmar mit Opium – Schmugglern auf einem Boot sitzt oder an einem Strand mit verlorenen Natives sitzt, es ist immer die gleiche Geschichte. Bist Du wirklich ein echter Mensch, wird Dich jeder akzeptieren. Doch die Quatschköppe werden mit ihrem Smartphone, dem Backup auf dem Konto, der Telefonnummer, die sie im Notfall aus der Scheiße holt, ihrer Unfähigkeit im Zweifel immer irgendwie durchzukommen, trotz Hunger, Durst, Angst, den Verstand zu behalten, niemals kapieren, wie das wirkliche Leben funktioniert. Ich bin schwarz, weiß, schwul, lesbisch, hetero, behindert, auf Heroin, Suff, heimatlos, Flüchtling, ist auf der Straße, am Strand, im Wald, im Lock, auf dem Boot, kein Argument. Die Welt besser machen zu wollen, ist ein Anfang, aber mit einer Mate in der Hand dazustehen und geschwollen zu quatschen, ist ein sicheres Zeichen dafür, im Wohlstand angekommen zu sein und nicht zu wissen, wovon man redet.